Ursula Klingenböck

(Wien)

«Besonders an der Verknappung und Entschlackung
stossen sich die Germanisten»
Nicolas Mahlers Kunstbetriebs-Comics als kleine Formen
inter- und transmedialen Erzählens

[“Germanists take particular exception to processes
of condensation and purification”
Nicolas Mahler’s comics about the culture industry
as short forms of inter- and transmedial narration
]

abstract. This article focuses on the comics of the Austrian artist Nicolas Mahler. Selected comics from Franz Kafkas nonstop Lachmaschine (2014) will be analysed as ‘minimalistic form’ and inter-spatial phenomena. In Mahler’s so-called ‘graphic anecdotes’, inter- and transmediality become evident in a variety of ways: in the form and organization of anthology, the construction of pseudo-epigraphs, and the accentuation of ‘transition’ and ‘in-between’. As they address and reflect on the position of comics in the literary field, they also contribute to the current discussion about graphic narrative.

0. Vorbemerkung

«Jede Form von bastardisierung […] ist zu befürworten»![1]. Was sich zunächst als Travestie biohygienischer Maximen und ihres Missbrauchs durch perfide Ideologien liest, ist in Nicolas Mahlers Comic-Sammlung Franz Kafkas nonstop Lachmaschine (2014) einer integrativen Sprecherfigur – dem «heiligen Bastard»[2] – zugeordnet: Als Guru gekleidet, auf einem fliegenden Teppich sitzend und Kunsttheorie ebenso dozierend wie Yoga, trägt sie physiognomische Merkmale der Kunst-Figur des Autorzeichners[3]. Anlässlich der kontroversiell geführten Diskussion um gezeichnete Literatur plädiert sie für die durch Medien“kreuzung” – in aktuellen medienwissenschaftlichen Terminologien wird von Medienkombination oder auch Intermedium gesprochen – entstandene Hybride (×) Comic[4].

1. × Comic. Methodische Überlegungen

Wenn ich mich im Folgenden dem Erzählen in “medialen Zwischenräumen” nähere, so orientiere ich mich in meinem Verständnis des Zwischenraums ein (kleines) Stück weit an Victor Turners «liminal space», in dem eine eindeutige Zuordnung aufgehoben ist[5]. Phänomene des “Dazwischen” haben dementsprechend Anteil an dem einen und an dem anderen, sind aber weder das eine noch das andere. Anders als Turner verstehe ich das Liminale zwar als räumliche (was nicht notwendigerweise heißt: statische), nicht aber als prozesshaft-teleologische Dimension im Sinne eines Übergangshaften, eines “Nicht-mehr-(das-eine)-und-noch-nicht-(das-Andere)”. Die in der kritischen Auseinandersetzung mit Turner gewonnene Bestimmung des “Dazwischen” bleibt nicht ohne Konsequenzen für ein medienwissenschaftliches Konzept des zu untersuchenden Gegenstandes: Comics werden im Folgenden nicht als aktuelle Resultate eines “historischen” Medienwandels gesehen[6], sondern als je spezifische Medien-Arrangements.

Grafisches Erzählen charakterisiert sich in mehrfacher Hinsicht als Phänomen des Zwischenraums. Semiologisch arbeiten graphic narratives mit unterschiedlichen Zeichen(systemen), mit verbalen und pictoralen Codes. Medienwissenschaftliche Konzepte sprechen je nach theoretischer Grund­legung – von Intermedialität im Sinne einer Kombination «mindestens zweier […] als distinktiv wahrgenommener Medien»[7] zu plurimedialen bzw. genauer: bimedialen[8] Artefakten, oder sie stellen heraus, dass die Kombination von verbal track und visual track mittlerweile eine eigene Konvention begründet hat und somit im Anschluss an Higgins’ Theorem des «Intermediums» (1965) von einem “eigenen” Medium “Comic” gesprochen werden kann[9]. Intermedial sind graphic narratives aber auch dann, wenn sie Mediengrenzen überschreiten wie etwa der Literaturcomic. Als solche sind Comics auch Teil transmedialer Vernetzungen, in denen Gleichartiges (z.B. Stoffe oder Diskurstypen) in unterschiedlichen Medien und ohne notwendige Identifikation eines konkreten kontaktgebenden Mediums im Sinne eines Prätexts/Prämediums erzählt wird[10]. In jedem Fall sind sie über den Spielraum eines “medialen Dazwischen” gekennzeichnet. Kulturwissen-schaftlich bzw. kultursoziologisch stehen graphic narratives zwischen den gegensätzlichen Zuschreibungen “high art” und “low art”[11]. Viele Comics verhandeln ihre semiologischen, medialen, kulturwissenschaftlichen und -so­ziologischen Bedingungen und über diese nicht zuletzt sich selbst. Indem sie Artefakte sowie deren Produktions-, Distributions- und Rezeptionsbedingungen – sei es in fiktionalen, sei es in (auto)biografischen Formaten – thematisieren und (kritisch) reflektieren, stehen sie in einem (literatur)theoretischen “Dazwischen”, das seit Genette[12] über die Begriffe von Basis- und Metatext vermessen wird. Darüber hinaus sind Zwischenräume auch in einem engeren Verständnis konstitutiv für den Comic: Im architektonischen Leerraum des Gutters (mitunter verdichtet zur [Grenz]Linie des Rahmens), der die einzelnen Panels formal trennt, gleichzeitig aber auch kohäsive Funktion erfüllt, indem er einzelne Bilder zu einer Sequenz, einzelne (Geschehens)Momente zu einem raum-zeitlichen Kontinuum und einer handlungslogisch organisierten Geschichte verbindet.

