Panagiota Varvitsioti

(Jena)

Der Blick als literarischer Ausdruck der Wiener Moderne
Hugo von Hofmannsthals Klytämnestra

[The Gaze as Literary Expression in Viennese Modernism
Hugo von Hofmannsthal’s Clytemnestra
]

abstract. This article focuses on the character of Clytemnestra in Hugo von Hofmanns­thal’s drama «Electra» and tries to answer two main questions. Which time-specific and ideological traits emerge from his interpretation of the character? How does the author deal with one of the most popular ancient figures and which aims does he link to his elab­oration? It will be argued that Clytemnestra’s presentation and declamations make her a “modern child” of antiquity and that Hofmannsthal presents contemporary questions by having recourse to the ancient Greek tradition.

In diesem Beitrag steht die von der Forschung bislang vernachlässigte Figur der Klytämnestra aus dem Drama Elektra von Hugo von Hofmanns­thal im Fokus der Betrachtung[1]. Welche zeitspezifischen und ideenge­schichtlichen Charakteristika lassen sich an ihr aufzeigen? Wie verfährt der Autor mit dem Stoff einer der populärsten antiken Gestalten und welche Ziele verknüpft er mit der Bearbeitung? Es wird dargelegt, dass Formge­bung und Vortrag der Klytämnestra diese zu einem “modernen Kind” der Antike werden lassen wodurch Hofmannsthal die aktuellen Fragen seiner Zeit im Rückgriff auf die altgriechische Tradition formuliert[2].

In der Figur offenbaren sich die Verhältnisse im Wien um die Jahrhun­dertwende: die Umkehrung der starren Geschlechterrollen und die Verän­derung des traditionellen Weltbildes. Zudem werden an ihr die neuen Kreise sichtbar, die das Denken solch bedeutender zeitgenössischer Ge­lehrter wie Freud und Nietzsche gezogen haben. Zwar präsentiert sich Klytämnestra als modernes Ganzes, dennoch ist es ein konkreter Augen-Blick, der im Mittelpunkt des Beitrags stehen soll: die letzten Blicke, die Mutter und Tochter aufeinander richten. Im Moment des stummen, bösen Triumphes Klytämnestras sind die beiden Frauen nicht länger Personae. Das Ich wird sichtbar, auch gestalterisch setzt Hofmannsthal hier einen Höhe­punkt, der sich in der Erscheinung der Figuren und in ihrer Gestik und Mimik offenbart.

Ein Augen-Blick vor dem Ende der Klytämnestra-Elektra-Szene

Kurz bevor die Szene zwischen Klytämnestra und Elektra beschlossen wird, stehen beide schweigend und doch näher als je zuvor beieinander, gerade dadurch wird die ganze Dimension dieser Beziehung, die Tiefe des Abgrunds, der Gefühle, die diese beiden trennen, sichtbar.  Elektra erlebt eine Vision vom Tod ihrer Mutter, die die Atridenkönigin ängstigt. Klytämnestra strebt ins Haus zurück. Elektras Hass hat seinen Gipfel bald erreicht, und sie greift Klytämnestra an, in Wort und in Tat, um die Illusion der mütterlichen Macht zu zerstören. Und tatsächlich ringt Klytämnestra um Atem nach dem an einen Überlebenskampf anmutenden Gespräch mit der Tochter. Ihr gegenüber steht Klytämnestra erschrocken und stumm, die ihren Blick auf die Tochter gerichtet hat. In dem Moment erkennt sie, dass Elektra ihr nicht zu Hilfe kommen wird. Der Trieb zu überleben ist mäch­tig, selbst wenn Elektras Mutter stürbe, selbst wenn Elektra sie töten müsste. Klytämnestra blickt auf Elektra wie in einen Spiegel. In deren Ge­sicht liest sie die Folgen ihrer eigenen Taten, sie erkennt eine Kreatur, die aus Lust zerstört. Doch das Böse, das mit Elektras zweiter Vision ein Ende zu nehmen scheint, hat noch nicht seinen Höhepunkt erreicht.  Eine Die­nerin überbringt Klytämnestra die Nachricht vom Tode Orests. Bei der Mutter ist keine Miene des Leidens zu entdecken. Vielmehr wirkt sie befreit von dem Albtraum ihres dräuenden Schicksals. Die Maske fällt, die Ge­sichtszüge verzerren sich. Ihr gerade noch fassungsloser Blick verwandelt sich in einen triumphierenden: Die Mutter hört befriedigt die Botschaft, dass ihr nun niemand mehr die Macht streitig machen kann. Dieser letzte Blick der Königin auf die Tochter beeindruckt durch seine Grausamkeit und Tiefsinnigkeit. Im letzten Blick konkretisiert und entblößt sich der Organismus mit all seinen Motiven, Taktiken und Strategien: Klytämnestra, einst allmächtige Herr­scherin, ihren eigenen tiefsten Instinkten unterworfen, ist nun physisch und psychisch am Ende.

Im Folgenden wird zunächst untersucht, wie dieser Blick alle Facetten der Figur in sich bündelt, um dann danach zu fragen, ob der Charakter Klytämnestras die soziale Wirklichkeit des Dichters dadurch reflektiert.

Klytämnestra: Die hysterische Heldin

Das Publikum erblickt auf der Bühne eine schwerkranke Frau, die vor ihren Vertrauten kraftlos, steif vor Angst und auf ihren Stock gestützt er­zählt – nachts liegt sie wach und kann nicht schlafen. Ihr Gesicht ist blass und hat einen angespannten, gequälten Ausdruck. Der Blick ist gesenkt, sie spricht leise und unter großer  Anstrengung. Am Ende des Dialogs zwi­schen Mutter und Tochter versagt der keuchenden Klytämnestra die Stimme, die letzten Kräfte sind aufgezehrt. Sie erscheint dem Leser noch hilfloser als am Anfang der Szene.

Der Anblick der brechenden Augen des sterbenden Agamemnon hatte Klytämnestra einen jähen Schock versetzt, den sie noch immer nicht über­wunden hat. Und da ist niemand, mit dem sie über ihre Gefühle sprechen kann. Die Erinnerung an den Mord ist für Klytämnestra kaum zu ertragen, weshalb diese verdrängt wird, gleichwohl sie damit natürlich nicht ver­schwunden ist. Das Vergessene kehrt zurück, doch nicht in Gedanken, die artikuliert werden, sondern in Form von somatischen Symptomen. Das Ge­spräch mit ihrer Tochter zwingt die Königin trotz aller Widerstände allmäh­lich und dann mit steigender Intensität dazu, sich mit den latenten Erleb­nissen auseinanderzusetzen. Elektra bemüht sich, die Erinnerungen an die Mordtat ans Licht zu ziehen und Klytämnestra zu einer Selbstdarstellung zu bewegen – einem Dentisten gleich, der beständig dort bohrt, wo es weh­tut, um die leeren Stellen im Zahn zu füllen. Dabei agiert Elektra äußerst geschickt, indem sie nur scheinbar auf Klytämnestras Rede eingeht und in­dessen alles auf den Mord bezieht.

Dem aufmerksamen Publikum wird dabei nicht entgehen, dass sich in diesem Beharren Elektras gleichsam Klytämnestras innere Ambivalenz ent­hüllt. Die Persönlichkeit der Königin scheint gespalten: in ein Ich, das sich weigert, von der Vergangenheit zu sprechen und auch nicht darüber spre­chen kann, und in ein Ich, das nüchtern und geradezu über den Mord, den Verlust des Sohnes, die missbrauchten Töchter berichtet – sie ist gespalten in ein Ich, das Elektra beschimpft und erniedrigt, und in ein Ich, das in Elektra die Retterin sieht und vor ihr ergeben den Nacken beugt. Mit stei­gender Vehemenz der Drohungen und Verängstigungen konkretisiert sich die Zerrissenheit Klytämnestras. Die Wirklichkeit tritt zurück, die Figur ver­liert ihre Identität, die Handlung ihre Kontinuität und die Sprache ihre feste Bedeutung und ihren Rhythmus. Die Protagonistin stolpert mehr und mehr, bis ihre Welt aus den Fugen gerät und sie am Ende völlig verstummt. Die Augen werden nun zum alleinigen Träger von Ausdruck. Im “bösen Blick” spiegelt sich die Tiefe der Gefühle beider Frauen füreinander, deren wahren Ziele, die mit dem Gespräch beabsichtigt werden, dadurch offen zutage treten.

