Rebecca Schönsee

(Wien)

Strahlende Geiselhaft. Jelineks Lärmblendung «Kein Licht»

[Splendid Captivity. Jelinek’s Noise Blinding «No Light»]

abstract. In tracing the function of sound in Elfriede Jelinek’s multi-lingual «Kein Licht» (2011) the article argues that she uses the concept of entropy – the tendency of closed systems to move towards disorder – to depict critically the events of the Fukushima nuclear disaster. Within the realm of death by radiation a polyphony of voices and intertextual references reaching from Sophocles to Thomas Pynchon produce a “blinding by noise”  through which the text turns into an «opera aperta» evoking Umberto Eco’s aesthetic con­cept and the central role assigned to entropy.

I. Introduktion

«Geiseln werden über ihre Lage gern im unklaren gelassen: man verbin­det ihnen die Augen»[1], so Enzensberger über die “Geiselhaft”, die seine Gedichte über deren Leser verhängen. Er vergleicht die Funktion des Poe­tischen mit der Radioaktivität und ihren Wirkungen, die unsichtbar und un­greifbar seine Sprache erfassen und zugleich der reellen Gefahr der Strah­lungen im poetischen Raum «etwas Zähes» entgegenzusetzen haben[2]. So verkehrt sich diese literarische «Geiselhaft» in eine Öffnung: Das Unklare wird im lichtlosen Raum innerer Imagination zur semiologischen Informa-tion. Das Werk öffnet sich zum «offenen Kunstwerk»[3], das sich dem Realen einschreibt. So kann das Gedicht den Auflösungsprozessen der Gegenwart, ihren entropischen Prozessen, sprachliche Enklaven des Poetischen entge­gensetzen, bzw. sich in sie einschreiben.

Jelineks Stück Kein Licht (2011) entwickelt eine ähnliche Poetik[4]. Im An­gesicht der Katastrophe von Fukushima, die sich in der Folge des Tsunamis von 2011 ereignete, entspinnt sich der Polylog zweier Geigen (oder Orches­termusiker) schlicht mit «A» und «B» benannt[5]. Beide kämpfen mit einer Thematik des Unhörbaren: Der Text setzt ein mit der Frage: «A: He, ich höre deine Stimme kaum, kannst du da nicht was machen?» (KL) Dies ist zugleich als Apostrophe zu verstehen, nämlich in das Stück einzustimmen, mit der eigenen politischen Stimme einzusetzen und ihr Gehör zu verschaf­fen. Jelinek verdoppelt damit auf sprachlicher Ebene die Entropie des Ge­samtgeschehens: Der äußere Prozess der Zersetzung (Naturgeschehen, Re­aktorunglück, wirtschaftliches Profitstreben) verläuft parallel zu dem inne­ren Spaltungsprozess der Stimmen A und B. Eine Vielzahl von Wortspielen mit Homonymien, Assonanzen und Minimalpaaren fungiert als innere Ver-kettung. Die Verkettung äußerer Destruktion und innerer literarischer Kon­struktion bilden ein “thermales Gleichgewicht”.

Der Begriff der Entropie ist in seiner Verwendung im Kontext ästheti­scher Theorien deutungsoffen. Physikalisch betrachtet handelt es sich ver­einfacht ausgedrückt um eine thermodynamische Zustandsgröße, die die sich wandelnde “Anordnung” von Teilchen in einem System beschreibt und meist als Maß der Unordnung beschrieben wird. Fast inflationär taucht der Begriff in der Bildenden Kunst im Amerika der 1960er und 1970er Jahre auf[6], lässt sich jedoch bis in die Jahrhundertwende zurückverfolgen. Nach dem zweiten Weltkrieg sollte die Übernahme des Konzepts in die Informa­tionstheorie durch Claude Shannon und Norbert Wiener besonders für das Feld der Kommunikation prägend werden. Überall dort, wo Zersetzungs- und Zerfallsphänomene begrifflich eingefangen werden sollen, die durch die Absenz des Subjekts, bzw. die Pluralisierung des Selbst einer Formlo­sigkeit zustreben, wird Entropie zum Thema und zur dominierenden Me­tapher[7].

In frühen Überlegungen in der Geschichte des Entropiebegriffs wird diese Größe positiv in den Zusammenhang mit Radioaktivität gestellt; so erhofft sich Volker (d.i. Erich Gutkind) einen «seraphischen Weltenbrand» als Vorboten einer «siderischen Geburt»: «der Zusammenbruch der Natur wird für uns arbeiten, das ist neben der bisherigen Energie-Technik der Sinn der Entropie-Technik»[8]. Ernst Bloch beschäftigt sich ebenfalls mit der The-matik, wenngleich in seiner Narration der seraphische Weltenbrand dem nahenden apokalyptischen Sturm weichen muss[9].

Enzensberger erkennt die «Entstehung eines Gedichts» als «politische Geburt»[10]. Auch bei ihm findet sich die Hoffnung auf eine versteckte Um­wertung der Ionen durch Sprache: «Das Etwas, von dem er spricht, trieft über Partei- und Ländergrenzen ebenso wie die radioaktiven Isotope in der Luft»[11].

Der Begriff der Entropie wird angewandt, um die Möglichkeit, seiner widersprüchlichen Codierung künstlerisch zu nutzen: Zerstörungsprozesse, die auf Nivellierungen hinauslaufen, werden zu einer “schöpferischen Zer­störung” umdeutbar[12], aus der heraus sich “Neues” aufbauen kann, ohne das kritische Potenzial dieser doppelten Codierung zu verlieren. Gegenläu­fig zu ihrer Kritik an der Fukushima-Katastrophe werden auch bei Jelinek die kleinsten Sprachpartikel (Morpheme) zu Trägern einer positiv besetzten Radioaktivität der Sprache; sie generiert ein unsichtbares Strahlen der gram­matischen Möglichkeiten zu ihrer Reduktion zu Signalen und Zeichen als Ton.

Jelineks Beschäftigung mit dem Begriff der Entropie entspringt auch ih­rer intensiven Auseinandersetzung mit den Texten von Thomas Pynchon. Auf seine Kurzgeschichte Entropy von 1960 werde ich noch später in diesem Zusammenhang eingehen[13]. In ihrem Nachwort zur deutschen Übertra­gung von Pynchons Roman V (1963/1977) gibt Jelinek eine ausführliche Beschreibung ihres Verständnisses von Entropie und des darin vermittelten eschatologischen Weltbildes, das die Apokalypse als Wärmetod und Gleich­gewicht der Moleküle immer schon einschließt:

Entropie lässt sich als die nicht umkehrbare Tendenz eines jeden Sys-tems definieren, zunehmend an Ordnung zu verlieren, um schließlich den Status der allerletzten, unveränderbaren Trägheit zu erlangen. Da­raus lässt sich leicht ableiten, daß das Verhalten der Dinge dazu ten­diert, in zunehmendem Maße vergeblich zu werden.[14]

Es entstünde der «Zugzwang auf einen unstrukturierten Status des Gleichgewichts der Kräfte zu, das Ende wäre etwas wie der Wärmetod, alle Moleküle hätten die absolut gleiche Temperatur, hätten sich gegenseitig zu dieser gleichen Temperatur hochgeschaukelt»[15]. In einer solchen Situation setzt Kein Licht ein. Der Text wird zu einer Art Proberaum für Sprache nach dem Inferno im Strahlentod.

Im Folgenden möchte ich zeigen, wie Jelinek die “entropische Funk­tion” der Katastrophe nutzt, um in einer Pendelbewegung die “Rückfüh­rung der Tragödie in den Geist der Musik” nachzuvollziehen im «unglück­lichen Bewusstsein» der Möglichkeit einer Rückgeburt in die Welt der Über­töne. Jelinek verschränkt die Musikmetapher mit der der Entropie.

B: Wenn Musik Zeit ist, dann ist jetzt Halbzeit, nur sagt sie uns keiner an, sie steht auf keiner Tafel, und keiner schickt uns vom Feld, nein, die Halbwertszeit (sic!) steht da nicht angeschrieben, doch wir hören ja nicht einmal die halben Töne, nicht zu verwechseln mit den Halb­tönen!, die wir erzeugen. (KL)

Sie koppelt dabei die Unhörbarkeit der Töne im «diffusen Lärm» (KL) an die Problematik des Urteilens und Unterscheidens.