Obwohl Comic und Kleine Form[13] in ihrer relativen Kürze, die nicht nur als quantitatives, sondern auch als qualitatives Merkmal im Sinne von semiologischer Dichte zu beschreiben ist, in ihrem narrativen Gestus, in ihrer medien- bzw. gattungstheoretisch begründeten Hybridität, in ihrer Emanzipation aus dem Randständigen[14], in der Zuschreibung künstlerisch, gesellschaftlich und politisch alternativen / subversiven Potenzials, in den daraus resultierenden Anforderungen an aktiv Lesende und in ihrer Tendenz zur Metaisierung konvergieren, finden sich in gängigen Zusammenstellungen Kleiner Formen[15] – abgesehen vom Emblem – keine Text-Bild-Kombinationen. Dementsprechend wenige Arbeiten fokussieren auf graphic narratives und / als Kleine Form. Als Beispiel wäre der Beitrag zu «Mikronarration»[16] im Comic von Michael Niehaus (2014) zu nennen.

2. Nicolas Mahler

Im Zentrum der folgenden Überlegungen steht der österreichische Comiczeichner und -autor Nicolas Mahler. Seine Arbeiten erscheinen u.a. in der Zeit, in der Neuen Zürcher Zeitung, der Frankfurter Allgemeinen Zeitung und der Satirezeitschrift Titanic; auf dem internationalen Buchmarkt ist er mit mehr als 50 Publikationen vertreten, er hat u.a. in Angoulême, Nantes, Kyoto und Berlin ausgestellt, wurde mit dem Independent Comic-Preis (2009), dem Max-und-Moritz-Preis (2006, 2008 und 2010) und zuletzt (als erster Comic-Zeichner) mit dem Preis der Literaturhäuser 2015 ausgezeichnet. Bekannt ist er vor allem durch seine Literaturadaptionen und -transformationen – neuerdings ist unter Betonung ihrer Eigenständigkeit auch von Literaturadditionen die Rede[17] – von individuellem literarisch-ästhetischen Anspruch.

Anders als in aktuellen wissenschaftlichen Publikationen[18] gilt mein Interesse nicht Mahlers Literatur-Comics[19], sondern seinen Comics über Literatur als theoretisches und praktisches Feld (durchaus im Verständnis Pierre Bourdieus)[20], wie sie in mehreren Bänden, u.a. Kunsttheorie versus Frau Goldgruber 2003, Die Zumutungen der Moderne 2007, Längen und Kürzen 2009 und vor allem Franz Kafkas Nonstop Lachmaschine aus dem Jahr 2014 versammelt sind. Sie haben in der Forschung bis jetzt wenig Beachtung gefunden: Neben dem Beitrag von Monika Schmitz-Emans (2015)[21] ist vor allem die Master-Thesis von Clayton Robert First (2015) zu nennen, der die Comics der Lachmaschine (zusammen mit dem Weltverbesserer und keineswegs schlüssig) als Adaption untersucht[22]. Statt dessen gehören sie in den Bereich der Meta-Comics: Sie handeln über (literarische) Texte, ihre Produktions-, Distributions- und Rezeptionsbedingungen und reflektieren diese; sie diskutieren ihren (i.e. den Status des Comics) im Verhältnis zu dem der Literatur / der Kunst und sind damit selbstreferentiell und selbstreflexiv; sie nehmen Bezug auf populäre Meinungen und wissenschaftlich-theoretische Entwürfe und funktionalisieren diese für eine eigene Poetologie des Comics. Dies geschieht über ein spezielles Emplotment: das der kurzen grafischen Erzählung, die – durchaus medienspezifisch – szenisch und/oder episodisch gestaltet[23], vor allem aber durch ein anekdotisches Moment gekennzeichnet ist und als Text-Bild-Realisat der gleichnamigen Kleinen Form[24] gelesen werden kann. Es soll daher im Folgenden auch spezifischer von Nicolas Mahlers “graphic anecdotes” (als Analogbildung zu graphic narratives) gesprochen werden.

3. × Nicolas Mahlers Comics

3.1. × Sammlung

Mahlers Literaturbetriebscomics erscheinen zu ihrem größten Teil in Sammelbänden. Vor der These, dass das Publikat über sein Medium mitbestimmt wird[25], interessieren seine Comic-Bücher auch in ihrer inter- und transmedialen Konstellierung.

