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Studia austriaca XXVII

 

Carl Henop-Hauswirth • Henrik Ibsen

Michael Köhlmeier • Nicolas Mahler

Arthur Schnitzler

Franz Kafka

 

 

 

 

 

 

Editor-in-chief: Fausto Cercignani

Co-Editor: Marco Castellari

Editorial Board

Achim Aurnhammer (Albert-Ludwigs-Universität Freiburg)
Alberto Destro (Università degli Studi di Bologna)
Konstanze Fliedl (Universität Wien)
Hubert Lengauer (Universität Klagenfurt)
David S. Luft (Oregon State University)
Patrizia C. McBride (Cornell University)
Marie-Thérèse Mourey (Université Paris-Sorbonne)
Marisa Siguan (Universitat de Barcelona)
Ronald Speirs (University of Birmingham)

 

 

 

 

 

 

 

 


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Studia austriaca
An international journal devoted to the study
of Austrian culture and literature
Published annually in the spring
Hosted by Università degli Studi di Milano under OJS
ISSN 2385-2925

Vol. XXVII

Year 2019

Editor-in-chief: Fausto Cercignani

Co-Editor: Marco Castellari

Editorial Board:

Achim Aurnhammer (Albert-Ludwigs-Universität Freiburg)
Alberto Destro (Università degli Studi di Bologna)
Konstanze Fliedl (Universität Wien)
Hubert Lengauer (Universität Klagenfurt)
David S. Luft (Oregon State University)
Patrizia C. McBride (Cornell University)
Marie-Thérèse Mourey (Université Paris-Sorbonne)
Marisa Siguan (Universitat de Barcelona)
Ronald Speirs (University of Birmingham)

 

Founded in 1992

Published in print between 1992 and 2011 (vols. I-XIX)

On line since 2012 under http://riviste.unimi.it

Online volumes are licensed under a Creative Commons Attribution-NonCommercial-NoDerivs 3.0 Unported License.

 

 

 

 

 

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Studia austriaca
Vol. XXVII – Year 2019

Table of Contents

Cornelius Mitterer – Henrik Ibsen auf der Vorstadtbühne. Carl Henop-Hauswirths Parodie von «Klein Eyolf» im Spiegel der sozialen Raumsemantik Wiens

[Henrik Ibsen on the popular stage. Carl Henop-Hauswirth’s parody of «Klein Eyolf» in the semantic context of Vienna’s social space]

Ursula Klingenböck – «Besonders an der Verknappung und Ent­schlackung stossen sich die Germanisten». Nicolas Mahlers Kunst­betriebs-Comics als kleine Formen inter- und transmedialen Erzählens

[“Germanists take particular exception to processes of condensation and purification”. Nicolas Mahler’s comics about the culture industry as short forms of inter- and transmedial narration]

Gerd-Hermann Susen, Martin Anton Müller – Was ist von Arthur Schnitzlers Briefwechsel mit Autoren und Autorinnen Neues zu erwarten?

[What novelties are to be expected from Arthur Schnitzler’s correspondence with other writers?]

Martin A. Hainz – Mit Rechten über Rechte reden. Michael Köhlmeiers Rede vor/zu Rechten und übers Recht

[Talking rightly with the Right about rights. Michael Köhlmeier’s speech before/to the Right and about right]

Erminio Morenghi – Lo Ungeziefer della «Verwandlung» di Kafka nel processo di una nichilistica liberazione dallo Spießertum familiare. Alcune riflessioni

[The Ungeziefer of Kafka’s «Verwandlung» in the process of a nihilistic release from the philistinism of the family. Some considerations]

Call for Papers

 

 

 

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Cornelius Mitterer

(Wien)

Henrik Ibsen auf der Vorstadtbühne
Carl Henop-Hauswirths Parodie von «Klein Eyolf»
im Spiegel der sozialen Raumsemantik Wiens

[Henrik Ibsen on the popular stage
Carl Henop-Hauswirth’s parody of «Klein Eyolf»
in the semantic context of Vienna’s social space
]

abstract. Henrik Ibsen’s naturalistic drama Klein Eyolf (1894) was successfully performed at prestigious theatres in London, Berlin and Vienna, a fact which emphasises the establishment of Naturalism in bourgeois high culture. Carl Henop-Hauswirth’s German parody of Ibsen’s play, entitled Klein-Schreyolf (1895), was performed at one of the many popular theatres in the Viennese suburbs only a few weeks after the premiere. This article analyses the social and artistic circumstances leading to the Ibsen parody. It shows the critical exchange of culture between Vienna’s city centre and periphery.

1. Soziale Schnittmengen: Wiener Vorstadttheater Ende des 19. Jahrhunderts

Die Theaterzettel der Wiener Vorstadtbühnen[1] zeugen von einem insgesamt sehr heterogenen Repertoire, das Tragödie, Volksstück mit Gesang, Operette, Opernfragment und Lokalposse mitunter an ein und demselben Abend in Einklang zu bringen versuchte[2].

Ausschlaggebend für das bunte Programm waren ökonomische Überlegungen. Da die Einnahmen der nicht subventionierten Theaterhäuser auf dem Kartenverkauf fußten, bestand eine starke Abhängigkeit vom Publikumsgeschmack. Die Schauspielhäuser lagen an neuralgischen Punkten der Stadt, wo sich Einfall- und Hauptstraßen kreuzten und unterschiedliche soziale Räume berührten. Auch deshalb war das Publikum der Vorstadtbühnen gesellschaftlich durchmischt[3].

Die soziale Heterogenität der Theaterbesucher lässt sich ferner an der Preisspanne der Eintrittskarten ablesen, die zwischen 5 Gulden (Logenkarte) und 20 Kreuzern (Stehplatz) schwankte[4]. Mit einem disparaten Repertoire, das je nach Bedarf rasch verändert werden konnte, reagierten die Spielstätten nicht zuletzt auf die Theaterzensur, die sich mit der Eingemeindung der Wiener Vororte in den Jahren 1890-1892 auch auf Bühnenhäuser auszuwirken begann, die zunächst nicht in ihrer Machtsphäre lagen[5].

Im Zentrum des Beitrags steht eines dieser Theater in der Peripherie, dessen dreißigjährige Geschichte mit dramenästhetischen, sozialen und infrastrukturellen Transformationen Wiens in Verbindung steht: Das Rudolfsheimer Volkstheater war zwischen 1866 und 1897 Teil von Schwenders Colosseum, dem größten Vergnügungsetablissement der Metropole. Die in der westlichen Nachbargemeinde Rudolfsheim gelegene Bühne pflegte eine auf Johann Nestroy und Ferdinand Raimund zurückreichende Komödientradi-tion, bemühte sich in den 1890er-Jahren aber zunehmend auch um eine bauliche und ästhetische Modernisierung. Im Zuge dessen wurde am 11. April 1891 Arthur Schnitzlers Das Abenteuer seines Lebens uraufgeführt und wenige Monate später nach Pariser und Berliner Vorbild für kurze Zeit eine Freie Bühne installiert, die laut Gesetzgebung als Verein nicht dem Öffentlichkeitsrecht unterlag, sodass zensierte Dramen gezeigt werden konnten[6].

Am 27. März 1895 inszenierte das Rudolfsheimer Volkstheater unter dem Titel Klein-Schreyolf ein «bürgerlich romantisches Schauspiel in einem Akt und mehreren Umwandlungen frei nach Ibsen»[7]. Die von Carl Henop-Hauswirth verfasste Parodie bezieht sich auf Klein Eyolf, das am 3. Dezember 1894 im Londoner Theatre Royal Haymarket erstmals gezeigt worden war. Die deutschsprachige Uraufführung erfolgte am 12. Januar des darauffolgenden Jahres im Deutschen Theater Berlin, im Burgtheater feierte das Ibsen-Stück am 27. Februar Österreich-Premiere[8].

Nun waren Parodien gerade auf den Brettern der Vorstadt- und Vorortbühnen keine Seltenheit, sie bildeten ihrerseits sogar ein eigenes Genre[9]. Bemerkenswert ist aber die Zügigkeit der Umsetzung: Klein-Schreyolf kam nur wenige Monate nach der Uraufführung des Originals auf die Rudolfsheimer Bühne.

Es stellt sich die Frage, weshalb gerade Henrik Ibsens Stück in dieser Rasanz parodistisch verwertet wurde. Worin lag die Wirkungsintention der Bearbeitung? Der Beitrag verfolgt die These, dass Entstehung und parodistische Absicht mit dramenästhetischen Debatten – vor allem zum naturalistischen Drama – und mit dem sozialen Wandel in der städtischen Peripherie, in der sich das Rudolfsheimer Volkstheater befand, zu begründen sind.

Die im folgenden Kapitel dargelegte theoretische Grundlegung basiert auf der Annahme, dass Stadträume einen lesbaren Text generieren und Wien Ende des 19. Jahrhunderts eine spezifische soziale Syntax zeigte; die Theater in den Vororten und Vorstädten liefern Anhaltspunkte für eine solche Lesbarkeit der Stadt. Darauf aufbauend folgt ein Abschnitt über das Rudolfsheimer Volkstheater, in das sich gesellschaftliche, infrastrukturelle und dramenästhetische Entwicklungen der Epoche eingeschrieben haben.

Zuletzt wird vor dem Hintergrund dieser Ausführungen Klein-Schreyolf als Interpunktion im literarischen wie sozialen Gefüge der Zeit analysiert und ein Interpretationsansatz für die Umsetzung der Ibsen-Parodie gerade im Rudolfsheimer Volkstheater gegeben.

2. Soziale Semantiken des Stadtraums

In Die Anarchie der Vorstadt gehen Wolfgang Maderthaner und Lutz Musner von der Stadt als sozialem Text aus. Entgegen geläufiger Ansätze in der Wiener-Moderne-Forschung konzentrieren sich die Autoren der Studie nicht auf ein elitär geprägtes, hochkulturelles Bild von Innenstadt und Ringstraße, das sich in zahlreichen Abhandlungen und Ausstellungen zum Thema bis in die Gegenwart perpetuiert. Maderthaner und Musner rücken das Sujet “Wien um 1900” von seinen Rändern her in den Forschungsfokus, um «die Verschränkung von symbolischer Sphäre und materieller Stadtgestalt» zu untersuchen[10].

Dieser Ansatz erinnert zunächst an Pierre Bourdieus Sozioanalyse, die auf der Grundlage von Gustave Flauberts L’Éducation sentimentale den Strukturwandel im literarischen Feld zur Zeit des Zweiten Kaiserreichs untersucht. Auch der Soziologe begreift den Pariser Stadtraum, den Flaubert seine Protagonistinnen und Protagonisten durchstreifen lässt, als Verbindung von sozialem und symbolischem Text[11]. Doch während Bourdieu dem Bewegungsradius von Flaubert und seinen literarischen Figuren folgt, der sich im Wesentlichen auf das Zentrum der französischen Kapitale beschränkt, starten Maderthaner/Musner ihre sozialgeschichtliche Expedition im Wiener Gemeindebezirk Ottakring, da «die Vorstädte nicht nur als Annex, sondern als ein Inneres der Moderne zu verstehen» sind[12].

In Dynamik der Kreise, Resonanz der Räume erklärt Edward Timms auf ähnlich Weise den Strukturwandel des ausgehenden 19. Jahrhunderts vor dem Hintergrund einer lesbaren Raumsyntax; in Wien sei das Kaffeehaus in den gesellschaftsübergreifenden Mittelpunkt dieser Textur gerückt und habe von dort aus mit allen weiteren Sphären des öffentlichen Lebens interagiert, darunter auch mit dem Theater. Allerdings bestand eine sozial wahrnehmbare Differenz zwischen den Kaffeehäusern des Zentrums und den Vorstädten, wie Timms anmerkt[13]. Dieser Befund lässt sich auch auf Schwenders Colosseum übertragen, das nicht nur das Volkstheater, sondern auch ein elegantes Café, eine rustikale Bierhalle und drei großzügige Ballsäle beherbergte, in denen mitunter die österreichische Sozialdemokratie tagte[14].

Diskurse und Texte konstituieren die symbolische Repräsentation der Stadt im bürgerlich-liberalen Zeitalter und gestalten das Verhältnis zwischen Peripherie und Zentrum als Spaltung und Homogenisierung, so die Verfasser von Die Anarchie der Vorstadt[15]. Dies wird am Beispiel der Vorstadtbühnen deutlich, die bereits im ausgehenden 18. Jahrhundert soziale Diskurse verhandelt und somit zur gesellschaftlichen Subjektivierung – des gehobenen wie des niederen Standes – beigetragen haben. In der konkreten Theaterdramaturgie bedeutet dies zum Beispiel, dass um 1800 die vielgestaltige Lustige Figur mit dem Sittenkodex des bürgerlichen Rührstücks versöhnt wurde[16].

Auch die Spielpläne der zahlreichen Bühnenhäuser Wiens belegen die Abstoß- und Annäherungs-Dynamik zwischen Zentrum und Peripherie: die Verbindung von Hoch- und Populärkultur wird in den Haupt- und Staatsaktionen des Dramas offenbar, die von heiteren Nebenaktionen begleitet waren[17]. Von dieser doppelten Dynamik zeugt im 19. Jahrhundert ferner die Aufführungskontinuität der sozialkritischen Nestroy-Stücke an allen Wiener Bühnenhäusern. Neben Schiller, Goethe und Shakespeare zählte aber auch Ernst Raupachs Schauer- und Rührstück Der Müller und sein Kind (UA 1830) zu den allerorts regelmäßig aufgeführten Bühnenwerken. Der Kritiker Friedrich Schlögl ironisiert in einem fiktiven Gespräch mit dem so wohlhabenden wie unkultivierten «Bürger» Herr von Grammerstädter den Brauch, an Allerseelen den Müller zu geben, sei es am Burgtheater oder an den außerhalb des Verteidigungswalls liegenden Bühnen[18].

3. Das Rudolfsheimer Volkstheater in Schwenders Colosseum

Schwenders Colosseum, das sich in den gut sechs Jahrzehnten seines Bestehens zum gesellschaftsübergreifenden Ort des Vergnügens entwickelt hatte, war auch Schauplatz sozialer und politischer Veränderungen. Das Gebäude befand sich an der westlichen Einfallstraße nach Wien, unweit der als Mariahilfer Linie bezeichneten äußeren Stadtgrenze. Aufgrund der günstigen Lage an der Westbahn siedelten sich rasch Industriebetriebe an, was wiederum die notdürftige Errichtung von Arbeiterwohnungen zur Folge hatte. Dies bewirkte eine starke Transformation in den Dörfern vor der Stadt, die lange Zeit von Handwerkstreibenden, Weinbauern, Gastrono-men, aber auch vom Adel bewohnt waren.

Die zunehmend widrigen Lebensbedingungen führten zu sozialen Initiativen wie der Gründung eines Arbeiterbildungsvereins, der am 15. Dezember 1867 in Schwenders Colosseum ins Leben gerufen wurde[19]. Andererseits bemühte sich der Gründer des Vergnügungsetablissements, Carl Schwender, stets auch um ein bürgerliches Publikum. Die berühmten Faschingsbälle zogen Bewohner der nahegelegenen Vorstädte an, in denen überwiegend Beamte und Kaufleute lebten. Für Schwenders Colosseum und seine Bedeutung im sozialen Kontext Wiens waren dann vor allem zwei Phasen der Stadtentwicklung bedeutend:

1. Im Zuge des Ausbaus zur Metropole wurde 1873 die äußere Grenze der Kaiserstadt beseitigt und entlang des Linienwalls, der erst zwei Jahrzehnte später vollständig abgetragen werden sollte, die Gürtelstraße errichtet. Das Colosseum war nun einfacher zu erreichen und nahm einen Platz auf der mentalen Landkarte der Zentrumsbewohner ein. Der Verteidigungswall markierte weiterhin eine soziale Trennlinie zwischen Wien und den Vororten, Mieten und Lebensmittelpreise waren diesseits der “Linie” höher. Die minderbemittelten Schichten lebten daher meist außerhalb, wo Fabriken, Lagerhallen und Mietskasernen eine unwirtliche Atmosphäre aus Lärm, Schmutz und Raumnot erzeugten[20].

2. Mit der Eingemeindung der Vororte zwischen 1890-1892 traten dann auch steuerliche Vorschriften in Kraft. Die administrativen Veränderungen betrafen Gasthäuser und Veranstaltungslokale. Aufgrund der sogenannten Verzehrsteuer sah man sich auch im Colosseum gezwungen, Preise zu erhöhen[21]. Nach der Eingemeindung richtete die Zensur ihre Aufmerksamkeit auf die Spielstätten der neu erschlossenen Bezirke; das Colosseum – und mit ihm das Rudolfsheimer Volkstheater – war Ende des 19. Jahrhunderts finanziellem und behördlichem Druck in hohem Maße ausgesetzt.

Hinzu kam, dass das Theater weite Teile seines bürgerlichen Publikums an zwei neue Bühnen verlor, die ähnliche Stücke inszenierten, aber günstiger gelegen waren und mehr als doppelt so viele Zuseher fassten. 1889 wurde das Deutsche Volkstheater und 1893 in unmittelbarer Nähe das Raimundtheater ins Leben gerufen[22]. Beide Schauspielhäuser zeigten vorwiegend naturalistische Stücke und Wiener Komödien. Das Rudolfsheimer Volkstheater reagierte auf die Konkurrenz, indem es 1891 und dann 1893 der Wiener Freien Bühne seine Räumlichkeiten zur Verfügung stellte. Doch wegen administrativer Fehler (Felix Salten hatte vergessen, der Zensurstelle die Textbücher vorzulegen), künstlerischer Unstimmigkeiten und mangelnder Innovation scheiterte das Freie-Bühne-Projekt beide Male[23].

Durch die Vermittlung des Deutschen Volkstheaters und nach der im April 1891 abgehaltenen Ibsen-Woche war das naturalistische Drama an zentraler Stelle der Stadt vertreten[24]. Abgesehen davon verfügte Österreich mit Ludwig Anzengruber bereits seit 1870 über einen dem Naturalismus verpflichteten Bühnenautor, der auch im Umfeld der Berliner Freien Bühne hohes Ansehen genoss und an der Gründung des Deutschen Volkstheaters beteiligt war[25].

Da sich nun das Rudolfsheimer Volkstheater mit einer Freien Bühne nicht profilieren konnte und das Werk Ibsens in der Mitte der Theatergesellschaft angekommen war, verlegte es seine ökonomischen wie artistischen Profilierungs-Bestrebungen auf die Abgrenzung von Naturalismus und Burgtheater. Die Parodie Klein-Schreyolf ist Ausdruck dieser Stoßrichtung.

4. “Klein Eyolf” und “Klein-Schreyolf”: Ein Vergleich

Klein Eyolf gehört zu den Altersdramen Henrik Ibsens, die nicht nur so-zialkritisch engagiert ein naturgetreues Abbild gesellschaftlicher Verhältnisse nachzeichnen, sondern auch vom Symbolismus beeinflusst sind.

Im Zentrum der Handlung steht Familie Allmers. Alfred ist Lehrer im Ruhestand und schreibt an einem Buch über die menschliche Verantwortung. Die Heirat mit der wohlhabenden Rita ermöglicht ihm Wohlstand, sodass er sich auf seine schriftstellerische Tätigkeit konzentrieren kann. Während einer mehrwöchigen Wanderung durch die einsame Bergwelt reift in Alfred jedoch der Entschluss, sein Buch ruhen zu lassen, um sich der Entwicklung des kränklichen und verkrüppelten, aber intelligenten Sohnes Eyolf widmen zu können. Darauf reagiert seine Frau eifersüchtig. Sie möchte ihren Mann mit keiner weiteren Person teilen und bedauert, Eyolf überhaupt zur Welt gebracht zu haben. Kurz nachdem die mysteriöse Rattenmamsell in Erscheinung getreten ist und ihre Rattenfängerdienste angeboten hat, ertrinkt das Kind im nahegelegenen Meer.

Die von Gewissensbissen heimgesuchten Eltern glauben an die Erfüllung des von Rita im Affekt ausgesprochenen Fluchs. Bereits im Säuglingsalter hatten sie in einer leidenschaftlichen Stunde Eyolf alleine gelassen und durch einen Unfall seine Behinderung verschuldet. Nachdem schon dieser Vorwurf auf ihren Schultern lastete, fühlen sie sich nun auch für Eyolfs Tod verantwortlich. Im zweiten Akt droht die Ehe in die Brüche zu gehen, doch Rita und Alfred besinnen sich ihrer sozialen Verantwortung und gründen ein Kinderheim[26].

Die Verantwortung vor der Gesellschaft und im Privaten ist auch das zentrale Thema des Stücks, das darüber hinaus den Umgang mit Schuld, familiäre Konstellationen sowie die Verortung der Frau im sozialen Kontext behandelt. Natur ist der wesentliche Katalysator des Geschehens und im Prinzip eine unvorhersehbare, mystisch aufgeladene Konstante; während das Gebirge den Wandel von Alfreds Auffassung über menschliche Verantwortung auslöst, wird das Meer zu Eyolfs Grab.

Im Gegensatz zur Abgeschiedenheit des Allmer’schen Hauses, das am Fjord über einem ärmlichen Fischerdorf prangt, spielt Klein-Schreyolf in einer bürgerlichen Wohnung im Wiener Vorort Breitensee. Lokalkolorit ist ein Wesenszug der Wiener Komödien[27]. Ein weiterer Anknüpfungspunkt an die Komödien-Tradition besteht in der psychologischen Oberflächlichkeit der Figuren. Die Typen rekurrieren auf das Figurenensemble der Commedia dell’arte, das sich über die Jahrhunderte zu eigenen Charakteren österreichischer Prägung weiterentwickelt hat. Vor allem die Lustige Figur, die im 18. und 19. Jahrhundert von Hanswurst oder Kasperl auf mehrere Personen aufgeteilt und individualisiert wurde, ist in Klein-Schreyolf mehrfach besetzt. Die Schwiegermutter Leni Haber ersetzt die vielschichtige Asta, die an den Enthüllungen – beispielsweise, dass sie nicht Alfreds Schwester ist – maßgeblichen Anteil hat. Leni Haber verkörpert die lachhafte Alte, ein gängiges, misogynes Figuren-Motiv der Wiener Possen und bürgerlichen Rührstücke[28]. Das ist mit Blick auf Ibsens Engagement für die Frauenemanzipation von Bedeutung; die Parodie befürwortet auf Grundlage komischer Typik patriarchale Gesellschaftsstrukturen, die Anfang der 1890er-Jahre auch in Wien mit zunehmender Vehemenz kritisiert wurden. Erst 1893, zwei Jahre vor der Uraufführung von Klein-Schreyolf, war der Österreichische Frauenverein ins Leben gerufen worden[29].

Der Effekt der Parodie beruht auf einem starken Kontrast der Personen. Während die Figuren in Ibsens Stück nicht zuletzt durch charakterliche Defizite und Trauerbewältigung an psychologischer Tiefe gewinnen, unterläuft Klein-Schreyolf Pathos und Rührseligkeit. Schreyolf ist nicht gehbehindert, sondern Heiser, und er möchte auch nicht Soldat werden wie Eyolf, sondern eine Tenoristen-Karriere einschlagen. Schließlich wird er von Rattler, dem «Agenten einer Desinfectionsanstalt» mit Rattengift von seinem Halsleiden kuriert.

Abgesehen von den inhaltlichen Abweichungen, die das Ibsen-Drama harmonisieren, entfaltet Klein-Schreyolf seine Komik durch textliche Nähe zum Original. Nach Gérard Genette sei eine Vorgehensweise der Parodie, den Wortsinn zu verdrehen, indem sie dem Original sprachlich so genau wie möglich folgt[30]. Diese diskursive Adaption, die Komikmomente evoziert, lässt sich anhand zahlreicher Zitate belegen. Ganze Passagen der Parodie stimmen mit den Dialogen von Klein Eyolf überein, etwa wenn der Familienvater Anton Ollmer beschließt, sich in Zukunft der Entwicklung seines Jungen anzunehmen: «Ich will hineinleuchten in seine Kinderseele, Alles, was sie an Edlem birgt, will ich wecken und zum Keimen bringen, Blüthen und Früchte soll es tragen (bestimmt) Schreyolf soll ein Sänger werden»[31].

Der Protagonist des Originals bekennt ganz ähnlich: «Ich will versuchen, all die reichen Möglichkeiten, die in seiner Kinderseele dämmern, zur Entfaltung zu bringen. Was er nur an Gutem in sich trägt, das soll wachsen, – es soll Blüten treiben und Früchte tragen»[32]. Alfred Allmers fällte diesen Entschluss auf seiner Gebirgswanderung: «Und so kam ich hinauf in die unendliche Einsamkeit. […] Da vermochte ich es. […] Ich sagte euch ja, zwischen zwei Aufgaben kann ich mich nicht zerteilen. Aber die menschliche Verantwortung, die werde ich erfüllen – in der Wirklichkeit»[33]. Die wenig später ausgedrückte Erkenntnis «Jetzt seh ich ein, daß ich auf Erden keine höhere Aufgabe habe, als Eyolf wahrhaft ein Vater zu sein […]»[34] wird bei Ollmer durch Raffung zur missverständlichen Aussage: «Als ich jetzt tagelang in Waldeseinsamkeit geweilt, da ist eine Umwandlung in mir vorgegangen […] das Gesetz der menschlichen Verantwortung ist in mir wach geworden – jetzt bin ich Vater geworden», worauf seine Frau antwortet: «Das bist Du schon längst! Ein Narr bist Du geworden!»[35].

Auch den unheimlichen Auftritt der Rattenmamsell löst Henop-Hauswirth in Komik auf: «War das ein Geschwärm und Gewimmel!», erinnert sich die Rattenfängerin an den Besuch eines von Nagetieren befallenen Hauses. «In den Betten kribbelten und krabbelten sie die liebe lange Nacht. In die Milchkübel plumpsten sie. Und über die Fußböden ruschelten und raschelten sie die Kreuz und Quer»[36]. Die rhythmische Intonation des an eine Zauberformel gemahnenden Berichts, der die suggestive Aura der Rattenmamsell verstärkt, wirkt in der Parodie nur mehr harmlos: «Oh, erst jetzt war ich in einer Wohnung, da kribbelten und krabbelten sie in den Betten, an den Wänden schwärmten ganze Prozessionen»[37].