A: […] also, wer hört überhaupt etwas, das nicht bloß diffuser Lärm ist? Du bist es nicht, ich bin es auch nicht. Dann spielen wir beide vielleicht gar nicht. Kann sein. Wozu arbeiten wir dann überhaupt? Was ist es, das wir nicht als Töne hören, sondern als etwas anderes? (KL)[16]

In einer im Text diagnostizierten Gegenwart ökonomisch gesteuerter Urteile[17] macht sich Kein Licht auf die Suche nach der Möglichkeit (ästheti­scher) Urteilsfähigkeit. Am Ende steht der Aufruf: «Ein Urteil bitte. Ihr Ur­teil bitte» (KL). Während die jeweilige durch das Unglück ausgelöste Zer­störung reell eine Vielzahl von Stimmen (der Opfer) ausschaltet, verschaf­fen sich bei Jelinek die «Abgeschalteten» Gehör, indem auf ihre Verdrän­gung verwiesen wird:

A: Automatisch abgeschaltet? Aber das heißt ja nicht, daß alles still ist. Die Kräfte, die nicht verschwinden können, weil nie etwas verschwin­det, schreien noch im Magen des Ungeheuers wie Zikaden, noch lang nachdem sie schon gefressen sind, in den Mägen von Katzen. (KL)

Es entsteht das Paradoxon, dass A und B in der Betonung der Unhörbar­keit ihrer Töne, beständig sprechen: Die Bühne kann das «Geisterhafte» der «Übergangenen»[18] sichtbar machen: «Als würde ein Geist unsere Heizungen antreiben. Als würde ein Geist unsere Geräte einschalten. Als würde ein Geist Befehle geben, aber niemand mehr da, sie zu befolgen. Als wären wir selber Geister» (KL/A).

Ist es für das «Mehr-Ich»[19] unmöglich im eigenen Stimmengewirr zu ei­nem orchestrierten Akkord zu finden, so dient das Stück als Index zu diesen sich auflösenden Signifikaten, die aber dennoch nach Jelinek eine «Ladung» besitzen, mithin politisches Potenzial: «[…] der arme gute Ton, kann doch nichts dafür, daß er nur ein Ton ist, vergänglich, verschwindend, aber ziem­lich geladen, wenn du mich fragst, […]» (KL/A).

Im Anklang wird Kein Licht zu einer «Chorphantasie»[20], die nicht mehr – wie bei Gert Jonke – einen Dirigenten stellt, der das Publikum dirigiert (das wäre für Jelinek wohl auch zu paternalistisch), wohl aber das Publikum in der Stimmführung «innerer Dialoge» mitatmen lässt. Aus dieser Geisel­nahme der “tropischen” Figurenreden führt Jelinek das Publikum einem Urteilen zu, das immer schon entropisch ist, nämlich teilend und ausglei­chend.

II. A und B als Geiselnehmer im offenen Kunstwerk

Kein Licht lässt sich mit Umberto Eco als “Offenes Kunstwerk” verste­hen. Bereits bei Eco wird der Entwurf des “Offenen Kunstwerks” als der intrinsische Zusammenhang mit dem Konzept der Entropie über eine Ana­logieführung zur zeitgenössischen Musik vermittelt.

Ecos Vision eines Werks als «un messagio plurivoco»[21] und «un progetto comunicativo»[22], der durch «un accrescimento di informazione»[23], in eine kommunikationserzeugende Unordnung führt: «il disordine che comunica è disordine-rispetto-a-un-ordine-precedente»[24], basiert auf Strukturkonzep­ten der Musik der 1970 er Jahre, insbesondere «le esperienze musicali di Luciano Berio e discutendo i problemi della nuova musica con lui, Henri Pousseur e André Boucourechliev»[25]. Die Aufforderungen der zeitgenössi­schen Musik, direkt in die Form des Kunstwerks einzugreifen und struktu-relle Polyphonie mitzudenken, wandeln demnach den Rezipienten. Er wird vom passiven Beobachter/Hörer zum aktiven Partizipienten[26]; nämlich zu einem «centro attivo di una rete die relazioni inesauribili»[27]. Diese Wandlung provoziert auch Jelinek und zwar durch ein Anheben der Entropie, wie es Kein Licht beschreibt. Es gilt: «Je mehr Töne, umso größer die Sensibilität für Störungen» (KL/A).

Die imaginierten Töne stehen dabei in Analogie zum Leseprozess, in dem ja ebenfalls Bilder evoziert werden, ohne diese medial sichtbar machen zu können, anders als etwa der Film. Durch den fortwährenden Hinweis auf das Unhörbare und Unsichtbare lassen A und B die in der Aufführungs­situation angelegte “Geiselhaft” vor Augen treten und fordern zugleich zur Suche nach einem Eigenton auf. Sie werden in ihrer Frageführung zu Gei­selnehmern des Publikums im “offenen Kunstwerk”: «A: Töne, wo seid ihr hin? Irgendwo da drunter, ja, unter dem Geheul, unter dem Lärm, da müs­sen sie sein, schätze ich mal. Hast du deine schon? Hast du wenigstens einen von ihnen?» (KL).

Es entsteht für jeden ein individuell anders kombinatorisches Spiel der Reizungen und damit eine Zunahme der semiologischen Information, bis eine Disponibilität der Information nicht mehr gegeben ist. Jelinek gene­riert, trotz ihrer klaren Ordnung der zwei Geigen, in der Unvorhersehbar­keit darüber, wer eigentlich alles im Chor der Stimmen “mit-spricht” zu­gleich ein Maximum an Unordnung, bis sie A und B in einen «Überlage­rungszustand» (KL) treten lässt, «so dass man passagenweise nichts mehr versteht» (KL). So erzeugt sie eine Art “Weißes Rauschen”, das die Ebene zum geschriebenen und gelesenen Text vollkommen verlässt. Die Schwelle, «jenseits derer der Informationsreichtum zum “Rauschen” wird»[28], ist er-reicht; es zeigt sich: Die gleichzeitige Gegenwart aller Töne enthält nicht die höchste Information, sondern hat gar keine Information[29]. Die Superveni­enz vernichtet die tonalen Einheiten.

So stellt Jelinek die Entropie der Information dem entropischen Zustand der Natur gegenüber; beide steigern sich bis zum Zerfall in «Überstrah­lung»[30], die nicht mehr mittels auditiver oder visueller Signale wahrnehmbar, sondern nur noch messbar sind. B empfindet diese “Lärmblendung” als Reizung:

B: Ich höre nichts. Es ist zu laut. Ich will nicht, daß meine Ohren auch noch mit dabei sind! Bei diesem Lärm! Das ist entsetzliche Überrei­zung. Dabei würde dieses Strahlen, diese beinahe unwillkürlich er­zeugte Wärme, nichts als eine Nebenwirkung, wir beachten sie gar nicht!, schon genügen. […] Eine Reizung ist es wie die vom Staubkorn im Auge. (KL)

Es ist selbstverständliche eine “Lärmblendung”, die sich von der Über­reizung einer strahlenden Dekadenz, wie sie Broch beschreibt, längst ent­fernt hat, in der jedoch diese Bilder immer noch anklingen. Im Tod des Vergil heißt es angesichts des langsam auftauchenden Kaiserpalastes, der als «Burg der Verlockung» die «Lärmblendung» des «atmenden Massentieres»[31] zum Schweigen bringt: «denn jählings wurde nun hier, feuerumkränzt und lärm­umringt, bar jedes Lichtschattens, bar jedes Lautschattens in schattenloser Licht- und Lärmblendung, schimmerstrahlend der kaiserliche Palast sicht­bar, […]»[32]. Während im Tod des Vergil durch die Kontrastierung der Massen bei Einfuhr des Herrschers in den Hafen und dem sichtbar werdenden Kai­serpalast eine Blendung erzeugt wird, gehen bei Jelinek die «Masseteilchen» sarkastisch in der allgemeinen Verstrahlung unter. Die entropische Litera­turbeschreibung ist zu einem Staubkorn im Auge kontrahiert, zu einer «Schliere im Aug»[33].

Jelinek bringt eine eigentümliche Dynamik in den Text: Während sich über die Anspielungen auf die Katastrophe eine post-apokalyptische Welt offenbart, stärkt die Rede vom nichtankommenden Ton, der vielleicht doch immer schon da ist, den Eindruck einer Musik, die erst (aus der Zukunft) auf uns zu kommen muss. “Post” und “Ante” werden damit als Polungen in den Text gesetzt. Musik wird damit zu einem unterschwelligen Hand­lungsinstrument in einem System, in dem die Gegenwart «zwischen bedro­henden Zukünften und bleibenden Vergangenheiten zu einem ebenso trä­gen wie verwirrenden Labyrinth der Gleichzeitigkeiten»[34] heranwächst. Sie wird zum Hoffnungsträger, diese Gleichzeitigkeiten neu strukturieren zu können.

III. Geistertöne

Kein Licht wird zugleich getragen von einer Klangmystik. A und B er­scheinen in sich als die Teilchen, die kraft ihres Strahlens eine Homogeni­sierung der Masse verhindern: Insofern enthält die von Jelinek gezeichnete, (post)apokalyptische Welt in der Gefahr ein – wenn auch Zweifelhaftes – “Rettendes”; das Unsichtbare, Unhörbare ist nicht nur bestimmbar als die leere Maschine ohne Bewusstsein, sondern kann auch als Hinweis auf ein unsichtbares Potenzial gedeutet werden. Denn im Unhörbaren der Töne liegt ebenfalls die Möglichkeit einer Sprachschöpfung / Wortwerdung im mystischen Sinne.