Anders als bei literarischen Kleinformen üblich, sind nur wenige Beispiele der Lachmaschine zuerst in einem Periodikum (hier: der FAZ)[26] er-schienen. Dennoch greifen Mahlers Kurzcomics mit der wiederkehrenden Figur und der durch vier teilbaren Panelzahl je Seite die Konventionen des Zeitungsstrips auf[27] und inszenieren die graphic anecdotes der Lachmaschine als mediale Crossover-Publikation. Neben unterschiedlichen Publikationsmedien und -formaten bringt die Sammlung auch kleine und große Formen des Erzählens in Relation, die als komplexes Verhältnis von Teil und Ganzem beschrieben werden kann. Als Text-Peritext-Arrangement von Prolog, insgesamt 18 graphic anecdotes, Epilog und Materialienteil[28] folgt die Publikation biblionomen Konventionen bzw. übererfüllt sie diese. Seiten- bzw. Kapitelabfolge und -zählung generieren Zusammenhang für nach Umfang und Inhalt heterogene Einzelcomics, Sequenzialität nach der Formel (n + 1) und ein ihr implizites, strukturelles Moment der Wiederholung bestimmen nicht nur die Makro-, sondern auch die Mikrostruktur des Comic-Buches: Mahlers graphic anecdotes folgen einem konstanten Raster, das – abgesehen von den jeweiligen Kapiteldeckblättern – nur selten durch Splash Panels oder seitenfüllende Panels mit und ohne Rahmen durchbrochen wird[29]. Der physisch begrenzte Buchkörper beansprucht für das Publikat auch Abgeschlossenheit in hermeneutischem Sinn und damit Werkcharakter. Gleichzeitig macht die Organisation anekdotenhafter, darüber hinaus (oder gerade deshalb) aber kontingenter grafischer Kurzerzählungen im Medium “Buch” Ordnungen als bloße Setzungen sichtbar und ironisiert diese.

Zwar entwickeln die Erzählungen der Lachmaschine keine “Geschichte” von einem Anfangs- zu einem Endpunkt im Sinne einer durchgehenden, linearen Handlung. Kohärenzbildend wirken stattdessen die Figur des Autorzeichners, der erlebendes (oder zumindest beobachtendes) und erzäh-lendes Ich zugleich ist, sowie das Erzählte, das von Vertretern und Ereignissen, Räumen und Institutionen des aktuellen künstlerischen und wissenschaftlichen Feldes und seinen Maximen spricht.[30]

3.2. × Pseudepigraphien

Der Prolog zur Lachmaschine trägt die Überschrift Die Verwechslung. Sein Titelblatt zeigt eine Figur mit zwei Beinen, sechs Armen, einem Kopf, langer Nase und zwei… Hörnern? Ohren? Fühlern? Sowohl der Titel als auch die Figur erschließen sich aus der Anekdote des Prologs, der im Übrigen keiner ist: Bei einem zufälligen Zusammentreffen des Erzählers mit einer Nachbarin im Stiegenhaus assoziiert diese mit dem Stichwort «Comics» – Kafka, der eine Menge Figuren (wenn auch nicht selbst gezeichnet, so doch) erfunden habe: unter anderem zwei rote Füchse, deren Name nicht erinnert, sowie einen Lupo, dessen Gattungszugehörigkeit[31] nicht gewusst wird. Der Autor-Erzähler vermutet daraufhin, dass nicht (Franz) Kafka, sondern (Rolf) Kauka[32] gemeint sei. Seine Gesprächspartnerin pflichtet ihm bei und geht zufrieden ab. Über den Plot erschließt sich der Prolog-Titel als Analogbildung zu Franz Kafkas Erzählung Die Verwandlung (1912). Beide benennen nicht nur die zentrale, hier zur (doppelten) Pointe – die Aufdeckung der Verwechslung durch die Namensähnlichkeit Kafka / Kauka bzw. die paradoxerweise nicht durch Popularität gewonnene Autorität des einen (Kafka) über den anderen (Kauka) und die unerwartete und frustrierende Reaktion der Frau –, dort zur Katastrophe führende Aktion. Sie lancieren damit auch die Lektüre der Titelblatt-Figur als Comic-Adaption Gregor Samsas.

Indem die fehlenden Informationen des Prologs – die Editionspraxis kommentierter Ausgaben aufgreifend und parodierend – in den Materialien «zu Seite 9» ergänzt werden, wird die Verwechslung auch zum kreativen Moment: Das Blatt zeigt rahmenlose, die wesentlichen Erkennungsmerkmale beibehaltende und in diesem Sinne “realistische” Wieder-Zeichnungen von sechs Comicfiguren aus dem Arsenal Kaukas/Neugebauers (namentlich aus Fix und Foxi, Bussi Bär), denen die Namen von literarischen Figuren Kafkas (aus Das Schloss, Der Prozess, Die Verwandlung) zugeordnet sind: Fix – Josef K., Oma Eusebia – Frau (hier: Fräulein) Grubach, Prof. Knox – Der Landvermesser, Bussi-Bär – Der Wächter, Pauli der Maulwurf – Der Prügler, Lupo – Gregor Samsa. Während Bildinhalt und Bildtitel üblicherweise in tautologischem Verhältnis im Sinne eines “das ist”, oder genauer und um nicht in die semiotische Falle zu tappen, “das ist ein Abbild von …” stehen, entsprechen einander Bildinhalt und Bezeichnung im Falle von «Kafkas bekanntesten Schöpfungen»[33] nicht: Anstatt eine “richtige” Aussage zum Bild zu treffen und das Gezeigte zu bestätigen, konterkariert die Inskription das im Bild Dargestellte. «Kafkas bekannteste Schöpfungen» fungieren als semantische “Kippfiguren” und kulminieren im Effekt der Pointe, die einen «Zusammenhang zwischen inkongruenten Konzepten»[34] herstellt.