Vor allem rückt aber die «Umwandlung» ins parodistische Visier. Die Peripetie wird mehrfach proklamiert und in absurde Wendungen geschraubt, wenn am Ende des Stücks Ollmer ausruft: «Wieder senkt es sich auf mich herab, das Gefühl der menschlichen Verantwortung […] ich spüre eine neuerliche Umwandlung, die sich in mir vollzieht […]. Ja – so – so! (feierlich) Sie ist vollzogen, die Umwandlung! Weib – Du gehst rechts – ich gehe links (Pause, sehr feierlich) Ich werde mit meiner Schwiegermutter weiterleben …»[38].

Die Parodie ironisiert aber auch die sentimentale Todesahnung am Ende des Ibsen-Dramas. Rita fragt ihren Gatten kurz bevor der Vorhang fällt, wohin sie nun ihren Blick richten sollen, worauf Alfred antwortet: «Nach oben – zu den Gipfeln. Zu den Sternen. In die große Stille»[39]. Bei Henop-Hauswirth mündet der Schlussdialog in eine Diskussion darüber, wie der Champagner, der auf Klein-Schreyolfs Genesung hin geöffnet werden soll, am besten zu trinken sei: «Pepita. (zärtlich) Aber ganz allein?! Ollmer. (feierlich) In der großen Stille!»[40].

5. Fazit

Ein wesentlicher Punkt der Theaterparodie besteht in der mehrfachen Interaktion von Text, Autor und Publikum. Verfasser treten als Leser und Bearbeiter des parodierten Originals in Erscheinung, die Zuseher lernen die Vorlage (neu) kennen und gleichen diese mit den Veränderungen in der Nachahmung ab. Das Bedeutet, dass «das Gelingen der Parodie an die aktive Teilhabe des Publikums am literarischen und theatralischen Leben gebunden ist»[41].

Von der Ibsen-Parodie kann also auf die Sozialisation und das kulturelle Wissen der Zuseher geschlossen werden. Den Besuchern der Rudolfsheimer Bühne muss der norwegische Dramatiker und seine ästhetische Ausrichtung mehr als nur ein Begriff gewesen sein, ansonsten hätten die Komikeffekte nicht gegriffen.

Aus vielerlei Gründen war die Parodie des Ibsen-Werks am Rudolfsheimer Volkstheater eine dramenästhetisch sowie soziokulturell nachzuvollziehende Konsequenz. Die Rezeption des naturalistischen Dramas stand im Zeichen der erwähnten doppelten Dynamik aus Aneignung und Abgrenzung, die das Verhältnis zwischen Zentrum und Peripherie in Wien prägte. Die Lage des Rudolfsheimer Volkstheaters, seine Publikumsstruktur und die ästhetische Ausrichtung in den 1890er-Jahren würden für eine insgesamt positive, das heißt nicht ironisch gebrochene Rezeption sprechen. Immerhin thematisiert das naturalistische Drama genau die Lebensverhältnisse und Berufsgruppen, die in unmittelbarer Nähe der Rudolfsheimer Bühne anzutreffen waren. Doch Ibsen war bereits in zentraler Stadtlage – im Burgtheater und dann im Deutschen Volkstheater – salonfähig geworden, an Orten also, welche die bürgerliche Hochkultur symbolisch und materiell repräsentierten. Das erzeugte eine gewisse Widerständigkeit. Allerdings wollte das Volkstheater in Rudolfsheim auch nicht die Arbeiterschicht ansprechen, sondern dieselbe bürgerliche Klientel, die vermutlich auch das Original gesehen oder gelesen hatte. Die Besucher sollten im Vorort dem Ernst und der Sentimentalität der naturalistischen Ästhetik entfliehen können, und vermutlich suchten diese in der Rudolfsheimer Bühne nach jenem Genre, das in Wien seit Jahrhunderten präsent war und bereits gegen das Aufklärungstheater opponiert hatte: die antiillusionistische Lokalposse. Zwar enthält Klein-Schreyolf keine Zauber- oder Märchenkomponenten, das Stück arbeitet aber mit Illusionsbrüchen und Handlungsstrukturen, die dem performativen Effekt verpflichtet sind und dem analytischen Entwicklungsdrama entgegenlaufen.

Es ist gut möglich, dass die Parodie außerdem den Zweck verfolgte, die Zensurstelle zu beschwichtigen, die seit kurzem auch nach Rudolfsheim blickte und vor allem Dramen des Symbolismus und Naturalismus prüfte.

Nikola Roßbach sieht im Erfolg der Parodie um 1900 jedenfalls eine Absage an den Naturalismus, zum Teil sogar eine künstlerische Überbietung des naturalistischen Dramas[42]. Naturalismusparodien sind konservativ und innovativ. Sie verfestigen überkommene Geschlechterrollen, wie das Motiv der lächerlichen Alten in Klein-Schreyolf belegt, oder halten an einer rückwärtsgewandten Dramenästhetik fest, etwa an der Wiener Lokalposse des frühen 19. Jahrhunderts. Andererseits antizipieren Parodien eine neue Form des Theaters, die sich auch in Österreich wenig später etablieren sollte und im Zentrum wie in den Vorstädten gleichermaßen erfolgreich war: das Kabarett.

Verwendete Literatur

Primärliteratur

Anonym: Raimund-Theater, in: Neue Freie Presse, Morgenblatt, Nr. 10514, 28.11. 1893.

Henop-Hauswirth, Carl: Klein-Schreyolf. Bürgerlich romantisches Schauspiel in einem Akt und mehreren Umwandlungen frei nach Ibsen. Wien: Schlenker 1895.

Ibsen, Henrik: Klein Eyolf. In den vom Dichter autorisierten Übersetzungen von Christian Morgenstern, Emma Klingenfeld, Adolf Strodtmann, Marie v. Borch u. a. Nach der Ausgabe der “sämtlichen Werke in deutscher Sprache”, 1898-1904, herausgegeben von Georg Brandes, Julius Elias und Paul Schlenther. München: Winkler, 1973.

Petzold, Alfons: Das rauhe Leben. Der Roman eines Menschen. Berlin: Ullstein, 1920.

Schlögl, Friedrich: “Wiener Luft!” Kleine Culturbilder aus dem Volksleben der alten Kaiserstadt an der Donau. Wien: Rosner 1876.

Sekundärliteratur

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Fritz, Walter: Kino in Österreich, 1896.1930: Der Stummfilm. Bd. 2. Wien: Österreichischer Bundesverlag, 1981.

Genette, Gérard: Palimpseste. Die Literatur auf zweiter Stufe. Frankfurt a. M: Suhrkamp, 1993.

Griebl, Monika und Heinz Niederkorn: Wien Rudolfsheim-Fünfhaus. Erfurt: Sutton, 2005.

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Hein, Jürgen (Hg.): Parodien des Wiener Volkstheaters. Stuttgart: Reclam 1986.

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Oberholzer, Otto: Nachwort. Klein Eyolf. In: Georg Brandes, Julius Elias und Paul Schlenther (Hg.): Henrik Ibsen. Dramen. Bd. 2. München: Winkler 1973.

Rieckmann, Jens: Aufbruch in die Moderne. Die Anfänge des Jungen Wiens. Österreichische Literatur und Kritik im Fin de Siècle. Frankfurt a. M.: Athenäum, 1986.

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Stigler-Fuchs, Margarete von: Wiener Theater. Vor und hinter den Kulissen. Wien: Wilhelm Andermann, 1943.

Timms, Edward: Dynamik der Kreise, Resonanz der Räume. Die schöpferischen Impulse der Moderne. Weitra: Bibliothek der Provinz 2013.

Urbach, Reinhard: Die Wiener Komödie und ihr Publikum. Stranitzky und die Folgen. Wien: Jugend und Volk, 1973.

Wunberg, Gotthart (Hg.): Das Junge Wien. Österreichische Literatur- und Kunstkritik 1887-1902. Bd. 1, 1887-1896. Tübingen: Niemeyer 1976.



[1] Mit Vorstadttheater sind nicht allein die drei Wiener k.-u.-k.-priv. Bühnen in der Leopoldstadt, der Josefstadt und an der Wien gemeint, sondern auch die bis zur Eingemeindung der Vororte außerhalb der Stadt gelegenen Schauspielhäuser.

[2] Das Programm der Hofbühnen und Vorstadttheater ist lückenlos erschlossen. Von den übrigen Theaterhäusern (nach einer Zählung des Verfassers existierten im 19. Jahrhundert 34 weitere Bühnen) befinden sich in der Wienbibliothek und im Theatermuseum Wien Programm- und Theaterzettel. Für den Beitrag wurde eine Auswahl gesichtet.

[3] Vgl. Reinhard Urbach: Die Wiener Komödie und ihr Publikum. Stranitzky und die Folgen. Wien: Jugend und Volk, 1973: 51-99; vgl. Volker Klotz: Dramaturgie des Publikums. Wie Bühne und Publikum aufeinander eingehen: insbesondere bei Raimund, Büchner, Wedekind, Horváth, Gatti und im politischen Agitationstheater. Würzburg: Könighausen & Neumann, 1998: 27-88; vgl. auch Johann Sonnleitner: Romantische und Wiener Komödie. Affinitäten und Divergenzen. In: Christian Aspalter (Hg.): Paradoxien der Romantik: Gesellschaft, Kultur und Wissenschaft im frühen 19. Jahrhundert. Wien: WUV, 2006: 380-400.

[4] Lehmann’s allgemeiner Wohnungsanzeiger verzeichnen die Theater Wiens und ihre Eintrittspreise, LINK (letzter Zugriff: 22.03.2018).

[5] Norbert Bachleitner: Die Theaterzensur in der Habsburgermonarchie im 19. Jahrhundert, LINK (letzter Zugriff: 22. 03.2018).

[6] Vgl. Gotthart Wunberg (Hg.): Das Junge Wien. Österreichische Literatur- und Kunstkritik 1887-1902. Bd. 1, 1887-1896. Tübingen: Niemeyer 1976: LXXIV-LXXIX.

[7] Wien: Schlenker 1895.

[8] Vgl. Otto Oberholzer: Nachwort. Klein Eyolf. In: Georg Brandes, Julius Elias und Paul Schlenther (Hg.): Henrik Ibsen. Dramen. Bd. 2. München: Winkler 1973: 792-793.

[9] Ein Verzeichnis der Wiener Parodien zwischen 1716 und 1859 listet 43 Stücke. Vgl. Jürgen Hein (Hg.): Parodien des Wiener Volkstheaters. Stuttgart: Reclam 1986: 377-378.

[10] Wolfgang Maderthaner und Lutz Musner: Die Anarchie der Vorstadt. Das andere Wien um 1900. Frankfurt a. M./New York: Campus, 1999: 11-12.

[11] Vgl. der Pariser Stadtplan in Pierre Bourdieu: Die Regeln der Kunst. Genese und Struktur des literarischen Feldes. Frankfurt a. M.: Suhrkamp, 2001: 77.

[12] Maderthaner/Musner 1999: 15.

[13] Vgl. Edward Timms: Dynamik der Kreise, Resonanz der Räume. Die schöpferischen Impulse der Wiener Moderne. Weitra: Bibliothek der Provinz 2013: 61-63.

[14] Vgl. Christine Klusacek und Kurt Stimmer: Rudolfsheim-Fünfhaus. Zwischen Wienfluß und Schmelz. Wien: Mohl, 1978: 116-122, sowie vgl. Monika Griebl und Heinz Niederkorn: Wien Rudolfsheim-Fünfhaus. Erfurt: Sutton, 2005: 39-40.

[15] Vgl. Maderthaner/Musner 1999: 12-13.

[16] Vgl. Wolfgang Neuber: Diskursmodell Volkstheater. Zur Stellung und Funktion der Altwiener Volkskomödie in der österreichischen Aufklärung. In: IASL (18), 2, 1993: 29-52. Vgl. auch Hilde Haider-Pregler: Des sittlichen Bürgers Abendschule. Bildungsanspruch und Bildungsauftrag des Berufstheaters im 18. Jahrhundert. Wien: Jugend und Volk, 1980: 312.

[17] Vgl. Urbach 1973: 32.

[18] Vgl. Friedrich Schlögl: «Wiener Luft!» Kleine Culturbilder aus dem Volksleben der alten Kaiserstadt an der Donau. Wien: Rosner 1876: 63. – Die tiefe Verwurzelung gerade dieses Stücks im kulturellen Gedächtnis der Stadt drückt sich nicht zuletzt in der filmischen Bearbeitung aus. Bereits 1911 kam Der Müller und sein Kind unter der Regie von Walter Friedmann in die Kinos. Vgl. Walter Fritz: Kino in Österreich, 1896.1930: Der Stummfilm. Bd. 2. Wien: Österreichischer Bundesverlag, 1981: 26.

[19] Klusacek/Stimmer 1978: 72.

[20] Vgl. die autobiographischen Erinnerungen des in Rudolfsheim aufgewachsenen Alfons Petzold: Das rauhe Leben. Der Roman eines Menschen. Berlin: Ullstein, 1920.

[21] Elfriede Sheriff: Die Ämter der Stadt Wien von 1783-1848 in verwaltungsgeschichtlicher und personeller Hinsicht. Diss. Univ. Wien. Wien 1977: 132.

[22] Vgl. Raimund-Theater, in: Neue Freie Presse, Morgenblatt, Nr. 10514, 28.11.1893: 5-6. Vgl. Margarete von Stigler-Fuchs: Wiener Theater. Vor und hinter den Kulissen. Wien: Wilhelm Andermann, 1943: 180-187.

[23] Vgl. Jens Rieckmann: Aufbruch in die Moderne. Die Anfänge des Jungen Wiens. Österreichische Literatur und Kritik im Fin de Siècle. Frankfurt a. M.: Athenäum, 1986: 64.

[24] Vgl. Wunberg 1976: LXII-LXVI.

[25] Vgl. ebd.: LXII und LXXXIII.

[26] Vgl. Oberholzer 1973: 792-793.

[27] Vgl. Manfred Draudt: Zum Lokalkolorit in den Shakespeare-Parodien von Perinet, Kringsteiner und Meisl. In: W. Edgar Yates und Ulrike Tanzer (Hg.): Theater und Gesellschaft im Wien des 19. Jahrhunderts. Ausgewählte Aufsätze. Wien: Lehner, 2006: 113-135.

[28] Vgl. Beatrix Müller-Kampel: Kasperls komische Erben, LINK (letzter Zugriff: 25.03. 2018).

[29] Vgl. Timms 2013: 36.

[30] Vgl. Gérard Genette: Palimpseste. Die Literatur auf zweiter Stufe. Frankfurt a. M: Suhrkamp, 1993: 103.

[31] Henop-Hauswirth 1895: 7.

[32] Henrik Ibsen: Klein Eyolf. In: Brandes/Elias/Schlenther (Hg.) 1973: 587.

[33] Ebd.: 588.

[34] Ebd.: 593.

[35] Henop-Hauswirth 1895: 7.

[36] Ibsen 1973: 581.

[37] Henop-Hauswirth 1895: 8.

[38] Ebd.: 12-13.

[39] Ibsen 1973: 628.

[40] Henop-Hauswirth 1895: 13.

[41] Hein 1986: 383.

[42] Vgl. Nikola Roßbach: Theater über Theater. Parodie und Moderne 1870-1914. Bielefeld: Aisthesis 2006: 244.

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Ursula Klingenböck

(Wien)

«Besonders an der Verknappung und Entschlackung
stossen sich die Germanisten»
Nicolas Mahlers Kunstbetriebs-Comics als kleine Formen
inter- und transmedialen Erzählens

[“Germanists take particular exception to processes
of condensation and purification”
Nicolas Mahler’s comics about the culture industry
as short forms of inter- and transmedial narration
]

abstract. This article focuses on the comics of the Austrian artist Nicolas Mahler. Selected comics from Franz Kafkas nonstop Lachmaschine (2014) will be analysed as ‘minimalistic form’ and inter-spatial phenomena. In Mahler’s so-called ‘graphic anecdotes’, inter- and transmediality become evident in a variety of ways: in the form and organization of anthology, the construction of pseudo-epigraphs, and the accentuation of ‘transition’ and ‘in-between’. As they address and reflect on the position of comics in the literary field, they also contribute to the current discussion about graphic narrative.

0. Vorbemerkung

«Jede Form von bastardisierung […] ist zu befürworten»![1]. Was sich zunächst als Travestie biohygienischer Maximen und ihres Missbrauchs durch perfide Ideologien liest, ist in Nicolas Mahlers Comic-Sammlung Franz Kafkas nonstop Lachmaschine (2014) einer integrativen Sprecherfigur – dem «heiligen Bastard»[2] – zugeordnet: Als Guru gekleidet, auf einem fliegenden Teppich sitzend und Kunsttheorie ebenso dozierend wie Yoga, trägt sie physiognomische Merkmale der Kunst-Figur des Autorzeichners[3]. Anlässlich der kontroversiell geführten Diskussion um gezeichnete Literatur plädiert sie für die durch Medien“kreuzung” – in aktuellen medienwissenschaftlichen Terminologien wird von Medienkombination oder auch Intermedium gesprochen – entstandene Hybride (×) Comic[4].

1. × Comic. Methodische Überlegungen

Wenn ich mich im Folgenden dem Erzählen in “medialen Zwischenräumen” nähere, so orientiere ich mich in meinem Verständnis des Zwischenraums ein (kleines) Stück weit an Victor Turners «liminal space», in dem eine eindeutige Zuordnung aufgehoben ist[5]. Phänomene des “Dazwischen” haben dementsprechend Anteil an dem einen und an dem anderen, sind aber weder das eine noch das andere. Anders als Turner verstehe ich das Liminale zwar als räumliche (was nicht notwendigerweise heißt: statische), nicht aber als prozesshaft-teleologische Dimension im Sinne eines Übergangshaften, eines “Nicht-mehr-(das-eine)-und-noch-nicht-(das-Andere)”. Die in der kritischen Auseinandersetzung mit Turner gewonnene Bestimmung des “Dazwischen” bleibt nicht ohne Konsequenzen für ein medienwissenschaftliches Konzept des zu untersuchenden Gegenstandes: Comics werden im Folgenden nicht als aktuelle Resultate eines “historischen” Medienwandels gesehen[6], sondern als je spezifische Medien-Arrangements.

Grafisches Erzählen charakterisiert sich in mehrfacher Hinsicht als Phänomen des Zwischenraums. Semiologisch arbeiten graphic narratives mit unterschiedlichen Zeichen(systemen), mit verbalen und pictoralen Codes. Medienwissenschaftliche Konzepte sprechen je nach theoretischer Grund­legung – von Intermedialität im Sinne einer Kombination «mindestens zweier […] als distinktiv wahrgenommener Medien»[7] zu plurimedialen bzw. genauer: bimedialen[8] Artefakten, oder sie stellen heraus, dass die Kombination von verbal track und visual track mittlerweile eine eigene Konvention begründet hat und somit im Anschluss an Higgins’ Theorem des «Intermediums» (1965) von einem “eigenen” Medium “Comic” gesprochen werden kann[9]. Intermedial sind graphic narratives aber auch dann, wenn sie Mediengrenzen überschreiten wie etwa der Literaturcomic. Als solche sind Comics auch Teil transmedialer Vernetzungen, in denen Gleichartiges (z.B. Stoffe oder Diskurstypen) in unterschiedlichen Medien und ohne notwendige Identifikation eines konkreten kontaktgebenden Mediums im Sinne eines Prätexts/Prämediums erzählt wird[10]. In jedem Fall sind sie über den Spielraum eines “medialen Dazwischen” gekennzeichnet. Kulturwissen-schaftlich bzw. kultursoziologisch stehen graphic narratives zwischen den gegensätzlichen Zuschreibungen “high art” und “low art”[11]. Viele Comics verhandeln ihre semiologischen, medialen, kulturwissenschaftlichen und -so­ziologischen Bedingungen und über diese nicht zuletzt sich selbst. Indem sie Artefakte sowie deren Produktions-, Distributions- und Rezeptionsbedingungen – sei es in fiktionalen, sei es in (auto)biografischen Formaten – thematisieren und (kritisch) reflektieren, stehen sie in einem (literatur)theoretischen “Dazwischen”, das seit Genette[12] über die Begriffe von Basis- und Metatext vermessen wird. Darüber hinaus sind Zwischenräume auch in einem engeren Verständnis konstitutiv für den Comic: Im architektonischen Leerraum des Gutters (mitunter verdichtet zur [Grenz]Linie des Rahmens), der die einzelnen Panels formal trennt, gleichzeitig aber auch kohäsive Funktion erfüllt, indem er einzelne Bilder zu einer Sequenz, einzelne (Geschehens)Momente zu einem raum-zeitlichen Kontinuum und einer handlungslogisch organisierten Geschichte verbindet.

Obwohl Comic und Kleine Form[13] in ihrer relativen Kürze, die nicht nur als quantitatives, sondern auch als qualitatives Merkmal im Sinne von semiologischer Dichte zu beschreiben ist, in ihrem narrativen Gestus, in ihrer medien- bzw. gattungstheoretisch begründeten Hybridität, in ihrer Emanzipation aus dem Randständigen[14], in der Zuschreibung künstlerisch, gesellschaftlich und politisch alternativen / subversiven Potenzials, in den daraus resultierenden Anforderungen an aktiv Lesende und in ihrer Tendenz zur Metaisierung konvergieren, finden sich in gängigen Zusammenstellungen Kleiner Formen[15] – abgesehen vom Emblem – keine Text-Bild-Kombinationen. Dementsprechend wenige Arbeiten fokussieren auf graphic narratives und / als Kleine Form. Als Beispiel wäre der Beitrag zu «Mikronarration»[16] im Comic von Michael Niehaus (2014) zu nennen.

2. Nicolas Mahler

Im Zentrum der folgenden Überlegungen steht der österreichische Comiczeichner und -autor Nicolas Mahler. Seine Arbeiten erscheinen u.a. in der Zeit, in der Neuen Zürcher Zeitung, der Frankfurter Allgemeinen Zeitung und der Satirezeitschrift Titanic; auf dem internationalen Buchmarkt ist er mit mehr als 50 Publikationen vertreten, er hat u.a. in Angoulême, Nantes, Kyoto und Berlin ausgestellt, wurde mit dem Independent Comic-Preis (2009), dem Max-und-Moritz-Preis (2006, 2008 und 2010) und zuletzt (als erster Comic-Zeichner) mit dem Preis der Literaturhäuser 2015 ausgezeichnet. Bekannt ist er vor allem durch seine Literaturadaptionen und -transformationen – neuerdings ist unter Betonung ihrer Eigenständigkeit auch von Literaturadditionen die Rede[17] – von individuellem literarisch-ästhetischen Anspruch.

Anders als in aktuellen wissenschaftlichen Publikationen[18] gilt mein Interesse nicht Mahlers Literatur-Comics[19], sondern seinen Comics über Literatur als theoretisches und praktisches Feld (durchaus im Verständnis Pierre Bourdieus)[20], wie sie in mehreren Bänden, u.a. Kunsttheorie versus Frau Goldgruber 2003, Die Zumutungen der Moderne 2007, Längen und Kürzen 2009 und vor allem Franz Kafkas Nonstop Lachmaschine aus dem Jahr 2014 versammelt sind. Sie haben in der Forschung bis jetzt wenig Beachtung gefunden: Neben dem Beitrag von Monika Schmitz-Emans (2015)[21] ist vor allem die Master-Thesis von Clayton Robert First (2015) zu nennen, der die Comics der Lachmaschine (zusammen mit dem Weltverbesserer und keineswegs schlüssig) als Adaption untersucht[22]. Statt dessen gehören sie in den Bereich der Meta-Comics: Sie handeln über (literarische) Texte, ihre Produktions-, Distributions- und Rezeptionsbedingungen und reflektieren diese; sie diskutieren ihren (i.e. den Status des Comics) im Verhältnis zu dem der Literatur / der Kunst und sind damit selbstreferentiell und selbstreflexiv; sie nehmen Bezug auf populäre Meinungen und wissenschaftlich-theoretische Entwürfe und funktionalisieren diese für eine eigene Poetologie des Comics. Dies geschieht über ein spezielles Emplotment: das der kurzen grafischen Erzählung, die – durchaus medienspezifisch – szenisch und/oder episodisch gestaltet[23], vor allem aber durch ein anekdotisches Moment gekennzeichnet ist und als Text-Bild-Realisat der gleichnamigen Kleinen Form[24] gelesen werden kann. Es soll daher im Folgenden auch spezifischer von Nicolas Mahlers “graphic anecdotes” (als Analogbildung zu graphic narratives) gesprochen werden.

3. × Nicolas Mahlers Comics

3.1. × Sammlung

Mahlers Literaturbetriebscomics erscheinen zu ihrem größten Teil in Sammelbänden. Vor der These, dass das Publikat über sein Medium mitbestimmt wird[25], interessieren seine Comic-Bücher auch in ihrer inter- und transmedialen Konstellierung.