Jedoch nicht mehr im Sinne einer Sprache, die «unschuldig» aus einer reinen Materialität entsteht, sondern die sich bewusst ist, dass sie eine eigene Geschichte der Vernichtung von unzähligen Menschenleben (und -spra­chen) in sich trägt. «A: So begleiten wir also Gefühle mit Tränen, mit unse­ren heißen Tränen, die aus der Kälte kommen, aus dem Kühlkreislauf, und dann werden sie heiß. Weil dieser Kreislauf nicht mehr funktioniert» (KL).

Kein Licht erzählt in einer kabbalistischen Tradition von einem für immer zerbrochenen Buch, einer Gesetzestafel der Vollkommenheit. Darin lehnt sich Jelinek meiner Ansicht nach jener Form der Erzählung an, wie sie Der Sohar erklärt:

Was bedeutet das Wort erzählen? Meint du: wie wenn jemand zum Vergnügen Geschichten erzählte? So ist dem nicht – vielmehr es ein Leuchten und Blitzen aus dem oberen Lichtstrom, […]. Ein Blitzen und Leuchten aus der Vollkommenheit des oberen “Buches”.[35]

Vor dem Hintergrund dieser Tradition gelesen, stünde bei Jelinek der katastrophalen Flutwelle der kabbalistische «“Strom, der von Erden aus­geht”, der nach unten fließt als Fluß vom oberen Tau, der leuchtet und blitzt von allen Seiten»[36] gegenüber. A und B würden zu vergeblich Wartenden, die der Erkenntnis eines magischen Wortes zustreben, das auf einer «oberen Stufe» steht, «wo Wort und Rede nicht gehört werden wie auf anderen Stu­fen des Zusammenhangs»[37]. A und B befinden sich innerhalb einer unend­lichen Spiralbewegung ins Nichts:

A: Unsere Töne wurden vielleicht schon vor 24.000, vor 40.000 Jahren Halbwert – Jedenfalls kommt, soviel wir auch streichen, genau: nichts. Wir sind die Folge der Folge der Folge. Fortsetzung folgt uns auch nicht. Nichts wird uns mehr folgen, und auf uns wird auch nichts mehr folgen. (KL)

A und B scheinen sich an einem Ort zu befinden, wie ihn der neunzehnte Psalm in der Deutung des Sohar (II. Fol 136bff) beschreibt:

Hier herrschet die Rede nicht,
Sind noch nicht Dinge –
Noch hört man der Kommenden Stimme nicht.
Doch über die ganze Erde
Zieht ihrer Richtung Gang,
Und von den Enden der Welt
Tönet in Worten der Widerklang.
[38]

Das Verborgene, Unsichtbare muss also nicht ausschließlich auf ein töd­liches Geschehen bezogen sein, sondern die Töne, von denen A und B spre­chen, sind zugleich Teil des Unsichtbaren: «Wie tote Tiere angefüllt mit Lust sind wir, Gefäße zum Gebrauch von Unsichtbarem, also, was ich sagen wollte: Das Unsichtbare braucht und gebraucht uns, nicht umgekehrt» (KL/B). Insofern können A und B auch als «Tau» des Wortwerdens interpre­tiert werden, denen die Stimme der «Weisen des Herzens» eingeschrieben ist:

[…] vom Anfang bis zum Ende der Welt sprechen die “Weisen des Herzens” von jenen verborgenen Stufen, wenn sie dieselben auch nicht (eigentlich) erkannt haben. Inwiefern werden sie aber doch be­kannt? “weil” die Sonne ein Zelt in ihnen aufgeschlagen hat”: die hei­lige Sonne als Wohnsitz, aus allen jenen oberen Stufen, und als Licht, das alle verborgenen Lichter und all den Zug ihrer Ausdehnung in sich aufgenommen hat – und dadurch wird der Zusammenhang in der gan­zen Welt sichtbar.[39]

Natürlich erhält bei Jelinek dieses Bild zugleich einen Riss; dieses alles aufnehmende Licht ist eben nicht mehr eine höchste Weisheit, sondern – radioaktiv, entropisch – wie es im Fukushima-Epilog die «Trauernde» (zum “Jahrestag” der Katastrophe, 2012) erkennt: Die eingefaltete Vielheit des Lichts, wird durch “kein Licht”, nämlich dem Unsichtbaren, überstrahlt:

Auch in uns einstrahlt das Unsichtbare wie eine Sonne, die grade ihr Haupt erhebt und es wieder beschämt von sich selbst, senkt, weil das Unsichtbare noch heller ist als sie. Paradox. Die Sonne hat etwas Hel­leres gesehen als sich selbst. (Fukushima-Epilog)

Die Erde ist zu einer riesigen umgestülpten “Klangschale” geworden für die Dissonanzen in Folge der Katastrophen, wie es der Prolog, den Jelinek 2012 ergänzt, erklärt:

[W]as wollte ich sagen, ach ja, nachdem die Sonne also ausgeronnen ist, das Meer auch, es hat übrigens kranke Fische anstelle der gesunden dafür zurückbekommen, obwohl uns die Natur das alles nur geliehen hatte (ich glaube, sie hat es sich selber schon vorher ausgeborgt), und wie kriegt sie es zurück? Versehrt kriegt sie es zurück, Fische, die spre­chen können, aber nicht hören, Schmetterlinge, die hören können, aber nicht sprechen, außerdem sind ihre Flügel total kaputt, wie schaut denn das aus! (Kein Licht: Prolog?)

Das Sonnenzelt hat sich umgestülpt und ist unter der “Lärmblendung” der Klänge zerbrochen zu einem defizitären Baukasten, wie es selbstiro­nisch der Titel des Prologs thematisiert: Kein Licht: Prolog? Da kann man ja jede Menge anbauen! Also ich meine nicht: in der Erde.

Kein Licht öffnet sich damit einer Kombinatorik, die sich, wie Jelinek selbst angibt, auf ein antikes Mythenarchiv stützt – sie gibt als Quelle, das nur als Fragment erhaltene Satyrspiel Die Spürhunde von Sophokles an[40]. Da­neben finden sich Schnittstellen zu ihrer eigenen Trilogie In den Alpen[41], die sich aus den Texten In den Alpen, Der Tod und das Mädchen III (Rosamunde) und Das Werk zusammensetzt und auf den Motivkreis von Im Bus, Ein Sturz erweiterbar ist[42].

Gemeinsam ist all diesen Texten die Verschränkung der Katastrophen mit Fragen nach Ursache und Schuld, wie sie sich etwa beim Kaprun-Unglück zeigen (In den Alpen) oder bei dem durch Zwangsarbeiter erbauten Kraft­werksbau (Das Werk). Mit Kein Licht werden die Alpen durch das radioaktive Kraftwerk ersetzt, die Natur ist artifiziell und toxisch geworden; Ortsbe­stimmungen sinnlos; die Alpen überall; die Verweisketten, die Jelinek inte­griert, ermöglichen es, ihre semantische Pluralität neu zu erfassen. So er­scheinen A und B im Zusammenhang mit dem Text In den Alpen plötzlich als Wiedergänger; denn dort treten am Ende des Dramas die Stimmen «zweier Männer in alpiner Kleidung» auf, die nur noch mit A und B be­zeichnet werden, wobei die Stimme B poetisch, lyrisch spricht, A dagegen sachlich, bis sich genau dieses Prinzip in den letzten Zeilen umdreht: «B: Danke. Die Einvernahmen decken auf, daß sich zuerst 15 Minuten keiner traute, den Zug aus dem Tunnel zu bergen. A: Danke. Dann wurde es fins­tere Nacht. B: Danke»[43]. Anstelle dieser Reporter sind nun «die Elektronen und Antineutrinos die Zeugen und gespenstischen Reporter vor Ort»[44].

Auf eine unheimliche Weise zeigen sowohl In den Alpen als auch Kein Licht die furchtbare Doppelbedeutung, die das Bild des «Weltenbrands» an­nehmen kann, wie es Gutkind beschreibt und als Potenzial einer zuneh­menden Entropie visioniert: «Mit freudigem Entzücken sehen wir die Mög­lichkeit, den Weltenbrand im wahrsten physikalischen Sinne des Wortes zu entzünden, den Untergrund von Tast und Fraß, der alle Fülle verendlicht, in seraphischen Flammen aufgehen zu lassen»[45]. Jelineks Texte zeigen: Der «seraphische Weltbrand» kann keine Utopie mehr sein: «Da ist ein Feuer, […] mit dem wir für die Kunst brennen, na ja, also es brennt alles, es brennt jetzt einfach alles» (KL/B). Zugleich gilt: Die mystische Dimension des ent­ropischen Prozesses bleibt erhalten: «Alles verlässt den Kern, keiner verlässt den Raum» (KL/B). Das Entsetzen hält die Lust an der Auflösung die Waage.