Wie die anekdotische Erzählung des Prologs und die multimodale Figurenkompilation im Materialien-Teil inszeniert auch das 6. Kapitel von Franz Kafkas nonstop Lachmaschine Pseudepigraphien – diesmal am Beispiel der im Medium Comic häufigen, für das Genre der Literatur-Adaption typischen

 

Nicolas Mahler: Franz Kafkas nonstop Lachmaschine.
Berlin: Reprodukt 2014, 53.

Trennung von Autor und Zeichner. Diese wird bereits im vorhergehenden Kapitel Und was machen Sie hier? thematisiert: Anlässlich der Präsentation der Alten Meiser auf der Leipziger Buchmesse wird – in Umkehrung chronologischer und kausaler Relationen sowie kultureller Hierarchiekonventionen – Thomas Bernhard mit den Worten «Schreibt der jetzt für Sie?»[35] als “Texter” Nicolas Mahlers eingeführt[36]. Für seine fiktiven Koproduktionen be-dient sich Mahler durchwegs kanonisierter literarischer Texte des 20. Jahrhunderts wie Martin Walsers Ein fliehendes Pferd (1978), Ingeborg Bach-manns Malina (1971), Hermann Hesses Steppenwolf (1927), Paul Celans Todesfuge (deutsch 1948). Analoges gilt – vielleicht mit Ausnahme der Mainzelmännchen von Wolf Gerlach (1963) – für die Comic-Korrelate, die zudem für einzelne Comic-Stile (namentlich den franko-belgischen Comic und den US bzw. DC-Comic) und -Genres (Western, Funnies, Superhelden-Comics) stehen: Lucky Luke des belgischen Comic-Zeichners Morris (i. e. Maurice de Bevere 1946 bzw. 1948 als Album), Pauli aus dem Atelier Dorul van der Heides und anderer (1954, als Protagonist 1958), sowie Batman des US-Amerikaners Bob Kane (1939). Auch hier entsteht Komik aus der Divergenz von Bild und Bildtitel bzw. ihrer artifiziellen Zusammenführung über ein vermeintlich Gemeinsames. Auf den Cover-Abbildungen der gezeichneten Buchobjekte treffen etwa vor einem tief angesetzten Horizont in karger Landschaft ein Maulwurf und ein eigentlicher, d.h. nicht metaphorischer Wolf aufeinander, läuft ein Pferd (Jolly Jumper?) rechts aus dem Bild.

Nicolas Mahlers graphic anecdotes sprechen von Autoren (neben Kafka u.a. Bernhard, Handke, Musil), literarischen Texten (u.a. Alte Meister, Immer noch Sturm, Der Mann ohne Eigenschaften) und Genres. Sie sprechen aber auch und vor allem von sich selbst: Wie der Prolog geht auch das 6. Kapitel der Lachmaschine vom Primat der Funnies und der Zuschreibung des Comics an kindliche AdressatInnen aus; eine neue Perspektive wird über Literaturcomics entwickelt, eine Genre-Tendenz der «letzten 15 Jahre[]», die den Co-mic (als Medium) und seine LeserInnen «endlich erwachsen»[37] und als ernst zu nehmende Größen wahrnehmbar gemacht habe. Allerdings wird die Literaturadaption im Comic und damit alles, was man ihr zugutehält, wie eine “Aufwertung” des Comics durch die Überbrückung von Differenzen setzenden und aufrecht erhaltenden Zwischenräumen, gleich mehrfach ironisiert: zum einen über die in einer Anmerkung zusätzlich ausgestellte, durchgehende Fiktivität der Exponate; zum anderen über eine gewagte Medien- und Genrekreuzung, wenn z.B. Celans Todesfuge in das Superheldengenre transformiert wird.

3.3. × Transition und Inter-Esse

Die graphic anecdotes von Franz Kafkas nonstop Lachmaschine und Kunsttheorie versus Frau Goldgruber erzählen von den Institutionen des kulturellen Feldes, seinen Instanzen und Mechanismen, seinen Events und Akteuren: von Filmfestivals, Buch- und Comicmessen, von Verlagen, Buchhandlun-gen und Comicshops, von Universitäten und Schulen, von Museen, Literaturhäusern und Kulturinstituten; von Künstlern, von Verlegern und Kritikern, potenziellen Käufer/innen und Leser/innen, von Sponsoren und – von Wissenschaftlern.