Anders als bei literarischen Kleinformen üblich, sind nur wenige Beispiele der Lachmaschine zuerst in einem Periodikum (hier: der FAZ)[26] er-schienen. Dennoch greifen Mahlers Kurzcomics mit der wiederkehrenden Figur und der durch vier teilbaren Panelzahl je Seite die Konventionen des Zeitungsstrips auf[27] und inszenieren die graphic anecdotes der Lachmaschine als mediale Crossover-Publikation. Neben unterschiedlichen Publikationsmedien und -formaten bringt die Sammlung auch kleine und große Formen des Erzählens in Relation, die als komplexes Verhältnis von Teil und Ganzem beschrieben werden kann. Als Text-Peritext-Arrangement von Prolog, insgesamt 18 graphic anecdotes, Epilog und Materialienteil[28] folgt die Publikation biblionomen Konventionen bzw. übererfüllt sie diese. Seiten- bzw. Kapitelabfolge und -zählung generieren Zusammenhang für nach Umfang und Inhalt heterogene Einzelcomics, Sequenzialität nach der Formel (n + 1) und ein ihr implizites, strukturelles Moment der Wiederholung bestimmen nicht nur die Makro-, sondern auch die Mikrostruktur des Comic-Buches: Mahlers graphic anecdotes folgen einem konstanten Raster, das – abgesehen von den jeweiligen Kapiteldeckblättern – nur selten durch Splash Panels oder seitenfüllende Panels mit und ohne Rahmen durchbrochen wird[29]. Der physisch begrenzte Buchkörper beansprucht für das Publikat auch Abgeschlossenheit in hermeneutischem Sinn und damit Werkcharakter. Gleichzeitig macht die Organisation anekdotenhafter, darüber hinaus (oder gerade deshalb) aber kontingenter grafischer Kurzerzählungen im Medium “Buch” Ordnungen als bloße Setzungen sichtbar und ironisiert diese.

Zwar entwickeln die Erzählungen der Lachmaschine keine “Geschichte” von einem Anfangs- zu einem Endpunkt im Sinne einer durchgehenden, linearen Handlung. Kohärenzbildend wirken stattdessen die Figur des Autorzeichners, der erlebendes (oder zumindest beobachtendes) und erzäh-lendes Ich zugleich ist, sowie das Erzählte, das von Vertretern und Ereignissen, Räumen und Institutionen des aktuellen künstlerischen und wissenschaftlichen Feldes und seinen Maximen spricht.[30]

3.2. × Pseudepigraphien

Der Prolog zur Lachmaschine trägt die Überschrift Die Verwechslung. Sein Titelblatt zeigt eine Figur mit zwei Beinen, sechs Armen, einem Kopf, langer Nase und zwei… Hörnern? Ohren? Fühlern? Sowohl der Titel als auch die Figur erschließen sich aus der Anekdote des Prologs, der im Übrigen keiner ist: Bei einem zufälligen Zusammentreffen des Erzählers mit einer Nachbarin im Stiegenhaus assoziiert diese mit dem Stichwort «Comics» – Kafka, der eine Menge Figuren (wenn auch nicht selbst gezeichnet, so doch) erfunden habe: unter anderem zwei rote Füchse, deren Name nicht erinnert, sowie einen Lupo, dessen Gattungszugehörigkeit[31] nicht gewusst wird. Der Autor-Erzähler vermutet daraufhin, dass nicht (Franz) Kafka, sondern (Rolf) Kauka[32] gemeint sei. Seine Gesprächspartnerin pflichtet ihm bei und geht zufrieden ab. Über den Plot erschließt sich der Prolog-Titel als Analogbildung zu Franz Kafkas Erzählung Die Verwandlung (1912). Beide benennen nicht nur die zentrale, hier zur (doppelten) Pointe – die Aufdeckung der Verwechslung durch die Namensähnlichkeit Kafka / Kauka bzw. die paradoxerweise nicht durch Popularität gewonnene Autorität des einen (Kafka) über den anderen (Kauka) und die unerwartete und frustrierende Reaktion der Frau –, dort zur Katastrophe führende Aktion. Sie lancieren damit auch die Lektüre der Titelblatt-Figur als Comic-Adaption Gregor Samsas.

Indem die fehlenden Informationen des Prologs – die Editionspraxis kommentierter Ausgaben aufgreifend und parodierend – in den Materialien «zu Seite 9» ergänzt werden, wird die Verwechslung auch zum kreativen Moment: Das Blatt zeigt rahmenlose, die wesentlichen Erkennungsmerkmale beibehaltende und in diesem Sinne “realistische” Wieder-Zeichnungen von sechs Comicfiguren aus dem Arsenal Kaukas/Neugebauers (namentlich aus Fix und Foxi, Bussi Bär), denen die Namen von literarischen Figuren Kafkas (aus Das Schloss, Der Prozess, Die Verwandlung) zugeordnet sind: Fix – Josef K., Oma Eusebia – Frau (hier: Fräulein) Grubach, Prof. Knox – Der Landvermesser, Bussi-Bär – Der Wächter, Pauli der Maulwurf – Der Prügler, Lupo – Gregor Samsa. Während Bildinhalt und Bildtitel üblicherweise in tautologischem Verhältnis im Sinne eines “das ist”, oder genauer und um nicht in die semiotische Falle zu tappen, “das ist ein Abbild von …” stehen, entsprechen einander Bildinhalt und Bezeichnung im Falle von «Kafkas bekanntesten Schöpfungen»[33] nicht: Anstatt eine “richtige” Aussage zum Bild zu treffen und das Gezeigte zu bestätigen, konterkariert die Inskription das im Bild Dargestellte. «Kafkas bekannteste Schöpfungen» fungieren als semantische “Kippfiguren” und kulminieren im Effekt der Pointe, die einen «Zusammenhang zwischen inkongruenten Konzepten»[34] herstellt.

Wie die anekdotische Erzählung des Prologs und die multimodale Figurenkompilation im Materialien-Teil inszeniert auch das 6. Kapitel von Franz Kafkas nonstop Lachmaschine Pseudepigraphien – diesmal am Beispiel der im Medium Comic häufigen, für das Genre der Literatur-Adaption typischen

 

Nicolas Mahler: Franz Kafkas nonstop Lachmaschine.
Berlin: Reprodukt 2014, 53.

Trennung von Autor und Zeichner. Diese wird bereits im vorhergehenden Kapitel Und was machen Sie hier? thematisiert: Anlässlich der Präsentation der Alten Meiser auf der Leipziger Buchmesse wird – in Umkehrung chronologischer und kausaler Relationen sowie kultureller Hierarchiekonventionen – Thomas Bernhard mit den Worten «Schreibt der jetzt für Sie?»[35] als “Texter” Nicolas Mahlers eingeführt[36]. Für seine fiktiven Koproduktionen be-dient sich Mahler durchwegs kanonisierter literarischer Texte des 20. Jahrhunderts wie Martin Walsers Ein fliehendes Pferd (1978), Ingeborg Bach-manns Malina (1971), Hermann Hesses Steppenwolf (1927), Paul Celans Todesfuge (deutsch 1948). Analoges gilt – vielleicht mit Ausnahme der Mainzelmännchen von Wolf Gerlach (1963) – für die Comic-Korrelate, die zudem für einzelne Comic-Stile (namentlich den franko-belgischen Comic und den US bzw. DC-Comic) und -Genres (Western, Funnies, Superhelden-Comics) stehen: Lucky Luke des belgischen Comic-Zeichners Morris (i. e. Maurice de Bevere 1946 bzw. 1948 als Album), Pauli aus dem Atelier Dorul van der Heides und anderer (1954, als Protagonist 1958), sowie Batman des US-Amerikaners Bob Kane (1939). Auch hier entsteht Komik aus der Divergenz von Bild und Bildtitel bzw. ihrer artifiziellen Zusammenführung über ein vermeintlich Gemeinsames. Auf den Cover-Abbildungen der gezeichneten Buchobjekte treffen etwa vor einem tief angesetzten Horizont in karger Landschaft ein Maulwurf und ein eigentlicher, d.h. nicht metaphorischer Wolf aufeinander, läuft ein Pferd (Jolly Jumper?) rechts aus dem Bild.

Nicolas Mahlers graphic anecdotes sprechen von Autoren (neben Kafka u.a. Bernhard, Handke, Musil), literarischen Texten (u.a. Alte Meister, Immer noch Sturm, Der Mann ohne Eigenschaften) und Genres. Sie sprechen aber auch und vor allem von sich selbst: Wie der Prolog geht auch das 6. Kapitel der Lachmaschine vom Primat der Funnies und der Zuschreibung des Comics an kindliche AdressatInnen aus; eine neue Perspektive wird über Literaturcomics entwickelt, eine Genre-Tendenz der «letzten 15 Jahre[]», die den Co-mic (als Medium) und seine LeserInnen «endlich erwachsen»[37] und als ernst zu nehmende Größen wahrnehmbar gemacht habe. Allerdings wird die Literaturadaption im Comic und damit alles, was man ihr zugutehält, wie eine “Aufwertung” des Comics durch die Überbrückung von Differenzen setzenden und aufrecht erhaltenden Zwischenräumen, gleich mehrfach ironisiert: zum einen über die in einer Anmerkung zusätzlich ausgestellte, durchgehende Fiktivität der Exponate; zum anderen über eine gewagte Medien- und Genrekreuzung, wenn z.B. Celans Todesfuge in das Superheldengenre transformiert wird.

3.3. × Transition und Inter-Esse

Die graphic anecdotes von Franz Kafkas nonstop Lachmaschine und Kunsttheorie versus Frau Goldgruber erzählen von den Institutionen des kulturellen Feldes, seinen Instanzen und Mechanismen, seinen Events und Akteuren: von Filmfestivals, Buch- und Comicmessen, von Verlagen, Buchhandlun-gen und Comicshops, von Universitäten und Schulen, von Museen, Literaturhäusern und Kulturinstituten; von Künstlern, von Verlegern und Kritikern, potenziellen Käufer/innen und Leser/innen, von Sponsoren und – von Wissenschaftlern.

Kapitel 6 trägt die Überschrift «Wenn die Hölle voll ist, kommen die Germanisten auf die Erde zurück» – ein abgewandeltes Zitat aus dem Filmplakat von George A. Romeros Horrorfilm Dawn of The Dead von 1978[38]. Die Titelillustration zeigt als Analogon des aus dem Totenreich erweckten Zombies eine Figur, die aus einem dampfenden Abwasserkanal steigt und als «Germanist» vorgestellt wird. Für die aktuelle Fragestellung ist das nicht nur aufgrund der populärkulturell dem Zombie zugeschriebenen Eigen-schaften (wie Egoismus, Opportunismus, fehlende Kritikfähigkeit, mangelnde Autonomie des Urteils) von Interesse, sondern vor allem als Denkfigur: Der lebende Tote ist eine Figur des Dazwischen, in der das Entweder-oder-Denken einer zweiwertigen Logik (hier: zwischen tot oder lebendig) überschritten wird. Allerdings ist es bei Mahler gerade nicht der Literaturwissenschaftler, dem diese Leistung zukommt.

Die konstitutiven Merkmale des Mediums “Comic” werden aus dem Konflikt des Autorzeichners, der seine ersten Comics im Selbstverlag publiziert und sich damit in die Reihe der underground comix, also des subversiven und avantgardistischen Comics stellt, mit typisierten Vertretern unterschiedlicher Communities sowie deren zeichen- und rezeptionstheoretischen Positionen entwickelt. Der Repräsentant der Kunstszene, erkennbar an seinem originellen Outfit mit phrygischer Mütze und der Frage «Jaja … aber ist es Kunst?»[39] scheitert an der Sequenzialität und Narrativität des Co-mics sowie an der Kulturtechnik des Lesens und sucht daraufhin Zuflucht bei Jean Baudrillard. Der Vertreter der Literaturwissenschaft, charakterisiert durch seinen um den Körper gewundenen Schal und die Frage «Jaja … aber ist es Literatur?»[40] bekommt erst durch das Genre der Literaturadaption In-teresse für den Comic und schließt aus den Vermessungen von Basistext, hier: Roman (= sehr dick) und Comicadaption (= viel weniger dick)[41], dass die Literatur dem Comic überlegen sei. Was den Vertretern von Kunst und Literaturwissenschaft, die entweder von einem Primat des Bildes oder der Schrift ausgehen, fehlt, vereint in Mahlers Lachmaschine der Comic-Nerd als Figuration des idealen Lesers, der über narrative (gezeigt am Strukturmerkmal der geordneten Panelaufeinanderfolge, die hier losgelöst von Schrift/ Sprache als traditionellem Zeichensystem des Erzählens erscheint) und visuelle (demonstriert an einem Einzelpanel von Wonderwoman mit Schwert) Intelligenz verfügt.

In «Wenn die Hölle voll ist …» vollzieht der Autorzeichner die (vorläufige) Synthese des historischen Dualismus von (Bildender) Kunst und Literatur, indem er für eine bimodale Anlage des Comics als komplexe Verbindung von Wort und Bild und damit für ein eigenständiges Medium Comic im Sinne eines Intermediums plädiert, das als solches sowohl der bildenden Kunst als auch der Literatur überlegen sei. Die je nach Community (Kunst / Literatur / Comic) spezifischen Poetiken des Comics werden im anekdotischen Plot entwickelt und ironisiert: in der Karikatur der “Mainstream”-Theoretiker wie Baudrillard, Foucault, Barthes und Deleuze, die als beliebig austauschbar beschrieben werden, ebenso wie in der Kritik der naturwissenschaftlichen Technik der Messung als quantitative Aussage über einen Gegenstand und des aus ihr resultierenden (Fehl)Schlusses auf seine Qualität (hier: Literatur und Comic)[42]. Darüber hinaus werden sie über Textsor-tenmerkmale des wissenschaftlichen Textes, z.B. Fußnoten inner-[43] und au-ßerhalb[44] des Panelspiegels, reflektiert.

Nicolas Mahler: Franz Kafkas nonstop Lachmaschine.
Berlin: Reprodukt 2014, 61.

Die Konstellierung von Comic, Bildender Kunst und Literatur wird im 7. Kapitel «Der heilige Bastard» wieder aufgegriffen und neu justiert. Ins Zentrum der Kritik rücken einmal mehr Literaturadaptionen: Für den Germanisten Beispiel kulturellen Niedergangs, werden sie dem Comic-Nerd – in Analogie zu den Agenten aus Wissenschaft und Kunst fragt er «Naja … aber ist das noch Comic?»[45] – als Anbiederung an den Literaturbetrieb ver-ächtlich. Den Autorzeichner veranlassen sie zu einer Erzählung der Separation von Comic, Bildender Kunst und Literatur, ihrer Räume und Institutionen[46], ihrer Gegenstände und Disziplinen. Ein finales Plädoyer für Transition und Inter-Esse in seinem ursprünglichen Sinn des Dazwischen-Seins infolge einer mehrfachen Teilhabe (zusammengefasst im Begriff der «Bastardisierung»)[47] ist dem Autorzeichner im Kostüm des Gurus in den Mund gelegt, dem idealiter mit dem Wissen auch das Charisma seiner Vermittlung gegeben ist. Auf einem fliegenden Teppich sitzend und damit in die Fiktionalität des Märchens ausgelagert, erreicht er gerade einmal zwei SchülerInnen und verkörpert die Karikatur seiner selbst. Die Schlusspointe der Anekdote vom «heiligen» Autorzeichner-Guru, der so eins mit sich anmutet, besteht in dessen Biertisch-Bekenntnis, die meisten Literaturadaptionen selbst «Scheisse»[48] zu finden.

4. Schluss

Die Kunstbetriebs-Comics Nicolas Mahlers können aufgrund von Inhalts- und Formmerkmalen als Bild-Text-Realisat der kleinen Form “Anekdote” beschrieben werden. Eine in der Text-Bildlichkeit grundgelegte und in Comicwissenschaft und -praxeologie unterschiedlich modellierte Hybridität wird in den untersuchten Literaturbetriebscomics über diverse Spielarten von Inter- und Transmedialität fassbar. Als Meta-Comics führen sie diese nicht nur vor, sondern sie thematisieren und reflektieren diese auch. Inter- und Transmedialität werden in den graphic anecdotes der Lachmaschine auf recht unterschiedliche Art und Weise deutlich: In der Medialität des Buches und der Organisationsform der Sammlung, in der Konstruktion von Pseudepigraphien und in der Inszenierung von Transition und Inter-Esse. Indem sie den Raum des “Dazwischen” besetzen und gleichzeitig in Frage stellen, können sie auch als Beitrag zur aktuellen Diskussion um die Positionierung des Comics im aktuellen Kunstbetrieb gelesen werden.

Literatur

Mahler, Nicolas: Franz Kafkas nonstop Lachmaschine. Berlin: Reprodukt 2014.

Mahler, Nicolas: Kunsttheorie versus Frau Goldgruber. Wien: edition selene 2003.

Mahler, Nicolas: Längen und Kürzen. Das schriftstellerische Gesamtwerk. Band 1. Wien: Luftschacht 2009.

Mahler, Nicolas: Die Zumutungen der Moderne. Berlin: Reprodukt 2007.

Althaus, Thomas, Wolfgang Bunzel, Dirk Göttsche: Ränder, Schwellen, Zwischenräume. Zum Standort Kleiner Prosa im Literatursystem der Moderne. In: Thomas Althaus, Wolfgang Bunzel, Dirk Göttsche (Hg.): Kleine Prosa. Theorie und Geschichte eines Textfeldes im Literatursystem der Moderne. Berlin: de Gruyter 2007/2012, IX-XXVII.

Becker, Thomas: Wo steht die Gegenkultur? Zum Unterschied zwischen normativem Diskurs und sozialer Realität im Spiel zwischen high und low. In: Thomas Wegmann, Norbert Christian Wolf (Hg.): «High» und «Low»: Zur Interferenz von Hoch- und Populärkultur in der Gegenwartsliteratur. Berlin: de Gruyter 2012, 43-56.

Blank, Juliane: Literaturadaptionen im Comic. Ein modulares Analysemodell. Berlin: Bachmann 2015.

Bruch, Nathalie: Der Bildtitel. Struktur, Bedeutung, Referenz, Wirkung und Funktion. Eine Typologie. Frankfurt/Main: Peter Lang 2005, v.a. 217, ferner 245.

First, Clayton Robert: Adaptation in the German speaking Comic Book Genre: Perspectives on the Austrian Comic Book Author Nicolas Mahler. Thesis Bowling Green State University 2015, LINK (15.01.2019).

Genette, Gérard: Palimpseste. Die Literatur auf zweiter Stufe. Frankfurt/Main: Suhrkamp 21996.

Göttsche, Dirk: Kleine Prosa in Moderne und Gegenwart. Münster: Aschendorff 2006.

Haug, Walter, Burghart Wachinger: Kleinstformen der Literatur. Berlin: de Gruyter 2015 (Reprint, zuvor Tübingen: Niemeyer 1994).

Higgins, Dick: Intermedia. In: Leonardo 34 (2001) 1, 49-54 (zuvor: Something Else Newsletter 1 [1966]).

Hilzinger, Sonja: Anekdote. In: Sonja Hilzinger (Hg.): Kleine literarische Formen in Einzeldarstellungen. Stuttgart: Reclam 2002, 7-26.

Isekenmeier, Guido (Hg.): Interpiktoralität. Theorie und Geschichte der Bild-Bild-Bezüge. Bielefeld: transcript 2013.

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[1] Nicolas Mahler: Franz Kafkas nonstop Lachmaschine. Berlin: Reprodukt 2014, 61.

[2] Mahler (2014), 57.

[3] Lange Nase, Brille, Körpergröße und hagere Gestalt setzen sie in Kontrast zu anderen Figuren.

[4] Hier in einem weiteren Verständnis als Bezeichnung für Inter-Konzepte von Künsten und Wissenschaften sowie deren Institutionen und Instanzen. Für den Literaturcomic wird auch von einer «mehrfache[n] mediale[n] Hybridisierung» gesprochen, siehe Florian Trabert, Mara Stuhlfauth-Trabert: Vorwort. In: Florian Trabert, Mara Stuhlfauth Trabert u.a. (Hg.): Graphisches Erzählen. Neue Perspektiven auf Literaturcomics. Bielefeld: transcript 2015, 9-16, hier: 12.

[5] Vgl. Victor W. Turner: Betwixt and Between. The Liminal Period in Rites de Passage. In: June Helm (Hg.): Symposium on New Approaches to the Study of Religion. Proceedings of the 1964 Annual Spring Meeting of the American Ethnological Association. Seattle: University of Washington Press 1964, 4-20.

[6] Ein Ansatz, der allein durch die jahrhundertelange Präsenz verbalen und visuellen Erzählens widerlegt scheint. Die Kombination von Literatur und Bild wird auch als «genuines Narrationsmuster» bezeichnet, so Swantje Rehfeld: Verpixelte Bildgeschichten. Literarische Illustration als hypermediale Narrationsform? In: Yvonne Gächter, Heike Ortner u.a. (Hg.): Erzählen. Reflexionen im Zeitalter der Digitalisierung. Innsbruck: University Press 2008, 291.

[7] Irina O. Rajewski: Intermedialität. Tübingen, Basel: Francke 2002, 19. Zur Methodenkritik an Rajewski vgl. u.a. Isekenmeier, der Intermedialität als Hyperonym für Intertextualität und Interpiktorialität versteht. Eine Überschreitung von Mediengrenzen ist für seinen Begriff von Intertextualität bzw. Interpiktoralität nicht konstitutiv. Guido Isekenmeier (Hg.): Interpiktoralität. Theorie und Geschichte der Bild-Bild-Bezüge. Bielefeld: transcript 2013, 127.

[8] Z.B Martin Schüwer: Wie Comics erzählen. Grundriss einer intermedialen Erzähltheorie der grafischen Literatur. Trier: Wissenschaftlicher Verlag 2008, 37.

[9] Z.B. Werner Wolf: Intermediality. In: David Herman, Manfred Jahn u.a. (Hg.): Routledge Encyclopedia of Narrative Theory. London: Routledge 2008, 252-256, hier: 254.

[10] Unter stärkerer Betonung einer (geschlossenen, die einzelnen Medien vernetzenden) ‘Gesamterfahrung’ «where integral elements of a fiction get dispersed systematically across multiple delivery channels for the purpose of creating a unified and coordinated entertainment experience» insbesondere Henry Jenkins: Transmedia Storytelling 2007, LINK (15. 01.2019) sowie Transmedia Storytelling 2011, LINK (15. 01.2019).

[11] Thomas Becker: Wo steht die Gegenkultur? Zum Unterschied zwischen normativem Diskurs und sozialer Realität im Spiel zwischen high und low. In: Thomas Wegmann, Norbert Christian Wolf (Hg.): «High» und «Low»: Zur Interferenz von Hoch- und Populärkultur in der Gegenwartsliteratur. Berlin: de Gruyter 2012, 43-56.

[12] Gérard Genette: Palimpseste. Die Literatur auf zweiter Stufe. Frankfurt/Main: Suhrkamp 21996.

[13] Für die Forschung zur Kleinen Form vgl. exemplarisch Walter Haug, Burghart Wachinger: Kleinstformen der Literatur. Berlin: de Gruyter 2015; Dirk Göttsche: Kleine Prosa in Moderne und Gegenwart. Münster: Aschendorff 2006; Thomas Althaus, Wolfgang Bunzel, Dirk Göttsche (Hg.): Kleine Prosa. Theorie und Geschichte eines Textfeldes im Literatursystem der Moderne. Berlin: de Gruyter 2007/2012, IX-XXVII.

[14] Ihre “Legitimation” haben beide, (literarische) Kurzformen und Comic, nicht zuletzt durch das Interesse der Wissenschaften gewonnen.

[15] Sonja Hilzinger: Kleine literarische Formen in Einzeldarstellungen. Stuttgart: Reclam 2002.

[16] Michael Niehaus: Stehende Figur. Mikronarration und Serialität im frühen Comic Strip. In: Sabiene Autsch, Claudia Öhlschläger u.a. (Hg.): Kulturen des Kleinen. Mikroformate in Literatur, Kunst und Medien. Paderborn: Fink 2014, 265-282.

[17] Für Mahlers Literaturcomics vgl. Andreas Platthaus: Sind Comics Kunst? In: FAZ 08.11.2013, LINK (15.01.2019).

[18] Vgl. die Beiträge in Monika Schmitz-Emans, (Hg.): Literatur-Comics. Adaptionen und Transformationen der Weltliteratur. Berlin: de Gruyter 2012, Monika Schmitz-Emans (Hg.): Comic und Literatur: Konstellationen. Berlin: De Gruyter 2012 sowie in Florian Trabert, Mara Stuhlfauth-Trabert, Johannes Wassmer (Hg.): Graphisches Erzählen. Neue Perspektiven auf Literaturcomics. Bielefeld: transcript 2015, ferner Juliane Blank: Literaturadaptionen im Comic. Ein modulares Analysemodell. Berlin: Bachmann 2015.

[19] Thomas Bernhard: Alte Meister 2011, Der Weltverbesserer 2014; Lewis Carroll und H.C. Artmann: Alice in Sussex 2012 im Feuilleton der FAZ, 2013 als Buchpublikation; Robert Musil: Der Mann ohne Eigenschaften 2013; Frank Wedekind: Lulu und das schwarze Quadrat 2014; Marcel Proust: Auf der Suche nach der verlorenen Zeit, 2018 und zuletzt Elfriede Jelinek: Der fremde! störenfried der ruhe eines sommerabends der ruhe eines friedhofs, ebenfalls 2018.

[20] Pierre Bourdieu: Homo academicus. Frankfurt am Main: Suhrkamp 1988.

[21] Monika Schmitz-Emans: Nicolas Mahlers Literaturcomics. In: Florian Trabert, Mara Stuhlfauth Trabert, Johannes Waßmer (Hg.): Graphisches Erzählen. Neue Perspektiven auf Literaturcomics. Bielefeld: transcript 2015, 19-42.

[22] Clayton Robert First: Adaptation in the German speaking Comic Book Genre: Perspectives on the Austrian Comic Book Author Nicolas Mahler. Thesis Bowling Green State University 2015, LINK (15.01.2019). Aufgrund des Genres “Literaturbetriebscomic” kann der Medienwechsel ebenso wenig eine Kategorie sein wie die per se problematischen Ideen von “adäquater Umsetzung” oder auch “Werktreue”.

[23] Erzählt werden “alltägliche”, d.h. flüchtige und scheinbar belanglose Begebenheiten.

[24] Für die Forschung zur Anekdote vgl. Rudolf Schäfer: Die Anekdote. Theorie – Analyse – Didaktik. München: Oldenbourg 1982; Volker Weber: Anekdote. Die andere Geschichte. Erscheinungsformen der Anekdote in der deutschen Literatur, Geschichtsschreibung und Philosophie. Tübingen: Stauffenburg 1993; Sonja Hilzinger: Anekdote. In: Sonja Hilzinger: Kleine literarische Formen in Einzeldarstellungen. Stuttgart: Reclam 2002, 7-26; Heinz Schlaffer: Anekdote. In: Georg Braungart, Harald Fricke u.a. (Hg.): Reallexikon der deutschen Literaturwissenschaft. Berlin: de Gruyter 2007, 87-89.