IV. Klangsysteme und Schönheit als gegenentropische Kräfte

In ihrem Satyrspiel bietet Jelinek eine Aussicht darauf wie es ist, «außer­halb aller Pläne und Verschwörungstheorien frei herumzudriften»[46]. Die Protektion gegen den Tod, die jedes System indirekt bietet, ist verloren ge­gangen[47]. A und B erklären:

Die Kombination von dir und mir, von uns beiden miteinander, ergibt noch lang kein System. Erste und zweite Geige, eine Rangfolge, ein­deutig, immer schon, und das hat sich jetzt alles aufgelöst, nicht nur der Rang, sondern auch das Folgen, und auch der Geigenzähler wird uns da nicht helfen können, fürchte ich, wir wissen ja, daß wir nur zwei sind, allein. Wir Arschgeigen haben jetzt unseren Sinn, unseren Zweck und unseren Lebenszweck verloren. (KL, A/B)

In solchen Momenten erscheinen sie wie die Clowns aus einem Stück von Beckett, wie sie Karin Baier dann auch in der Uraufführung inszeniert hat[48]. Die Protagonisten haben nicht nur das System verloren, sondern auch ihre Entscheidungsmacht; sie sind Zuschauer und Träumer geworden, de­ren Blick in die Sterne nur in die Simulation ihrer selbst führt. So stellen sich A und B in einer Passage vor, «Superstars» zu sein. Die verschränkte Semantik von «Celebrity-Kult» und «Sternenkrieg», die im «Superstar» mit­schwingt und der zugleich die Hoffnung auf einen kosmischen Bezug her­stellt, bricht Jelinek auf das tödliche Strahlen der Radioaktivität herunter; A und B erkennen: «Wir werden nur noch Strahlen, das ist mehr als die meis­ten anderen können!» (KL).

So verlieren sich erste und zweite Geige im Orchester der Messwerte und den Informationspartikeln des literarischen Kanons. Diese werden zu Wegmarken einer Art Schnitzeljagd. «Sie suchen den Superstar, und wenn wir Pech haben, glauben sie, ihn in uns gefunden zu haben» (KL, A/B). Dieser Superstar ist aber eben nicht mehr die “Talent-Show”, sondern ein Ur-Ton jenseits der Frequenzen[49]. Mit dieser Suche nach der Quelle ent­steht nicht nur ein weiterer Bezug zur Mystik, sondern es handelt sich eben­falls um eine Parallele zu dem Satyrspiel von Sophokles, in dessen Zentrum die Musikmetapher steht. Bei Sophokles stellt Hermes aus den Fellen der von ihm geraubten Rinder des Apollon eine Lyra her. Damit fängt er indi­rekt auch die Spürhunde des Silenos, die im Auftrag Apolls auf der Suche nach den Rindern sind. Überrascht von dem für sie so unbekannten Ton der Lyra, der aus der Höhle dringt, beginnen sie einen ungelenken Tanz. Das Publikum wird dabei zu einem Teil des Chors (hier des Orchesters) auf der Suche nach der «schönen Musik»:

B: Ja, das ist die große Frage. Hat man den Ort immer noch nicht gefunden, wo unsere Töne jetzt sind?, hat es niemand interessiert, wo unsere schöne Musik hingekommen ist, oder hat man nicht danach gesucht? Gewiß sind nicht nur wir es, die daran interessiert sind, un­sere Töne wiederzufinden. (KL)

Dieser Ton, so suggeriert das Stück, versteckt sich in der Höhle unter Wasser in der Tiefe des Unglücks:

B: Ob wir es noch einmal erleben werden, daß vollen Klangs sich em­porhebt der Schall hier vom Platz? Daß strahlend nun aus dem Ton blühen erdgeborene Gesichter? Daß sie wiederkommen, diejenigen, die man nicht mehr sieht und nicht mehr birgt? Die Tat jedoch, die uns geführt diesen Weg, die wir aber nicht ausgeführt, die andre aus­geführt, nicht wir, nicht wir, wers immer war, der hat den Trug hier verübt, wer, wer?, diese Tat ist jetzt eine Tatsache, gezeugt vor langer Zeit in einer Höhle, die inzwischen zum gemütlichen Zimmer gewor­den ist, in dem das Licht brennt. (KL)

Hier herrscht der Geisterchor, wie ihn Schubert in Rosamunde durch «In der Tiefe wohnt das Licht» vertont und auf denen die «Geigen» dahinzu­gleiten scheinen: «B: Fünf Takte nach Ziffer C, mit Auftakt, die Streicher allein bitte. Ich bin die Begleitung, aber von welchem Ereignis?» (KL).

Im Kern des im Netzwerk der Kombinationen eingeschlossenen und damit nicht mehr klar determinierbaren Ereignisses steht der Raub der Mu­sik und ihrer Neugründung: aus dem, was sich alles zu Schlamm zersetzt, im Bodenlosen:

A: Niemand sucht ausgerechnet nach unseren Erzeugnissen. Viel­leicht ist das der Grund, daß sie gegangen sind? Einen anderen mög­lichen Grund sehe ich derzeit nicht. Also jetzt komm mal her, Muse, nein, Windsbraut, komm mal, Luft-, nein, doch eher Erdgeborene, nein, jetzt weiß ichs: Wassergeborene! Du Schaumschlägerin! Was hast du mit unserem Boden gemacht? Wo stehen wir heute? Ist der durch gespensterhafte Fernwirkung woandershin versetzt worden? Das ist ja bodenlos! (KL)

Diese Bausteine einer «schönen Musik» werden zu einer «counter-en­tropic force». In seinem 1950 erschienenen Text The Human Use of Human Beings: Cybernatics and Society erklärt Wiener:

But while the universe as a whole, if indeed there is a whole universe, tends to run down, there are local enclaves whose direction seems op­posed to that of the universe at large and in which there is a limited and temporary tendency for organization to increase.[50]

A und B können entsprechend als Enklaven verstanden werden, als Hül­len oder eben Gefäße, die mit ihrem Klangkörper Mikro-Systeme umgren­zen, die den gesamten Destruktionsprozess nicht nur mittragen, sondern ihm auch widerstehen. So wie die Töne, die sie spielen, so fungiert das Paar von A und B im Netz der narrativen Bezüge und Paratexte, das Jelineks Stück aufbaut; es kreiiert also ein Netz gegen den Zerfall. Töne werden zu Hüllen, zum Leichnam: «Wo ist jetzt der Tonleichnam?» Sie gesellen sich zur Masse der widerstrahlenden Toten: «Die Toten strahlen, sie sind nicht ansprechend und nicht ansprechbar» (KL/B). In diesem Schweigen wider­stehen sie dem Zerfall. Das Geisterspiel[51] ist ein Totentanz der Hüllen; so wird es zur gegenentropischen Kraft, die sich bei Jelinek in der Form des «Fremden» verkörpert. «B: Das Fremde in der Wiege, das da zu fauchen begonnen hat wie das Höllenfeuer» (KL).

Im Text wird dieses sich erst in der Imagination ausbildende Dritte zum aktivierenden Element. Mit den Hüllen des Fremden auf einer Mikroebene korrespondieren die Hüllen literarischer Texte, so wie das Sophokles-Frag­ment und die Anspielung auf Rilkes Duineser Elegien «A: [W]er, wenn ich schriee, hörte mich sonst?, das habe ich schon oft gesagt, und vor mir hat es ein anderer gesagt», oder auf Mörikes Auf eine Äolsharfe[52].

A: Du hast alles umgewühlt, Muse, mach das Saitenspiel, das kannst du doch so gut, hast sogar zwei Bogen zur Auswahl, wir leihen sie dir gern, fang an, fang endlich an, fang wieder an deine melodische Klage! Ihr kommt, Winde, fern herüber ach, von des Knaben … was red ich da! Kommt, woher ihr wollt, Winde, aber übertönt uns nicht dauernd, oder wer immer kommen mag, möge jetzt kommen und das Gespinst von uns nehmen, das Gespenst, das unsere Töne erstickt, treib empor, Erde, treibt herbei, Winde, ach so, die Erde hat es schon aufgetrieben?» (alle Herv. R.S. ; KL)[53]

In der «kontrollierten Autonomie ihrer Erzeuger» (KL), hier der Schrift­stellerin und der auditiven Imagination im Lese- bzw. Betrachtungsprozess, bildet Musik einen «Überlagerungszustand» (KL), der nach Jelinek einen Indifferenzpunkt sucht[54]. Hier versteckt sich auf unvermutete Weise noch eine Sehnsucht nach Schönheit, die angesichts der Radikalität der Textmög­lichkeiten überrascht.

Es gilt, wie bereits im Tod und das Mädchen III (Rosamunde): «Die verfluchte Schönheit klebt an uns wie Mutterkuchen»[55]. Diese «nichtgewisseste Mu­sik»[56] führt zu einer Selbstentfremdung; die nach Jelinek dem Erlebnis der Flutwelle entspricht: es ist eine Schönheit, die nie ganz zerstört werden kann, wenngleich sie selbst zerstörend wirkt:

Der Hörer wird sozusagen verschlungen von dem Schubert’schen Va­kuum, das ihn, als die nichtsgewisseste Musik, die ich kenne, danach zwar immer wieder hergibt (er hat auch alles brav gehört, ja er gehört sich selbst auch noch, er hat sich gut festgehalten und vielleicht sogar angeschnallt!), ihn aber für Bruchteile von Sekunden, da die Zeit, re­lativ, rückwärts gelaufen ist, mit dieser Zeitpeitsche aus Klang zerbro-chen und sich für immer entfremdet hat, ohne daß es (sic!) es gemerkt hätte.[57]

Jelinek beschreibt in ihrem Kein Licht-Bau nicht nur ein Gebäude, das seiner Mythen entleert wird oder aus leeren Mythologemen aufgebaut ist, sondern führt in ihrer radikalen Rede zurück auf eine Leere, die an eine Welt jenseits aller Dinge erinnert. Einzig die Rede vom Ton wirkt wie die Beschreibung eines Dingsymbols.