Kapitel 6 trägt die Überschrift «Wenn die Hölle voll ist, kommen die Germanisten auf die Erde zurück» – ein abgewandeltes Zitat aus dem Filmplakat von George A. Romeros Horrorfilm Dawn of The Dead von 1978[38]. Die Titelillustration zeigt als Analogon des aus dem Totenreich erweckten Zombies eine Figur, die aus einem dampfenden Abwasserkanal steigt und als «Germanist» vorgestellt wird. Für die aktuelle Fragestellung ist das nicht nur aufgrund der populärkulturell dem Zombie zugeschriebenen Eigen-schaften (wie Egoismus, Opportunismus, fehlende Kritikfähigkeit, mangelnde Autonomie des Urteils) von Interesse, sondern vor allem als Denkfigur: Der lebende Tote ist eine Figur des Dazwischen, in der das Entweder-oder-Denken einer zweiwertigen Logik (hier: zwischen tot oder lebendig) überschritten wird. Allerdings ist es bei Mahler gerade nicht der Literaturwissenschaftler, dem diese Leistung zukommt.

Die konstitutiven Merkmale des Mediums “Comic” werden aus dem Konflikt des Autorzeichners, der seine ersten Comics im Selbstverlag publiziert und sich damit in die Reihe der underground comix, also des subversiven und avantgardistischen Comics stellt, mit typisierten Vertretern unterschiedlicher Communities sowie deren zeichen- und rezeptionstheoretischen Positionen entwickelt. Der Repräsentant der Kunstszene, erkennbar an seinem originellen Outfit mit phrygischer Mütze und der Frage «Jaja … aber ist es Kunst?»[39] scheitert an der Sequenzialität und Narrativität des Co-mics sowie an der Kulturtechnik des Lesens und sucht daraufhin Zuflucht bei Jean Baudrillard. Der Vertreter der Literaturwissenschaft, charakterisiert durch seinen um den Körper gewundenen Schal und die Frage «Jaja … aber ist es Literatur?»[40] bekommt erst durch das Genre der Literaturadaption In-teresse für den Comic und schließt aus den Vermessungen von Basistext, hier: Roman (= sehr dick) und Comicadaption (= viel weniger dick)[41], dass die Literatur dem Comic überlegen sei. Was den Vertretern von Kunst und Literaturwissenschaft, die entweder von einem Primat des Bildes oder der Schrift ausgehen, fehlt, vereint in Mahlers Lachmaschine der Comic-Nerd als Figuration des idealen Lesers, der über narrative (gezeigt am Strukturmerkmal der geordneten Panelaufeinanderfolge, die hier losgelöst von Schrift/ Sprache als traditionellem Zeichensystem des Erzählens erscheint) und visuelle (demonstriert an einem Einzelpanel von Wonderwoman mit Schwert) Intelligenz verfügt.

In «Wenn die Hölle voll ist …» vollzieht der Autorzeichner die (vorläufige) Synthese des historischen Dualismus von (Bildender) Kunst und Literatur, indem er für eine bimodale Anlage des Comics als komplexe Verbindung von Wort und Bild und damit für ein eigenständiges Medium Comic im Sinne eines Intermediums plädiert, das als solches sowohl der bildenden Kunst als auch der Literatur überlegen sei. Die je nach Community (Kunst / Literatur / Comic) spezifischen Poetiken des Comics werden im anekdotischen Plot entwickelt und ironisiert: in der Karikatur der “Mainstream”-Theoretiker wie Baudrillard, Foucault, Barthes und Deleuze, die als beliebig austauschbar beschrieben werden, ebenso wie in der Kritik der naturwissenschaftlichen Technik der Messung als quantitative Aussage über einen Gegenstand und des aus ihr resultierenden (Fehl)Schlusses auf seine Qualität (hier: Literatur und Comic)[42]. Darüber hinaus werden sie über Textsor-tenmerkmale des wissenschaftlichen Textes, z.B. Fußnoten inner-[43] und au-ßerhalb[44] des Panelspiegels, reflektiert.

Nicolas Mahler: Franz Kafkas nonstop Lachmaschine.
Berlin: Reprodukt 2014, 61.

Die Konstellierung von Comic, Bildender Kunst und Literatur wird im 7. Kapitel «Der heilige Bastard» wieder aufgegriffen und neu justiert. Ins Zentrum der Kritik rücken einmal mehr Literaturadaptionen: Für den Germanisten Beispiel kulturellen Niedergangs, werden sie dem Comic-Nerd – in Analogie zu den Agenten aus Wissenschaft und Kunst fragt er «Naja … aber ist das noch Comic?»[45] – als Anbiederung an den Literaturbetrieb ver-ächtlich. Den Autorzeichner veranlassen sie zu einer Erzählung der Separation von Comic, Bildender Kunst und Literatur, ihrer Räume und Institutionen[46], ihrer Gegenstände und Disziplinen. Ein finales Plädoyer für Transition und Inter-Esse in seinem ursprünglichen Sinn des Dazwischen-Seins infolge einer mehrfachen Teilhabe (zusammengefasst im Begriff der «Bastardisierung»)[47] ist dem Autorzeichner im Kostüm des Gurus in den Mund gelegt, dem idealiter mit dem Wissen auch das Charisma seiner Vermittlung gegeben ist. Auf einem fliegenden Teppich sitzend und damit in die Fiktionalität des Märchens ausgelagert, erreicht er gerade einmal zwei SchülerInnen und verkörpert die Karikatur seiner selbst. Die Schlusspointe der Anekdote vom «heiligen» Autorzeichner-Guru, der so eins mit sich anmutet, besteht in dessen Biertisch-Bekenntnis, die meisten Literaturadaptionen selbst «Scheisse»[48] zu finden.