In diesem Geschehen lässt sich die Signatur der freudschen Studien über Hysterie erkennen, die mit ihrem Ansatz der Psychoanalyse eine der führen­den Interpretationen von sozialer Wirklichkeit der Jahrhundertwende sind und die Geisteshaltung entscheidend prägen[3]. Meine These, nach welcher Klytämnestra als hysterische Heldin zu charakterisieren ist, wird dabei durch die zeitgenössische Rezeption und Bewertung gestützt.

Hofmannsthals Frauenfiguren, und hier besonders Elektra, werden von Zeitgenossen und Kritikern, die sich in ihren Erwartungen enttäuscht füh­len, als kranke, «hysterische Heldinnen» aufgefasst. So äußert sich auch Karl Strecker nach der Uraufführung des Stückes in der Täglichen Rundschau er­nüchtert:

Indem ich […] an Hofmannsthal zurückdenke, überkommt mich et­was wie tiefe Trauer. Warum mußte dieser begnadete Dichter mit sei­nem Drama, das sicher zu den bedeutendsten Zeiterscheinungen der gegenwärtigen Literatur gehört, warum musste er gerade das lieb­lichste Geschöpf des großen Sophokles verunstalten, gerade ihr alles Licht in Schatten, alle Reinheit in Schmutz, alle Größe in Krankheit verkehren?[4]

Ähnlich meldet sich Paul Lerch in der Zeitschrift Germania am 1. No­vember 1903 zu Wort:

Und was mußte ich erleben! Meine Elektra war über Nacht – hyste­risch geworden, hatte sich zu einem modern-perversen, sezessionisti­schen Überweibe durchgemausert, ja förmlich durchdestilliert.[5]

Die Forschung hat zu klären versucht, inwieweit die drei Frauenfiguren Chrysothemis, Klytämnestra und Elektra Züge von Hysterikerinnen auf­weisen und ob Freuds Theorien eine Inspirationsquelle für Hofmannsthal waren. Dabei unterstellen einige Wissenschaftler einen direkten Einfluss der psychoanalytischen Schule auf Hofmannsthal und sein Werk, wohingegen andere solch eine Relevanz  für übertrieben halten[6].

Hoffmannsthal gab sich überzeugt, dass die Psychoanalyse eine Theorie sei, die sich jeder Künstler kritisch anzueignen habe[7]. Der Autor sieht in der Kunst «fortlaufende Emanationen einer Persönlichkeit […], Beleuchtun­gen, die eine Seele auf die Welt wirft […], richtig, jeden Übergang und ins­besondere alle unterirdischen Übergänge für möglich zu halten»[8]. Auf die Frage hin, ob er für Elektra Literatur zurate gezogen habe, die sich mit den tiefen emotionalen Schichten befasst, antwortet Hofmannsthal detailliert, dass er «damals in zwei ganz verschiedenen Werken geblättert [habe], die sich wohl mit der Nachtseite des Menschen abgeben: das eine die Psyche von Rohde[9], das andere das merkwürdige Buch über Hysterie von den Dok­toren Breuer und Freud»[10]. Das erstgenannte Werk regte den Autor dazu an, ihm aufgrund seiner Erfahrung bekannte Charakterelemente in der an­tiken Gestalt der Klytämnestra wiederzuerkennen. Dies unterstreicht die folgende Passage im Werke Rohdes, in der Parallelen zur griechischen Re­ligion gezogen werden:

In jenen tief erregten Zeiten müssen die Griechen vielfach die Erfah­rung von jenen abnormen, aber keineswegs seltenen Erscheinungen des Seelenlebens gemacht haben […]. Selbst voraussetzungslose psy­chologische Beobachtung unserer Zeit weiß solche bei gewissen neu­ropathischen Zuständen oft […] hervortretende Erscheinungen nicht anders zu beschreiben, denn als eine Verdoppelung oder Vervielfälti­gung der Person, Bildung eines zweiten Ich, eines zweiten Bewusst­seins nach oder neben dem ersten und normalen Bewusstsein […].[11]

In Bezug auf seine zweitgenannte Inspirationsquelle, Freuds Studien über Hysterie, wendet sich Hofmannsthal bereits im Mai 1903 an Bahr:

Können Sie mir eventuell nur für einige Tage das Buch von Freud und Breuer über Heilung der Hysterie durch Freimachen einer unterdrück­ten Erinnerung leihen (schicken)? Wenn nicht, so schreiben Sie mir bitte den genauen Titel davon auf, damit ich es mir kommen lassen kann. Ich weiß, dass ich darin Dinge finden werde, die mich im Leben ein Traum sehr fördern müssen. (Briefe 1900-1909, 142)

Ohne den Einfluss der Psychoanalyse auf Hofmannsthals Figur allzu hoch einschätzen zu wollen, finden sich unter den Patientinnen Freuds zahlreiche Entsprechungen zum Zustand Klytämnestras[12]. Eine Parallele besteht in der Gestaltung der aufgestauten Emotionen der Königin, die von Freud als eines von mehreren Symptomen und Ursachen von Hysterie be­schrieben wird. Freud begreift diese als Manifestationen unverarbeiteter Gefühle[13], die mit starken, unerträglichen und verdrängten Erlebnissen zu­sammenhängen[14]. In den Studien attestieren Freud und Breuer der Hysterie ausschließlich psychische Auslöser (sexueller Natur). Hysterie habe weder physiologische Gründe, noch werde sie vererbt. Im Mittelpunkt ihres Inte­resses stehen psychische Konflikte, die aus Scham oder Ekel, aufgrund von moralischen Geboten oder wegen eines erlebten Schreckens verdrängt wur­den (Studien über Hysterie, 11, 266). Diese unverarbeiteten Empfindungen entfalten ihr pathogenes Potenzial, seelische Verwundungen konvertieren zu körperlichen Symptomen (Studien über Hysterie, 186)[15]. Freuds neuer An-satz erlaubt es, den krankhaften Mechanismus als Symbolismus, als Wirk­samkeit von unaussprechbaren Inhalten “innerhalb” der Körpersprache aufzufassen, die mit früheren Erfahrungen und Erlebnissen des Patienten in Verbindung stehen[16]. Die Symptome der Hysterie lenken von den schwer fassbaren Gefühlen, unbewussten Phantasien und Ängsten ab und trans­formieren diese zu Aussagen des Körpers (Studien über Hysterie, 28)[17]. Die verdrängten psychischen Inhalte kehren immer wieder an die Oberfläche zurück, äußern sich aber in somatischen Symptomen, sodass sie nur schwer zu deuten sind (Studien über Hysterie, 225-231). In diesem Sinne verweisen Klytämnestras Ohnmachtszustände, ihre Geh- und Sehstörungen (sie kann ihre Augenlider nur mit Anstrengung offen halten), ihr Dämmerzustand und ihre Halluzinationen auf eine schwer erkrankte Seele[18].

Ein krankhafter Verlauf stellt sich allerdings erst dann ein, wenn ein se­kundäres Bewusstsein aufgerufen wird (Studien über Hysterie, 35). Dieses ragt in den normalen Zustand hinein und führt zum Ausbruch der Hysterie (Stu­dien über Hysterie, 65). Dieser Zustand ähnelt dem Träumen sowohl in seiner Ausprägung als auch in der Präsenz von (Schmerz‑)Halluzinationen, Erin­nerungslücken, der Hemmungslosigkeit der Einfälle und der funktionellen Desorganisation von Sprache (Studien über Hysterie, 64). Hier lassen sich Pa­rallelen zu Klytämnestras Zustand ziehen, der immer wieder ungehindert sprachlich, gestisch und mimisch hervorbricht und sich in ihren Tagträu­men und in ihrem Verlustgefühl äußert. Zugang zu diesem zweiten Be­wusstseinszustand erhält Klytämnestra über die Konfrontation mit Elektra. Die Tochter fungiert als Schlüssel zum Unbewussten der Mutter.