In Kein Licht findet sich unterschwellig eine Ästhetik, die den höchsten Wert der Musik in größter Stille sucht, im Sinne eines mystischen Schwei­gens: «Es gibt allerdings Unaussprechliches. Dies zeigt sich, es ist das Mys­tische» (Wittgenstein, Tractatus 6.522).

V. Imaginierter Grundton: Das bodenlose Geisterspiel

Die beiden Geigen erinnern in ihrem Spiel an die Band aus Thomas Pyn­chons Kurzgeschichte Entropy von 1960. Meatball, einer der Protagonisten, bemerkt inmitten der wilden Party in seinem Appartement wie seine Freunde, ein Quartett in Stille spielen. Es wird zum Ruhepol innerhalb der sich in immer größere Unordnung steigernden Gesellschaft und zum Geis­terquartett der Töne mit ironischer Note:

In den middle of the room, the Duke de Angelis quartet were engaged in a historic moment. Vincent was seated and the others standing: they were going through the motions of a group having a session, only without instruments.[58]

Es ist eine Pantomime, die ihr Geheimnis damit erklärt, ihre «root chords» abgeschafft zu haben: «[…] no root chords. Nothing to listen to while you blow a horizontal line. What one does in such a case is, one thinks (Herv. d. Orig.) the roots»[59].

Die Steigerungsform dieses Konzepts besteht darin, sich alles auszuden­ken: «to think everything […] roots, line, everything»[60]. Hier wird das stille Quartett als konzeptuelle Arbeit zur ironischen Note innerhalb einer tragi­schen Gegenwartsform.

Auffällig ist, im Vergleich zu Kein Licht, dass das Quartett bei Pynchon dieselben Sonanzen spielt, wie Jelineks Text. Im luftlosen Raum («airless void»[61]) lässt die Entropie Gis und Es kreuzen. Bei Pynchon heißt es: «And they took off again, only it seemed Paco was playing in G sharp while the rest were in E flat, so they had to start all over»[62]. Was aussieht wie ein Witz angesichts der Tatsache, dass hier ja nur “gedachte Töne” gespielt werden, liegt dem eine erstaunlich hohe Wahrscheinlichkeit zu Grunde: das “Gis” ist nämlich jener Ton, den selbst Menschen mit absolutem Gehör über­durchschnittlich oft nicht eindeutig bestimmen können[63].

Das Gis beschäftigt ebenfalls Jelineks Geige. Im Echo der imaginierten und selbsterzeugten Klangmassen, die auf die beiden Protagonisten zustür­zen, ist das “Gis” der einzige Ton, der allen Systemen entschlüpft: «Einer kam durch, sie hätten vielleicht den einzigen, der uns entschlüpft wäre, ich glaube, ein zweigestrichenes Gis, obwohl wir es nur einmal gestrichen ha­ben, den hätten sie vielleicht um ein Autogramm umringt, […]» (KL, A/B). Es ist der Ton, der nicht sicher gecastet werden kann.

Während Technik eindeutig bestimmen kann, immer also die Stufe einer maximierten Entropie erreicht: «Technik, ist das egal, was sie wiederholt, bis alles gleich ist» (KL; A/B), zeigt diese Fokussierung auf das entfliehende “Gis” an, dass die sprachliche Beschreibung Phänomene (Geräusche) ein­fangen kann, die dieser Gleichheit widerstehen: «Noise screws up your sig­nal, marks for disorganization in the circuit»[64], wie eine weitere Figur in Ent-ropy mit dem sprechenden Namen “Saul” in Anlehnung an Weiners Infor­mationstheorie erklärt. Daraus folgt, dass ein Minimum an Geräuschen not­wendig ist, um Kommunikation glücken zu lassen. Das Maß der Entropie bestimmt die Paarbeziehung: «Togetherness»[65]. Ähnlich vermeiden A und B Störungen innerhalb ihrer minimalen Ordnung von erster und zweiter Geige, von Stimmführung und Ergänzung; Diffusion ist zu vermeiden: «Lieber nicht den weichen Strahler einschalten, bin mir jetzt ganz sicher: lieber selber strahlen, zu zweit, damit es mehr Spaß bringt in unserer kleinen Ton-Unartgesellschaft» (KL, A).

Dieser Entzug des Grundtons, auf den Pynchon sich fokussiert, ist eine Eigenschaft, die Jelinek sehr an Schubert bewundert. So schreibt sie:

In der großen A-Dur Sonate (zweiter Satz) findet es, das da auftaucht, manchmal nicht einmal in den Grundton zurück, es erreicht ihn zwar fast, nein, ist eigentlich schon da, es kennt ihn doch!, aber im Baß stellt sich etwas auf, ein Stachel, der den Sitz unbrauchbar macht.[66]

Gemeint ist hier Schuberts Lust an der enharmonischen Verwechslung. Diese Einstellung zur Musik gibt Jelinek zugleich die Möglichkeit der patri­archalen Problematik zu entkommen: Subjektkonstitution ohne Grundton entkommt auch der Geschlechterdichotomie, ermöglicht eine “von Grund auf” neue Subjektkonstitution:

Je mehr das Thema also angefragt und angespielt ist, umso weniger ist es sich oder gar seinem Erzeuger nähergekommen. Und das führt in den Bereich aller Dinge und wie sie einem begegnen. Zuerst wird et­was gezeigt, dann begegnet es uns, um uns, inmitten des Gezeigten, als Subjekte konstituieren zu können, ohne daß wir zuvor wüßten, wer oder was wir überhaupt sind.[67]

Die enharmonische Verwechslung öffnet die Geschlechtsrollen. «Inmit­ten des Gezeigten» entsteht auch bei Jelinek das Lese/Betrachtersubjekt in Reflektion zu einer Vielstimmigkeit, die in ihren Überkreuzungen ihren «Stachel» verbirgt. Es ist ein Stachel, der «den Bereich aller Dinge» immer wieder aufs Neue spaltet und sprengt.

VI. Oktavenbilder

Anstelle des Grundtons treten die online gestellten Fotos als «Verpa­ckungsmaterial» innerhalb des Textes. Das Bild macht den Ton. Wir sehen: Schattenhafte, in Schutzanzügen verhüllte Menschen, die sich abtasten, ein kleines Kind, Rinder, «Fußstapfen von unsichtbaren Tieren» (KL/B), die Fotomontage einer Krake im Prolog und eine verlassene Welt im Epilog. Die Quellen und Anspielungen vervielfachen die Bedeutung der Bilder, die in einem eindeutigen Zusammenhang mit dem Reaktorunglück stehen. Im Kontext des Prologs und des Stücks verschwimmen die Deutungsvarianten. So verweist das Foto eines niedlichen Schoßhündchens nicht nur auf eine reiche Welt der Übersättigung, sondern agiert zugleich als eine Satire auf die “Spürhunde” des Dionysos; ähnlich erscheint das Rind auf einem weiteren Foto im neuen Kontext nun als geraubtes Rind des Apollon, als geweihtes Opfertier. Die Fotos im Text fungieren dabei ebenso als Falle wie A und B im alphabetischen Aufbau der Moleküle[68]. Wenn ein Foto zeigt, wie ein Kind “entstrahlt” wird, so wissen wir doch: das Abtasten in Schutzanzügen ist eine Farce. Während Mythen und ihre Götter, während die Opfer ent-strahlt werden, bleiben die eigentlichen Täter unbenannt, wie es Asako Fukuoka in seinem Text zur Japan-Thematik bei Elfriede Jelinek bemerkt:

Bei diesem Zitat-Verfahren geht es allerdings nicht vorrangig darum, abstrakte Motive im jeweiligen Text eins zu eins zu verknüpfen und symbolisch zu interpretieren. Beim Kontakt der zwei Texte ist auf­schlussreicher, dass die Struktur des Vorgangs beleuchtet wird, wie man Stimmen, Töne und Klänge überhören kann, so dass der Täter nicht eindeutig identifiziert werden kann und schließlich die Frage auf­geworfen wird, «ob es überhaupt einen bestimmten Täter zu nennen gibt».[69]

Die Fotos verweisen ein weiteres Mal auf die Unsichtbarkeit der Täter, die systemische Entropie des Vorgangs, durch die eine Identifikation der Ursachen unbeleuchtet bleibt.

VII. Entformung und Formhaftigkeit

Jelinek parallelisiert wiederholt die zum «überschüssigen Leben» gestem­pelte Natur mit einer Überschussgesellschaft, die nicht nur einen Über­schuss an Waren (und Kapital) produziert, sondern zugleich eine wach­sende Anzahl von Menschen von der Kapitalbildung ausschließt. Die «Übergangenen», wie sie Jelinek im Nachwort zu V nennt[70], werden so Teil der Flut und des «Schlamms» und damit einer allgemeinen, entropischen Entformung.