4. Schluss

Die Kunstbetriebs-Comics Nicolas Mahlers können aufgrund von Inhalts- und Formmerkmalen als Bild-Text-Realisat der kleinen Form “Anekdote” beschrieben werden. Eine in der Text-Bildlichkeit grundgelegte und in Comicwissenschaft und -praxeologie unterschiedlich modellierte Hybridität wird in den untersuchten Literaturbetriebscomics über diverse Spielarten von Inter- und Transmedialität fassbar. Als Meta-Comics führen sie diese nicht nur vor, sondern sie thematisieren und reflektieren diese auch. Inter- und Transmedialität werden in den graphic anecdotes der Lachmaschine auf recht unterschiedliche Art und Weise deutlich: In der Medialität des Buches und der Organisationsform der Sammlung, in der Konstruktion von Pseudepigraphien und in der Inszenierung von Transition und Inter-Esse. Indem sie den Raum des “Dazwischen” besetzen und gleichzeitig in Frage stellen, können sie auch als Beitrag zur aktuellen Diskussion um die Positionierung des Comics im aktuellen Kunstbetrieb gelesen werden.

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[1] Nicolas Mahler: Franz Kafkas nonstop Lachmaschine. Berlin: Reprodukt 2014, 61.

[2] Mahler (2014), 57.

[3] Lange Nase, Brille, Körpergröße und hagere Gestalt setzen sie in Kontrast zu anderen Figuren.

[4] Hier in einem weiteren Verständnis als Bezeichnung für Inter-Konzepte von Künsten und Wissenschaften sowie deren Institutionen und Instanzen. Für den Literaturcomic wird auch von einer «mehrfache[n] mediale[n] Hybridisierung» gesprochen, siehe Florian Trabert, Mara Stuhlfauth-Trabert: Vorwort. In: Florian Trabert, Mara Stuhlfauth Trabert u.a. (Hg.): Graphisches Erzählen. Neue Perspektiven auf Literaturcomics. Bielefeld: transcript 2015, 9-16, hier: 12.

[5] Vgl. Victor W. Turner: Betwixt and Between. The Liminal Period in Rites de Passage. In: June Helm (Hg.): Symposium on New Approaches to the Study of Religion. Proceedings of the 1964 Annual Spring Meeting of the American Ethnological Association. Seattle: University of Washington Press 1964, 4-20.

[6] Ein Ansatz, der allein durch die jahrhundertelange Präsenz verbalen und visuellen Erzählens widerlegt scheint. Die Kombination von Literatur und Bild wird auch als «genuines Narrationsmuster» bezeichnet, so Swantje Rehfeld: Verpixelte Bildgeschichten. Literarische Illustration als hypermediale Narrationsform? In: Yvonne Gächter, Heike Ortner u.a. (Hg.): Erzählen. Reflexionen im Zeitalter der Digitalisierung. Innsbruck: University Press 2008, 291.

[7] Irina O. Rajewski: Intermedialität. Tübingen, Basel: Francke 2002, 19. Zur Methodenkritik an Rajewski vgl. u.a. Isekenmeier, der Intermedialität als Hyperonym für Intertextualität und Interpiktorialität versteht. Eine Überschreitung von Mediengrenzen ist für seinen Begriff von Intertextualität bzw. Interpiktoralität nicht konstitutiv. Guido Isekenmeier (Hg.): Interpiktoralität. Theorie und Geschichte der Bild-Bild-Bezüge. Bielefeld: transcript 2013, 127.

[8] Z.B Martin Schüwer: Wie Comics erzählen. Grundriss einer intermedialen Erzähltheorie der grafischen Literatur. Trier: Wissenschaftlicher Verlag 2008, 37.

[9] Z.B. Werner Wolf: Intermediality. In: David Herman, Manfred Jahn u.a. (Hg.): Routledge Encyclopedia of Narrative Theory. London: Routledge 2008, 252-256, hier: 254.

[10] Unter stärkerer Betonung einer (geschlossenen, die einzelnen Medien vernetzenden) ‘Gesamterfahrung’ «where integral elements of a fiction get dispersed systematically across multiple delivery channels for the purpose of creating a unified and coordinated entertainment experience» insbesondere Henry Jenkins: Transmedia Storytelling 2007, LINK (15. 01.2019) sowie Transmedia Storytelling 2011, LINK (15. 01.2019).