Die Konstellation zwischen Therapeut und Patient in der Psychoanalyse gestaltet sich ähnlich zum Verhältnis Elektras zu Klytämnestra. Freud äu­ßert sich dazu folgendermaßen:

Wer Augen hat zu sehen und Ohren zu hören, überzeugt sich, daß die Sterblichen kein Geheimnis verbergen können. Wessen Lippen schwei­gen, der schwätzt mit den Fingerspitzen; aus allen Poren dringt ihm der Verrat. Und darum ist die Aufgabe, das verborgenste Seelische bewusst zu machen, sehr wohl lösbar.[19]

So hypnotisieren Freud und Breuer ihre Patienten, wie es Charcot be­schrieben hat, und animieren diese dazu, sich nach der Befragung durch die Hypnotiseure an das verdrängte Erlebnis «in voller Helligkeit» zu erinnern (Studien über Hysterie, 9). Auch in dieser Methode finden sich Analogien zur untersuchten Situation zwischen Mutter und Tochter: Elektra unterbricht Klytämnestra niemals, auch wenn sich diese in ermüdenden Monologen über ihre Krankheit ergeht, in denen sie mit ihren Gedanken scheinbar ab­schweift. Auch der Psychoanalytiker wird zum Hörer des Unbewussten, zum Deuter des Verschwiegenen.

Eine weitere Ähnlichkeit findet sich in der Paradoxie, dass der Wider­stand, den der Patient gegenüber dem Analytiker aufbaut, sich in dem Maße steigert, wie der Therapeut seine Bemühungen intensiviert, Zugang zum Verdrängten zu erlangen[20]. Vorstellungen werden heftig geleugnet, statt kla­rer Antworten werden vage Gemeinplätze geäußert[21]. Auf die Situation des Dramas bezogen bedeutet dies: Manche Worte Elektras provozieren und erregen die Patientin Klytämnestra bis hin zu Wutausbrüchen, beispiels­weise wenn Elektra tief verborgene Geheimnisse der Kranken oder Gefah­ren zu offenbaren droht (wie die von Klytämnestra gebilligte Misshandlung des eigenen Sohnes und dessen nahende Rückkehr). Elektras Rolle gleicht in einigen Punkten der eines Psychotherapeuten, ohne allerdings den An­spruch zu erheben, helfen und heilen zu wollen. Die Parallelen zwischen der Erkrankung Klytämnestras und den Theorien Freuds über Ätiologie, Funktion und Symptomatik der Hysterie weisen auf die Existenz von un­bewussten Aspekten in Klytämnestras Wesen hin, die diese trotz ihres Schattendaseins stark beeinflussen und die ihr den Weg in ein selbstbe­stimmtes Leben verstellen.

Freud kommt das Verdienst zu, die Macht des Unbewussten auf unser Denken und Handeln wissenschaftlich nachgewiesen zu haben. Bereits in seiner im Jahre 1900 erschienenen Traumdeutung spricht er davon, dass die Psyche des Menschen aus dem Zusammenspiel von zwei Prozessen be­steht: dem Bewussten und Unbewussten[22]. «Das Ich» zeige «das Oberfläch­liche, das Es das Tiefere»[23]. In bestimmten Fällen, wie der pathologischen Form des hysterischen Ich, sei dieses dem Es unterworfen[24]:

Die […] empfindlichste Kränkung aber soll die menschliche Größen­sucht durch die heutige psychologische Forschung erfahren, welche dem Ich nachweisen will, daß es nicht einmal Herr ist im eigenen Hause, sondern auf kärgliche Nachrichten angewiesen bleibt von dem, was unbewusst in seinem Seelenleben vorgeht.[25]

Auch Klytämnestras in den Tiefen des Unbewusstseins liegende, ver­steckte Seite kommt viele Male eruptiv und in scheinbar unzusammenhän­genden Handlungen zum Vorschein. So attackiert sie in dem einen Moment Elektra und im nächsten erbettelt sie deren Hilfe. Auf dem Höhepunkt der Szene zwischen Klytämnestra und Elektra treten alle unterdrückten Ge-fühle der Angst, der Abscheu und des Hasses zutage – gebündelt in den einander zugewandten Blicken von Mutter und Tochter.

An dieser Stelle muss darauf hingewiesen werden, dass Freuds Ansatz, trotz einiger Differenzen, etliche Gemeinsamkeiten mit den Auffassungen Nietzsches teilt. Auch Hofmannsthal ist mit Nietzsche vertraut. Er besitzt nicht nur die Gesamtausgabe seiner Werke, sondern pflegt darüber hinaus Freundschaften sowohl zum Nietzsche-Forscher Raoul Richter als auch zu Nietzsches Schwester[26]. Hofmannsthal bekennt: «Nietzsche ist die Tempe­ratur, in der sich meine Gedanken kristallisieren»[27]. Nietzsche wiederum schreibt über das Unbewusste:

Die längsten Zeiten hindurch hat man bewusstes Denken als das Den­ken überhaupt betrachtet: jetzt erst dämmert uns die Wahrheit auf, dass der allergrösste Theil unseres geistigen Wirkens uns unbewusst, ungefühlt verläuft.[28]

Hier findet sich eine Analogie zwischen Nietzsches These von einem  Gegensatzpaar bewusst versus unbewusst[29] und Klytämnestras aggressiver Inszenierung, in der das Tieferliegende als Hysterie an der Oberfläche er­scheint.

Dabei ist aufschlussreich, dass Nietzsche bereits vor Freud auf den Me­chanismus des kontinuierlich auftauchenden unterdrückten Unbewussten hingewiesen hat. In Nietzsches Schrift Zur Genealogie der Moral, deren zweite Auflage von 1892 ebenfalls zur Bibliothek Hofmannsthals gehörte und in der dieser mehrere Stellen angestrichen hat[30], heißt es:

[…] in der Hauptsache mussten sie [die Instinkte] sich neue und gleichsam unterirdische Befriedigungen suchen. Alle Instinkte, welche sich nicht nach Außen entladen, wenden sich nach innen […]: damit wächst erst das an den Menschen heran, was man später seine “Seele” nennt. Die ganze innere Welt, ursprünglich dünn wie zwischen zwei Häute eingespannt, ist in dem Maasse aus einander- und aufgegangen, hat Tiefe, Breite, Höhe bekommen, als die Entladung des Menschen nach Aussen gehemmt worden ist.[31]

Freud selbst muss feststellen, dass sich Nietzsches «Ahnungen und Ein­sichten […] oft in der erstaunlichsten Weise mit den mühsamen Ergebnis­sen der Psychoanalyse decken»[32].

Zwischen Freuds Theorie und Nietzsches Überlegungen über eine Spal­tung des Ich auf der einen Seite und Hofmannsthals Notiz, dass «dämoni­sche Mächte, welche über die Seele verfügen wollen», den «Übergang» zu «jedem Tun» zu hindern versuchen, auf der anderen Seite besteht ein direk-ter Nexus[33]. Dies registriert auch Hofmannsthal, wenn er in einem Brief an Bahr erwähnt, dass es in seinem Werk Leben ein Traum darum gehe, «in die tiefsten Tiefen des zweifelhaften Königreiches Ich hinabzusteigen und dort das Nicht-mehr-ich oder die Welt zu finden»[34]. Abgesehen von Hofmanns­thal entwickelte auch die “schöne” Literatur im Allgemeinen zu Beginn des 20. Jahrhunderts ein verstärktes Interesse an der Psychopathologie[35]. Her­mann Bahr beispielsweise setzt sich in seinem 1904 erschienenen Dialog vom Tragischen mit Freuds und Breuers Studien über Hysterie auseinander, was zu­nächst als Dialog über den Schauspieler in sein (unveröffentlichtes) Tagebuch aufgenommen[36] wurde. In einer Notiz vom 7. April 1903 heißt es dort:

[…] jede Kultur bändigt gewisse Triebe als mit dem Zusammenleben der Gemeinschaft unverträglich, diese unterdrückten Triebe, die der Mensch nicht bloß verfehlen, sondern aus Scheu vor sich selbst ab­leugnen lernt, verwandeln sich, siehe Freud […]. Ich muss jetzt aber doch endlich den Dialog über den Schauspieler niederschreiben, in wel­chem ich, an Freud anknüpfend, die κάθαρσις [Katharsis] der Tragödie aus dem Entladen verbotener Leidenschaften erklären will.[37]

Ebendiese Katharsis reflektiert die hofmannsthalsche Elektra[38]. Das Pub­likum steht jedoch nicht – wie im antiken Drama – der Tragik des Einzelnen als einem willenlosen Objekt in den Händen von Schicksal, Göttern und eigenen Schwächen auf dessen Weg zur Katharsis gegenüber. Zentrum des Geschehens ist auch nicht der Kampf zwischen Gerechtigkeit und Unge­rechtigkeit, zwischen Gut und Böse, bevor die ethische Ordnung und der Glaube an die Ehre wiederhergestellt werden. Stattdessen wird der Mensch demaskiert, indem die Brüchigkeit des Willens und seine Abhängigkeit von Impulsen und Affekten offengelegt werden. Die Erzählung verlagert sich von der Außenperspektive auf die Innenwelt, womit sie gleichsam umge­lenkt wird.