[25] Für den Comic vgl. Pascal Lefèvre: Narration in the Flemish Dual Publication System: The Crossover Genre oft the Humoristic Adventure. In: Daniel Stein, Jan-Noël Thon (Hg.): From Comic Strips to Graphic Novels. Contributions to the Theory and History of Graphic Narrative. Berlin: De Gruyter 2015, 255-269.

[26] Kap. 6: «Wenn die Hölle voll ist …» ist unter dem Titel «Sind Comics Kunst?» zunächst im Feuilleton der FAZ / Bilder und Zeiten / Bildergalerie vom 08.11.2013 erschienen. Der «Essay in Bildern» hat dort ein anderes Format, abgedruckt werden 12 Bildpaare.

[27] Der Umfang der Lachmaschine verweist mit seinen 128 Seiten auf die 16fach bedruckten Bögen der häufig 64 Seiten umfassenden Comic-Magazine.

[28] Ergänzungen und Erläuterungen des Autor-Editors zu einzelnen Comics, meist selbst in Comicform.

[29] Mahler (2014), 86; 48; 68; 32, 108. Auffällig ist die durch ein Klammerpanel angezeigte Parenthese, Mahler (2014), 54. Vgl. dazu auch First (2018), 42ff., allerdings ist die Varianz bzw. Deviation der Panels mit dem Begriff der «Verfremdung» nicht glücklich charakterisiert.

[30] Einleitung: Kafka; 1 und 2: Bernhard; 5: Buchmesse/-verkauf; 6: Literatur/ Comic/Literaturcomic; 7: Comic Bastard; 8: Musil; 9: Buchhandlung Handke; 10: Kratochvil Übersetzung; 11: Messe/Festival; 12: Zeichner als Komponist; 13: Künstlerschicksale, Leherb und Anders; 14: Buchhandlung, Kunstbetrachtungen: Theater / Farbe Rot. Die beiden Arzt-Anekdoten (in der Zählung der Lachmaschine 3 und 4) fallen aus dieser Thematik heraus und inszenieren damit das Akzidentielle der Anekdote / der Anekdotensammlung.

[31] Ursprünglich Wolf, mutiert Lupo im Laufe der Zeichen-Geschichte zum Hund.

[32] Rolf Kauka, 1917-2000. Im Juni 1953 erscheint ein Eulenspiegel-Heft mit den Füchsen Fix und Foxi; die Erinnerung der Nachbarin referiert aber auf die Physiognomie der 1955 neu designten Figuren Walter Neugebauers, 1921-1992.

[33] Mahler (2014), Appendix zu S. 9, 111.

[34] Peter Köhler, Ralph Müller: Pointe. In: Georg Braungart, Harald Fricke u.a. (Hg.): Reallexikon der deutschen Literaturwissenschaft. Berlin: de Gruyter 2007, 115-117, hier: 115. Zu Bild und Bildtitel vgl. Nathalie Bruch: Der Bildtitel. Struktur, Bedeutung, Referenz, Wirkung und Funktion. Eine Typologie. Frankfurt/Main: Peter Lang 2005, v.a. 217, ferner 245.

[35] Mahler (2014), 44.

[36] Für eine in der Lachmaschine als durchaus begrüßenswert eingeschätzte “Zusammenarbeit” von Mahler und dem “Titanic-Autor” Bernhard vgl. auch die Materialien «zu Seite 44»: im Anhang, Mahler (2014), 118.

[37] Beide Mahler (2014), 53.

[38] «When there’s no more room in HELL, the dead will walk the EARTH»; vgl. dazu auch die Materialien «zu Seite 49», Mahler (2014), 119.

[39] Mahler (2014), 51.

[40] Mahler (2014), 55.

[41] Mahler (2014), 54. Aus diesem Kontext stammt auch das Titelzitat «Besonders an der Verknappung und Entschlackung stossen [sic] sich die Germanisten», Mahler (2014), 55.

[42] Der wissenschaftskritische Impetus wird wiederaufgenommen in der dilettantischen Gender-“Analyse” des Vorabdrucks auf der Internetseite der FAZ durch eine Bloggerin im Anhang, vgl. Mahler (2014), 120f.

[43] Z.B. die ironische Kommentierung des lächerlichen Germanisten-Fazits als «profundes Urteil», Mahler (2014), 55, oder die “Erklärung” der stehenden Attribute der Vertreter von Kunst und Literatur, vgl. Mahler (2014), 51 bzw. 54.

[44] Die Angabe zum Leseverhalten in Kunstkreisen, vgl. Mahler (2014), 51 oder die Anmerkung, dass es noch keine Comic-Adaption zu Handke gäbe, vgl. Mahler (2014), 54 etc. Insbesondere diese wären auf ihren diegetischen Status zu überprüfen, da sie sich zwar auf direkte Rede in der Sprechblase beziehen, aber nicht der sprechenden Figur (dem Vertreter der Literatur / der Kunst) zuzuordnen sind.

[45] Mahler (2014), 59.

[46] «Hehrer Kunsttempel», «verkopftes Literaturhaus», «muffiger Comicshop», vgl. Mahler (2014), 60.

[47] Mahler (2014), 61.

[48] Mahler (2014), 62.

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Gerd-Hermann Susen, Martin Anton Müller

(Wien und Berlin)

Was ist von Arthur Schnitzlers Briefwechsel
mit Autoren und Autorinnen Neues zu erwarten?

[What novelties are to be expected from
Arthur Schnitzler’s correspondence with other writers?
]

abstract. A first insight into a new digital edition project of Arthur Schnitzler’s correspondence with eighty-six writers is the basis for a discussion of the methodological and epistemological transformations in editing in the last five decades. As a modernist writer, Schnitzler is one of the protagonists of the culture of letters. Bringing his correspondence into relation with his diary aims at not only reconstructing his “life” and “work”, but at visualizing transnational correspondence networks.

Kein halbes Jahrhundert ist es her, da erlebten Editionen von Arthur Schnitzlers Briefen eine Blütezeit. Parallel zur Popularisierung und Kanonisierung erschienen zahlreiche Briefwechsel, und die wissenschaftliche Beschäftigung mit Schnitzler nimmt seither nicht nur nicht ab, sondern hat sich auf hohem Niveau eingependelt. Die Edition von Korrespondenzen ist seither jedoch abgeflaut. 1981 und 1984 erschienen zwei umfangreiche Auswahlbände, gleichsam zuletzt 1992 eine nahezu komplette Ausgabe der Korrespondenz mit Richard Beer-Hofmann[1]. Darauf folgten nur mehr kleinere Briefwechsel, etwa in Werkausgaben Dritter. Jene wenigen Korrespondenzen, die im ersten Jahrzehnt des neuen Jahrtausends erschienen, hatten einen gemeinsamen Schwerpunkt: die Korrespondenz mit Eugen Deimel behandelt Schnitzlers Verhältnis zu den Vereinigten Staaten von Amerika[2], die Briefe, die mit Peter Nansen[3] und Gustav Linden[4] getauscht wurden, stehen im Zusammenhang mit Schnitzlers engen Bezügen zur skandinavischen Literaturszene. Die 2018 erschienene Edition: Hermann Bahr, Arthur Schnitzler: Briefwechsel, Aufzeichnungen, Dokumente (1891-1931)[5] betrat nun in mehrerer Hinsicht innerhalb der Schnitzler-Forschung Neuland, sowohl methodisch – durch die Einbindung von Umfeldbriefen – wie auch durch den textkritischen Zugang zum Material, der – heutzutage eine Selbstverständlichkeit – auch die Arbeit am Text der Verfasserinnen und Verfasser offenlegte, indem Streichungen und Einfügungen ausgewiesen sowie Überarbeitungen nachvollziehbar gemacht und sprachliche Eigenheiten und auch Fehler nicht mit (stillschweigenden) Korrekturen und Normalisierungen überdeckt wurden.

Ein historischer Blick, der durch die neue Arbeit am Material möglich wurde, zeigt nun zweierlei: Einerseits ist die Menge der veröffentlichten Briefwechsel Schnitzlers nicht nur für Laien, sondern auch für die Forschung unüberblickbar geworden. Eine vollständige Liste veröffentlichter Briefe ist jedoch noch immer ein Desiderat[6]. Andererseits sind die Briefe – mit wenigen Ausnahmen in den letzten Jahren – vor allem als Hilfsmittel für biografische und werkgenetische Studien konzipiert worden. Diese traditionellen Briefeditionen lassen sich in zwei Gruppen sortieren: in solche, die den Austausch zwischen zwei “bedeutenden” Personen zum Thema haben, oder in die bereits erwähnten Auswahl-Ausgaben Briefe 1875-1912 (1981) und Briefe 1913-1931 (1984). Dass beide Zugänge ihre blinden Stellen erzeugen, ist evident. Doch die Kritik an den früheren Editionen, die hier mitschwingt, ist natürlich relativ zu betrachten. Der Edition des Briefwechsels mit Georg Brandes[7] ist auch heute wenig hinzuzufügen, und es lassen sich – im Abgleich mit den Originalen – wenig Lesefehler finden. Ihr geistesgeschichtlicher Kommentar hat auch heute noch Bestand. Die zugrundeliegende Leistung – gerade, wenn man berücksich-tigt, wie wenig sonstige biografische Zeugnisse Bergel zur Verfügung standen – ist enorm. Anderen Editionen unterlaufen aber bedeutsame Fehler: Die von Oskar Seidlin 1975 (nach einer früheren Auswahlausgabe) erstmals vollständig herausgegebene Edition des Briefwechsels Schnitzlers mit seinem wichtigsten Regisseur, Otto Brahm, vergisst zu erwähnen, dass die Briefe Schnitzlers nach der Abschrift im Nachlass Schnitzlers zitiert werden und mithin gar keine Überprüfung an den Originalen möglich war[8]. Oder, wenn man die erste größere Edition des Sohnes Heinrich Schnitzler (zusammen mit Therese Nickl) heranzieht, der Briefwechsel mit Hugo von Hofmannsthal (1964)[9]: Dutzende Korrespondenzstücke sind umzudatieren; gleich, pars pro toto, die ersten beiden Dokumente, weil die entsprechenden Bekanntschaften zu dem angegebenen Zeitpunkt noch gar nicht hergestellt waren. Der erste ist auf 1890 datiert – dabei lernten sich Schnitzler und Hofmannsthal erst im Frühling 1891 kennen, der zweite nennt im Februar 1891 die Adresse einer Wohnung, die Hermann Bahr erst gegen Ende des Jahres bezogen hat. Weniger bedeutsam als das Aufrechnen von Fehlern ist jedoch, den historischen Stand zu erfassen und sich zu fragen, was ist von neuen Editionen der Korrespondenz Schnitzlers zu erwarten? Welcher Mehrwert lässt sich daraus ziehen?

Das zu beantworten ist eine Aufgabe des Projektes: Arthur Schnitzler – Briefwechsel mit Autorinnen und Autoren, das von uns seit Juli 2018 am Austrian Centre for Digital Humanities der Österreichischen Akademie der Wissenschaften erarbeitet wird. Ziel des mit Mitteln des FWF für die Dauer von drei Jahren finanzierten Unterfangens ist die Online-Edition von 86 Briefwechseln Arthur Schnitzlers mit schreibenden Kolleginnen und Kollegen. Nach welchen Gesichtspunkten sind nun diese Briefpartner Schnitzlers aus immerhin etwa 2000 ausgewählt? Es handelt sich, und dies mag überraschen, um eine Selektion, die auf Schnitzler selbst zurückgehen dürfte. Die Mappen B1 bis B118 in seinem Nachlass in Cambridge sind weitgehend alphabetisch geordnet von Robert Adam bis Stefan Zweig. Sie enthalten die Briefwechsel, von denen Schnitzler selbst Abschriften anfertigen ließ und sind nach dem Modell einer Prominentensammlung gestaltet. Diese gibt also, nach den Vorstellungen der 30er Jahre des 20. Jahrhunderts, ein Bild dessen, welche Personen für die Nachwelt von Interesse sein würden. Das ist insofern von Belang, da bekanntermaßen der ganze Nachlass Schnitzlers nach dem Anschluss Österreichs 1938 nach Cambridge gebracht wurde. Nach dem Krieg erhielt Heinrich Schnitzler nur den “privaten” Teil zurück, womit die Ordnung Adam–Zweig als Einheit in Cambridge erhalten blieb. Jener “private Nachlass” dagegen, auch “Wiener Nachlass” genannt, ging nach dem Tod Heinrich Schnitzlers 1982 an das Deutsche Literaturarchiv in Marbach, wo, den archivarischen Gepflogenheiten entsprechend, jegliche frühere Ordnung aufgehoben wurde und auch anzunehmende Zusammenstellungen des Nachlasses wie die Korrespondenzen mit angelsächsischen/nordamerikanischen und romanischen Ländern heute nicht mehr zu erkennen sind[10]. Die 118 Mappen (es gibt Lücken) enthalten die Briefe, Postkarten und Telegramme von 115 Korrespondenzpartnern: vorwiegend jene Literaten und Theaterleute, mit denen Schnitzler seit Beginn seiner literarischen Laufbahn bis zu seinem Tode in engerem Kontakt stand. Die meisten dieser Namen sind aus dem Umfeld des Jungen Wien bekannt: Peter Altenberg, Hermann Bahr, Richard Beer-Hofmann, Karl Kraus und Gustav Schwarzkopf, um nur einige zu nennen; oder sie gehören zu den führenden Wiener und Berliner Theaterleitern jener Zeit: Otto Brahm, Max Burckhard und Paul Schlenther. Auch der Berliner Naturalismus ist vertreten mit Richard Dehmel, Gerhart Hauptmann, Georg Hirschfeld und Arno Holz, und, nicht zu vergessen, zwei einflussreiche dänische Literaten: Georg Brandes und Peter Nansen.

Diese Prominentensammlung in den Fokus zu rücken erlaubt viele neue Sichtweisen. Nachdem aber durch die zeitlichen und finanziellen Beschränkungen eines solchen Projekts eine Auswahl zu treffen war, wurde das zu bearbeitende Korpus auf die Briefwechsel mit Autorinnen und Autoren eingeschränkt, wobei das immer noch 86 Briefwechsel übriglässt. Nicht bearbeitet wird – als größere Lücke – die Korrespondenz mit Felix Salten, da die Gegenbriefe in der Wienbibliothek zur Zeit nicht zugänglich sind und die Institution selbst eine Edition plant. Nicht bearbeitet werden auch jene Briefwechsel, deren gegenwärtige Rechteinhaber nicht geklärt werden können. Der Zeitplan ist in jedem Fall ambitioniert, sodass auch nicht ausgeschlossen werden kann, dass zum Projektende nicht alle Briefe transkribiert vorliegen. Da aber der Arbeitsprozess so strukturiert ist, dass immer Einzelkorrespondenzen ediert werden, sollten beim Abschluss immer vollständige Einheiten vorliegen. In einem über den aktuellen Projekthorizont hinausreichenden Unterfangen ist eine Briefedition der gesamten Prominentensammlung in Buchform geplant. Im Zuge des hier vorgestellten Projekts werden die Korrespondenzen jedoch online (LINK) erscheinen, wenngleich auch stets in Form eines PDFs, das ausgedruckt werden kann und eine analoge Lektüre erlaubt.

Vieles des vorab über Korrespondenzen und Editionen Geschilderten trifft, mit Modifikationen, auch auf andere Schriftstellerinnen und Schriftsteller der Zeit zu. Um der Gefahr zu entgehen, Gemeinplätze zu wiederholen, soll nun die Argumentation spezifischer erfolgen, indem verschie-dene Aspekte der Neuausgabe beleuchtet werden. Die gemeinsame Edition mehrerer Briefwechsel zeigt stärkere Verknüpfungen zwischen mehreren Kommunikationen auf. Das kann auf der einen Seite etwa durch nahezu wortidente Briefe an unterschiedliche Empfänger erfolgen (Hugo von Hofmannsthal am 15. Dezember 1893 an Schnitzler[11] und an Beer-Hofmann[12]; Hermann Bahr am 27. 4. 1907 an Schnitzler[13] und an Beer-Hofmann[14]), das kann, was durchwegs der Fall ist, auf der anderen Seite durch Mitteilungen und Nachrichten erfolgen, die über die Korrespondenzstücke von und an Dritte gemacht werden. Durch die Möglichkeiten einer Online-Edition werden somit soziale Gruppen und Zusammenhänge sichtbar, in denen die Kommunikation nicht mehr exklusiv zwischen zwei Personen geführt wird, sondern als ein Netzwerk mit Verdichtungen nachvollziehbar ist.

Dies lässt sich beispielhaft an den Briefwechseln aus den frühen 90er Jahren aufzeigen: Die Korrespondenz zeigt, wie der als Autor noch unbekannte Schnitzler bei den angesehenen Zeitungen und Zeitschriften versucht, seine Werke unterzubringen, und sich dabei zumeist Absagen einhandelt. Die Begründungen dafür variieren; Gedichte, Dramen und Novellen werden aus formalen oder literarischen Gründen abgelehnt oder aber auch aus Furcht vor der Zensur nicht gedruckt. In welcher Reihenfolge wendet sich Schnitzler an die Redaktionen, wie preist er seine Werke jeweils an, und wie reagieren er und seine Wiener Freunde auf Absagen oder Zusagen? Hier kommt, das nur nebenbei, auch einer der unbestreitbaren Vorteile des Digitalen zum Tragen: Die Durchsicht der Korrespondenz nach bestimmten Werken vermittelt Einblicke, die bislang nur durch gründliches und zeitraubendes Studium zahlreicher Briefausgaben möglich gewesen wären.

Nicht jeder wird einen Vorteil im Digitalen erkennen, aber der Korpus und das präsentierte Material einer solchen Edition ist für die meisten un-überschaubar geworden. Das war auch schon bei gedruckten Ausgaben so, bei denen der Index einen alternativen, semi-strukturierten Zugang zu den Quellen ermöglicht. Diese werden nun, und das führt der obige Gedanke klar vor Augen, deutlich gewichtiger. Ein Beispiel: Während in der traditionellen Buchausgabe der Drucksatz fertig war, wenn der Personenindex erstellt wurde, geschieht dies bei der strukturierten Erfassung des Textes bereits von Anfang an, indem indexrelevante Stellen ausgewiesen sind, unabhängig davon, ob man sie zu diesem Zeitpunkt bereits lösen kann. Das bringt eine systemische Änderung in der Betrachtung mit sich, wie an folgendem Beispiel deutlich wird[15]:

Außerdem lasse ich mir von einer alten Engländerin auf nasskalten Spaziergängen viel erzählen: von der Mozambiquebai, wo die Leute meistens Würmer unter der Haut haben (sie war dort als junge Frau) oder von dem hässlichen boycott in Irland und den schönen rothaarigen Cocotten von Dublin (von denen spricht sie so giftig gut, wie aus einem ressentiment heraus, sie muss dort etwas unangenehmes erlebt haben) oder von Henry Irving oder von Sir Laurence Oliphant, dem großen Medium.

Während die gedruckte Ausgabe eine solche Stelle stillschweigend übergehen kann, wird bei der XML-Bearbeitung dieses Textes womöglich nur vermerkt, dass hier mit der Engländerin eine Person angesprochen ist. Die Recherche, um wen es sich handelt, kann zu einem späteren Zeitpunkt erfolgen. Festzuhalten bleibt: weil die Person eingezeichnet ist, stellt sie eine zu lösende Aufgabe dar. Im betreffenden Fall dürfte es sich um Emily Gerard (1849-1905) handeln, eine schottischstämmige Schriftstellerin, die mit einem österreichischen Militär verheiratet war und zeitlebens vor allem Unterhaltungsliteratur schrieb. Bleibenden Ruhm hat sie damit erlangt, dass ihre Beschreibungen aus Transsylvanien Bram Stoker zu Dracula inspirierten und auch der Ausdruck “Nosferatu” findet sich erstmals in ihren Schriften.

Diese Vorgehensweise gilt ebenso für Werke – bei denen Zeitungsdrucke etwa mehr Aufmerksamkeit erhalten – sowie Organisationen/Instituti-onen und Orte. Ein Gutteil jener Zeit, die bislang für einen ideengeschichtlichen Kommentar zur Verfügung stand, wird für die Erschließung und Erfassung dieser Daten aufgewendet, die es den Nutzern später erlauben, das Material nach eigenen Kriterien zu durchsuchen und eigene Erkenntnisse zu gewinnen. Die Darstellung der Geografika von Korrespondenzen auf einer Landkarte mag ihren ersten Reiz verloren haben, doch wird sich niemand der dadurch ermöglichten Perspektive entziehen können, wenn Handlungsräume sichtbar werden, und sei es nur, welchen geografischen Raum Sender und Empfänger umspannen.

Die Orte lassen sich als Anknüpfungspunkte lesen, von denen eine solche Edition viele hat und viele bedienen muss. Im Fall von Schnitzler etwa, dessen Tagebuch seit 2000 gedruckt vorliegt, sind die Briefe immer Seitenstücke zu den intimen Aufzeichnungen – und umgekehrt. Das Tagebuch wird gegenwärtig in einer digitalen Form am ACDH aufbereitet und sollte – zumindest in einer Beta-Version – im Frühling 2019 online gehen. Dadurch, dass sowohl Tagebuch als auch die Briefedition im gleichen Haus stattfinden, konnte auch eine gemeinsame Personendatenbank erstellt werden, die die inhaltliche Nähe praktisch umsetzt. Es wird also ein Leichtes sein, Urteile, die Schnitzler im Tagebuch festhält, mit jenen in seinen Briefen abzugleichen. Beispielsweise schreibt Schnitzler im Tagebuch über Hermann Bahrs literarische Arbeiten häufig Verrisse, während sein Urteil im postalischen Verkehr dann zu “merkwürdig” mutiert. Zentral ist dabei nicht die banale Erkenntnis einer Diskrepanz zwischen öffentlichem, privatem und intimem Sprechen. Zentral ist vielmehr, dass gerade Schnitzler, der in verschiedenen Feldern agierte und viele schriftliche Zeugnisse hinterließ, sich gut eignet, einen solchen historischen Nukleus zu bilden, bei dem Relationen hergestellt werden können. Oder, historisch ausgedrückt: Das gedruckte Tagebuch verzeichnet über 8000 Personen und stellt mithin eine Art Kumulationsbuch eines Teils der Wiener Gesellschaft um 1900 dar. Der digitale Zugang multipliziert solche Zugangsweisen und erlaubt – zumindest auf technischer Ebene – komplexere Abfragen, etwa: Welche Bücher las Schnitzler, wenn er im Urlaub war?

Die Zusammenarbeit bei der Erstellung einer Datenbank, in der Personen, Werke, Orte und Institutionen erfasst sind, beschränkt sich nicht auf Ego-Dokumente von Schnitzler. Auch mit anderen Projekten, die inhaltlich nahestehen, wird versucht, eine Abstimmung herzustellen. So greift etwa ein Projekt zu Intertextualität in den Rechtsakten von Karl Kraus von Katharina Prager ebenfalls auf die Personen zu, mit dem umgekehrten Ergebnis, dass es einfacher wird, Umfeldtexte darzustellen. Doch die Verknüpfung geht weiter, da wir die Briefe nach den Standards von TEI und vor allem correspDesc erfassen. Dadurch können sie in die Metasuche von correspSearch der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften aufgenommen werden. Dort sind gegenwärtig über 50.000 Briefe verzeichnet. Praktisch kann man sich den Nutzen auch mit einem kleinen Tool veranschaulichen, das man auf seiner Webseite einbinden kann und das es ermöglicht, neben einem Brief Schnitzlers auch andere Briefe vom gleichen Tag oder vom gleichen Ort zu finden. CorrespSearch stellt zudem auch ein Programm zur Verfügung, mit dem gedruckte Briefe ausgewiesen werden können. Dadurch sind zwar nicht die Briefe selbst im Netz abrufbar, aber zumindest helfen bibliografische Angaben beim Auffinden. Auch für die gedruckten Schnitzler-Briefe wollen wir dies während der Projektlaufzeit vornehmen.

Der Größe der hier angesprochenen Korpora steht eine andere Einheit gegenüber: Die Briefe, so wie wir sie handhaben, sind einzelne Dateien. Jede Datei enthält alle relevanten Informationen – einschließlich der Kommentare und früheren Drucke etc[16]. Das heißt: Diese Briefe sind einzeln wiederverwertbar und wir stellen sie mit CC 4.0 auch unter einer Lizenz zur Verfügung, um das zu befördern.

Im ersten Jahr des Projektes nähern wir uns der Marke von 1000 transkribierten Korrespondenzstücken. Inkludiert sind dabei auch etwa 350 von Martin Anton Müller und Kurt Ifkovits für die Edition Bahr/Schnitzler transkribierte Briefe. Diese mussten zwar durchgesehen werden, um sie an Modifikationen in den Editionsrichtlinien anzupassen, aber es musste nicht völlig von vorne begonnen werden. Diese Weiterverwendung und Weiter-verarbeitung ist – und das ist ein weiterer Vorteil einer Online-Edition – gerade bei Korrespondenzen mit öffentlich bekannten Personen umso wahrscheinlicher, als nur zu oft auch das Gegenüber Teil wissenschaftlicher Forschung ist.