[11] Thomas Becker: Wo steht die Gegenkultur? Zum Unterschied zwischen normativem Diskurs und sozialer Realität im Spiel zwischen high und low. In: Thomas Wegmann, Norbert Christian Wolf (Hg.): «High» und «Low»: Zur Interferenz von Hoch- und Populärkultur in der Gegenwartsliteratur. Berlin: de Gruyter 2012, 43-56.

[12] Gérard Genette: Palimpseste. Die Literatur auf zweiter Stufe. Frankfurt/Main: Suhrkamp 21996.

[13] Für die Forschung zur Kleinen Form vgl. exemplarisch Walter Haug, Burghart Wachinger: Kleinstformen der Literatur. Berlin: de Gruyter 2015; Dirk Göttsche: Kleine Prosa in Moderne und Gegenwart. Münster: Aschendorff 2006; Thomas Althaus, Wolfgang Bunzel, Dirk Göttsche (Hg.): Kleine Prosa. Theorie und Geschichte eines Textfeldes im Literatursystem der Moderne. Berlin: de Gruyter 2007/2012, IX-XXVII.

[14] Ihre “Legitimation” haben beide, (literarische) Kurzformen und Comic, nicht zuletzt durch das Interesse der Wissenschaften gewonnen.

[15] Sonja Hilzinger: Kleine literarische Formen in Einzeldarstellungen. Stuttgart: Reclam 2002.

[16] Michael Niehaus: Stehende Figur. Mikronarration und Serialität im frühen Comic Strip. In: Sabiene Autsch, Claudia Öhlschläger u.a. (Hg.): Kulturen des Kleinen. Mikroformate in Literatur, Kunst und Medien. Paderborn: Fink 2014, 265-282.

[17] Für Mahlers Literaturcomics vgl. Andreas Platthaus: Sind Comics Kunst? In: FAZ 08.11.2013, LINK (15.01.2019).

[18] Vgl. die Beiträge in Monika Schmitz-Emans, (Hg.): Literatur-Comics. Adaptionen und Transformationen der Weltliteratur. Berlin: de Gruyter 2012, Monika Schmitz-Emans (Hg.): Comic und Literatur: Konstellationen. Berlin: De Gruyter 2012 sowie in Florian Trabert, Mara Stuhlfauth-Trabert, Johannes Wassmer (Hg.): Graphisches Erzählen. Neue Perspektiven auf Literaturcomics. Bielefeld: transcript 2015, ferner Juliane Blank: Literaturadaptionen im Comic. Ein modulares Analysemodell. Berlin: Bachmann 2015.

[19] Thomas Bernhard: Alte Meister 2011, Der Weltverbesserer 2014; Lewis Carroll und H.C. Artmann: Alice in Sussex 2012 im Feuilleton der FAZ, 2013 als Buchpublikation; Robert Musil: Der Mann ohne Eigenschaften 2013; Frank Wedekind: Lulu und das schwarze Quadrat 2014; Marcel Proust: Auf der Suche nach der verlorenen Zeit, 2018 und zuletzt Elfriede Jelinek: Der fremde! störenfried der ruhe eines sommerabends der ruhe eines friedhofs, ebenfalls 2018.

[20] Pierre Bourdieu: Homo academicus. Frankfurt am Main: Suhrkamp 1988.

[21] Monika Schmitz-Emans: Nicolas Mahlers Literaturcomics. In: Florian Trabert, Mara Stuhlfauth Trabert, Johannes Waßmer (Hg.): Graphisches Erzählen. Neue Perspektiven auf Literaturcomics. Bielefeld: transcript 2015, 19-42.

[22] Clayton Robert First: Adaptation in the German speaking Comic Book Genre: Perspectives on the Austrian Comic Book Author Nicolas Mahler. Thesis Bowling Green State University 2015, LINK (15.01.2019). Aufgrund des Genres “Literaturbetriebscomic” kann der Medienwechsel ebenso wenig eine Kategorie sein wie die per se problematischen Ideen von “adäquater Umsetzung” oder auch “Werktreue”.

[23] Erzählt werden “alltägliche”, d.h. flüchtige und scheinbar belanglose Begebenheiten.

[24] Für die Forschung zur Anekdote vgl. Rudolf Schäfer: Die Anekdote. Theorie – Analyse – Didaktik. München: Oldenbourg 1982; Volker Weber: Anekdote. Die andere Geschichte. Erscheinungsformen der Anekdote in der deutschen Literatur, Geschichtsschreibung und Philosophie. Tübingen: Stauffenburg 1993; Sonja Hilzinger: Anekdote. In: Sonja Hilzinger: Kleine literarische Formen in Einzeldarstellungen. Stuttgart: Reclam 2002, 7-26; Heinz Schlaffer: Anekdote. In: Georg Braungart, Harald Fricke u.a. (Hg.): Reallexikon der deutschen Literaturwissenschaft. Berlin: de Gruyter 2007, 87-89.