Diese Deutung kondensiert in der Flut von Hysterikern, die die literari­sche Szene um 1900 auch in Österreich überschwemmen[39]. Die Gestaltung der Klytämnestra-Figur in der Elektra von Hugo von Hofmannsthal kann in diesem Zusammenhang als eines der repräsentativsten Beispiele gelten.

Klytämnestra: Die träumende Heldin

Die “dunkle” Seite ihrer Persönlichkeit, die abgewehrten psychischen Inhalte finden ihren Ausdruck in  Klytämnestras Albträumen, die am Ende der Szene zwischen Mutter und Tochter einen Höhepunkt erreichen. Die unspezifische Furcht in den zurückliegenden Träumen nimmt nun in den Worten Elektras Gestalt an, und zwar die Gestalt ihres Sohnes Orest. Be­kanntes, Vertrautes erscheint plötzlich in einem neuen Licht: Der Sohn ist ihr feindlich gesinnt, in Elektras Vision «jagt [er sie] auf» und «treibt [sie] durch das Haus» «an den Flechten [ihrer] Haare» (Elektra 15-16, 30, S. 85). Unbelebtes wird lebendig, wenn Elektra zu ihrer Mutter sagt: «[D]as Dunkel und die Fackeln werfen schwarzrote Todesnetze über dich» (Elektra 19-20, S. 85). Doch Klytämnestra schläft nicht, während sie sich ihr Sterben ein­bildet. Weder sinkt ihr Puls, noch verliert sie langsam das Bewusstsein. Un­ter den berauschenden Worten Elektras erlebt sie ihren eigenen Tod[40], nur dass sie diesmal wach ist. Die Antizipationen Elektras, die mit den unter­drückten Gefühlen Klytämnestras übereinstimmen, erspürt sie im wachen Zustand am eigenen Leib; und dies manifestiert sich in den letzten Blicken der Szene.

Dies veranlasst den aufmerksamen Leser unweigerlich an die Überlegun­gen Nietzsches und Freuds zum Ausdruck der unbewussten psychischen Inhalte im Traum zu denken, mit denen Hofmannsthal ebenfalls vertraut ist[41]. In seiner Tragödienschrift behauptet Nietzsche: «Des Menschen wahrster Wahn wird ihm im Traume aufgethan»[42]. Hier liegt also der Grundstein für Freuds Auffassung des Traumes[43] als «via regia zur Kennt­nis des Unbewussten»[44]. Hofmannsthal notiert: «[d]as Erwachen des Ge­dächtnisses (Hypermnesie) im Traum, in Krankheit, Gefahr, in der Sterbe­stunde» (Aufzeichnungen und Tagebücher, 93). Warum aber drängt das Unbe­wusste nach Meinung der damaligen Zeit notwendigerweise vermittels des Traums nach außen?

Freud definiert Träume bekanntlich als «verhüllte Erfüllungen von ver­drängten Wünschen»[45]. Nietzsche bezog sich schon früher auf den Prozess der verhüllten Lustbefriedigung und bemerkt in der Morgenröte, dass die Triebe, die am Tage nicht befriedigt werden, ihre Erfüllung in «geträumter Speise» finden[46]. Im Aphorismus Erleben und Erdichten schreibt dieser, «dass unsere Träume eben den Werth und Sinn haben, bis zu einem gewissen Grade jenes zufällige Ausbleiben der Nahrung während des Tages zu kom­pensieren» (Morgenröthe, 112)[47]. Da im Schlaf, nach Freuds Theorie, der dro­hende und strafende Moralwächter Über-Ich und die Außenwelt blockiert sind, wird es den Triebwünschen erleichtert, sich zu zeigen. Auch Klytämnestra reproduziert diesen Mechanismus: Ihre Umwelt verspottet sie, wie Ägisth, oder bespitzelt sie, wie ihre Dienerinnen – nur wenn sie träumt, sind ihre Gedanken frei.

Freud zufolge steht auch hinter Albträumen ein unbewusster Drang nach Wunscherfüllung[48]. Das eigene Gewissen, das das Über-Ich repräsen­tiert und Träumende für ihre sozial inakzeptablen Gedanken «bestraft» (Die Traumdeutung, 563)[49], meldet sich bei Klytämnestra, die ihren Mann ermor­den ließ und das Leben ihrer Kinder zerstörte. In ihren vagen Träumen, in denen ihr «in den Knochen das Mark sich löst» (Elektra 35-36, S. 79), zeigt sich ihr verschlüsselter Wunsch nach Bestrafung. In einer Notiz von Hof­mannsthal aus dem Jahre 1906 ist der Hinweis enthalten, dass dieser Freuds Traumtheorie als Ausdruck und Erfüllung der unterdrückten Triebe kannte:

Die einzelnen Gestalten sind Traumgestalten – Wunscherfüllungen möge mein Alter bunt und leicht sein wie Weidenstamms […]. Die Liebe treibt vorwärts: sie bildet diese Tagträume aus wie der unter­drückte Wunsch die Träume der Nacht.[50]

Mit der Psychoanalyse lässt sich für Hofmannsthal deuten, dass sich in Klytämnestras Tag- und Nachtträumen, unter denen sie leidet, ihre unbe­wusste Todessehnsucht nach dem Tod äußert: «und jedes Glied / an mir lechzt nach dem Tod» (Elektra 27-28, S. 79). Indem sich ihr Tagtraum als eine Erfüllung verkleideter Wünsche erweist, zeigt sich, dass dieses Erleben eine besondere Form ihrer selbst darstellt und zu ihr gehört[51]. Die Grenzen zwischen Bewusstem und Unbewusstem, zwischen Wachen und Schlafen, Rationalem und Irrationalem sind gänzlich verschwommen; unversehens kann der Affekt in ihr Sein eindringen.

Laut Freud ist der Traum eine spezielle Form unseres normalen Geis­teslebens (Die Traumdeutung, 598), wodurch das Unbewusste eine «Überset­zung»[52] in Bewusstes erfährt:

Seitdem wir auch tolle und verworrene Träume zu übersetzen verste­hen, wissen wir, daß wir mit jedem Einschlafen unsere mühsam er­worbene Sittlichkeit wie ein Gewand von uns werfen – um es am Mor­gen wieder anzutun.[53]

Und Nietzsche, der die Geltung des Bewusstseins infrage stellt, entlarvt dieses als Werkzeug der Triebe:

Wir sind Alle nicht Das, als was wir nach den Zuständen erscheinen, für die wir allein Bewusstsein und Worte […] haben; wir verkennen uns […], wir verlesen uns in dieser scheinbar deutlichsten Buchsta­benschrift unseres Selbst» (Morgenröthe, 107-108). Und: «all unser so­genanntes Bewusstsein [ist] ein mehr oder weniger phantastischer Commentar über einen ungewussten, vielleicht unwissbaren, aber ge­fühlten Text. (Morgenröthe, 113)

Dies lässt sich in Hofmannsthals Stück leicht nachvollziehen. Es sind die Gefühle der Wut, Manie, Rache und nicht das Bewusstsein, die die verbale Auseinandersetzung zwischen Mutter und Tochter steuern und die am Ende nicht in Worten ausgedrückt werden, sondern im Körper explodieren.

Nietzsche und Freud sind überzeugt davon, dass «das Erkennen das Er­gebnis der verschiedenen in uns nach Herrschaft ringenden Triebe ist»[54]. An deren theoretischen Reflexionen zum Phänomen des Traumes knüpft Hofmannsthal künstlerisch an. Denken, Fühlen und Handeln der Königin treten nach diesen Vorstellungen vor allem in der verdrängten Form des Traumes auf, der Klytämnestras Wünsche, Emotionen und Obsessionen steuert und repräsentiert.

Klytämnestra: Die Femme fatale

Wie bereits dargestellt, wird Klytämnestras Handeln und Sprechen von ihren Begierden und Impulsen dominiert. Dies erkennt Elektra und erklärt sie zu einem animalischen Wesen ohne Vernunft. Bei beiden Frauen gibt es eine Art Jagdverhalten, das am Ende der beschriebenen Szene zwischen Klytämnestra und Elektra durch den Blick aufeinander seinen Zenit er­reicht, dezidiert in dem Moment der nach Blut dürstenden Vision Elektras über die Vernichtung Klytämnestras und der anschließenden Nachricht über den Tod Orests.