Die Briefforschung hat in den letzten Jahren durch verschiedene Publikationen und Tagungen sichtbar gemacht, dass sie als eigenständige Disziplin innerhalb der Editionslandschaft, aber auch der Germanistik überhaupt zu gelten hat[17]. Obzwar Hofmannsthal diesbezüglich mit einer vertiefenden Studie gewürdigt wurde[18], trifft das für Schnitzler nicht zu[19]. Das hat möglicherweise mit der Distanz zu tun, mit der Schnitzler auch das verbindende Moment des Briefes stets untergräbt und in Abrede stellt, wie es durch eine Überbetonung von Sachinformation, aber auch durch Formeln und Floskeln entsteht. Aus dem Kontrast von Intimität des Tagebuchs und den Dokumenten des brieflichen Austauschs wäre ein Verständnis für Schnitzlers Umgang mit Monolog- und Dialogsituation zu entwickeln, das möglicherweise auch auf werkästhetische Überlegungen übertragen werden kann. So lässt sich etwa eine aphoristische Briefstelle in einem Brief an Olga Waissnix nennen, die er selbst – bei einer späteren Lektüre aller ihr gesandten Korrespondenzstücke – im Tagebuch notiert und in der Folge – in ihr Gegenteil verkehrt – in der Liebelei (1895) verwendet hat[20]. Eine solche Zweitverwertung wird vielleicht eine Ausnahme darstellen, aber durch die neue Edition ist auch das Verständnis von angewandten sprachlichen Mitteln im Austausch mit anderen deutlich zu verfeinern. Ein schnelles Beispiel: Vom 8. Januar 1904 haben wir bereits drei Briefe vorliegen, zwei von Schnitzler, einer von Hofmannsthal an denselben. Schnitzler schreibt an Franz Blei eine kurze skeptische Nachricht, was dessen Vermittlungsversuche für einen englischen Verleger anbelangt. Er schreibt an Bahr eine freundliche Notiz, die zugleich Geschäftliches und eine sachliche private Mitteilung enthält. Und er bekommt an diesem (eventuell auch dem Folgetag) von Hofmannsthal ein persönliches Schreiben, in dem dieser Sorgen um Bahrs Gesundheit äußert.

Die einzelnen Briefwechsel sind somit eingebettet in ein großes Kommunikationsnetzwerk. Durch die Einbindung der Gegenbriefe – soweit vorhanden – sind einerseits vollständige Kommunikationen durchsuchbar. Durch den größeren Fokus ist andererseits auch die Zuverlässigkeit bei der Datierung undatierter Briefe deutlich höher. Während etwa bei der Neuausgabe der Briefe Schnitzlers an Bahr 15 % der Briefe, verglichen mit einer früheren Edition, umdatiert werden mussten, so dürfte diese Notwendigkeit bei der gedruckten Edition von Hofmannsthal/Schnitzler deutlich größer sein. Fehler in den Datierungen und den Transkriptionen werden sich bei aller Sorgfalt natürlich nie ganz vermeiden lassen. Da wir, was inzwischen ohnedies gute Praxis ist, nach Möglichkeit den diplomatischen Umschriften der Briefe auch Faksimiles beistellen, werden Überprüfungen oder weitere Untersuchungen näher am Original möglich sein.

Bleibt uns nur zu schließen mit einer Feststellung und einer Frage. Zunächst zur Feststellung: Es ist sicher nicht verwunderlich, dass in all den Jahren, die nach den jeweiligen Erstveröffentlichungen vergangen sind, wei-tere Zeugnisse in zahlreichen Korrespondenzen zu verzeichnen sind. Dies trifft beispielsweise, wenn auch nur in einem geringen Maße, auf den Briefwechsel Schnitzlers mit Thomas Mann zu. Hertha Krotkoffs Wiedergabe der Briefe Manns an Schnitzler datiert aus dem Jahre 1974[21]. Die im Rahmen unseres Projekts vorgestellte Korrespondenz wird die damalige um zwei zusätzliche Zeugen ergänzen. Dies gilt – cum grano salis – für zahlreiche weitere Briefwechsel, war aber im Prinzip aufgrund der heutigen Möglichkeiten durch die Vernetzung von Katalogen auch zu erwarten.

Die oben angesprochene Frage hingegen betrifft die Zusammensetzung des Briefkorpus: Warum sind beispielsweise in der Prominentensammlung in Cambridge die Briefe Robert Adams aufbewahrt, während sich die Wilhelm Bölsches im Deutschen Literaturarchiv in Marbach befinden? Und – ebenfalls vor diesem Hintergrund – wäre zu fragen, warum liegen die Briefe

von Fedor Mamroth, der Schnitzler gegenüber die gleiche Position innehatte wie Bölsche, wiederum in Cambridge? Das verblüfft, denn Robert Adam hieß eigentlich R. A. Pollak und war Bezirksrichter und Möchtegern-Schriftsteller, der es zeitlebens gerade auf eine literarische Veröffentlichung und auf eine Theateraufführung gebracht hat. Lediglich einen schnell vergessenen Band mit Erzählungen veröffentlichte der Feuilletonredakteur der Frankfurter Zeitung, Fedor Mamroth. Wilhelm Bölsche war demgegenüber zeitlebens einer der produktivsten populärwissenschaftlichen Autoren Deutschlands. Im unmittelbaren Vergleich scheint alles klar dafür zu sprechen, die Verwahrorte der jeweiligen Korrespondenzstücke genau umgekehrt zu erwarten. Bölsche, mit dem Schnitzler ausschließlich in den Jahren 1890 bis 1893 und damit zu dessen Zeit als Redakteur der Freien Bühne im Austausch stand, ist einer der ersten schreibenden Kollegen, mit denen Schnitzler zu tun hatte. Der Austausch mit Adam erstreckt sich über weitaus mehr Jahre, beschränkt sich jedoch auf eher fruchtlos bleibende Beratungen zu Theaterstücken in Versmaß, die unveröffentlicht geblieben sind. Lässt sich somit im Falle Adam die Dauer der Korrespondenz als Grund für die Aufbewahrung in Cambridge annehmen, so überzeugt diese Begrün-dung im Falle Mamroths nicht. Wie auch Bölsche diente er dem aufstrebenden Wiener Literaten als erste Adresse, um die frühen Gedichte, Novellen und Dramen zur Publikation anzubieten – meist vergeblich. Das sind für uns die Grenzen des Prominentenkorpus, mit dem wir es zu tun haben: Er ist fehlerhaft. Im angesprochenen Fall und gerade, weil die Briefe so früh einsetzen, haben wir uns entschieden, auch Bölsche in den Briefwechsel der Autorinnen und Autoren zu übernehmen, ohne dafür jemand anderen zu exkludieren.

Das Ziel lautet also, möglichst viel von Schnitzlers Korrespondenz zu erschließen. Einen ersten Blick darauf wird es noch im Jahr 2019 geben, wenn bereits einige neu transkribierte Briefwechsel vollständig online gehen sollen (neben Bahr noch Adam, Altenberg, Lou Andreas-Salomé, Brandes, Conrad, Hofmannsthal, Karl Kraus, Thomas Mann und andere). Damit werden nicht nur frühere Editionen in überarbeiteter Transkription und mit zum Teil neuem Material ergänzt, sondern auch bislang unbekannte Briefwechsel erstmals der Öffentlichkeit vorgestellt. Bis dahin – und darüber hinaus – stehen auf der Projektwebseite bereits Scans einiger gedruckter Briefwechsel frei zur Verfügung, darunter die beiden voluminösen Auswahl-Briefbände.

Bibliographie

Adamek Heinz P. : In die Neue Welt … Arthur Schnitzler – Eugen Deimel. Briefwechsel. Wien: Holzhausen 2003.

Arthur Schnitzler – Gustaf Linden Ein Briefwechsel. 1907-1929. Hg. Karin Bang. Wien: Edition Praesens 2005.

Arthur Schnitzler – Otto Brahm. Hg. Oskar Seidlin. Tübingen: Niemeyer 1975.

Arthur Schnitzler – Richard Beer-Hofmann: Briefwechsel 1891-1931. Hg. Konstanze Fliedl. Wien u. a.: Europa-Verlag 1992.

Arthur Schnitzler – Thomas Mann. Briefe. Hg. Hertha Krotkoff. In: Modern Austrian Literature, Vol. 7, No. 1/2 (1974), S. 1-33 Briefkultur. Texte und Interpretationen B von Martin Luther bis Thomas Bernhard. Hgg. Jörg Schuster, Jochen Strobel. Berlin, Boston: De Gruyter 2013.

Briefkultur und Affektästhetik. Hgg. Katharina Fürholzer, Yulia Mevissen. Heidelberg: Universitätsverlag Winter 2017.

Bunzel, Wolfgang: Schreib-/Leseszenen. In: Der Brief, Ereignis & Objekt. Katalog der Ausstellung im Freien Deutschen Hochstift – Frankfurter Goethe-Museum, 11. September bis 16. November 2008. Hgg. Anne Bohnenkamp, Waltraud Wiethölter. Frankfurt am Main, Basel: Stroemfeld 2008.

Der Brief – Ereignis & Objekt. Frankfurter Tagung. Hgg. Waltraud Wiethölter, Anne Bohnenkamp. Frankfurt/Main, Basel: Stroemfeld 2010.

Die Briefe Thomas Manns. Regesten und Register. Hgg. Hans Bürgin, Hans-Otto Mayer. Frankfurt/Main: Fischer 1976 ff..

Georg Brandes und Arthur Schnitzler. Ein Briefwechsel. Hg. Kurt Bergel. Bern: Francke 1956.

Handbuch Brief. Hgg. Jochen Strobel, Eve-Marie Becker, Marie Isabel Matthews-Schlinzig, Jörg Schuster. Berlin, Boston: De Gruyter 2018.

Hermann Bahr, Arthur Schnitzler: Briefwechsel, Aufzeichnungen, Dokumente (1891-1931). Hg. Kurt Ifkovits, Martin Anton Müller. Göttingen: Wallstein 2018,.

Hugo von Hofmannsthal, Arthur Schnitzler: Briefwechsel. Hgg. Therese Nickl, Heinrich Schnitzler. Frankfurt/Main: S. Fischer 1964.

Hugo von Hofmannsthal. Brief-Chronik. Regestausgabe. Hg. Martin E. Schmidt. Heidelberg: Winter 2003.

Hugo von Hofmannsthal, Richard Beer-Hofmann: Briefwechsel. Hg. Eugene Weber. Frankfurt/Main: S. Fischer 1972.

Peter Nansen Arthur Schnitzler. Ein Briefwechsel zweier Geistesverwandter. Hg. Karin Bang. Roskilde: Center for Østrigsk-Nordiske Kulturstudier 2003.

Schnitzler, Arthur: Briefe 1875-1912. Hgg. Therese Nickl u. Heinrich Schnitzler. Frankfurt/Main: S. Fischer 1981.

Schnitzler, Arthur: Briefe 1913-1931. Hgg. Peter Michael Braunwarth, Richard Miklin, Susanne Pertlik, Heinrich Schnitzler. Frankfurt/Main: S. Fischer 1984.

Schnitzler, Arthur: Liebelei. Historisch-kritische Ausgabe. (Werke in historisch-kritischen Ausgaben). Hgg. Peter Michael Braunwarth, Gerhard Hubmann, Isabella Schwentner. Berlin/ Boston: DeGruyter 2014.

Schuster, Jörg: “Kunstleben”. Zur Kulturpoetik des Briefs um 1900 – Korrespondenzen Hugo von Hofmannsthals und Rainer Maria Rilkes. Paderborn: Wilhelm Fink 2014.

Was ist ein Brief? – Aufsätze zu epistolarer Theorie und Kultur. What is a letter? – Essays on epistolary theory and culture. Hgg. Marie Isabel Matthews-Schlinzig, Caroline Socha. Würzburg: Königshausen & Neumann 2017.

 



[1] Arthur Schnitzler, Richard Beer-Hofmann: Briefwechsel 1891-1931. Hg. Konstanze Fliedl. Wien u. a.: Europa-Verlag 1992.

[2] Adamek Heinz P.: In die Neue Welt … Arthur Schnitzler – Eugen Deimel. Briefwechsel. Wien: Holzhausen 2003.

[3] Peter Nansen – Arthur Schnitzler. Ein Briefwechsel zweier Geistesverwandter. Hg. Karin Bang. Roskilde: Center for Østrigsk-Nordiske Kulturstudier 2003.

[4] Arthur Schnitzler – Gustaf Linden Ein Briefwechsel. 1907-1929. Hg. Karin Bang. Wien: Edition Praesens 2005.

[5] Hermann Bahr, Arthur Schnitzler: Briefwechsel, Aufzeichnungen, Dokumente (1891-1931). Hgg. Kurt Ifkovits, Martin Anton Müller. Göttingen: Wallstein 2018.

[6] Dies ist anders bei Hofmannsthal und Thomas Mann; die Regestbände von Martin E. Schmidt (Heidelberg: Winter 2003) und Hans Bürgin / Hans-Otto Mayer (Frankfurt a.M.: Fischer 1976 ff.) basieren zwar nur auf den zuvor gedruckten Briefausgaben, bieten dadurch aber eine halbwegs verlässliche Übersicht über die Aktivitäten und Bekanntschaften der beiden Protagonisten. Dieses auch für Schnitzler zu leisten wäre eine verdienstvolle Arbeit gewesen, die durch die hier in Rede stehende Ausgabe nun weniger dringlich geworden ist.

[7] Georg Brandes und Arthur Schnitzler. Ein Briefwechsel. Hg. Kurt Bergel. Bern: Francke 1956.

[8] Der Briefwechsel Arthur Schnitzler – Otto Brahm. Vollständige Ausgabe. Hg. Oskar Seidlin. Tübingen: Niemeyer 1975.

[9] Hugo von Hofmannsthal, Arthur Schnitzler: Briefwechsel. Hgg. Therese Nickl, Heinrich Schnitzler. Frankfurt/Main: S. Fischer 1964.

[10] Diese Zusammenstellungen sammelten Geschäftspost. Nach welchen Kriterien etwas als solche deklariert und aus der allgemeinen Korrespondenz separiert wurde, ließe sich mit Kopien des ursprünglichen Konvoluts in der Österreichischen Gesellschaft für Literatur in Wien ermitteln.

[11] Bahr/Schnitzler (w. o.), S. 57.

[12] Hugo von Hofmannsthal, Richard Beer-Hofmann: Briefwechsel. Hg. Eugene Weber. Frankfurt/Main: S. Fischer 1972, S. 29.

[13] Bahr/Schnitzler (w. o.), S. 392.

[14] Beinecke Library, Yale, YCGL, Mss. 30.

[15] Hugo von Hofmannsthal, Arthur Schnitzler: Briefwechsel. Hg. Therese Nickl, Heinrich Schnitzler. Frankfurt/Main: S. Fischer 1964, S. 8.

[16] Eine Ausnahme bilden nur die Verweise auf Normdaten, die extrinsisch funktionieren. Verständlicher gesagt: bei einem Personenverweis steht nur eine Nummer, die diese Person identifiziert, die ‘Auflösung’ steht an anderer Stelle.

[17] Ein Überblick in: Waltraud Wiethölter, Anne Bohnenkamp (Hgg.): Der Brief – Ereignis & Objekt. Frankfurter Tagung. Frankfurt am Main, Basel: Stroemfeld 2010. Siehe auch: Jörg Schuster, Jochen Strobel (Hgg.): Briefkultur. Texte und Interpretationen – von Martin Luther bis Thomas Bernhard. Berlin, Boston: De Gruyter 2013; Katharina Fürholzer, Yulia Mevissen (Hgg.): Briefkultur und Affektästhetik. Heidelberg: Universitätsverlag Winter 2017 sowie: Marie Isabel Matthews-Schlinzig, Caroline Socha (Hgg.): Was ist ein Brief? – Aufsätze zu epistolarer Theorie und Kultur. What is a letter? – Essays on epistolary theory and culture. Würzburg: Königshausen & Neumann 2017; Jochen Strobel, Eve-Marie Becker, Marie Isabel Matthews-Schlinzig, Jörg Schuster (Hgg): Handbuch Brief. Berlin, Boston: De Gruyter 2018.

[18] Jörg Schuster: ‘Kunstleben’. Zur Kulturpoetik des Briefs um 1900 – Korrespondenzen Hugo von Hofmannsthals und Rainer Maria Rilkes. Paderborn: Wilhelm Fink 2014.

[19] Bei Schnitzler wurde bislang nur ein Faksimile in Bezug auf seinen visuellen Gehalt diskutiert, ein Brief an Adele Sandrock vom 7. Juli 1894: Wolfgang Bunzel: Schreib-/Leseszenen. In: Der Brief, Ereignis & Objekt. Katalog der Ausstellung im Freien Deutschen Hochstift – Frankfurter Goethe-Museum, 11. September bis 16. November 2008. Hgg. Anne Bohnenkamp und Waltraud Wiethölter. Frankfurt am Main, Basel: Stroemfeld 2008, S. 237-262, hier: S. 244-245 und S. 255.

[20] Vgl. Arthur Schnitzler: Liebelei. Historisch-kritische Ausgabe. (Werke in historisch-kritischen Ausgaben). Hrsg. von Peter Michael Braunwarth, Gerhard Hubmann und Isabella Schwentner. De Gruyter, Berlin/ Boston: DeGruyter 2014, S. 17.

[21] Arthur Schnitzler – Thomas Mann. Briefe. Hg. Hertha Krotkoff. In: Modern Austrian Literature, Vol. 7, No. 1/2 (1974), S. 1-33.

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Martin A. Hainz

(Wien)

Mit Rechten über Rechte reden
Michael Köhlmeiers Rede vor/zu Rechten und übers Recht

[Talking rightly with the Right about rights
Michael Köhlmeier’s speech before/to the Right and about right
]

abstract. Michael Köhlmeier is a speaker for those who lack a voice. This also implies talking to those who are to be blamed for pretending to be mute – and it results in the imperative to take a stand against such a wrong attitude. However, right-wing populism seems to ignore the implications of language; henceforth Köhlmeier has to address them in a way that shows the reasons they refuse to listen: the populists’ inherent lack of responsibility. He shows why he refuses to accept what they do and keeps talking to them because of the difference between the populist and himself, nonetheless offering a dialogue.

1.

Michael Köhlmeier hat in der letzten Zeit etwas mehrfach getan, was man mit Peter Henisch prophetisch nennen könnte. Der bemerkte nämlich einmal, dass ein «Prophet […] kein Wetterfrosch» ist, keiner der vorausspricht, sondern einer der Fürsprache und darum manchmal auch Widerspruch leistet – also mitunter einer, «der […] die Herrschenden schön schimpft»[1].

Meine Überlegungen sind 1. der Frage gewidmet, wie er das tut, 2. jener, ob man das kann, wenn genau die diskursive Ebene, die das verlangt, vom Geschimpften permanent sabotiert oder ignoriert wird, wenn also den Gescholtenen das Unrecht mit Lyotard formuliert nichts angeht, was freilich den-noch die Schuld der Rechtspopulisten ist, aber auch 3. der, ob man das, falls man es nicht kann, nicht dennoch tun muss, weil man sich sonst dem angliche, den man für das schimpft, worin man ihm in diesem Moment schon zu ähneln riskierte.

Zur Frage, wie Köhlmeier vor Rechten und zu Rechten spricht, aber auch über Rechte, was zunehmend wichtig wird, weil die Rechten in der österreichischen Regierung signalisieren, dass Rechtsbrüche für sie denkbar sind – die Denkverbote-Rhetorik kennt man freilich auch von Gauland und seinesgleichen –, ist vorweg zu sagen, dass ich mich vor allem an Köhlmeiers Rede am Gedenktag gegen Gewalt und Rassismus, am Freitag 4. Mai 2018 gehalten, orientiere, der Rede, die die meiste Beachtung bekam, vielleicht wegen der Konfrontation der Rechtspopulisten, die zur Feierstunde im Zeremoniensaal der Hofburg geladen kamen und, auch wenn sie ob mancher Passage «erstarrten»[2], wie Horowitz in seinem Köhlmeier-Porträt schreibt, sich doch jedenfalls artig betragen mussten. Und ich halte es darum – aber nicht nur darum – für wesentlich, dass dieser Text vorgetragen wurde und nur gedruckt vorliegt[3].

2.

Köhlmeier spricht die, die er kritisiert, an. Er hat damit für sich die Frage beantwortet, ob man das tun könne, wiewohl die Gemahnten den Diskurs sabotieren oder demonstrativ missachten. Das prägt auch das Wie. Er setzt voraus, dass es Unwissen sein könnte, was manche zu einer solchen Politik verleitet – oder dazu, diese mit ihrer Wahlstimme zu fordern und zu unterstützen.

Mit der Frage, ob es Unwissenheit bzw. Dummheit ist, hält er sich genauer nicht auf, er fragt nicht, ob Dummheit oder das zynische Spiel mit der Dummheit, die der Populist wittert, am Ruder ist, wenn angebliche Gerechtigkeit und Sachzwänge, also eine Mischung aus Sozialneid und dem einst «gesundes Volksempfinden» genannten Ungeist in die Politik münden, die das Recht ignoriert, namentlich die Menschenrechtscharta, oder in die Schließung der Mittelmeerroute, als wäre diese zu passieren nicht schon immer lebensgefährlich und illegal gewesen. Kurz’ Verdienst um die Mittelmeerroute wäre, wenn man das verstanden hat, dies: Wir, die Staaten der EU, retten Ertrinkende nun nicht mehr und verhindern sogar deren Rettung, die man fleißig denunzierte, anstatt die sogenannten Push-Faktoren sich einmal anzusehen – warum Menschen eine lebensgefährliche Flucht ihrer Heimat vorziehen (müssen). Weiß das Kurz, wissen das die Rechtspopulisten?

Das fragt Köhlmeier nicht, er fragt auch nicht, wieso Kurz das Handy bei Gedenkveranstaltungen nicht aus der Hand legt. Soll das seinen Arbeitseifer beweisen? Ist es demonstrativ unangemessen (denn es könnte kaum unangemessener sein, wenn er sich statt mit subjektiv Staatsmännischem, worum es sich wegen der Unangemessenheit nicht handeln kann, mit Handyspielen befasste, wie die Satireplattform Die Tagespresse es weitergesponnen hat[4]) …?

3.

Und damit wäre man im Herzen der Rede Köhlmeiers: Deren Pointe, wenn man das so nennen darf, ist, dass es einen Punkt gibt, an dem man sich nicht dumm stellen darf, aber auch es dem anderen nicht gestatten kann, sich dumm zu stellen. «Sehr geehrte Damen und Herren, erwarten Sie nicht von mir, dass ich mich dumm stelle»[5], so eröffnet er seine Rede, während in Österreich, aber nicht nur in Österreich immer öfter zu hören ist, man müsse doch (wieder) sagen können, dass … oder es sei doch harmlos, etwas … zu nennen, wobei dann der Mohr im Hemd die Rede von der Auschwitzlüge quasi vorbereitet. «Achselzucken» wäre da schon im Beginn «geheimes Einverständnis»[6] mit dem Ende – wird aber gefordert: Gerne wird über eine linke Diktatur schwadroniert, als wäre es verboten, rechts zu sein – genauer, als wüsste nicht jeder, wie schwierig es ist, selbst eindeutig Rechtsradikale, die Grundlagen der Diktatur notfalls oder sogar gerne mit Gewalt beseitigen wollen, auch nur unter Beobachtung zu stellen (und dabei ist noch gar nicht berücksichtigt, dass dann mitunter Rechte Rechte beobachten würden, die Ambitionen, entsprechende Dienste umzufärben, machte die FPÖ in Österreich mit dem Griff nach dem Innenministerium deutlich).

Was aber jene meinen, die klagen, man tolerierte sie nicht, ist: Sie verlangen Zustimmung. Sie wollen Gleichschaltung. Das bloße Vorhandensein von solchen, die Andreas Gabaliers Aussagen fragwürdig finden, ist ihnen ein Dorn im Auge. Der Regisseur Reinhard Schwabenitzky monierte unlängst auf Facebook – öffentlich –, dass «Gabalier […] rechts» geheißen werde, er habe doch nur «eine andere Meinung als die der Künstlermehr­heit». Diese Konstruktion der Künstlermehrheit wäre dann zwar links, aber rechts von links ist für Schwabenitzky nicht rechts … Und alle würden also von «Meinungsdiktatoren» terrorisiert, auf «auf Grund der einen oder andere(n) veröffentlichte(n) Aussage»[7], als reichte das irgendwie doch nie aus, um jedenfalls festzuhalten, dass einer rechts wäre und vielleicht auch rechts­extrem.

So stellt man sich dumm (falls Schwabenitzky nicht tatsächlich einfach ein Idiot ist), wobei die Pose dessen, der, während er sich dumm stellt, den Helden gibt, das nächste Manöver ist, das Köhlmeier verweigert:

Willst du feige die Zähne zusammenbeißen, wo gar keine Veranlassung zur Feigheit besteht? Wer kann dir in deinem Land in deiner Zeit schon etwas tun, wenn du die Wahrheit sagst?[8]

Dies sind übrigens die imaginierten Mahnungen derer, für die Köhlmeier in dem Sinn spricht, dass sich das nicht auch nur annähernd wiederholen möge, was sie erduldeten.

4.

Also listet Köhlmeier all das auf, was aufzulisten nicht viel Mut erfordern mag, aber sicherlich mehr, als ihn jene aufbringen, die etwas entweder nur unter sich aussprechen oder nicht so gemeint haben wollen.

Was wirst du zu jenen sagen, die hier sitzen und einer Partei angehören, von deren Mitgliedern immer wieder einige, nahezu im Wochenrhythmus, naziverharmlosende oder antisemitische oder rassistische Meldungen abgeben, entweder gleich in der krassen Öffentlichkeit oder klammversteckt in den Foren und sozialen Medien – was wirst du denen sagen? Willst du so tun, als wüsstest du das alles nicht?[9]

Und zu wissen ist, dass diese «ihre Codes austauschen, einmal von “gewissen Kreisen an der Ostküste” sprechen, dann mit der Zahl “88” spielen oder wie eben erst den Namen George Soros […] verwenden»; all das, bis zu «der unseligen Tradition der Protokolle der Weisen von Zion»[10], geht gespenstisch um – weil es ignoriert wird. Dadurch entsteht «das gespenstische Immer-Wieder dieser “Einzelfälle”»[11], aber es sind ja nicht Gespenster, die einen heimsuchen, weil sie nicht sind: Gespenster sind nicht und man fürchtet sie «nicht trotz der Tatsache […] – sondern genau wegen der Tatsache»[12], hier aber ist etwas – das man nicht fürchten, sondern beeinspruchen soll, vielleicht auch bekämpfen, wo die Grundlage der Beeinspruchung zerstört ist.