[25] Für den Comic vgl. Pascal Lefèvre: Narration in the Flemish Dual Publication System: The Crossover Genre oft the Humoristic Adventure. In: Daniel Stein, Jan-Noël Thon (Hg.): From Comic Strips to Graphic Novels. Contributions to the Theory and History of Graphic Narrative. Berlin: De Gruyter 2015, 255-269.

[26] Kap. 6: «Wenn die Hölle voll ist …» ist unter dem Titel «Sind Comics Kunst?» zunächst im Feuilleton der FAZ / Bilder und Zeiten / Bildergalerie vom 08.11.2013 erschienen. Der «Essay in Bildern» hat dort ein anderes Format, abgedruckt werden 12 Bildpaare.

[27] Der Umfang der Lachmaschine verweist mit seinen 128 Seiten auf die 16fach bedruckten Bögen der häufig 64 Seiten umfassenden Comic-Magazine.

[28] Ergänzungen und Erläuterungen des Autor-Editors zu einzelnen Comics, meist selbst in Comicform.

[29] Mahler (2014), 86; 48; 68; 32, 108. Auffällig ist die durch ein Klammerpanel angezeigte Parenthese, Mahler (2014), 54. Vgl. dazu auch First (2018), 42ff., allerdings ist die Varianz bzw. Deviation der Panels mit dem Begriff der «Verfremdung» nicht glücklich charakterisiert.

[30] Einleitung: Kafka; 1 und 2: Bernhard; 5: Buchmesse/-verkauf; 6: Literatur/ Comic/Literaturcomic; 7: Comic Bastard; 8: Musil; 9: Buchhandlung Handke; 10: Kratochvil Übersetzung; 11: Messe/Festival; 12: Zeichner als Komponist; 13: Künstlerschicksale, Leherb und Anders; 14: Buchhandlung, Kunstbetrachtungen: Theater / Farbe Rot. Die beiden Arzt-Anekdoten (in der Zählung der Lachmaschine 3 und 4) fallen aus dieser Thematik heraus und inszenieren damit das Akzidentielle der Anekdote / der Anekdotensammlung.

[31] Ursprünglich Wolf, mutiert Lupo im Laufe der Zeichen-Geschichte zum Hund.

[32] Rolf Kauka, 1917-2000. Im Juni 1953 erscheint ein Eulenspiegel-Heft mit den Füchsen Fix und Foxi; die Erinnerung der Nachbarin referiert aber auf die Physiognomie der 1955 neu designten Figuren Walter Neugebauers, 1921-1992.

[33] Mahler (2014), Appendix zu S. 9, 111.

[34] Peter Köhler, Ralph Müller: Pointe. In: Georg Braungart, Harald Fricke u.a. (Hg.): Reallexikon der deutschen Literaturwissenschaft. Berlin: de Gruyter 2007, 115-117, hier: 115. Zu Bild und Bildtitel vgl. Nathalie Bruch: Der Bildtitel. Struktur, Bedeutung, Referenz, Wirkung und Funktion. Eine Typologie. Frankfurt/Main: Peter Lang 2005, v.a. 217, ferner 245.

[35] Mahler (2014), 44.

[36] Für eine in der Lachmaschine als durchaus begrüßenswert eingeschätzte “Zusammenarbeit” von Mahler und dem “Titanic-Autor” Bernhard vgl. auch die Materialien «zu Seite 44»: im Anhang, Mahler (2014), 118.

[37] Beide Mahler (2014), 53.

[38] «When there’s no more room in HELL, the dead will walk the EARTH»; vgl. dazu auch die Materialien «zu Seite 49», Mahler (2014), 119.

[39] Mahler (2014), 51.

[40] Mahler (2014), 55.

[41] Mahler (2014), 54. Aus diesem Kontext stammt auch das Titelzitat «Besonders an der Verknappung und Entschlackung stossen [sic] sich die Germanisten», Mahler (2014), 55.

[42] Der wissenschaftskritische Impetus wird wiederaufgenommen in der dilettantischen Gender-“Analyse” des Vorabdrucks auf der Internetseite der FAZ durch eine Bloggerin im Anhang, vgl. Mahler (2014), 120f.

[43] Z.B. die ironische Kommentierung des lächerlichen Germanisten-Fazits als «profundes Urteil», Mahler (2014), 55, oder die “Erklärung” der stehenden Attribute der Vertreter von Kunst und Literatur, vgl. Mahler (2014), 51 bzw. 54.

[44] Die Angabe zum Leseverhalten in Kunstkreisen, vgl. Mahler (2014), 51 oder die Anmerkung, dass es noch keine Comic-Adaption zu Handke gäbe, vgl. Mahler (2014), 54 etc. Insbesondere diese wären auf ihren diegetischen Status zu überprüfen, da sie sich zwar auf direkte Rede in der Sprechblase beziehen, aber nicht der sprechenden Figur (dem Vertreter der Literatur / der Kunst) zuzuordnen sind.

[45] Mahler (2014), 59.

[46] «Hehrer Kunsttempel», «verkopftes Literaturhaus», «muffiger Comicshop», vgl. Mahler (2014), 60.

[47] Mahler (2014), 61.

[48] Mahler (2014), 62.