Diese Charakterzüge Klytämnestras sind es, die sie als eine Femme fatale erscheinen lassen. Sie ist rätselhaft und dämonisch: triebgesteuert, anzüg­lich, provokant, bedrohlich, aber auch zerbrechlich. Die Darstellung der Femme fatale hat sich in der Bildenden Kunst und Belletristik in der zwei­ten Hälfte des 19. Jahrhunderts beträchtlich ausgeweitet[55]: Exemplarisch können hier die literarischen Werke Salomé von Oscar Wilde, Nana von Émile Zola oder Lulu von Frank Wedekind genannt werden. Mit diesem Frauentypus wird die gefährliche Seite weiblicher Anziehungskraft heraus­gestellt; so warnt Elektra, dass die Königin «mit einem schläft […], / preßt ihre Brüste ihm auf beide Augen / und winkt dem zweiten, der mit Netz und Beil / hervorkriecht hinter’m Bett» (Elektra 12-15, S. 71). Sie ist die Frau, die ihren Gatten zunächst in ihren Bann schlägt, bevor sie ihn mithilfe ihres Liebhabers ermordet[56]. Geschmückt mit funkelnden Juwelen, die die Verführungskraft ihrer weiblichen Reize symbolisieren, bricht diese Fassade eines Vamps schnell in sich zusammen. Mit der Akzentuierung der verhäng­nisvollen Seite der Frau wird der literarische Versuch unternommen, «die wissenschaftlich breit erforschte Pathologie der weiblichen Seele (Freuds Studien über Hysterie) literarisch zu etablieren»[57]. Die Ästhetisierung von weiblicher Sexualität lässt sich auch als «Reaktion auf die Tabuisierung bzw. Dämonisierung weiblicher Libido»[58] durch verschiedene Gelehrte begrei­fen; Mediziner wie Paul Julius Möbius, Richard von Krafft-Ebing und eben auch Freud sprechen der Frau die Libido gänzlich ab. Besonders aufschluss­reich ist in diesem Zusammenhang ein Zitat von Krafft-Ebing:

Ohne Zweifel hat der Mann ein lebhafteres geschlechtliches Bedürfnis als das Weib. Folge leistend einem mächtigen Naturtrieb, begehrt er von einem gewissen Alter an ein Weib. Er liebt sinnlich, wird in seiner Wahl bestimmt durch körperliche Vorzüge. […] Anders ist das Weib. Ist es geistig normal entwickelt und wohlerzogen, so ist sein sinnliches Verlangen ein geringes. Wäre dem nicht so, so müsste die ganze Welt ein Bordell und Ehe und Familie undenkbar sein. Jedenfalls sind der Mann, welcher das Weib flieht, und das Weib, welches dem Ge­schlechtsgenuss nachgeht, abnorme Erscheinungen.[59]

Im Gegensatz dazu behauptet Otto Weininger in seiner 1903 verfassten philosophischen Dissertation mit dem Titel Geschlecht und Charakter[60], deren achte Auflage von 1906 auch in Hofmannsthals Bibliothek enthalten ist[61], die Frau sei ausschließlich über ihren Geschlechtstrieb zu definieren: «Der Zustand der sexuellen Erregtheit bedeutet für die Frau nur die höchste Stei­gerung ihres Gesamtdaseins. Dieses ist immer und durchaus sexuell»[62].

In diesen zwei extremen und dispersen ännlichen Vorstellungen vom Wesen der Frau ist Sexualität – trotz des Kontrastes auf inhaltlicher Ebene – jedoch beide Male Ausgangspunkt, um das spezifisch Weibliche zu deter­minieren[63]. An dieser Stelle drängt sich ein Vergleich zwischen Klytämnes­tra und dem Frauenbild im Wien der Jahrhundertwende auf. Hofmannsthal erlaubt es ausschließlich seiner Atridenkönigin, sich alleinig über die Kör­persprache zu artikulieren. Aufgrund dem Verlust ihrer rationalen Urteils­kraft, aufgrund ihres fiebernden Deliriums, ihrer sie beherrschenden Li­bido, ihres intensiven Erregungszustandes negiert Hofmannsthal bei ihr jegliche Sprachfähigkeit, geistige Potenz und letztendlich die Identitätsbil­dung eines Ichs.

In der Gestalt der dämonischen Femme fatale, die über Leben und Tod des Mannes bestimmt, wird auch die patriarchalische Angst vor einer Um­kehrung der traditionellen Geschlechterrollen und damit vor einem Zusam­menbruch der Gewissheiten evident[64]. Im Zuge der sozialen Umwälzungen in der Zeit ab Mitte des 19. Jahrhunderts – die Frau wird finanziell zuneh­mend unabhängiger und verlangt danach, dass sich ihre rechtliche und be­rufliche Stellung verbessert – sieht sich der Mann in seiner Vorherrschaft bedroht[65]. Auch Hofmannsthal, der in Wien gewiss auch mit den feministi-schen Forderungen konfrontiert ist[66], vertraut Schnitzler im Jahre 1892 an, «daß sich gar keine Sehnsucht nach den Weibern in mir regen wird […]. [Ihre] Schriften machen mir Angst vor dem Weibe»[67].

In der kaum oder gar nicht zu fassenden Identität einer Femme fatale spiegelt sich im selben Augenblick auch die Verunsicherung des Autors und Mannes wider – nicht nur seinem künstlerischen Geschöpf, der wirklichen Frau, sondern insbesondere auch seiner eigenen Denkweise, sich selbst und seiner Sexualität gegenüber[68]. Dass Klytämnestra wie jede männlich imagi­nierte Femme fatale aus eigener Lust heraus agiert, zeigt zum einen den Drang, Subjekt und Leib zu befreien[69]. Doch wenn Klytämnestra ihren Tiefpunkt in der beschriebenen Szene mit Elektra erreicht, in diesem Mo­ment, der ihren eigenen Tod und den des Geliebten antizipiert, wird zu­gleich die ausweglose Lage, in der sich der Mensch befindet, offenbar. In der Gesellschaft des bürgerlichen Zeitalters, dessen Wertesystem sich auf restriktiven Imperativen gründet, ist der Mann nicht in der Lage, die alther­gebrachten Vorstellungen der Geschlechter zu überwinden. Aufgrund sei­ner Minderwertigkeitskomplexe bleibt er ein verlegener Betrachter eines “trüben” weiblichen Typus[70]. Der Mensch, gleich welchen Geschlechts, rüt­telt noch nicht an den tradierten Normen, geschweige denn, dass er sie be­seitigt. So sehen wir in Hofmannstahls Stück auch nur die in sich zerrissene Klytämnestra, die schwankt und droht, bittet und verwehrt. Ihr letzter ver­zweifelt-triumphierender Blick verrät: Sie ist das Produkt eines nur halb(herzig) vollzogenen Wandels. Zwar bedroht Klytämnestra zu Beginn noch alle Männer in ihrer Nähe, Hofmannsthal lässt sie am Ende dennoch durch die Hand ihres eigenen Fleisches und Blutes, ihres Sohnes sterben. Von der damaligen Zeit konnte nichts anderes verlangt werden.

Das Dargelegte lässt die Schlussfolgerung zu, dass Hofmannsthal als  Seismograf die Spannungen, die in der Gesellschaft der Jahrhundertwende herrschen, erspürt und literarisch verarbeitet. Allerdings ästhetisiert er diese, weil eine naturalistische Darstellung der rohen Realität, die die Detailtreue auf die Spitze treibt, unsagbar, also nicht darstellbar wäre: die Veränderung des traditionellen Weltbildes und der Wertesysteme sowie der agonale Ver­such des Menschen, sich anzupassen; eine zunehmend von der Psychoana­lyse und der Sexualität ge(kenn-)zeichnete Welt; der von der  metaphysi­schen und anthropologischen Achsendrehung[71] Schopenhauers und Nietz­sches ausgelöste Paradigmenwechsel[72] in der Literatur, in der alle Erschei­nungen des innersten, primitivsten Seelenlebens – auch die einander frem­desten – ohne Tabus und Prüderie auf die Bühne gebracht werden.