A: Schlamm. Dreck. Winseln. Heulen. Wir hören in uns nicht, was draußen war, und draußen hört man nicht mehr, was in uns abgeht. Überall Fetzen. Menschliche Gewebeteile, vom Umkommen mitten in einer Tätigkeit herrührend. Mit denen werden sie die Lachen nicht aufsaugen können. Dies hier, und zwar alles!, handelt ab sofort von unserem überschüssigen Leben, weggerissen von Flüssigkeiten, vom Leben im Dreck, im Schlamm, im ausgelaufenen Benzin, Diesel, Trinkwasser […]. (KL)

Der Ur-Schlamm kehrt als reine Materialität wieder; eine Neuorganisa­tion des Gewebes muss auf immer, so die Message, kontaminiert bleiben. Zugleich erscheint es so, als sei der Tod mit dem Verlust der Stimmen aus der Maschinenwelt verschwunden, wie es im Werk beschrieben wird: «Die Hände meutern gegen ihr Schicksal. Doch da ist niemand, gegen den sie meutern können. Da ist die Leere. Die Leere. Die Leere»[71].

Diese Wende zum Unsichtbaren, die bei Hofmannsthal als Sprachzerfall beschrieben wird, führt zu einer Ohnmachtserfahrung: «Etwas, das man nur an seinen Auswirkungen erkennen kann: Das ist alles, was uns bleibt. Das macht den Tod so unnatürlich, es ist ja auch kein natürlicher Tod, auch wenn wir ihn totschweigen, das Schweigen ist toter als der Tod selbst, er ist da, er ist da!» (Fukushima – Epilog). Die Präsenz des unnatürlichen Todes innerhalb einer künstlich verfremdeten und zerstörten Umwelt kann eben nur noch, so Jelinek, Tönen und Strahlen – Reizungen – erzeugen und lässt ein absolutes Schweigen unmöglich erscheinen. Umso wichtiger wird die stumme Darstellung derselben, ihre Pantomime. Während das Spiel auf der Oberfläche bleibt – entsprechend Jelineks Diktum Ich möchte seicht sein[72] – behält die Imagination der Musik ihre tiefe Gültigkeit. Sie erzeugt «das, was fehlt», weil sie das Schweigen einschließt, wie es Jelinek in ihrem Text «Zu Franz Schubert» erklärt:

Das was fehlt ist die Hauptsache, und es ist nicht etwas ausgespart, sondern gerade daß es fehlt, macht es ja aus![73] Jeder Weg hat Anspruch darauf, auch begangen zu werden, und der Künstler geht ihn als erster. Manche gehen, und da ist kein Weg. Sie gehen trotzdem und fallen für uns, und nicht einmal ein Feld der Ehre haben sie dafür bekommen. Die Tür ist geschlossen, der Grundriß ist da, ohne Grund ist da aber trotzdem immer dieser Riß.[74]

Die Pause setzt uns auf die Spur im Sinne Derridas[75]. Wenngleich «wir nichts hören, auch den Schreienden nicht» (KL/B), so gelingt es Jelinek doch, die Erinnerung an die Herstellung des Systems aufrechtzuerhalten. Darum bedarf es des entropischen Prozesses, des «Nachtragens» und «Nachsagens» (Fukushima – Epilog).

Wenngleich die Tränen, das Strahlen beschmutzen[76] und ein magischer Zusammenhang nicht mehr darstellbar ist, weil es nur noch «Geräte gibt», die voneinander hören, kein Orchester mehr («Geräte hören voneinander, wir nicht» (KL/A)), so verwehren sich doch gerade die Tränen im Lachen, der «guten Formen»: «Malattie sociali come il conformismo o l’etero-direzi­one, il gregarismo e la massificazione sono appunto il frutto di una passiva acquisizione di standard die comprensione e giudizio che vengono identifi­cati con la “buona forma” […]»[77]. Das apokalyptische Labyrinth der An­spielungen und der Zerstörung wird zu einer Unordnung, die sich der reell ergebenden Ordnung, dem Realen, widersetzt[78], so dass schließlich gilt: «Nicht mehr auf das Störende des Rauschens, sondern auf die Mehrdeutig­keit dieses Rauschens innerhalb der ästhetischen Funktion kommt es an»[79].

So führt Jelinek unsere Hör- und Sehgewohnheiten den inneren Zustän­den unseres Selbst zu. Wir müssen uns beständig zum Realen stellen, auch wenn wir das Phantastische sehen. Sie stellt der Entropie eine Falle. Mit Hilfe der Geigen als Spiegel ihrer eigenen Hüllenhaftigkeit leitet sie die Zu­schauer durch den Text. A und B agieren als «Keime der Formhaftigkeit»[80] innerhalb eines offenen Kunstwerks, das den Glauben an den «schönen Klang» nie ganz aufgegeben hat. Jelinek konstruiert, was Eco im «Offenen Kunstwerk» als Dialektik der Pendelbewegung beschreibt[81]. So führt uns Jelineks Ton auf die durch Katastrophen erzeugten Blendungsphantasmen zurück und setzt zugleich der «Lärmblendung» ihre ästhetische Funktion ein, Sprache als Klangraum wird zum «strahlenden Verfolger» des Weltge­schehens und dessen Entformungstendenzen.

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[1] Hans Magnus Enzensberger: Die Entstehung eines Gedichts (1960). Abgedruckt in: Ders.: Scharmützel und Scholien. Über Literatur. Hg. v. Rainer Barbey. Frankfurt am Main: Suhrkamp 2009, S. 798-817, hier S. 811.

[2] Ebd.

[3] Umberto Eco: Opera aperta. Formae indeterminazione nelle poetiche contemporanee (1962). Mi­lano: Bompiani 41997. Dt: Umberto Eco: Das offene Kunstwerk - Aus dem Italienischen von Günter Memmert. Frankfurt am Main: Suhrkamp 1973.

[4] Folgende Texte sind online auf: http://www.elfriedejelinek.com/ abrufbar, daher keine weiteren Seitenangaben. Elfriede Jelinek: Kein Licht http://a-e-m-gmbh.com/wes­sely/fklicht.htm (20.10.2015), datiert mit 21.12.2011 (= Elfriede Jelineks Website, Rubri­ken: Archiv 2011, Theatertexte) (Titel: Kein Licht) – im Folgenden durch das Kürzel KL zitiert und – falls nicht bereits vorab angegeben – ergänzt durch die jeweilige Sprechin­stanz, also z.B.: KL/A, falls der Textteil «A» zugeordnet war. Kein Licht: Prolog? Da kann man ja jede Menge anbauen! Also ich meine nicht: in der Erde http://204.200.212.100/ej/fkein­licht-prolog.htm (23.10.2015), datiert mit 7.9.2012 / 1.9.2015 (= Elfriede Jelineks Website, Rubriken: Aktuelles 2015). Epilog? Eine Trauernde. Sie kann machen, was sie will http://a-e-m-gmbh.com/wessely/ffukushima.htm (20.10.2015), datiert mit 12.3.2012 (=Elfriede Je­lineks Website, Rubriken: Archiv 2012, Theatertexte, Fukushima-Epilog) entsprechend im Folgenden als «Fukushima-Epilog» zitiert.

[5] Bärbel Lücke bezeichnet den Text als «Dia(Poly)Log von A und B (“Poly”, weil die Stimmen innerhalb der A- und B-Partikel-Sprecher des Stücks in sich mehrstimmig und mannigfaltig sind)» (Lücke, Bärbel: Fukushima oder die Musik der Zeit. Zu Elfriede Jelineks Büh­nenstück «Kein Licht». Online abrufbar unter: http://www.vermessungsseiten.de/luecke/fukushima.pdf (1.10.2015), S. 3 (= Bärbel Lückes Website: Rubriken: Analyse/Essays, Elfriede Jelinek).

[6] Hierzu ausführlich: Yve-Alain Bois u. Rosalind Krauss: A User’s Guide to Entropy. In: October 78 (1996), S. 33-88.

[7] Vgl. Eintrag «1967» in: Hal Foster / Rosalind Krauss / Yve-Alain Bois / Benjamin H. D. Buchloh u. David Joselit (Hg.): Art Since 1900. Modernism · Antimodernism · Postmoder­nism. London: Thames and Hudson ²2011, S. 549-552; sowie der Eintrag «Entropy», ebd. S. 786; ebenso: Eric Zencey: Some Brief Speculations on the Popularity of Entropy as Metaphor. In: The North American Review 271/3 (1986), S. 7-10.

[8] Erich Gutkind: Siderische Geburt. Seraphische Wanderung vom Tode der Welt zur Taufe der Tat (1910) online abrufbar: http://www.pkgodzik.de/fileadmin/user_upload/Gutkind/Erich_Gutkind__Siderische_Geburt.pdf (20.10.2015), dort S. 85 (=Website von Peter Godzik, Rubrik: Impulse 2013).