Gedankenlosigkeit als Prinzip einer Politik ist nicht zu billigen. Insofern stellt Köhlmeier Strache und Kurz die Fragen, die er sich zu stellen vorgibt – und sie müssen antworten. Oder, und das bleibt das Problem, sie müssten antworten, und zwar wenigstens nach Meinung der Wähler, denen das Unmoralische der unterbliebenen Antworten aufzufallen hätte, die aber das Problem wiederholend entweder klammheimlich mit all dem einverstanden sind, dem kleinen Vorteil, den sie sich erhoffen, gegründet auf größtem Leid, oder aber so dumm sind, dass das Wahlrecht und die Demokratie tatsächlich in einer Krise stecken, die sich nicht rasch beheben lässt. Denn einem ins Gewissen reden, das geht vielleicht – aber aus Idioten einen demos machen, und zwar rasch, also ohne den Umweg über eine zuletzt offenbar nicht ganz geglückte Bildungspolitik?

5.

Wer an «stichhaltige Gerüchte» glaubt, eine Wendung, von der Köhlmeier zu Recht schreibt, sie werde ihren «Platz finden im Wörterbuch der Niedertracht und der Verleumdung»[13], wer da, noch ehe das folgt, was gerüchteweise und doch immerhin stichhaltig verbreitet worden sei, also schon angesichts der Erhebung der Denunziation zu epistemologischen Ehren, nicht Einspruch erhebt, der ist vielleicht eher zu belehren oder zu heilen, als dass man ihm politische Wirksamkeit einräumen sollte.

Und glaubt er nicht daran, dann stelle man ihn im Diskurs. Dann zeige man es, dass, wer «das glaubt, entweder ein Idiot (ist), oder […] tut als ob», dann stelle man Gudenus, der derlei vorbrachte, also vor die Wahl, frage ihn vor seinen Wählern wie jeden einzelnen von ihnen, ob er «ein Idiot […] oder […] ein Zyniker»[14] ist – wiewohl das ermüdet:

Gehörst du auch zu denen, höre ich fragen, die sich abstumpfen haben lassen, die durch das gespenstische Immer-Wieder dieser “Einzelfälle” nicht mehr alarmiert sind, sondern im Gegenteil das häufige Auftreten solcher “Fälle” als Symptom der Landläufigkeit abtun, des Normalen […]?[15]

Es ermüdet an den Einzelfällen vor allem, weil mit dem Status völliger Desintegration der FPÖ kokettierend diese ja nie gemeint wäre. Man stellte also vielleicht sogar den, der gesagt hat, dass … und hier gäbe es nun viel zu viele Beispiele … – aber dann ist auf einmal dieser nicht die FPÖ, die ihn versehentlich rekrutiert hätte, in ihrem dann vorgeschützten Antifaschismus bloß zum tausendsten Male einem Irrtum aufgesessen.

Und so hat man nicht nur Adressaten, die den Diskurs sabotieren, es nämlich nie so gesagt oder gemeint haben wollen, etwa der Innenminister, der «wieder davon spricht, dass Menschen konzentriert gehalten werden sollen»[16], sondern auch noch Adressaten, die man, wenn man sie adressiert, sagen, dass das immer und immer wieder trotz korrekter Adresse doch gar nicht der Empfänger wäre, also die FPÖ und die, die sich mit ihr arrangierten.

6.

Das führt zur zweiten großen Frage, verbunden mit der ersten, die Scheltrede Köhlmeiers adressiert gleichwohl diese Unerreichbaren, er imaginiert ja die Frage, was er zu jenen sagen werde, die hier sitzen und jener Partei angehören. Kann man zu ihnen reden?

Das Unbehagen besteht, jedenfalls ein Unbehagen aber:

Mir wäre lieber gewesen, man hätte mich nicht gefragt, ob ich hier sprechen will. Aber man hat mich gefragt, und ich empfinde es als meine staatsbürgerliche Pflicht, es zu tun. Wie leicht wäre es, all die Standards von “Nie-Wieder!” bis zu “Nie-Vergessen!”, diese zu Phrasen geronnenen Betroffenheiten aneinanderzuhängen, wie es für Schul­aufsätze vielleicht empfohlen wird, um eine gute Note zu bekommen.[17]

Man wüsste, was sich gehörte, was in der Sprache der heutigen Bildungspolitik eine kompetente Rede wäre, aber es geht nicht nur um Betroffenheit, selbst wenn sie nicht so wohlfeil erschiene, es geht um einen Impuls. Wie erreichte man die, die die Entsolidarisierung zur Maxime einer Asozialpolitik erheben und so denn auch (nicht) sprechen und zuhören wollen? – «Aber dazu müsste man so tun, als ob»[18].

Insofern unterbleibt das, was zu sagen wäre, im Grunde ist es ein Abbruch des Diskurses, auf dass gehört werde, dass es ihn schon zuvor nicht gegeben haben mag, aufgrund nämlich der (Nicht-)Adressaten. Eigentlich ist das die erste Version von Schweigen bei Lyotard: «Dieser Fall geht Sie nichts an»[19], so sage der, der Opfer des Diskurses ist, dem, der die Diskursordnung definiert, in der das Anliegen Köhlmeier «nicht bedeutbar»[20] ist.

Und das ist der Fall, weil nur der Moment Köhlmeier in die Lage brachte, vor und zu jenen zu sprechen, die sonst subjektiv nicht zuhören müssen und auch in der Tat nicht zuhören, weil sie diese «Sprachgerechtigkeit»[21], wie man es mit Werner Hamacher nennen könnte, ignorieren – in diesem Moment aber, jedenfalls, wenn man unterstellt, dass sie da doch zuhörten, war das Zuhören eine Gnade. Und von dieser Gnade, von der man niemals abhängen dürfte, sprach in einer anderen Gedenkrede Daniel Kehlmann.

7.

Die Sprachlosigkeit, das nun wieder Fragile des Rechts, von dem Innen-minister Herbert Kickl schon sagte, dass es von der – seiner – Politik fortan gegängelt werden könnte («dass das Recht der Politik zu folgen hat, und nicht die Politik dem Recht»[22]), ein Rückschritt hinter Kant[23], derlei überdauert solche Gnade, so zeigt er in seiner Rede Im Steinbruch anlässlich der Eröffnung des Brucknerfestes 2018 am Geschick seines Vaters – Michael Kehlmanns – im Zweiten Weltkrieges:

Er war durch Zufall verhaftet worden, er überlebte durch Zufall. Schon vorgemerkt für den Transport in ein Vernichtungslager, kam er ohne eigenes Zutun auf eine Liste mit Namen, welche irgendein NSDAP-Funktionär für die Freilassung vorgemerkt hatte, weil er, wie viele damals, schon absah, dass der Krieg verloren war und dass es bald schon nicht so schlecht sein würde, Leute zu haben, die einem bestätigen konnten, dass man sie freigelassen hatte.

So wurde meinem Vater eines Morgens ohne weiteres Aufhebens mitgeteilt, dass er gehen könne. Er verließ das Lager und nahm die Straßenbahn nach Hause, zur Wohnung seiner Eltern in der Schwindgasse in Wien,

so erzählt Kehlmann – und er setzt dann hinzu:

Mein Vater versteckte sich danach die letzten Kriegswochen im Kohlenkeller, denn man wusste ja nicht, ob man ihn nicht plötzlich wieder verhaften würde; wo reine Willkür herrscht, ist man auch nach einer Freilassung nicht frei.[24]

Diese Verunsicherung vergaßen wir, aber sie ist vielleicht von jener Kon-tinuität, deren Unrechtsbasis die fortsetzen wollen – oder an die jene anschließen wollen –, die das Recht als Appendix ihrer Politik betrachten, die dem Begriff des Politischen spottet.

8.

Man kann also nicht tun, was Köhlmeier dennoch unentwegt unternimmt, aber indem man das unternimmt, was Köhlmeier tut, zeigt man, dass das Scheitern an jenen liegt, die sich dumm und taub stellen, derweil sie die Geschicke der Österreichischen Republik etwas angleichen, das nicht minder dumm ist, wenngleich doch auch anders dumm. Man muss es sagen, man muss es – notfalls gegen die eigene Überzeugung – für möglich halten, dass unser «Innenminister […] alle Tassen im Schrank»[25] hat.

Das bedeutet nicht, dass er nicht dennoch eine Dummheit und Niederträchtigkeit advoziert: Denn der Nationalsozialismus, der den Rechtspopulisten zu gefallen scheint, war auch an sich dumm, ein inhumanes, aber auch nach dem Maßstabe einer instrumentellen Vernunft ja offensichtlich ineffizientes System, allerdings glaubte er nicht an seine Sündenbock- und Dolchstoßlegenden, an die manch einer dagegen geglaubt haben mag und vielleicht noch heute glaubt. Diese Narrative waren Vorwände, um einer (subjektiven) Elite Macht zu verleihen, die aufs Soziale auch nicht national achtete.

Zu zeigen, dass es an jenen liegt, nicht etwa an verstiegenen Utopien angeblich Linker (und gar Linkslinker, was immer das wäre), wenn der parlamentarische Polylog von abwesenden und schweigenden Regierungsmit­gliedern konterkariert wird und unterbleibt, dies ist der eine Grund.

9.

Der andere Grund ist der, dass, wenn man den Versuch aufgäbe, selbst mit jenen zu sprechen, die das Gespräch beschädigen, weil ihnen die gewaltsame Durchsetzung lieber ist, die keine Implikate – Sprachgerechtigkeit eben – beinhaltet, man sich ihnen wie angedeutet angliche.

Es anders zu machen ist der einzige Weg: Werte kann man nicht verteidigen, man kann sie nur umsetzen, in der Werthaltung, die sich in Köhlmeiers Texten ausdrückt.

Bibliographie

Adorno, Theodor W.: Gesammelte Schriften, ed. Rolf Tiedemann et al., Frankfurt/M.: Suhrkamp Verlag 2003 (=suhrkamp taschenbuch wissenschaft 1701-20).

Božovič, Miran: Gespenster, trad. Karl Bruckschwaiger. In: Ligaturen. Turia + Kant. Aus dem 7. Jahr, ed. Ingo Vavra. Wien: Turia + Kant 1995, S. 29-32.

Hamacher, Werner: Sprachgerechtigkeit. Frankfurt/M.: S. Fischer Verlag 2018 (S. Fischer Wissenschaft).

Henisch, Peter: Figuren-Werfen. Der Peter-Henisch-Reader, ed. Franz Schuh. Salzburg, Wien, Frankfurt/M.: Residenz Verlag 2003.

Horowitz, Michael: Märchen und Wahrheiten des Lebens. In: Die Presse am Sonntag, 24.2.2019, S. 16.

Kant, Immanuel: Werkausgabe in 12 Bänden, ed. Wilhelm Weischedel. Bd VIII: Die Metaphysik der Sitten. Frankfurt/M.: Suhrkamp Verlag 91991 (=suhrkamp taschenbuch wissenschaft 190).

Kehlmann, Daniel: Im Steinbruch. Festrede zur feierlichen Eröffnung des Internationalen Brucknerfestes Linz 2018. In: OÖNachrichten, 9. Sept. 2018, LINK (date of access: 10.9.2018).

Köhlmeier, Michael: Erwarten Sie nicht, dass ich mich dumm stelle. Reden gegen das Vergessen. München: dtv 2018 (=dtv 14709).

Köhlmeier, Michael: Rede am Gedenktag gegen Gewalt und Rassismus, Freitag 4. Mai 2018, LINK (Stand: 1.2.2019).

Lyotard, Jean-François: Der Widerstreit, trad. Joseph Vogl. München: Wilhelm Fink Verlag 21989 (=Supplemente, vol. 6).

N.N.: Wegen ständiger Anfeindungen: Weltbester Candy-Crush-Spieler (32) beendet Karriere. In: Die Tagespresse, LINK (Stand: 1.2.2019).



[1] Peter Henisch: Figuren-Werfen. Der Peter-Henisch-Reader, ed. Franz Schuh. Salzburg, Wien, Frankfurt/M.: Residenz Verlag 2003, S. 172.

[2] Michael Horowitz: Märchen und Wahrheiten des Lebens. In: Die Presse am Sonntag, 24.2.2019, S. 16.

[3] Die Rede findet sich online, Michael Köhlmeier: Rede am Gedenktag gegen Gewalt und Rassismus, Freitag 4. Mai 2018, LINK (Stand: 1.2.2019), nachzulesen ist die gedruckte Version u.a. auf www.erinnern.at, LINK sowie in Buchform, Michael Köhlmeier: Erwarten Sie nicht, dass ich mich dumm stelle. Reden gegen das Vergessen. München: dtv 2018 (=dtv 14709), S. 7-10. Die Rede mussten sich damals die Rechten nicht nur gefallen lassen, sondern sie zunächst einmal auch anhören – während ich einem freiheitlichen, d.h. rechtspopulistischen Vizekanzler, der manches, was heute an seinem Innenminister als demokratiepolitisch unentschuldbare Ausrutscher wahrgenommen wird, programmatisch vor der Wahl veröffentlicht hat, und seinem Kanzler von der einst christlich-sozialen ÖVP, der stets entweder der FPÖ das Krawallmonopol, dem er als Populist nichts wirklich entgegen set­zen kann, überlassen oder seine Partei in einen Konsens mit dem Rechtspopulismus nötigen muss, nicht unterstellen kann, dass sie sich solche Bücher in ihre Bücherregale stellten. Genauer unterstelle ich den Mitgliedern dieser Regierung erst gar nicht die Neigung zu Bücherregalen.

[4] N.N.: Wegen ständiger Anfeindungen: Weltbester Candy-Crush-Spieler (32) beendet Karriere. In: Die Tagespresse, LINK (Stand: 1.2.2019).

[5] Köhlmeier: Erwarten Sie nicht, dass ich mich dumm stelle, S. 7.

[6] Theodor W. Adorno: Gesammelte Schriften, ed. Rolf Tiedemann et al., Frankfurt/ M.: Suhrkamp Verlag 2003 (=suhrkamp taschenbuch wissenschaft 1701-20), Bd 4, S. 72.

[7] Reinhard Schwabenitzky: [Beispiel Gabalier], LINK (Stand: 4.2.2019).

[8] Köhlmeier: Erwarten Sie nicht, dass ich mich dumm stelle, S. 8.

[9] Ibid., S. 7.

[10] Ibid.

[11] Ibid., S. 8.

[12] Miran Božovič: Gespenster, trad. Karl Bruckschwaiger. In: Ligaturen. Turia + Kant. Aus dem 7. Jahr, ed. Ingo Vavra. Wien: Turia + Kant 1995, S. 29-32, S. 30.

[13] Köhlmeier: Erwarten Sie nicht, dass ich mich dumm stelle, S. 7.

[14] Ibid., S. 9.

[15] Ibid., S. 8.

[16] Ibid.

[17] Ibid., S. 9.

[18] Ibid.

[19] Jean-François Lyotard: Der Widerstreit, trad. Joseph Vogl. München: Wilhelm Fink Verlag 21989 (=Supplemente, vol. 6), S. 34.

[20] Ibid.

[21] Cf. hierzu Werner Hamacher: Sprachgerechtigkeit. Frankfurt/M.: S. Fischer Verlag 2018 (S. Fischer Wissenschaft), passim.

[22] Herbert Kickl im Report am 22.1. 2019, auf der mediathek des ORF leider nicht mehr abrufbar, jedoch etwa auf youtube, z.B. unter LINK (Stand: 4.2.2019) 4:17-21.

[23] «Das Recht muß nie der Politik, wohl aber die Politik jederzeit dem Recht angepaßt werden». – Immanuel Kant: Werkausgabe in 12 Bänden, ed. Wilhelm Weischedel. Bd VIII: Die Metaphysik der Sitten. Frankfurt/M.: Suhrkamp Verlag 91991 (=suhrkamp taschenbuch wissenschaft 190), S. 642, A 312.

[24] Daniel Kehlmann: Im Steinbruch. Festrede zur feierlichen Eröffnung des Internationalen Brucknerfestes Linz 2018. In: OÖNachrichten, 9. Sept. 2018, LINK (date of access: 10.9. 2018).

[25] Köhlmeier: Erwarten Sie nicht, dass ich mich dumm stelle, S. 69.

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Erminio Morenghi

(Parma)

Lo Ungeziefer della «Verwandlung» di Kafka nel processo di una
nichilistica liberazione dallo Spießertum familiare. Alcune riflessioni

[The Ungeziefer of Kafka’s «Verwandlung» in the process
of a nihilistic release from the philistinism of the family. Some considerations
]

abstract. This paper problematizes the etymology of the word “Ungeziefer” in Franz Kafka’s Verwandlung, connecting it to the Jewish tradition and Egyptian mythology as well as to the anti-Semitism that flourished from the Renaissance to the early twentieth century in the German and Central European area. Gregor Samsa’s desire for freedom and emancipation embodies a monstrous and tragical metamorphosis, which gives the opportunity to free the protagonist, albeit in a humiliating and nihilistic way, from the yoke of philistinism in the family, paradoxically freeing also his relatives from a stagnant existential condition. Kafka’s “Ungeziefer” thus becomes a symbol of growth, transformation and rebirth.

Gli approcci ermeneutici alla Verwandlung (1915)[1] che ha reso celebre, accanto a Der Prozess, Das Schloß e alla raccolta di racconti, lo scrittore praghese di lingua tedesca Franz Kafka, hanno problematizzato alcuni aspetti peculiari dell’opera, partendo da diverse chiavi di lettura, da quella teologica a quella esistenzialista, da quella psicoanalitica a quella simbolista, da quella nichilistica a quella sociologica. La Sekundärliteratur sulla Verwandlung si arricchisce ogni anno, confermando a pieno il carattere molteplice della scrittura kafkiana che è da annoverarsi tra le esperienze più significative e incisive dell’intera letteratura mondiale. Ma ciò che in questo contributo si intende sottolineare è l’afflato emancipatorio e catartico che permea l’opera in questione e nella fattispecie la trasformazione del commesso viaggiatore Gregor Samsa, il protagonista, in un ungeheueres Ungeziefer, vale a dire, seguendo le diverse lezioni traduttive italiane, «in un immenso insetto»[2], «in un enorme insetto immondo»[3], «in un insetto mostruoso»[4], «in un insetto gigantesco»[5], «in un enorme insetto»[6], «in un immane insetto»[7] che suscita repellenza e disgusto. Kafka non esplicita in apertura dell’opera di che specie di insetto si tratti o meglio a quale famiglia o ordine appartenga, rimane l’indeterminatezza del termine, su cui il lettore o l’esegeta può avanzare le più disparate ipotesi interpretative[8].

Il Wortfeld del vocabolo tedesco Ungeziefer e di quello ebraico Aròb ad esso connesso è ampio in termini semantico-lessicali ed ermeneutici. Dal Bibel-Lexikon relativo alla quarta piaga d’Egitto si evince che «die Bedeutung des hebräischen Wortes Aròb ist etwas unklar. Es gibt ein Insekt, das unglaublich zerstörisch ist und innerhalb von kurzer Zeit das Holz des Hauses ruiniert. Ohne Zweifel könnte auch die gewöhnliche Fliege von Ägypten gemeint sein. Sie ist zerstörend, verdirbt sehr schnell das Essen und greift ständig den Körper an. Eine Sache, durch die diese Plage charakterisiert wird, ist, dass diese Insekten nicht in das Land Gosen gesandt wurden, wo die Israeliten lebten»[9]. Partendo quindi dalla tradizione veterotestamentaria dell’Esodo («Darauf sprach der Herr zu Mose: Steh früh auf, tritt vor Pharao, wenn er an den Fluss hinuntergeht, und sag zu ihm: So spricht Jahwe: Lass mein Volk ziehen, damit sie mich verehren können. Denn wenn du mein Volk nicht ziehen lässt, lasse ich Ungeziefer auf dich los, auf deine Diener, dein Volk und deine Häuser. Die Häuser in Ägypten werden voll Ungeziefer sein; es wird sogar den Boden, auf dem sie stehen, bedecken»[10]) gli Ungeziefer (in ebraico Aròb) designano le Hundsfliegen, le Stechfliegen, le Bremsen (mosche cavalline, delle stalle o tafani[11]) tradotte con «mosconi» secondo la versione accreditata della C.E.I[12] o, secondo la Bibbia ebraica, con «miscuglio di animali dannosi»[13] o addirittura con «mischia d’insetti»[14], se si sposa l’esito traduttivo dell’edizione Diodati. Si tratta comunque di insetti ematofagi, invertebrati, appartenenti all’ordine dei ditteri, che aggrediscono i mammiferi, anche se va precisato che Samuel Oedmann nei suoi Vermischte Sammlungen aus der Naturkunde zur Erklärung der heiligen Schrift identifica l’Aròb con la blatta orientalis che manda a male vestiari, pelli e masserizie, ma non s’attacca agli uomini[15]. L’Aròb indica quindi quel gruppo di animali (locuste, mosche velenose, pidocchi, bruchi, rane) che, con il peccato originale, cessano di esercitare il loro ruolo positivo tra gli uomini, diventando nocivi, ma di cui lo spirito di Dio si serve per i suoi giudizi e ammonimenti[16]. Dio manda l’Aròb (Ungeziefer), in terra d’Egitto, affinché Faraone si ravveda e lasci libero il popolo ebreo in cattività. L’Aròb è quindi lo strumento salvifico dello spirito di Dio che disgrega chi non entra nel suo soffio e non sussiste davanti a lui, cioè lo spirito dell’“egiziano”, ma struttura lo spirito dell’“ebreo” in terra di Gosen, dove l’“ebreo” pone la propria dimora»[17].

La differenziazione tra il popolo eletto, gli ebrei, e gli egiziani sta proprio nella capacità di sopportare la pervasività dello Spirito di Dio, attraverso le piaghe, la cui centralità se non viene riconosciuta e accettata si trasforma in una forza disgregante, in un vero e proprio flagello.

Nel testo masoretico-ebraico[18] associati all’Aròb si fanno strada i concetti di «distinzione» e di «separazione» tra ebrei e non ebrei, tra puri e impuri, tra ciò che Dio riconosce come sua creatura e ciò che ritiene immondo[19], concetti che pervadono la religione e l’etica ebraiche.

Lo Ungeziefer funge perciò da spartiacque di due distinte dimensioni religiose ed esistenziali (quella degli ebrei in cattività e quella degli egiziani dominatori). Dio offre a questi ultimi l’occasione per riscattarsi attraverso la piaga degli Ungeziefer, degli insetti immondi e impuri. Pertanto «il prezzo del riscatto è appunto il non-sacrificabile, l’animale impuro»[20] visibile attestazione della collera e del rifiuto di Dio.

Interessante è notare, a questo punto, come il vocabolo Aròb getti «molte luci, la prima delle quali, il verbo “oscurarsi”, illumina un’omonimia perfetta; la seconda è Ereb composto dalle medesime lettere-energie di Aròb»[21]. L’Ereb designa la sera, ossia «quel momento della Genesi, in cui ogni cosa si oscura, in rapporto al giorno precedente, ma dove tutto ha inizio poiché introduce nella notte, matrice d’un giorno nuovo»[22]. Infatti è dal tempo della sera, dalle tenebre, dal buio, dal regno dell’Adamah (madre delle profondità) che nasce la luce, concetti questi che avremo modo di riprendere più avanti nel rilievo interpretativo della Verwandlung kafkiana.

L’associazione delle Hundsfliegen con gli Ungeziefer rimanda poi al secondo segmento della parola Beel-zebul (in greco βεελζεβουλ) nelle sue varianti Baal-sebub (divinità fenicio-cananea, il dio di Ekron), Baal-gebul, che designa satana, il principe dei demoni, lo Herr der Fliegen (signore delle mosche), lo Herr des Mists (il signore dello sterco)[23]. Nel contesto neotestamentario lo stesso Gesù, mentre scaccia un demonio che aveva reso muto un uomo, viene accusato dai Farisei di scacciarlo non per mezzo del dito di Dio, ma di Beelzebul. La valenza immonda, impura, nociva, velenosa dello Ungeziefer assume gradatamente una connotazione diabolica, satanica che culmina nello Herr der Fliegen, Satana per l’appunto. In proposito Johann Salomo Semler nel suo Versuch einer biblischen Dämonologie.Untersuchung der Lehre der heil. Schrift vom Teufel und seiner Macht associa lo Ungeziefer alla sfera del demoniaco, del malvagio, dello straordinario: «In Galiläa war viel Wasser, und daher auch viel Ungeziefer. Über dasselbe setzen sie einen Herren, und diesen Fűrsten der Fliegen schrieben die Juden alles Böse und Ausserordentliche in Galiläa zu»[24].

Lo Ungeziefer, in area romana, e precisamente secondo la Vulgata di San Girolamo, designa bestiolae molestae, omne genus muscarum, muscae diversi generi, quindi tutti i tipi di mosche che suscitano fastidio.

In area germanica il termine zebar documentato in antico alto tedesco e connesso a tīber dell’antico inglese e a tīvurr dell’antico nordico designa animali, in maggior parte pecore e capre, adatti ad essere sacrificati agli dei (Opfertiere)[25]. Il contrario di tale vocabolo viene reso in medio alto tedesco con l’uso del prefisso un-, diventando così ungezibere o ungezibele che indica un gruppo di animali impuri, immondi, che non si possono perciò sacrificare[26].