Hofmannsthal reflektiert das ihn Umgebende, wenn er hinter dem Blick zweier zivilisierter Frauen, hinter dem Dialog des Aufeinanderzugehens und sich Entgegenkommens zwei Bestien versteckt, die nur darauf warten einander zu zerfleischen. Seine Klytämnestra, dieses wilde Tier bzw. das nymphomanische Weib, das nur vom Blutdurst erfüllt und erlöst wird und nur dem Anblick des Blutes geweiht ist, «eröffnet das Jahrhundert des all­gegenwärtigen Nationalismus und der zunehmenden Militarisierung, der großen Kriege und Revolutionen, des Holocausts und der totalitären Re­gime, wo die Rollen des Täters und des Opfers durcheinandergeraten und sich vertauschen und das komplementäre Bild unserer Zivilisation wider­spiegeln»[73]. Mithilfe des Ewigen – des Mutter-Archetyps  – bringt Hof­mannsthal das zeitgenössische  Jubeln der orgasmischen Krämpfe entweder vom Geschlechtsakt oder der Menschenschlacht hervor; und umgekehrt. Er geht von seiner Klytämnestra und Elektra aus, um das Allzumenschliche, das Tiefmenschliche hervorzubringen. Der Dramatiker Hofmannsthal wagt sie an die letzte Grenze zweier nächstverwandter Personen, der unantast­baren Verbindung von Mutter-Tochter, und macht dort das Unversöhnli­che, das Bestialische sichtbar. Er entblößt den rohen Kern des Menschen, seine Gefühle, seine Triebe und zeigt, dass die Wahrheit einer Figur bzw. Person auch in ihrer Rohheit liegen kann.

Und er führt die Szene dann zu dem letzten stummen, triebhaften Blick Klytämnestras und Elektras, was ein völlig neuartiges, ein modernes Ver­fahren ist, um dieses Unsagbare nicht sprachlich zu zerreden, sondern es zu veranschaulichen bzw. in einem Bild zu verschlüsseln, was auf die Zuschauer unmittelbar wirken soll. Laut Hofmannsthal kann man den tiefsten Antrieb zu einem Werk «nicht aufdecken – er verhüllt sich einem selber, oder hat nur die entscheidende Secunde ihn ahnen lassen»[74].

Hofmannsthal greift auf den antiken Atridenstoff zurück, um unter dem «Deckmantel» des Mythos, die als Erzählung zwar vertraut, aber gleichzeitig von einer fremden Kultur überliefert ist bzw. von einer längst vergangenen Zeit berichtet, das erwähnte Unsagbare einzubringen: die sich  verändern­den traditionellen Rollenverständnisse und Weltbilder um die Jahrhundert­wende. Im Jahr 1903 schreibt Hofmannsthal in einer Passage zur Verteidi­gung der Elektra:

[…] für uns ist die Vertrautheit mit dem Mythos eine große avantage. Wir können mit den Figuren hantieren wie mit Engel und Teufel, mit Aschenbrödel und der bösen Stiefmutter.[75]

Der Atridenmythos, dessen archetypische «Gussform» mit zeitgenössi­schen, anthropologischen Stoffen und Problemlagen erfüllt ist, erweist sich von Neuem als verfügbar und unerschöpflich. In Hofmannsthals Worten «[i]st die Antike ein umgekehrter Antäus; je höher die Zeit sie über ihren Mutterboden emporgehoben hat, desto gewaltiger wurde sie» (Aufzeichnun­gen und Tagebücher, 194).

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[1] Der folgende Artikel basiert mit leichten Überarbeitungen auf: Panagiota, Varvitsioti: Klytämnestra oder die Muttermetamorphosen: Ihre Gestalt in Hofmannsthals «Elektra» (Diss.), Jena: 2014.

[2] Vgl. Kirstin, Uhlig: Hofmannsthals Anverwandlung antiker Stoffe, Freiburg: Rombach 2003, S. 36.

[3] Zur Erklärung von Hysterie gelten die Studien von Freud und Breuer zweifellos weg­weisend  für die wissenschaftlichen Bemühungen im 20. Jahrhundert. Als Geburtsstunde der Psychoanalyse gelten dabei die in den Jahren 1895 und 1896 in Wien erschienenen Studien über Hysterie, die sich von den im medizinisch-physiologischen Diskurs vertretenen Positionen scharf abgrenzen. Vgl. Josef, Breuer u. Sigmund, Freud: Studien über Hysterie. Einleitung von Stavros Mentzos, Frankfurt a. M.: Fischer 1991.

[4] Vgl. Karl, Strecker: «Hugo von Hofmannsthal: Elektra», in: Berlin-Theater der Jahrhun­dertwende. Bühnengeschichte der Reichshauptstadt im Spiegel der Kritik (1889-1914), hg. v. Norbert Jaron u. Hedwig Müller, Tübingen: Niemeyer 1986, S. 539-542, hier S. 542.

[5] Vgl. ebd., S. 536.

[6] Naef interpretiert Elektra als eine Hysterisierung der Griechen im Sinne von Freud. Vgl. Karl, Naef: Hugo von Hofmannsthals Wesen und Werk, Zürich u. Leipzig: Niehans 1938, S. 19; Heinz, Politzer: Hatte Ödipus einen Ödipus-Komplex? Versuche zum Thema Psychoanalyse und Literatur, München: Piper 1974, S. 78-106; Michael, Worbs: Nervenkunst. Literatur und Psychoanalyse im Wien der Jahrhundertwende, Frankfurt a. M.: Athenäum 1988, S. 272.

[7] Vgl. ebd., S. 302.

[8] Vgl. Hugo von, Hofmannsthal: «Aufzeichnungen und Tagebücher», in: ders.: Auf­zeichnungen, hg. v. Herbert Steiner, Frankfurt a. M.: Fischer 1959 (= Hugo von Hofmanns­thal: Gesammelte Werke in Einzelausgaben, 15 Bde., hg. v. Herbert Steiner, Bd. 6), S. 87-211, hier S. 139.

[9] Rohde war Altphilologe und ein enger Freund Nietzsches.

[10] Vgl. Hugo von, Hofmannsthal: Briefe 1900-1909, Wien: Bermann-Fischer 1937, S. 384. Vgl. Bernd, Urban: Hofmannsthal, Freud und die Psychoanalyse. Quellenkundliche Untersu­chungen, Frankfurt a. M.: Lang 1978, S. 17-19, 30-31.

[11] Vgl. Erwin, Rohde: Die Psyche. Seelenkult und Unsterblichkeitsglaube der Griechen, Bd. 1, Tübingen: Mohr 1907, S. 413.

[12] Vgl. Michael, Worbs, Nervenkunst, S. 280.

[13] Vgl. Sigmund, Freud: «Über den psychischen Mechanismus hysterischer Phäno­mene», in: ders.: Hysterie und Angst, hg. v. Alexander Mitscherlich u. a., Frankfurt a. M.: Fischer 1971 (= Sigmund Freud: Studienausgabe, 10 Bde., hg. v. Alexander Mitscherlich u. a., Bd. 6), S. 11-24; hier S. 22; Stephanie, Catanie: Das fiktive Geschlecht. Weiblichkeit in anthropologischen Entwürfen und literarischen Texten zwischen 1885 und 1925, Würzburg: Königshausen und Neumann 2005, S. 33.

[14] Vgl. Dorothee, Kimmich u. Tobias, Wilke: Einführung in die Literatur der Jahrhundert­wende, Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft 2006, S. 24. Freud sagt: «Die Hyste­rische leidet größtenteils an Reminiszenzen» (Studien über Hysterie, 31).

[15] Vgl. Dorothee, Kimmich u. Tobias, Wilke, Einführung in die Literatur der Jahrhundertwende, S. 23.

[16] Vgl. ebd., S. 23. Vgl. Renate, Schlesier: Mythos und Weiblichkeit bei Sigmund Freud, Frankfurt a. M.: Athenäum 1990, S. 44.

[17] Vgl. Lucien, Israël: Die unerhörte Botschaft der Hysterie, übers. v. Peter Müller u. Peter Posch, München u. Basel: Reinhardt 1983, S. 24; Stavros, Mentzos: Hysterie. Zur Psychodynamik unbewusster Inszenierungen, München: Vandenhoeck u. Ruprecht 1980, S. 14.

[18] Vgl. Silvia, Kronberger: Die unerhörten Töchter. Fräulein Else und Elektra und die gesellschaftliche Funktion der Hysterie, München: Studien Verlag 2002, S. 30.