[9] Hierzu ausführlich: Anna Wolkowicz: Mystiker der Revolution. Der utopische Diskurs um die Jahrhundertwende: Gustav Landauer, Frederik van Eeden, Erich Gutkind, Florens Christian Rang, Georg Lukács, Ernst Bloch. Warschau: WUW Verlag der Universität Warschau 2007, S. 213.

[10] Enzensberger, Die Entstehung eines Gedichts, S. 811.

[11] Ebd.

[12] Wie sie Schumpeter auf ökonomischer Ebene vorschlägt.

[13] Thomas Pynchon: Entropy. In: The Kenyon Review. 22/2 (1960), S. 277-292.

[14] Elfriede Jelinek: Nachwort. In: Thomas Pynchon: V. Deutsch von Dietrich Stössel und Wulf Teichmann. Reinbeck bei Hamburg: rowohlt 1976, S. 530-549, hier S. 536.

[15] Ebd., S. 536.

[16] Ebenso: «A: Ja, die Notenwerte, die uns ununterbrochen beschäftigt gehalten haben, als gäbe es nichts Wichtigeres – ihre Veröffentlichung ist den Menschen nicht zuzumuten, damit sie nicht schon wieder beunruhigt werden. Auf unsere Notenwerte hin würden die Menschen bloß überreagieren. Die Kernreaktion auf unsere Notenwerte war im Kern ganz in Ordnung, aber eine Überreaktion können wir uns derzeit nicht leisten» (KL).

[17] «A: Wenn beliebig wirkende Parameter auch noch unwahrscheinliche Werte aufwei­sen, das ist dann ein Verstoß, ein Verstoß gegen die Werte, die uns erschaffen haben, auch ein Verstoß gegen das ästhetische Empfinden unserer Schöpfer und auch noch ein Verstoß gegen unsere Interpreten, die uns endlich sagen wollen, wer wir sind und was wir getan haben, damit man unsere Produkte neu bewerten und einordnen kann» (KL) oder B: «In uns werden erhöhte Werte gemessen, fürchte ich» (Ebd.).

[18] Jelinek, Nachwort zu «V», S. 546f.

[19] Klaus Theweleit: Wer sind wir noch? Neueste Nachrichten von der Ich-Front. In: FAZ, 26.5.2015 online abrufbar unter: http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/geisteswissenschaften/identitaet-im-digitalen-zeitalter-13597214.html?printPagedArticle=true#Dru­cken (23.10.2015).

[20] Gert Jonke: Chorphantasie. Konzert für Dirigent auf der Suche nach dem Orchester. Graz, Wien: Droschl 2003. Auf Differenzen und Ähnlichkeiten zu Jonkes Chorphantasie kann hier leider nicht eingegangen werden.

[21] Eco, Opera aperta, 92 (dt.: eine «mehrwertige Botschaft» Eco, Offenes Kunstwerk, S. 88. Herv. d. Orig.).

[22] Ebd., 93 (dt.: einem «kommunikativen Entwurf», ebd., S. 89. Herv. d. Orig.).

[23] Ebd. (dt: «einen Zuwachs an Information», ebd., Herv. d. Orig.).

[24] Ebd., 115 (=dt., S. 121).

[25] «Per finire, desidero ricordare come le ricerche sull’opera aperta sono iniziate segu­endo le esperienze musicali di Luciano Berio e discutendo i problemi della nuova musica con lui, Henri Pousseur e André Boucourechliev» (Eco, Opera aperta, S. 28; «der musikali­schen Erfahrungen Luciano Berios und d[en] Erörterungen der Probleme der neue[n] Mu­sik mit ihm, Henri Pousseur und André Boucourechliev» Eco, Offenes Kunstwerk, S. 23).

[26] Eco, Opera aperta, S. 31-35 (=dt. 27-31).

[27] Ebd., S. 35 (dt.: einem «aktiven Zentrum eines Netzwerks unausschöpfbarer Bezie­hungen», S. 31).

[28] Eco, Offenes Kunstwerk, S. 173 [Orig.: «C’è dunque una soglia oltre alla quale la ric­chezza di informazione si fa «rumore» (172)].

[29] «Ora il suono bianco, che a fil di logica dovrebbe darci il massimo possibile di infor­mazione, non informa assolutamente piú». Ebd., 172. Alle Herv. d. Orig.

[30] «A: Wir sind überflüssig. Etwas hat uns überstrahlt, […]» (KL).

[31] «Von den Häuserfronten und aus den Gassen strömte brütende Schwüle entgegen, sie kam in breiten queren Wogen angeflutet, immer wieder von dem nicht endenwollenden Geschrei und Gerufe, vom Summen und Brausen des atmenden Massentieres zerspellt, dennoch unbewegt; Wasseratem, Pflanzenatem, Stadtatem: ein einziger schwerer Brodem des in Steinquadern eingezwängten Lebens und seiner verfaulenden Scheinlebendigkeit, […]» (Hermann Broch: Der Tod des Vergil. Zürich: Rhein Verlag 1954, S. 31).

[32] Ebd., S. 51:

[33] Auf Celan als einer für Jelineks Arbeit bedeutsamen Dichterfigur kann hier aus Platz­gründen nicht näher eingegangen werden.

[34] Hans Ulrich Gumbrecht: Geschichtlichkeit nach dem Historismus? Echolalien und Resonan­zen: Über ein anderes Verhältnis zu Erinnern und Vergessen aus dem Geist der Sprachtheorie. In: FAZ, 11.6.2006, Nr. 134, Seite N3 (Online abrufbar unter: http://www.faz.net/aktuell/wissen/wissenschaft/geschichtlichkeit-nach-dem-historismus-1549719.html (20.10.2015)).

[35] Der Sohar. Das heilige Buch der Kabbala. Nach dem Urtext herausgegeben von Ernst Müller. Wien: Verlag Dr. Heinrich Glanz. 1932, S. 62-67, hier S. 62-63.

[36] Ebd., S. 63.

[37] Ebd., S. 64.

[38] Psalm 19, v. 1-7 nach der Deutung des Sohar (II. Fol. 136bff). Müller, Ernst: Der Sohar und seine Lehre. Einführung in die Kabbala. Bern: Origo Verlag 41993 (=Lehre und Sym­bol Bd. 10), S. 133.

[39] Der Sohar, S. 64 (Anm. 35).

[40] Umfassende Deutung dazu bei Lücke: Fukushima, S. 17-24, ebenfalls: Christian Schenkermayr u. Gérard Thiériot: In den Alpen; Das Werk; Ein Sturz; Kein Licht. In: Jelinek-Handbuch. Hg. v. Pia Janke unter Mitarbeit von Christian Schenkermayr und Agnes Zenker. Stuttgart, Weimar: Metzler 2013, S. 185-189, hier S. 187.

[41] Elfriede Jelinek: In den Alpen. Drei Dramen. Berlin: Berlin Verlag 2002.

[42] Hierzu siehe: Schenkermayr, Thiérot: Jelinek-Handbuch, S. 185-189.

[43] Jelinek, In den Alpen, S. 65.

[44] Lücke, Fukushima, S. 21.

[45] Gutkind, Siderische Geburt, S. 85 (Anm. 8).

[46] Was noch schlimmer sei als jeglicher «entropischer Vernichtungswille», so Jelinek (Nachwort zu «V», S. 443.).

[47] Vgl. Heinz Ickstadt: Einleitung. In: Ders. (Hg.): Ordnung und Entropie. Zum Romanwerk von Thomas Pynchon. Reinbek bei Hamburg: Rowohlt 1981, S. 7-15, hier S. 9.

[48] Christian Schenkermayr: Dionysos und Apollon zugleich. Über die Uraufführungsinszenie­rung von «Kein Licht». Karin Baier im Gespräch mit Christian Schenkermayr. In: Jelinek Handbuch. S. 78.

[49] Entsprechend wird der Ton, wie es Sruti Bala erkennt, zur «master-metaphor»: «In the text, “Ton” becomes a master-metaphor in the sense of Spivak, which covers not only the dictionary span of meanings, but begins to take on a life of its own, […]» (Sruti Bala: «Translation is the making of a subject in reparation”: Elfriede Jelinek’s response to Fukushima in “Kein Licht”». In: Austrian Studies 22 (2014), S. 183-198, hier S. 188; online abrufbar unter http://dare.uva.nl/document/2/154765, Permalink: http://hdl.handle.net/11245/1.394311 (22. 10.2015).

[50] Norbert Wiener: The Human Use of Human Beings: Cybernatics and Society. With a new Introduction by Steve J. Heims. London: Free Association Books 1989, S. 12.

[51] Vgl. die von Lücke beobachtete Verbindung der Stimmenpluralität mit Derridas Vorstellung der Wiederkunft des Gespenstischen (Lücke: Fukushima, S. 4).