* * *

In questo contesto interpretativo della Verwandlung è utile riprendere le riflessioni del celebre entomologo Vladimir Nabokov che, citando il passo, in cui la donna di servizio apostrofa con toni apparentemente confidenziali Gregor con «Komm mal herüber, alter Mistkäfer!» o «Seht mal den alten Mistkäfer!»[27], arriva a identificare lo Ungeziefer kafkiano non con uno scarafaggio, bensì con uno “scarabeo sacro”, vale a dire con un coleottero, una valutazione già condivisa anche dallo scrittore italiano Primo Levi[28]. Occorre però precisare che Nabokov giunge a questa conclusione, osservando la conformazione dell’insetto descritto da Kafka:

Er lag aus einem panzerartig harten Rücken und sah, wenn er den Kopf ein wenig hob, seinen gewölbten, braunen, von bogenförmigen Versteifungen geteilten Bauch, auf dessen Höhe sich die Bettdecke, zum gänzlichen Niedergleiten bereit, kaum noch erhalten konnte.[29]

Si tratta di un coleottero che presenta il ventre e la schiena convesse, di colore bruno, appartenente al tipo degli Arthropoda, dotato di ali, antenne e di una robusta mandibola che «usa per girare la chiave nella serratura»[30].

Quest’ultimo, a differenza dello scarafaggio (Blatta) che appartiene alla famiglia dei Blattoidei, vive una metamorfosi completa partendo dal bruco ed evolve rapidamente sino allo stadio adulto come succede nelle farfalle. Suscita una certa curiosità il fatto che le traduzioni italiane più accreditate della Verwandlung rendono il termine tedesco con “scarafaggio” (R. Paoli, G. Schiavoni, L. Coppé, H. Furst), con “scarafone” o “bacherozzo” (A. Rho, H. Furst), con “piattola” (E. Ganni) o “blatta” (G. Schiavoni), rese traduttive, queste, citate anche in ambito critico che avrebbero dovuto riferirsi al vocabolo tedesco Küchenschabe o Hausschabe e non a Mistkäfer che designa in verità lo “scarabeo stercorario” dalle curiose peculiarità.

L’analisi entomologica di Nabokov ci riconduce al valore sacrale che lo scarabeo assumeva presso gli antichi Egizi. Il nome egizio dello scarabeo è kheper (si noti il rimando etimologico a Käfer del tedesco moderno) e tale termine significa tra l’altro «crescere, divenire, trasformarsi». Tale insetto straordinario ha la caratteristica di far rotolare il proprio seme, misto ad altro materiale, davanti a sé formando una sfera, che sospinge con le zampe posteriori, imitando così il percorso del sole[31]. Si tratta quindi dello Scarabeus sacer egizio associato al dio del sole nascente Khepri che appartiene alla specie degli scarabei stercorari (Mistkäfer), i quali si nutrono di sterco, facendone delle pallottole che poi trascinano sul suolo al fine di creare nei loro nascon-digli una riserva di cibo o come materiale per proteggere le uova. Come il sole levante crea il nuovo giorno, così lo scarabeo plasma quotidianamente una pallottola di sterco.

Si impone, a questo segno, un breve excursus sull’uso del termine Ungeziefer all’interno della spirale di forte intolleranza antisemita, antigiudaica, che ha contraddistinto buona parte della classe dominante e della cultura germanica moderne, prescindendo dai pogrom medievali, e precisamente a partire dalla celebre operetta Contra Judaeos di Lutero sino ad arrivare alle teorie razziali hitleriane che si sono nutrite degli apporti teorici dell’antisemitismo europeo tra Ottocento e Novecento[32], del vitalismo e dell’occultismo razziale ariosofico[33]. Di marca fortemente antisemita è il giudizio espresso da Ernst Moritz Arndt nel 1814 sugli ebrei da lui paragonati a degli Ungeziefer, i quali minacciano l’essere germanico unitamente ai Francesi nonché quello di Joachim Hundt-Radwsky che, invocando una sana igiene della razza germanica, afferma la necessità di un totale sterminio degli ebrei («die völlige Ausrottung der Juden»)[34]. Dal canto suo, il re di Prussia Federico Guglielmo I (regnante dal 1698 al 1740) riprende, rivolgendosi agli ebrei, una celebre affermazione del suo antenato il principe elettore del Brandeburgo Joachim II (1505-1571)[35] raccolta dal suo cancelliere: «Die Israeliten sind ein gefährliches Ungeziefer». Per non tacere di Herder che, in riferi-mento alla venalità, alla cupidigia degli usurai ebrei, paragonò la comunità israelita ai «Pontinische Sümpfe» citando l’antico proverbio «wo ein Aas liegt, da sammeln sich die Adler und wo Fäulnis ist, hecken Insekte und Würmer»[36] e del giudizio feroce del Kaiser Guglielmo II che, dal suo esilio olandese, ebbe a dire: «Kein Deutscher darf ruhen, bis diese Parasiten von deutschem Boden vertilgt und ausgerottet sind. Dieser Giftpilz an der deut­schen Eiche»[37]. Gli attributi di Ungeziefer, Schändlinge, Parasiten, Giftpilze, Bazillen, Pest[38] usati per connotare la condizione esistenziale e sociale degli ebrei, hanno pervaso la storia della cultura e del pensiero filosofico tedesco e mitteleuropeo. I loro destinatari, secolarmente avvezzi a un crudele linciaggio morale, hanno dovuto necessariamente convivere con un antisemitismo più o meno ingiurioso a seconda delle diverse compagini territoriali europee (i toni più accesi si sono avuti soprattutto nell’Est europeo e in particolar modo in Polonia). La Praga ebraica di Kafka è stata un tutt’uno con la Praga tedesca. Come scrive Giuliano Baioni, lo scrittore «educato in scuole tedesche frequentate si può dire esclusivamente dai figli della borghesia ebraica del centro di Praga […], non ha mai conosciuto, né nell’infanzia né nella giovinezza, l’antisemitismo tedesco»[39]. Non è che l’antisemi-tismo non sia esistito a Praga, tutt’altro. Era presente infatti un antisemitismo di matrice slava assai violento che, nel dicembre 1897, causò sommosse che portarono al saccheggio dei negozi dei commercianti ebrei. Kafka era allora quattordicenne. Queste manifestazioni violente dell’antisemitismo dei nazionalisti cechi di fatto rinsaldarono sempre di più l’identità culturale ebraica praghese alla lingua e alla cultura tedesche: «la Praga ebraica conosciuta dallo scrittore era in qual che modo una sorta di idillio ebraico-tedesco che non conosceva minimamente le tensioni della capitale austriaca, culla dell’antisemitismo più virulento»[40]. Kafka diverrà la voce letteraria più eloquente della cosiddetta crisi valoriale insita nella westjüdische Zeit.

A riprova dell’uso da parte degli ebrei del termine Ungeziefer derivato dalla tradizione biblica[41] e dalla cultura germanica antica e moderna nonché dalla sua integrazione trivializzata nella Umgangssprache, vale, senza alcuna reticenza, il celebre passo del Brief an den Vater (1919), in cui lo scrittore imputa al padre una grande severità nel giudicare l’attore jiddish Jitzhak Löwy che ritiene pernicioso per la sua crescita e che apostrofa brutalmente con l’espressione Ungeziefer[42] oppure nei confronti degli altri compagni, che associa al celebre proverbio «wer mit den Hunden zu Bett geht, steht mit Flöhen auf»[43]. Nella spirale denigratoria, beffardamente umiliante e avvilente, in cui il padre avviluppa il figlio e le sue relazioni amicali, emerge l’accezione di Ungeziefer dalla ampia portata semantica (insetto schifoso, pulce, cimice, parassita, buonannulla, perdigiorno, colui che si stacca dalla realtà concreta della vita seguendo vaneggiamenti poetici e teatrali), con un recupero in modo più o meno consapevole dell’etimo ebraico di Aròb che esprime, tra l’altro, come si è già precisato, un miscuglio di insetti (Ungeziefer) e quindi, per traslazione, la mescolanza di ebrei e non ebrei, una metafora etimologica che esprime il senso di purezza, di non contaminazione tipica della religione ebraica, un” espressione figurata che purtroppo si ritorcerà storicamente contro chi l’ha coniata[44]. I nazisti useranno infatti la parola Ungeziefer per designare ebrei, slavi, zingari, ossia coloro che appartengono alla cosiddetta categoria degli Untermenschen.

Nella Verwandlung, il rapporto sterile, avvilente con i famigliari, il senso di estraneità e di profonda incomprensione, la lacerazione interiore porta il commesso viaggiatore Gregor Samsa a ribaltare il suo ruolo sociale e privato. Egli si è fatto carico, suo malgrado, del sostentamento del padre, della madre e della sorella, dopo il tracollo finanziario dovuto al fallimento dell’azienda paterna («ich bin ja dem Herrn Chef so sehr verpflichtet, das wissen Sie doch recht gut. Andererseits habe ich die Sorge um meine Eltern und die Schwester»[45]). Deve necessariamente far fronte al pagamento dei debiti contratti dal padre, da un padre divenuto nel frattempo pingue e flemmatico in seguito alla perdita della propria autonomia economica:

Nun war aber der Vater ein zwar gesunder, aber alter Mann, der schon fünf Jahre nichts gearbeitet hatte und sich jedenfalls nicht viel zutrauen durfte; er hatte in diesen fünf Jahren, welche die ersten Ferien seines mühevollen und doch erfolglosen Lebens waren, viel Fett angesetzt und war dadurch recht schwerfällig geworden.[46]

Il senso di responsabilità che Gregor ha nei riguardi dei famigliari si acuisce con la sua improvvisa metamorfosi mattutina. Si risveglia infatti nelle sembianze di un gigantesco Ungeziefer[47], dopo aver trascorso una notte agitata da «aus unruhigen Träumen»[48]. La traduzione di Franco Fortini dell’in-cipit del racconto («Mentre un mattino Gregor Samsa si veniva svegliando da sogni agitati, nel suo letto si trovò mutato in un insetto mostruoso»[49]) mette bene in risalto lo sconcerto del protagonista di fronte all’improvvisa trasformazione mattutina che lo coglie del tutto impreparato e indifeso. Non sa se sia un sogno o se sia la realtà. Secondo Luigi Forte l’incipit dell’opera può ricordare, per certi versi, quello del romanzo giovanile di Dostoevskij, Il sosia: «Poco mancava alle otto del mattino, quando il consigliere titolare Jakòv Petrovic” Goljadkin si destò dopo un lungo sonno»[50]. Più oltre, nella scena del ballo, si incontra un passo importante ai fini del presente rilievo, da cui si può desumere che Kafka abbia letto di persona l’opera in questione: «Gli stava accanto più vicino di tutti un certo ufficiale, un giovane alto e bello, di fronte al quale il signor Goljadkin si sentì un autentico piccolo scarabeo»[51]. Una situazione pressoché simile si riscontra anche in un’altra celebre opera di Dostoevskij Memorie dal sottosuolo, in cui un ex-impiegato statale, in preda a un segreto desiderio di sofferenza, di auto-umiliazione, rimpiange di «non essere nemmeno riuscito a diventare un insetto»[52].

La condizione mostruosa, in cui Gregor Samsa si trova catapultato al risveglio, provoca nei genitori e nella sorella sgomento e paura. È l’incertezza del futuro economico che soprattutto li prostra («sie hatten sich in den langen Jahren die Überzeugung gebildet, daß Gregor in diesem Geschäft für sein Leben versorgt war»[53]). Ormai da tempo Gregor è diventato ai loro occhi l’unico baluardo contro le difficoltà economiche, a prescindere dai ritmi disumani, avvilenti e fagocitanti della sua vita lavorativa che, di fatto, lo privano di un margine sia pur minimo di benessere affettivo e ricreativo. È diventato ormai nient’altro che una macchina per fare soldi, seguendo una spietata e alienante logica del profitto. Il suo processo di sper-sonalizzazione che è in atto da anni, non rimorde minimamente la coscienza dei famigliari: «man nahm das Geld dankbar an»[54]. Nonostante le privazioni e i sacrifici, le elargizioni di denaro di Gregor, a beneficio dei famigliari, diventano scontate, tanto da risultare, con il passare del tempo, prive di «eine besondere Wärme»[55]. Forse l’unica che gli dimostra una certa devozione e gratitudine è la sorella, dotata musicalmente. Gregor nutre in segreto il sogno di poterla un giorno mandare al Conservatorio. Il padre, preoccupato delle sorti della famiglia, apre e chiude la cassaforte, dove tiene ancora custoditi, dopo il fallimento della sua azienda, alcuni documenti e un registro contabile. La famiglia dispone per fortuna di un piccolo capitale accantonato grazie ai guadagni di Gregor. I frutti bancari che ne derivano possono consentirle di tirare avanti un anno o due al massimo. A questo punto la tragica trasformazione di Gregor innesca nei famigliari il processo cogente di presa di coscienza delle reali difficoltà economiche che sono chiamati a fronteggiare («das Geld zum Leben aber mußte man verdienen»[56]).

I genitori e la sorella di Gregor hanno la netta sensazione di essere stati colpiti da una sciagura come non era mai successo prima di allora nella cerchia dei loro parenti e amici. Una profonda disperazione li assale impedendo loro, quasi paralizzandoli, di abbandonare il vecchio e grande appartamento divenuto troppo dispendioso. Reagiscono allo spettro della povertà come possono («Was die Welt von armen Leuten verlangt, erfüllten sie bis zum äußersten»[57]). Arriveranno persino ad affittare una stanza a dei pensionanti, provvedendo anche al loro vitto, pur di racimolare soldi. Tutto questo succede al di là della stanza divenuta, nel frattempo, una Abstellkammer, una sorta di prigione, dove lo Ungeziefer si spegne lentamente colpito a morte dalla mela scagliata violentemente dal padre che gli si è conficcata nella corazza. Egli origlia, cataloga e rielabora mentalmente tutto ciò che accade fuori dalla sua “tana”. È uno spettatore umanamente cosciente nelle vesti di un insetto mostruoso, repellente; è divenuto, suo malgrado, un parassita che grava sulle spalle della famiglia, quella famiglia che in precedenza ha così faticosamente sostenuto, privandosi del diritto sacrosanto di avere una vita affettiva tutta sua con il conseguente acuirsi di un profondo malessere dovuto alla mancata realizzazione delle sue aspirazioni individuali. L’unico simulacro di una tensione erotico-sentimentale rimasto nella sua stanza, che difende sino all’ultimo respiro con una postura copulativa, nonostante il tentativo di rimuoverlo da parte della madre e della sorella, è l’illustrazione di una signora seduta con un cappellino e un boa di pelliccia ritagliata da un giornale e messa in una bella cornice dorata:

da sah er an der im übrigen schon leeren Wand auffallend das Bild der in lauter Pelzwerk gekleideten Dame hängen, kroch eilends hinauf und preßte sich an das Glas, das ihn festhielt und seinem heißen Bauch wohltat. Dieses Bild wenigstens, das Gregor jetzt ganz versteckte, würde nun gewiß niemand wegnehmen.[58]

L’unica persona che è lucidamente consapevole della “reale” condizione di Gregor e che non gli dimostra disgusto, è la donna delle pulizie a ore, «diese alte Witwe, die in ihrem langen Leben mit Hilfe ihres starken Knochenbaues das Ärgste überstanden haben»[59]. All’inizio mentre riassetta la stanza che diventerà col passare del tempo uno sgabuzzino, gli si rivolge con appellativi del tipo «Komm mal herüber, alter Mistkäfer!» oppure «Seht mal den alten Mistkäfer!»[60]. Questi appellativi svelano di fatto al lettore la vera identità e il ruolo dello Ungeziefer che riesce a ribaltare il parassitismo (Schmarotzertum) familiare in una rinascita esistenziale degli stessi congiunti, ripristinando per certi versi quella bürgerliche Sekurität improvvisamente compromessa. Il padre diventa infatti usciere di banca, fiero della sua divisa che non abbandona mai anche quando è a casa, «als sei er immer zu seinem Dienste bereit und warte auch hier auf die Stimme des Vorgesetzten»[61]. La madre accetta un lavoro di cucitrice per un negozio di moda e la sorella trova un posto di commessa, studiando la sera stenografia e francese per migliorare la sua condizione lavorativa ed economica. Pur perdendo l’agio di un tempo garantito dal lavoro di Gregor, il nucleo familiare rinserra le fila per proteggersi solidalmente dalle difficoltà economiche subentrate in seguito alla metamorfosi del loro famigliare:

Wer hatte in dieser abgearbeiteten und übermüdeten Familie Zeit, sich um Gregor mehr zu kümmern, als unbedingt nötig war? Der Haushalt wurde immer mehr eingeschränkt; das Dienstmädchen wurde nun doch entlassen; eine riesige knochige Bedienerin mit weißem, den Kopf umflatterndem Haar kam des Morgens und des Abends, um die schwerste Arbeit zu leisten, alles andere besorgte die Mutter neben ihrer vielen Näharbeit. Es geschah sogar, daß verschiedene Familienschmuckstücke, welche früher die Mutter und die Schwester überglück­lich bei Unterhaltungen und Feierlichkeiten getragen hatten, verkauft wurden.[62]

Quest’evoluzione sarà resa possibile mediante la metamorfosi di Gregor da definirsi imperfetta rispetto ai canoni della tradizione classica, ovvero al sacrificio di Gregor-insetto (Familientier) che riuscirà finalmente a liberarsi, con la sua raccapricciante fine, dai gravami dello Spießertum familiare, evitando ai suoi congiunti di dar corso all’idea di sbarazzarsi definitivamente di lui, di sopprimerlo miseramente («wir müssen versuchen, es loszuwerden»[63]). La metamorfosi è, secondo Canetti, una dinamica fondamentale che ha segnato e segna profondamente la storia della civiltà umana, di cui lo scrittore ha la responsabilità di essere il custode[64]. Gregor, una volta entrato nella dimensione dell’animalità, la vive come l’unica via possibile per uscire da una situazione esistenziale insostenibile, schiacciato tra gli ingranaggi del potere familiare soverchiante. Viola Carofalo osserva in un suo recente e stimolante contributo kafkiano: «la malattia, proprio come l’animalità, si configura come vita quasi umana e si contrappone, in quanto tale, all’organizzazione e alla produttività, a ciò che è consueto, decoroso, ben accetto»[65].

* * *

La dimensione ripugnante dell’insetto, in cui il protagonista è calato, diviene quindi la negazione assoluta di tutto ciò che è funzionale, adempiente, utile e produttivo.

Dal canto suo, Nabokov sostiene acutamente che Gregor è un essere umano nella veste di insetto (Aròb-Ungeziefer), mentre i suoi famigliari sono insetti «in veste di persone»[66], «sono i suoi parassiti che lo sfruttano, lo corrodono dall’interno»[67]. L’essere diventato insetto rappresenta per Gregor il totale distacco dalla dimensione umana alienante e quindi dalle gerarchie e dalle logiche economiche e produttive[68] che tale status implica per poter così potenziare la lucida, e disincantata riflessione sulla sua mostruosa condizione di albergare in un corpo d’insetto. La trasformazione del protagonista è quindi legata a un processo di autonegazione, di oscuramento (Ereb) del proprio Io sociale e privato. Non si tratterebbe affatto, come giustamente precisa la traduttrice inglese Susan Bernofsky, di un’entità virtuale. Secondo Helmut Böttiger, «was Gregor Samsa erlebt, ist “kein Traum”, wie es einmal heißt. Es ist die normalerweise nicht sichtbare Kehrseite der Realität»[69]; la qual cosa suscita un grande sconcerto nel lettore, poiché è per lui difficile cogliere il grado di sofferenza e di disagio nonché la portata della deriva esistenziale che il protagonista è costretto a sperimentare. L’insetto kafkiano della Verwandlung – continua Böttiger – non è un’astrazione, non è un sim-bolo, è un’immagine irreale non spiegabile verbalmente, è il genuinamente letterario che si sottrae alla comune trattazione teorica.

La scrittura kafkiana ha il potere di scandagliare magistralmente il profondo delle realtà psichiche e mnestiche (Adamah), il vuoto esistenziale del protagonista. Non bisogna però scordare la valenza che lo Ungeziefer assume nel processo di desacralizzazione tipico dell’universo kafkiano, in cui il senso del Divino risulta remoto, forse nascosto. «L’insetto, come afferma Paolo di Sacco, porta nel suo corpo la piaga insanabile»[70] del percepirsi impuro, è «la visibile tumefazione di questa irrequietezza, del suo non sentirsi in sintonia col cosmo»[71]. Il tormento di Gregor derivato da un senso profondo di inettitudine, precarietà e alienazione esistenziale è quello di una «creatura abbandonata dal suo Dio, senza patria, né ruolo, e quindi senza identità»[72].

Il credo religioso e l’eredità dei padri sono ombre tra le ombre. L’animalità mostruosa è la manifestazione estrema della completa deriva dell’umano del protagonista in un crescendo sconcertante di sofferenza e di rassegnata sopportazione. Lo scrittore israeliano Abraham B. Yehoshua, interrogandosi sulla natura dell’insetto della Verwandlung kafkiana, afferma che «se [esso] viene interpretato esclusivamente come simbolo metaforico o allegorico, un simbolo generale di disumanizzazione, allora perdiamo […] qualcosa di importante in questo racconto, che, al di là di tutto ciò che riguarda l’insetto, tiene bene testa a un approccio realistico generale»[73]. Sul taglio concreto dato da Kafka al suo racconto, Yehoshua cita efficacemente il passo di una lettera che lo scrittore praghese indirizzò all’amico Yanok: «È un sogno terribile, è una concezione terribile. Il sogno svela la realtà, mentre l’idea ne è una risultanza. È la mostruosità della vita, la natura terrifica dell’arte»[74].

Riprendendo i concetti di Aròb (Ungeziefer) ed Ereb (tenebre) precedentemente citati, significativo è nella Verwandlung la dimensione del buio, not-turna per cosi dire, che avvolge Gregor nella sua stanza-ripostiglio («Was für ein stilles Leben die Familie noch führte», sagte sich Gregor und fühlte, während er starr vor sich ins Dunkle sah, einen großen Stolz darüber»[75]; «und wenn nun Gregor im Dunkel war»[76]). La sua stessa morte viene annunciata a piena voce nell’oscurità dalla donna a ore: «und rief mit lauter Stimme in das Dunkle hinein»[77]. Talvolta la porta rimane aperta per ricordare alla famiglia che Gregor esiste ancora. La metafora dell’oscuramento (Ereb) della precedente vita del protagonista (Aròb) vale non solo come una forma di estrema ribellione dell’individuo contro la sua condizione disumana e alienante, ma anche come estremo ammonimento verso i suoi famigliari, affinché colgano l’opportunità di dare un nuovo corso alla loro esistenza. A questo proposito è particolarmente interessante sottolineare quanto Kafka scrive nella lettera del 25 ottobre 1915 inviata all’editore Kurt Wolff, in cui, riferendosi all’illustrazione del frontespizio della Verwandlung, suggerisce due possibilità «i genitori e il procuratore davanti alla porta chiusa [la prima], o, meglio ancora, i genitori e la sorella nella stanza illuminata, mentre la porta che dà nella camera attigua, tutta buia, rimane aperta [la seconda]»[78].

Ferito a morte dal padre che gli scaglia una mela che ferisce gravemente la sua corazza, Gregor si lascia lentamente morire con la lucida autocoscienza della propria fine imminente che ricorda, secondo Paolo Di Sacco il Christus patiens, avviato alla crocifissione, una sorta di «piccolo Cristo»[79] laico, come ci ricorda Italo Alighiero Chiusano nel suo ultimo pezzo teatrale, uscito postumo, Consideratemi un sogno:

Den verfaulten Apfel in seinem Rücken und die entzündete Umgebung, die ganz von weichem Staub bedeckt waren, spürte er schon kaum. An seine Familie dachte er mit Rührung und Liebe zurück. Seine Meinung darüber, daß er verschwinden müsse, war womöglich noch entschiedener, als die seiner Schwester.[80]

La sorella ammette in modo espicito che «ein Zusammenleben von Menschen mit einem solchen Tier nicht möglich ist»[81]. Nella Verwandlung, Kafka fa ricorso alla situazione allucinata di Gregor, scaturita da sogni irrequieti, per esorcizzare quell’accusa di parassitismo che gli veniva mossa dal padre-padrone. A dire il vero già prima della metamorfosi Gregor si sentiva un Ungeziefer in un corpo d’uomo, una condizione, la sua, tutta interiore dettata dal sentirsi “diverso”, “estraneo”, “incompreso” che estrofletterà nell’acquisire le sembianze di un insetto dotato però di una coscienza umana. In lui si coagula quindi tutto il dramma di Kafka, con il rischio di «una preoccupante caduta verso l’equivoco della compromissione autobiografica»[82]. È bene ricordare che anche nel racconto Hochzeitsvorbereitungen auf dem Lande il protagonista Raban sceglie il letto come luogo di ripiegamento su se stesso, come fuga dalla realtà e pensa che manderà in campagna il suo corpo vestito scisso da quello vero che assume la forma di un gigantesco coleottero («ich habe, wie ich im Bett liege, die Gestalt eines großen Käfers, eines Hirschkäfers oder eines Maikäfers, glaube ich»[83].

Come scrive Giuliano Baioni, «Kafka nell’immagine del suo insetto rende visibile tutta l’abiezione dell’esistenza piccolo-borghese fondata sul parassitismo di rapporti squallidi, ambigui e mortificanti in cui l’unica forma possibile di chiarezza è l’autorità di un giudice che alimenta il proprio potere con l’energia che sottrae alla sua vittima»[84]. Grazie alla reificazione di se stesso («das Zeug von nebenan»[85]) e alla sua tragica e ignominiosa fine annunciata dalla irriverente e brutale donna delle pulizie («Sehen Sie nur mal an, es ist krepiert; da liegt es ganz und gar krepiert!»)[86], Gregor riuscirà di fatto a traghettare la sua famiglia verso una progettualità esistenziale aperta, verso nuove sfide future: «es fand sich, daß diese bei näherer Betrachtung durchaus nicht schlecht waren, denn aller drei Anstellungen waren, worüber sie einander eigentlich noch gar nicht ausgefragt hatten, überaus günstig und besonders für später vielversprechend»[87]. Consentirà loro di ritrovare in una nuova primavera («Es war schon am Ende März»[88]) il calore, la vivacità e il positivo della vita ben espressi dalla giovane sorella che durante una gita in campagna con i genitori esce per prima dalla vettura «und ihren Körper dehnte»[89]. Gregor divenuto uno scarabeo, secondo l’ipotesi interpretativa di Nabokov, offre tutto il suo abbrutimento, la sua reificazione creaturale, sull’altare della felicità familiare, a discapito della realizzazione di se stesso, recuperando in un certo senso la valenza sacrale che tale insetto aveva presso gli antichi Egizi, ossia quello di essere il simbolo del divenire e della rinascita[90]. Del resto il cognome stesso Samsa allude al termine buddista “samsara” (“scorrere insieme”) che designa il perenne ciclo di vita, morte e rinascita. Nel quarto degli Otto quaderni in ottavo, non a caso, lo scrittore annota «La catena delle generazioni non è la catena della tua più intima natura, eppure vi si ricollega per diversi rapporti. Quali? – Le generazioni muoiono come gli attimi della tua vita. – In che cosa consiste la differenza?»[91].