[19] Vgl. Sigmund, Freud: «Bruchstück einer Hysterie Analyse», in: ders.: Werke aus den Jahren 1904-1905, hg. v. Anna Freud u. a., London: Fischer 1942 (= Sigmund Freud: Ge­sammelte Werke, 18 Bde., hg. v. Anna Freud u. a., Bd. 5), S. 162-286, hier S. 240.

[20] Vgl. Henk de, Berg: Freuds Psychoanalyse in der Literatur- und Kulturwissenschaft. Eine Ein­führung, übers. v. Stephan Dietrich, Tübingen: Francke 2005, S. 52.

[21] Vgl. ebd., S. 51.

[22] Vgl. ebd., S. 7; Hans-Martin, Lohmann u. Joachim, Pfeiffer: Freud-Handbuch. Leben Werk Wirkung, Stuttgart und Weimar: Metzler 2006, S. 121; Salin, Sophie: Kryptologie des Unbewussten. Nietzsche, Freud und Deleuze im Wunderland, Würzburg: Königshausen u. Neumann 2008, S. 71.

[23] Vgl. Sigmund, Freud: «Die Frage der Laienalyse», in: ders.: Werke aus den Jahren 1925-1931, hg. v. Anna Freud u. a., London: Fischer 1948 (= Sigmund Freud: Gesammelte Werke, 18 Bde., hg. v. Anna Freud u. a., Bd. 14), S. 209-296, hier S. 223.

[24] Vgl. Sophie, Salin, Kryptologie des Unbewussten, S. 71.

[25] Vgl. Sigmund, Freud: «Die Fixierung an das Trauma, das Unbewusste», in: ders.: Vorlesungen zur Einführung in die Psychoanalyse, hg. v. Anna Freud u. a., London: Fischer 1940 (= Sigmund Freud: Gesammelte Werke, 18 Bde., hg. v. Anna Freud u. a., Bd. 11), S. 282-295, hier S. 295.

[26] Vgl. Michael, Hamburger: «Hofmannsthals Bibliothek. Ein Bericht», in: Euphorion 55 (1961), S. 15-76, hier S. 23.

[27] Vgl. Hugo von, Hofmannsthal: «Aufzeichnungen», in: ders.: Reden und Aufsätze III. Buch der Freunde. Aufzeichnungen 1889-1929, hg. v. Bernd Schoeller u. Ingeborg Beyer-Ahlert, Frankfurt a. M.: Fischer 1980 (= Hugo von Hofmannsthal: Gesammelte Werke in zehn Ein­zelbänden. Um einige Texte erweiterte Ausgabe der 15 Bde., 10 Bde., hg. v. Bernd Schoeller, Bd. 10), S. 303-609, hier S. 335. Zum Einfluss von Nietzsche auf Hofmannsthal schreibt de­tailliert: vgl. Meyer-Wendt, Jürgen: Der frühe Hofmannsthal und die Gedankenwelt Nietzsches, Heidelberg: Quelle und Meyer 1973.

[28] Vgl. Friedrich, Nietzsche: Die fröhliche Wissenschaft, in: ders.: Morgenröte. Idyllen aus Messina. Die fröhliche Wissenschaft, hg. v. Giorgio Colli u. Mazzino Montinari, München: Deutscher Taschenbuch Gruyter 1988 (= Friedrich Nietzsche: Kritische Studienausgabe, 15 Bde., hg. v. Giorgio Colli u. Mazzino Montinari, Bd. 3), S. 343-653, hier S. 559.

[29] Vgl. Günter, Gödde: «Nietzsche und Freud. Übereinstimmungen und Differenzen zwischen Entlarvungs- und Tiefenpsychologie», in: Von Nietzsche zu Freud. Übereinstimmun­gen und Differenzen von Denkmotiven, hg. v. Johann Figl, Wien: WUV 1996, S. 19; Friedrich, Tramer: «Friedrich Nietzsche und Sigmund Freud», in: Jahrbuch für Psychologie, Psychotherapie und medizinische Anthropologie 7 (1960), S. 325-349; schließlich Ludwig, Klages: Die psychologi­schen Errungenschaften Nietzsches, Bonn: Bouvier 1989.

[30] Vgl. Jürgen, Meyer-Wendt, Der frühe Hofmannsthal und die Gedankenwelt Nietzsches, S. 13-14; Friedrich, Tramer, «Friedrich Nietzsche und Sigmund Freud», S. 341.

[31] Vgl. Friedrich, Nietzsche: Zur Genealogie der Moral, in: ders.: Jenseits von Gut und Böse. Zur Genealogie der Moral, hg. v. Giorgio Colli u. Mazzino Montinari, München: Deutscher Taschenbuch 1988 (= Friedrich Nietzsche: Kritische Studienausgabe, 15 Bde., hg. v. Giorgio Colli u. Mazzino Montinari, Bd. 5), S. 245-413, hier S. 322.

[32] Vgl. Sigmund, Freud: Selbstdarstellung, in: ders.: Werke aus den Jahren 1925-1931, hg. v. Anna Freud u. a., London: Fischer 1948 (= Sigmund Freud: Gesammelte Werke, 18 Bde., hg. v. Anna Freud u. a., Bd. 14), S. 54-96, hier S. 86.

[33] Vgl. Hugo von, Hofmannsthal: «Ad me ipsum», in: ders.: Aufzeichnungen, hg. v. Her­bert Steiner, – Frankfurt a. M.: Fischer 1959 (= Hugo von Hofmannsthal: Gesammelte Werke in Einzelausgaben, 15 Bde., hg. v. Herbert Steiner, Bd. 6), S. 211-245, hier S. 226.

[34] Vgl. Hugo von, Hofmannsthal: Briefe 1890-1901, Berlin: Fischer 1935, S. 155.

[35] Literatur und Psychopathologie inspirieren einander, so findet auch Freud in der Li­teratur Belege für seine Annahmen. Vgl. Michael, Worbs, Nervenkunst, S. 85-92.

[36] Näher dazu Worbs, ebd., S. 140.

[37] Vgl. Hermann, Bahr: «Skizzenbuch 1: 1903», in: ders.: Tagebücher Skizzenbücher Notiz­hefte (1901-1903), hg. v. Moritz Csáky, Wien, Köln u. Weimar: Böhlau 1997 (= Hermann Bahr: Tagebücher Skizzenbücher Notizhefte, 5 Bde., hg. v. Moritz Csáky, Bd. 3), S. 249-338, hier S. 284. In einer Notiz vom 9. September 1904 heißt es, dass er Kontakt zum Kreis um Freud (zu ehemaligen Patienten und Hörern seiner Vorlesungen), der sogenannten Mitt­woch-Gesellschaft aufgenommen hat (Tagebücher Skizzenbücher Notizhefte, 294).

[38] Vgl. Kirstin, Uhlig, Hofmannsthals Anverwandlung antiker Stoffe, S. 130.

[39] Exemplarisch dafür stehen Lulu und Leutnant Gustl in den gleichnamigen Werken von Frank Wedekind und Arthur Schnitzler.

[40] Vgl. Lothar, Wittmann: Sprachthematik und dramatische Form im Werke Hofmannsthals, Stuttgart u. a.: Kohlhammer 1966, S. 71.

[41] Hofmannsthal besaß die Erstausgabe der Traumdeutung von 1900. Vgl. Michael, Ham­burger, «Hofmannsthals Bibliothek», S. 27; Bernd, Urban, Hofmannsthal, Freud und die Psy­choanalyse, S. 38-42.

[42] Vgl. Friedrich, Nietzsche: Die Geburt der Tragödie, in: ders.: Friedrich Nietzsche, hg. v. Karl Schlechta, München: Hanser 1977 (= Friedrich Nietzsche: Werke in drei Bänden, hg. v. Karl Schlechta, Bd. 1), S. 7-135, hier S. 22.

[43] Freud stellt seine Theorie über den Traum in seiner 1899 erschienenen Traumdeutung dar. Vgl. Sophie, Salin, Kryptologie des Unbewussten, S. 102-104. Vgl. Henk de, Berg, Freuds Psychoanalyse in der Literatur- und Kulturwissenschaft, S. 23-28.

[44] Vgl. Sigmund, Freud: Die Traumdeutung, in: ders.: Die Traumdeutung. Über den Traum, hg. v. Anna Freud u. a., London: Fischer 1942 (= Sigmund Freud: Gesammelte Werke, 18 Bde., hg. v. Anna Freud u. a., Bd. 2 u. 3), S. 1-626, hier S. 613.