[52] «Wer, wenn ich schriee, hörte mich denn aus der Engel/ Ordnungen?» (Rainer Maria Rilke: Erste Duineser Elegie. In: Sämtliche Werke. Hg. vom Rilke-Archiv, in Verbindung mit Ruth Sieber-Rilke, besorgt. v. Ernst Zinn. Band 1-6, Band 1: Gedichte. Wiesbaden und Frankfurt a.M. 1955, S. 685-689); Eduard Mörike: An eine Äolsharfe. In: Sämtliche Werke in zwei Bänden. Band 1: Maler Nolten (Erstfassung), Erzählungen, Gedichte, Idylle vom Bo­densee, Wispeliaden, Dramatisches. München 1967, S. 689-690., online abrufbar unter: http://www.zeno.org/Literatur/M/M%C3%B6rike,+Eduard/Gedichte/Gedichte+%28Ausgabe+1867%29/An+eine+%C3%84olsharfe (22.10.2015); dieses Gedicht ist mehr­fach vertont, etwa von Brahms als «An eine Äolsharfe», op. 19, Nr. 5: Fünf Gedichte für eine Singstimme mit Begleitung des Pianoforte (1862, Uraufführung: 1881.) und von Hugo Wolf; zudem bietet es eine wichtige Inspirationsquelle für Hans Werner Henzes: Musik für konzertierende Gitarre und 15 Soloinstrumente (1986), siehe: Hans Werner Henze: An eine Äols­harfe. Ein Tagebuch. In: Der Komponist Hans Werner Henze. Hg. von Dieter Rexroth. Ein Buch der Alten Oper Frankfurt. Frankfurt Feste ’86. Mainz: Schott 1986, S. 291-406.

[53] Von Mörike übernimmt Jelinek die von mir kursiv gesetzten Passagen. Die Verknüp­fung beider Gedichte suggeriert, Rilkes Gedicht würde den bei Mörike beschriebenen «Schrei der Harfe», mit dem das Gedicht endet, weitertragen.

[54] Die Semantik leitet auf die Naturästhetik Schellings. Siehe ebenfalls die ausführliche Fußnote bei Bärbel Lücke: Semiotik und Dissemination. Von A. J. Greimas zu Jacques Derrida. Eine erzähltheoretische Analyse anhand von Elfriede Jelineks «Prosa» «Oh Wildnis, oh Schutz vor ihr». Würzburg: Königshausen & Neumann 2002, S. 192.

[55] Elfriede Jelinek: Der Tod und das Mädchen III (Rosamunde). In: Dies.: In den Alpen. Ber­lin: Berlin Verlag 2002, S. 67-87, hier S. 85; dieser Text ist online abrufbar unter: http://a-e-m-gmbh.com/wessely/frosa.htm (20.10.2015), datiert mit 6.7.2001 (= Elfriede Jelineks Website, Rubriken: Archiv 2001, Theatertexte, Rosamunde).

[56] Elfriede Jelinek: Zu Franz Schubert. http://www.a-e-m-gmbh.com/ej/fschuber.htm (23.10.2015), datiert mit 1998 (=Elfriede Jelineks Website, Rubriken: Zur Musik).

[57] Ebd., Franz Schubert spielt für Jelinek eine übergeordnete Rolle, wie Pia Janke in ihrem Eintrag Kompositionen, Texte für Kompositionen, Libretti bemerkt (Jelinek-Handbuch, S. 228). Möglicherweise trägt Schuberts Musik für Jelinek eine ähnlich zwiespältige Doppel­bedeutung wie das entropische Potenzial von Sprache.

[58] Pynchon, Entropy, S. 289.

[59] Ebd., S. 290.

[60] Ebd.

[61] Ebd.

[62] Ebd.

[63] Vgl.: N.N.: Absolutes Gehör. Musik-Genies und das verflixte Gis. In: Focus (28.8.2007). http://www.focus.de/wissen/mensch/neurowissenschaft/absolutes-gehoer_aid_130718.html – (20.10.2015).

[64] Pynchon, Entropy, S. 285.

[65] Ebd., S. 286.

[66] Jelinek, Zu Franz Schubert (Anm. 56).

[67] Ebd.

[68] «Wie alphabetisch ist doch die Natur der Moleküle. […] “Sieh hin: wie man sie aus dem Fluß der Schlacken siebt, formt, reinigt, destilliert, so wie du einst deine Buchstaben gerettet hast aus dem regellosen sterblichen Strom der gesprochenen Sprache … Dies hier sind unsere Buchstaben, unsere Wörter: auch sie können moduliert, getrennt, neu zusam­mengefügt, umgedeutet, eins an das andere mischpolymerisiert werden zu weltweiten Ket­ten, die nur hin und wieder an die Oberfläche des molekularen Schweigens treten, wie die sichtbaren Teile eines geknüpften Teppichs”» (Thomas Pynchon: Die Enden der Parabel. Deutsch von Elfriede Jelinek u. Thomas Pilz. Reinbek bei Hamburg: Rowohlt 1998, S. 556; [«How alphabetic is the nature of molecules. […] “See: how they are taken out from the coarse flow-shaped, cleaned, rectified, just as you once redeemed your letters from the lawless, the mortal streaming of human speech. … These are our letters, our words: they too can be modulated, broken, recoupled, redefined, co-polymerized one to the other in worldwide chains that will surface now and then over long molecular silences, like the seen parts of a tapestry”» (Gravity’s Rainbow. New York: Penguin Books 1995, 355)].

[69] Asako Fukuoka: Japan-Thematik bei Elfriede Jelinek. Von Gedanken zur Fotokunst Nobu­yoshi Arakis zu «Kein Licht». In: Yuichi Kimura / Thomas Pekar (Hg.) (unter Mitarbeit von Mechthild Duppel-Tagayama): Kulturkontakte. Szenen und Modelle in deutsch-japanischen Kontexten. Bielefeld: Transcript. 2015, S. 291-303, hier S. 301. Bei Sophokles gilt: «Auf dem melodischen Weg des Umgangs mit dem Klang wird der Täter zwar identifiziert, aber er darf nicht genannt werden» (Ebd., S. 302), während Komplizenschaft und Verantwortlichkeit in Kein Licht nicht eindeutig zuzuweisen seien.

[70] Jelinek, Nachwort zu «V», S. 546f. (Anm. 18).

[71] Elfriede Jelinek: Das Werk. In: In den Alpen (Anm. 41), S. 89-251, hier S. 208. Schnee­flöckchen spricht.

[72] Jelinek: Ich möchte seicht sein. http://www.a-e-m-gmbh.com/ej/fseicht.htm  (23.10. 2015) (= Elfriede Jelineks Website, Rubrik: Zum Theater). Zuerst erschienen in: Theater Heute Jahrbuch 1983, S. 102.

[73] Das ist die bekannte Funktion der Pause in der Musik der Wiener Klassik.

[74] Jelinek, Zu Franz Schubert (Anm. 56).

[75] Sie eröffnet damit das Gespenstische des «Ereignisses”. Auf die Verbindung zu Der­rida weist besonders Bärbel Lücke hin, (vgl. Anm. 5) S. 4.

[76] «B: Tränen, meine Tränen, was seid ihr gar so laut! Was schreit ihr so? Seid doch endlich ruhig! Seid wenigstens etwas leiser! Es hat ja keinen Sinn, wir hören euch so und so nicht! Das Strahlende wird von euch nur beschmutzt, euer Schatten fällt drauf, der Strahler wird naß und versagt im Funkenregen» (KL).

[77] Eco, Opera aperta, S. 151; «Soziale Krankheiten wie Konformismus, Heteronomie, Herdentrieb und Vermassung sind das Ergebnis einer passiven Übernahme von Verste­hens- und Urteilsnormen, die mit der «guten Form» gleichgesetzt werden» (Eco, Offenes Kunstwerk, S. 152).

[78] Eine weitere von Jelinek für Kein Licht angegebene Quelle ist René Girards Die ver­kannte Stimme des Realen.

[79] Peter Mahr: Ecoanic Meditation [Black/White Box/Cube]. In: Silvia Eiblmayr / Ernst Trawöger  (Hg.): Ockham versus Buridan, exhibition catalogue Galerie im Taxispalais, Inns­bruck: Skarabaeus 2008, S. 82-95; online abrufbar unter: http://homepage.univie.ac.at/peter.mahr/Peter.Mahr_EcoaniMeditatD.pdf (20.10.2015) hier S. 87.

[80] «La tendenza al disordine che caratterizza positivamente la poetica dell’apertura dovrà essere tendenza al disordine dominato, alle possibilità compera in un campo, alle libertà sorvegliata da germi di formatività presenti nella forma che si offre aperta alle libere scelte del fruitore» (Eco, Opera aperta 123-124; «Die Tendenz zur Unordnung, die positiv die Poetik der Offenheit kennzeichnet, muß eine Tendenz zur beherrschten Unordnung sein, zur inner­halb eines Feldes eingegrenzten Möglichkeit, zu einer Freiheit, die überwacht wird durch Keime der Formhaftigkeit, die in dem Gebilde enthalten sind, das sich offen den freien Wahlen des Rezipierenden anbietet» (Eco, Offenes Kunstwerk, S. 130; alle Herv. d. Orig.).

[81] Vgl. Eco, Opera aperta, S. 117-118 (= dt., S. 124.).