[45] Vgl. Sigmund, Freud: Über den Traum, in: ders.: Die Traumdeutung. Über den Traum, hg. v. Anna Freud u. a., London: Fischer 1942 (= Sigmund Freud: Gesammelte Werke, 18 Bde., hg. v. Anna Freud u. a., Bd. 2 u. 3), S. 643-701, hier S. 687.

[46] Vgl. Friedrich, Nietzsche: Morgenröthe, in: ders.: Morgenröthe. Idyllen aus Messina. Die fröhliche Wissenschaft, hg. v. Giorgio Colli u. Mazzino Montinari, München: Deutscher Ta­schenbuch Gruyter 1988 (= Friedrich Nietzsche: Kritische Studienausgabe, 15 Bde., hg. v. Giorgio Colli u. Mazzino Montinari, Bd. 3), S. 9-333, hier S. 112.

[47] Vgl. Christina, Lissmann: «Der Traum bei Nietzsche und Freud», in: Von Nietzsche zu Freud. Übereinstimmungen und Differenzen von Denkmotiven, hg. v. Johann Figl, Wien: WUV 1996, S. 97-113, hier S. 99.

[48] Vgl. Henk de, Berg, Freuds Psychoanalyse in der Literatur- und Kulturwissenschaft, S. 31.

[49] Vgl. ebd., S. 15, 23, 31.

[50] Dieser Notiz Hofmannsthals ist seiner Erzählung Erinnerung schöner Tage zuzurech­nen. Vgl. Hugo von, Hofmannsthal: «Erinnerung schöner Tage. Entstehung, Überliefe­rung, Varianten», in: ders.: Erzählungen 1, hg. v. Heinz Otto-Burger u. a., Frankfurt a. M.: Fischer 1975 (= Hugo von Hofmannsthal: Sämtliche Werke. Kritische Ausgabe, 38 Bde., hg. v. Rudolf Hirsch u. a., Bd. 28), S. 225-233, hier S. 228.

[51] Vgl. Sophie, Salin, Kryptologie des Unbewussten, S. 93.

[52] Vgl. Sigmund, Freud: «Das Unbewusste», in: ders.: Werke aus den Jahren 1913-1917, hg. v. Anna Freud u. a., London: Fischer 1946 (= Sigmund Freud: Gesammelte Werke, 18 Bde., hg. v. Anna Freud, u. a., Bd. 10), S. 264-303, hier S. 264.

[53] Vgl. Sigmund, Freud: Zeitgemäßes über Krieg und Tod, in: ders.: Werke aus den Jahren 1913-1917, hg. v. Anna Freud u. a., London: Fischer 1946 (= Sigmund Freud: Gesammelte Werke, 18 Bde., hg. v. Anna Freud u. a., Bd. 10), S. 324-355, hier S. 338. Vgl. Günter, Gödde: Traditionslinie des Unbewussten. Schopenhauer, Nietzsche, Freud, Tübingen: edition diskord 1999, S. 70-71.

[54] Vgl. Friedrich, Tramer, «Friedrich Nietzsche und Sigmund Freud», S. 333.

[55] Hans-Joachim Schickedanz spricht von einem Femme-fatale-Fieber. Vgl. Hans-Joachim, Schickedanz: Femme fatale. Ein Mythos wird entblättert, Dortmund: Harenberg 1983, S. 34.

[56] Vgl. Stephanie, Catanie, Das fiktive Geschlecht, S. 93.

[57] Vgl. ebd., S. 92.

[58] Vgl. ebd., S. 89, 93.

[59] Vgl. Richard von, Krafft-Ebing: Psychopathia Sexualis mit besonderer Berücksichtigung der konträren Sexualempfindung, München: Matthes u. Seitz 1984 (zuerst 1886), S. 12.

[60] Das Werk war ein Sensationserfolg und wurde in acht Sprachen übersetzt. 1923, nur zwanzig Jahre nach seinem Erscheinen, erschien es bereits in 25. Auflage.

[61] Vgl. Hugo von, Hofmannsthal: «Die Briefe des Zurückgekehrten. Varianten und Er­läuterungen», in: ders.: Erfundene Gespräche und Briefe, hg. v. Ellen Ritter, Frankfurt a. M.: Fischer 1991 (= Hugo von Hofmannsthal: Sämtliche Werke. Kritische Ausgabe, 38 Bde., hg. v. Rudolf Hirsch u. a., Bd. 31), S. 426-459, hier S. 456.

[62] Vgl. Otto, Weininger: Geschlecht und Charakter. Eine prinzipielle Untersuchung, München: Matthes u. Seitz 1980 (zuerst 1903), S. 105. Eine besonders umfangreiche Analyse von Weiningers philosophischen Theorien leistet Jacques le Rider: Der Fall Otto Weininger. Wur­zeln des Antifeminismus und Antisemitismus, übers. v. Dieter Hornig, Wien u. München: Löcker 1985.

[63] Vgl. Stephanie, Catanie, Das fiktive Geschlecht, S. 10, 42.

[64] Vgl. Jacques le, Rider: Das Ende der Illusion. Die Wiener Moderne und die Krisen der Identi­tät, übers. v. Robert Fleck, Wien: ÖBV 1990, S. 149.

[65] Vgl. Dorothee, Kimmich u. Tobias, Wilke, Einführung in die Literatur der Jahrhundert­wende, S. 33-34.

[66] Hofmannsthal ist mit Friedrich Eckstein, dem Bruder von Therese Schlesinger-Eck­stein, befreundet. Diese tritt offensiv für die Rechte der Frau ein und ist mit Hofmanns­thals Gattin verwandt. Auch Marie Lang, die Mutter Erwin Langs, der ein Verwandter Hofmannsthals ist, ist eine prominente Frauenrechtlerin und Herausgeberin der Dokumente der Frauen. Vgl. Philip, Ward-Marschall: «Hofmannsthal, Elektra and the Representation of Women’s Behaviour through Myth», in: German Life and Letters 53 (1999), S. 37-55; hier S. 47.

[67] Neben Hofmannsthals Briefwechsel mit Arthur Schnitzler liefert dessen mit bewun­dernswerter Beharrlichkeit geführte Tagebuch wichtige Informationen über Hofmanns­thal. Vgl. Arthur, Schnitzler: Hugo von Hofmannsthal. Charakteristik aus den Tagebüchern. Mitge­teilt und kommentiert von Bernd Urban in Verbindung mit Werner Volke, hg. v. Wolfram Mauser, Freiburg im Breisgau: 1975, S. 17;  Jacques le, Rider,  Das Ende der Illusion, S. 149.

[68] Vgl. Ursula, Renner: «Mona Lisa. Das Rätsel Weib als Frauenphantom des Mannes im Fin de siècle», in: Lulu, Lilith, Mona Lisa. Frauenbilder um die Jahrhundertwende, hg. v. Irm­gard Roebling, Pfaffenweiler: Centaurus 1989, S. 139-157, hier S. 150.

[69] Vgl. Dorothee, Kimmich u. Tobias, Wilke, Einführung in die Literatur der Jahrhundert­wende, S. 34.

[70] Vgl. Hans-Joachim, Schickedanz, Femme fatale, S. 32.

[71] Vgl. Wolfgang, Riedel: Homo Natura. Literarische Anthropologie um 1900, Berlin u. New York: Gruyter 1996, S. 49.

[72] Vgl. ebd., S. 153.

[73] Vgl. Kostas, Georgousopoulos: Ηλέκτρες (Die Elektren), Athen: Megaro Moussikis 2007, S. 23.

[74] Vgl. Hugo von, Hofmannsthal: «Die ägyptische Helena. Zeugnisse», in: ders.: Opern­dichtungen, hg. v. Ingeborg Beyer-Ahlert, Frankfurt a. M.: Fischer 2001 (= Hugo von Hof­mannsthal: Sämtliche Werke. Kritische Ausgabe, 38 Bde., hg. v. Rudolf Hirsch u. a., Bd. 25), S. 456-549; hier S. 544.

[75] Vgl. Hugo von, Hofmannsthal: «Elektra. Zeugnisse», in: ders.: Dramen 5, hg. v. Klaus Bohnenkamp u. Mathias Mayer, Frankfurt a. M.: Fischer 1997 (= Hugo von Hofmanns­thal: Sämtliche Werke. Kritische Ausgabe, 38 Bde., hg. v. Rudolf Hirsch u. a., Bd. 7), S. 366-476; hier S. 368.