Die Verwandlung come fiaba tragica e funesta, come «eine Axt für das gefrorene Meer in uns»[92] esprime quindi pienamente il sacrificio estremo e paradossale di Gregor-Ungeziefer (il non-sacrificabile[93]) che si fa carico di tutta la negatività familiare per traghettarla verso una resurrezione. Il protagonista uscito dalla penna del geniale scrittore praghese potrebbe ricollegarsi, per certi aspetti, attraverso la sua metamorfosi in un ungeheueres Ungeziefer, al patrimonio simbolico-sapienzale dell’antico Medio Oriente, additando una possibilità di rinascita per i suoi cari (il cosiddetto organismo familiare) anche a costo dell’auto-umiliazione e del pieno annullamento di se stesso. La discesa nichilistica e autodistruttiva del protagonista negli abissi del creaturale, del mitologico, nel primordiale, obbliga di fatto i suoi famigliari a dare una nuova svolta alla loro esistenza, liberando nel contempo se stesso dalla spirale ammorbante dello Spießertum, in cui si sentiva irrimediabilmente avviluppato, letalmente paralizzato.

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[1] Il racconto viene pubblicato a Lipsia la prima volta nel 1915 dalla casa editrice di Kurt Wolff nella collana «Die weißen Blätter». La stesura risale al 1912 tra il mese di novembre e di dicembre, come si può desumere da due lettere indirizzate alla fidanzata Felice Bauer, e precisamente quelle datate 23 («È intitolato Metamorfosi, ti incuterebbe molta paura e forse ne faresti a meno, poiché paura ti devo fare purtroppo ogni giorno con le mie lettere» F. Kafka, Lettere a Felice 1912-1917, Arnoldo Mondadori editore, Milano, 1972, p. 82) e 24 novembre 1912 («Cara, che racconto eccezionalmente ripugnante è mai quello che metto di nuovo da parte per riavermi pensando a te! Ora è già arrivato un pezzo oltre la metà e io, in complesso non ne sono insoddisfatto, ma è nauseante oltre ogni limite» ivi, p. 83). – Sui rilievi interpretativi si vedano G. Baioni, Kafka. Romanzo e parabola, Feltrinelli, Milano, 1962; Th. W. Adorno, Appunti su Kafka, in Prismi. Saggi sulla critica della cultura, Einaudi, Torino, 1962; E. Canetti, Laltro processo, Longanesi, Milano, 1969; H. Binder, Kafka-Kommentar zu sämtlichen Erzählungen, Winkler, München, 1975; G. Massimo, Franz Kafka, La Nuova Italia, Firenze 1984; M. Blanchot, Da Kafka a Kafka, Feltrinelli, Milano, 1983; C. Magris, Lanello di Clarisse. Grande stile e nichilismo nella letteratura moderna, Einaudi, Torino, 1984; P. Citati, Kafka, Rizzoli, Milano, 1987; M. Freschi, Introduzione a Kafka, Laterza, Bari, 1993; AA. VV., Kafka, in «Humanitas», ed. Morcelliana, Brescia, 2000; H. Binder, Kafkas «Verwandlung». Entstehung, Deutung, Wirkung, Stroemfeld, Frankfurt am Main, 2004; R. Crumb, Kafka, Bollati Boringhieri, Torino, 2008; S. Kaul, Einführung in das Werk Franz Kaf­kas, Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt, 2010; G. A. Goldschmidt, Meistens wohnt der den man sucht nebenan, S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main, 2010; M. Schmitz-Emans, Kafka Franz: Epoche-Werk-Wirkung, C.H. Beck, München, 2010; M C. Colangelo, Una rotonda sul mare. Kafka allo specchio dei filosofi, Edizioni d’If, Napoli, 2014.

[2] Trad. it. di Henry Furst (Longanesi, 1965).

[3] Trad. it. di Rodolfo Paoli (Mondadori, 1970).

[4] Trad. it. di Anita Rho (Rizzoli, 1975) e di Franco Fortini (Einaudi,1986).

[5] Trad. it. di Luigi Coppé (Newton Compton editori, 1991).

[6] Trad. it. di Giulio Schiavoni (Rizzoli, 1995).

[7] Trad. it. di Enrico Ganni (Einaudi, 2008).

[8] Sui problemi legati alla traduzione delle opere kafkiane cfr. L. Borghese, Tradurre Kaf­ka, in Il viaggio della traduzione. Atti del Convegno, University Press, Firenze, 2006, pp. 341-351; F. Fortini, Due note su Kafka, in Un giorno o laltro, Quodlibet, Macerata, 2006.

[9] Citazione da Bibelwissenschaft.de. Sulla quarta piaga d’Egitto si veda anche La Santa Scrittura in volgare riscontrata nuovamente con gli originali ed illustrata con breve commento di Gregorio Ugdulena, vol I, Vecchio Testamento, Tipografia di Francesco Lao, Palermo, 1859, pp. 278-279 nonché il Grande commentario biblico, Parte I Il Vecchio testamento, Queriniana, Brescia, 1973. In quest’ultima opera alla voce «Quarta piaga: i tafani 8,16-28» si precisa che «questa piaga che noi ascriviamo a J, sembra un doppione della piaga precedente [quella delle zanzare]. Anche in questo caso la natura della piaga è un po’ dubbia: consisterebbe in mosche, tanto ordinarie in tutto il Medio Oriente, o in tafani» (p. 67).

[10] Die Bibel, Exodus, 8, 16-17, Herder Verlag, Freiburg-Basel-Wien, 2001, p. 61. È bene ricordare che nel Levitico 11, 20 «Ogni insetto alato che cammina su quattro zampe, è un abominio» per gli Ebrei (La Bibbia. Nuovissima versione dei testi originali, Edizioni Paoline, Torino, 1987, p. 141); la versione tedesca recita «Alle Kleintiere mit Flügeln und vier Füßen seien euch abscheulich» (Die Bibel, cit., p. 105).

[11] In proposito si consideri il versetto 45 del salmo 78 «Mandò in mezzo a loro tafani che li divorassero e rane che li molestassero» (La Bibbia. Nuovissima versione dei testi originali, cit., p. 861). La versione tedesca recita «Er schickte einen Schwarm von Fliegen, der fraß sie auf,/ein Heer von Fröschen, das vertilgte sie» (Die Bibel, cit., p. 652), mentre l’edizione Diodati «Ed havea mandato contr’a loro una mischia d’insetti, che gli mangiarono: e rane, che gli distrussero» (La Bibbia di Deodati, Il Vecchio Testamento vol. II, Salmi 78,45, Arnoldo Mondadori editore, Milano, 1999, p. 231). Da citare è anche il versetto 31 del salmo 105 nella versione italiana «Diede un comando e vennero le mosche, zanzare in tutto il territorio» (La Bibbia, cit., p. 888), in quella tedesca «Er gebot, da kamen Schwärme von Fliegen/ und von Stechmücken über das ganze Gebiet» (Die Bibel, cit., p. 666) e secondo l’edizione Diodati «Alla sua parola venne una mischia di insetti, e pidocchi in tutte le lor contrade» (La Bibbia di Deodati, Salmi 105, 31, cit., p. 275). Se si scorrono poi i Libri profetici, ci si imbatte in Geremia 46 nel versetto 20 relativo all’invasione dell’Egitto: «Giovenca bellissima è l’Egitto: un tafano del nord è giunto su di essa». (La Bibbia, cit., p. 1292) corrispondente alla versione tedesca «Eine stattliche Jungkuh ist Ägypten,/die Bremse von Norden stürzt sich auf sie.» (Die Bibel, cit., p. 915). L’edizione Deodati riporta invece «Egitto è una bellissima giovenca: ma dal Settentrione viene, viene lo scannamento» (La Bibbia di Deodati, Il Vecchio Testamento vol. I, Esodo VIII, 21-32, cit., p. 783).

[12] La Bibbia, cit., p. 85.

[13] «Così fece il Signore: un grandissimo miscuglio di animali dannosi penetrarono nella casa del Faraone e dei suoi servi; e tutto il territorio egiziano andava in distruzione per il miscuglio delle bestie» (Bibbia ebraica a cura di Rav Dario Disegni, Giuntina, Firenze, 1995, p. 104). Nella nota a corredo del testo biblico si afferma:«Difficile è determinare che cosa indichi esattamente il testo che usa una parola che significa mescolanza. Forse si tratta di scarabei [il corsivo è mio] così comuni in Egitto o varie specie d’insetti dannosi» (ibidem). Dal radicale Aròb deriva la parola che in ebraico designa «confusione», «mescolanza», parola che gli israeliti usavano per definire i non israeliti, gli impuri.

[14] La Bibbia di Deodati, Il Vecchio Testamento vol I, Esodo VIII, 21-32, Arnoldo Mondadori editore, Milano, 1999, p. 193-195.

[15] Citazione dall’opera succitata pubblicata a Rostock e Lipsia nel 1793 presso la Libreria Koppenschen, p. 89.

[16] Le dieci piaghe d’Egitto che equivalgono a dieci calamità (l’acqua cambiata in sangue, le rane, le zanzare, i mosconi, la mortalità del bestiame, le ulcere, la grandine, le cavallette, le tenebre e la morte dei primogeniti), sono il segno tangibile, la dimostrazione, della potenza di Dio. È in nome di quest’ultimo che Mosè chiede al Faraone di lasciare partire il popolo ebraico ridotto in schiavitù.

[17] S. Annick, LEgitto interiore o le dieci piaghe dellanima, ed. Servitium, Sotto il Monte, 2007, p. 77.

[18] Cfr. P. Di Sacco, Linsetto di Kafka tra metamorfosi e redenzione, in «Intersezioni», n. 2/98, Il Mulino, Bologna, 1998, p. 244. L’autore precisa in una nota che Masora o Masorah indica l’insieme delle osservazioni critiche sul testo originale del Vecchio Testamento che risale alla tradizione orale delle scuole rabbiniche e che appare nella versione scritta solo dopo la compilazione del Talmud a partire dal VI secolo.

[19] Cfr. R. Paoli, Introduzione a La metamorfosi. Racconto, Mondadori, 1970 pp. 31-33.

[20] P. Di Sacco, Linsetto di Kafka tra metamorfosi e redenzione, cit., p. 244.

[21] S. Annick, LEgitto interiore o le dieci piaghe dellanima, cit., p. 73.

[22] Ivi, p. 74.

[23] Cfr. G. Proja, Uomini, diavoli, esorcismi: la verità sul mondo occulto, Città nuova, Roma, 2002.

[24] Citazione dall’edizione hallense del 1776 uscita per i tipi di C. H. Hemmerde. Tratta dello Ungeziefer anche l’opera di Johann Jacob Schmidt, Biblischer Geographus oder vollständige Beschreibung aller in der heil. Schrift bennanten Länder und Städte, Verlegung des Waysenhauses bey G. B. Fromman, Züllichau, 1740, p. 73, pp. 404-537, p. 543.

[25] Tacito, nella sua Germania parlando dei sacrifici che i Germani tributavano agli dei, in particolare a Ercole e Marte scrive: «[Herculem et] Martem concessis animalibus placant» (Tacito, La Germania, Editori riuniti, Roma, 1983, p. 43).

[26] Cfr. Deutsches Wörterbuch von Jakob und Wilhelm Grimm, Bd. 24, Sp. 943 bis 950. È bene ricordare che il prefisso ge-+vocabolo esprime una quantità, un gruppo, un miscuglio di cose, animali ecc.

[27] V. Nabokov, Lezioni di letteratura, Garzanti, Milano, 1992, p. 300. I passi citati stanno in F. Kafka, La metamorfosi, introduzione di G. Baioni, ediz. bilingue, Rizzoli, Milano, 1975, p. 144 (d’ora in poi L. M.).

[28] Cfr. P. Levi, Conversazioni e interviste, a cura di M. Belpoliti, Einaudi, Torino, 1997, pp. 188 sgg.

[29] L. M. p. 52.

[30] V. Nabokov, Lezioni di letteratura, cit., p. 302.

[31] In proposito cfr. A. Russo Pavan, Divinità, simboli, rituali, magia, amuleti, invocazioni, ediz. Mediterranee, Roma, 2000; F. H. Nelson, Simboli di potere. Amuleti e talismani di tutto il mondo, Il Punto d’incontro, Vicenza, 2008; B. de Rachewiltz, Egitto magico religioso, Libritalia, Vibo Valenzia, 1997.

[32] Cfr. R. Pascal, Dal naturalismo allespressionismo. Letteratura e società in Austria e in Germania 1880-1918, Feltrinelli, Milano, 1977 (si veda in particolare il cap. IV «L’ebreo come straniero e come borghese», pp. 71-86).

[33] In merito illuminante è il volume di N. Godrick-Clarke Le radici occulte del nazismo, Sugarco edizioni, Carugo, 1992.

[34] A questo riguardo si veda l’impegnativo e stimolante studio di M. Ferrari Zumbini Die Wurzeln des Bösen: Gründerjahre des Antisemitismus: von der Bismackzeit zu Hitler, Vittorio Klostermann, Frankfurt am Main, 2003.

[35] Tale frase fu proferita la prima volta dal principe elettore Joachim II in riferimento all’avvelenatore del padre, l’ebreo Lippold, che fu condannato alla pena capitale nel 1573, e ripresa nel 1725 dal suo discendente che, essendo stato vittima di una truffa di 100.000 talleri da parte dell’usuraio ebreo Ephraim Veit, la riferì a uno dei suoi ministri. Si veda in proposito H. Schwenk, Der Wahnsinn hatte Methode. Das grausame Strafgericht gegen Münzmeister Lippold anno 1573, Edition Luisenstadt, Berlin, 1999.

[36] J. G. Herder, Adrastea, in Werke in zehn Bänden, Band 10, Deutscher Klassiker Verlag, Frankfurt am Main, 2000, p. 96.

[37] Tale frase fu pronunciata dal Kaiser nell’agosto del 1919, in esilio a Doon, alla presenza del feldmaresciallo August von Mackensen. Sulle linee-guida della politica tedesca di Guglielmo II si veda J.C.G. Röhl, Kaiser, Hof und Stadt: Wilhelm II. Und die deutsche Politik, C. H. Beck, München, 2002, p. 215.

[38] A questo riguardo si vedano P. L. Rose, German Question. Jewish Question. Revolutionary Anti-semitism from Kant to Wagner, Princeton University Press, Princeton, 1992; P. Bernardini, Ebrei e tolleranza in Germania attorno al 1800, in «I Castelli di Yale» Rivista di filosofia, V (5), Ferrara, 2002, pp. 111-128. Adolf Hitler afferma nel Mein Kampf (1924, p. 335): «Im Leben des Juden als Parasit im Körper anderer Nationen und Staaten liegt eine Eigenart begründet». Joseph Goebbels, dal canto suo, considererà gli ebrei come «Läusen der Menschheit». Assai stimolante è altresì il saggio di A. Bein, «Der jüdische Parasit». Bemerkungen zur Semantik der Judenfrage, in «Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte», 2. Heft/April, 13. Jahrgang, 1965, pp. 121-149.

[39] G. Baioni, Kafka. Letteratura ed ebraismo, Einaudi, Torino, 1984, p. 9.

[40] Ibidem. Per una ricostruzione dell’ambiente natale di Kafka cfr. inoltre M. Brod, Franz Kafka, Eine Biographie, S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main, 1954; K. Wagenbach, Franz Kafka. Eine Biographie seiner Jugend, Francke Verlag, Bern, 1958; A. M. Ripellino, Praga magica, Einaudi, Torino, 1973; M. Freschi, La Praga di Kafka: letteratura tedesca a Praga, Guida, Napoli, 1990; M. Brunazzi-A. M. Fubini, Ebraismo e cultura europea del ’900, Giuntina, Firenze, 1990; I. Schiffermüller, La Praga di Kafka, in AA.VV., Atlante della letteratura tedesca, Quodlibet, Macerata, 2009, pp. 342-354; H. Salfellner, Kafka und Prag, Vitalis Verlag, Praga, 2011; R. Stach, Kafka. Die frühen Jahre, S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main, 2014; R. Stach, Kafka von Tag zu Tag, S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main, 2018.

[41] Sulle letture bibliche di Kafka cfr. B. Rohde, Und blätterte ein wenig in der Bibel. Studien zu Franz Kafkas Bibellektüre und ihren Auswirkungen auf sein Werk, Verlag Königshausen & Neumann, Würzburg, 2002. Si tratta di un’analisi approfondita degli effetti che le letture bibliche di Kafka hanno avuto sulla sua opera. In riferimento alla sua biografia va ricordato che, nel 1912, durante il soggiorno nel sanatorio di Jungborn nello Harz, Kafka riceve in regalo da un amico una copia della Bibbia di Lutero che diventerà uno dei pilastri nella stesura delle sue opere così ricche di rimandi ai miti ebraici presenti in particolare nella Genesi (ad esempio il diluvio universale) e nell’Esodo, nonché quelli cristiani dei Vangeli (parabole) e delle lettere paoline. Nel contesto della cattività egizia del popolo ebreo e delle piaghe inflitte da Dio al Faraone e al popolo d’Egitto emerge il personaggio di Mosè che diventerà per il movimento sionista una figura-chiave in termini ideali, cui ispirarsi. Nel dicembre del 1913 Hugo Bergmann, compagno di liceo di Kafka, tiene una conferenza a Praga al Bar Kochba su «Mosè e il tempo presente», additando il personaggio biblico a modello delle future azioni sioniste. La sua condotta determinata e intransigente era dettata, secondo Bergmann, da «una inflessibile fedeltà alla legge morale che imponeva al popolo di Israele, al di là di ogni opportunistica conciliazione, le durissime vie di una scelta tra Dio e Baal» (G. Baioni, Kafka. Letteratura ed ebraismo, cit., p. 80). Kafka, pur apprezzando la portata argomentativa e l’afflato emancipatorio della conferenza, trova di non avere nulla a che fare con tutto questo. Accetta con composta rassegnazione il proprio modus vivendi con il vuoto interiore che comporta.

[42] Cfr. F. Kafka, Brief an den Vater, Hoepli, Milano, 1999, p. 19. In quest’opera il termine Ungeziefer viene tradotto da Anita Rho con l’espressione «insetto ripugnante» (F. Kafka, Lettera al padre, in Confessioni e diari, Arnoldo Mondadori editore, Milano, 1991, p. 646). Da ricordare è anche il passo ((«Und den Kampf des Ungeziefers, welches nicht nur sticht, sondern gleich auch zu seiner Lebenserhaltung das Blut saugt») relativo alla replica del genitore immaginata dal figlio, in cui ricorre ancora una volta il vocabolo Ungeziefer (Brief an den Vater, cit., p. 91).

[43] Il passo tratto dal Brief an den Vater recita «und wie so oft für Leute, die mir lieb waren, hattest Du automatisch das Sprichwort von den Hunden und Flöhen bei der Hand» (ibidem, p. 19). In merito si veda anche B. Sellinger, Die Unterdrückten als Anti-Helden: zum Widerstreit kultureller Traditionen in den Erzählwelten Kafkas, Peter Lang Verlag, Bern, 1982, p. 143.

[44] Interessante è ricordare che dopo l’uscita della Verwandlung i redattori di una rivista nazionalista tedesca useranno il termine Ungeziefer per designare i bohémiens di credo cosmopolita che vivevano e frequentavano il quartiere di Schwabing a Monaco, da dove partirà l’ascesa del Nazionalsocialismo.

[45] L.M., p. 82.

[46] Ivi, p. 108.

[47] In proposito si vedano R. H. Lawson, Ungeheures Ungeziefer in Kafkas Die Verwandlung», in «The German Quartely», vol. 33, N. 3, May, 1960, pp. 216-219; K.-H. Fingerhut, Die Funktion der Tierfiguren im Werke Franz Kafkas. Offene Erzählgerüste und Figurenspiele, H. Bouvier u. Co. Verlag, Bonn, 1969, p. 212. 262, 284 e segg.; F. Bermejo-Rubio,Truth and Lies Kafkas about Gregor Samsa. The Logic Underlying the two Conflicting Versions in Die Verwandlung, in «Deutsche Vierteljahrsschrift», 3/2013, pp. 419-479; B. Mai, «Die Verwandlung» di Kafka, unanalisi linguistica e narrativa, parte I, «Estetica, studi e ricerche», Il Mulino, Bologna, 1/2016.

[48] Ivi, p. 52.

[49] F. Kafka, Nella colonia penale e altri racconti, Einaudi, Torino, 1986, p. 59.

[50] Cit. in L. Forte, Introduzione a F. Kafka La metamorfosi, Einaudi, Torino, 2014, p. V.

[51] Ibidem. Il corsivo della parola scarabeo è mio.

[52] F. Dostoevskij, Memorie dal sottosuolo, Einaudi, Torino, 2005, p. 8.

[53] L.M., p. 84.

[54] Ivi, p. 106.

[55] Ibidem.

[56] L. M., p. 108.

[57] Ivi, p. 140.

[58] Ivi, p. 124.

[59] Ivi, p. 144.

[60] Ibidem.

[61] Ivi, p. 136.

[62] Ivi, p. 138.

[63] Ivi, p. 158.

[64] Cfr. E. Canetti, La missione dello scrittore, in La coscienza delle parole, Adelphi, Milano, 1984, pp. 387-391 e le Festschriften, Hüter der Verwandlung. Beiträge zum Werk von Elias Canetti, Hanser Verlag, München, 1985 e Canetti a cura di M. E. D’Agostini, Bulzoni editore, Parma, 1985.

[65] V. Carofalo, Malattia, animalità e resistenza: il «multiforme ingegno» di Franz Kafka, LINK 14.3.2018.

[66] V. Nabokov, Lezioni di letteratura, cit., p. 331.

[67] Ivi, p. 310.

[68] Cfr. W. Emrich, Franz Kafka, Athenäum-Verlag, Bonn, 1958.

[69] H. Böttiger, Kafkas befremdliches Insekt, Beitrag vom 26.5.2014, LINK.

[70] P. Di Sacco, Linsetto di Kafka tra metamorfosi e redenzione, cit., p. 245.

[71] Ibidem.

[72] Ibidem.

[73] A. B. Yehoshua, Kafka e il suo doppio (articolo apparso il 6 luglio 2007 nel Corriere della Sera), in «La rassegna stampa di Oblique», 2007, p. 19.

[74] Ibidem.

[75] L.M., p. 94.

[76] Ivi, p. 140.

[77] Ivi, p. 166.

[78] F. Kafka, Epistolario I, cit., p. 161. In proposito si vedano anche J. Dahm, Indiskrete Bilder. Die Sprachbilder aus Franz Kafkas «Verwandlung» in der Bildsprache der Illustration, Tenea-Verlag für Medien, Berlin, 2003 e il contributo di Karlheinz Fingerhut Perché Kafka non desiderava che Gregor Samsa venisse rappresentato graficamente (La metamorfosi) e perché il suo trapezista vuole esercitarsi unicamente su due trapezi (Primo dolore), in «Materiali di estetica», n. 4,2, Milano 2017, pp. 97.

[79] Si veda in proposito la nota critica di M. Beck, Kafka, luomo-insetto e il crocifisso, in «Letture», n. 524. Sul rapporto della scrittura kafkiana con l’animalità cfr. W. Benjamin, Franz Kafka. Per il decimo anniversario della sua morte, in Angelus Novus, Einaudi editore, Torino, 1962.

[80] L.M., p. 164.

[81] Ivi, p. 160.

[82] G. Baioni, Introduzione a Franz Kafka, La metamorfosi, cit., p. 19.

[83] F. Kafka, Hochzeitsvorbereitung auf dem Lande und andere Prosa aus dem Nachlass, Fischer Taschenbuch, Frankfurt am Main 1993, p. 5.

[84] G. Baioni, Introduzione a Franz Kafka, La metamorfosi, Rizzoli, Milano, 2014, p. 21.

[85] L. M., p. 172.

[86] Ivi, p. 166.

[87] Ivi, p. 174.

[88] Ivi, p. 168.

[89] Ivi, p, 174.

[90] Lo scarabeo come simbolo di trasformazione, di rinascita e di resurrezione era collegato al disco del sole (Khepri) che sorge dopo il trascorrere della notte. Il suo valore simbolico si estese dagli Egiziani ai Fenici, Cartaginesi, Greci, Etruschi e tra i primi cristiani. Sant’Agostino, nei suoi Soliloqui, definisce il Cristo come «il mio buon Scarabeo, non tanto perché è l’unico figlio di Dio, autore di se stesso, che ha rivestito la nostra specie umana mortale, ma perché si è arrotolato nel nostro fango da dove ha voluto nascere uomo» (citazione in P. Di Sacco, Linsetto di Kafka tra metamorfosi e redenzione, cit., p. 251 oppure, con qualche variante lessicale e ortografica «Quel mio buon Scarabeo, non solo perché sendo (sic!) l’Unigenito, l’autor di sé steso, ha vestita la specie di mortali, ma perché si è ravvolto in questa feccia nostra», in Lettera sopra uno scarabeo fenicio-egizio e più monumenti egiziani di Michele Lanci, dalla Stamperia di Francesco Fernandes, Napoli, 1826, p. 16).

[91] F. Kafka, Confessioni e diari, Arnoldo Mondadori editore, Milano, 1991, p. 744.

[92] F. Kafka, Briefe 1902-1924, Fischer Verlag, Frankfurt am Main, 1998, p. 27.

[93] Sottolinea quest’aspetto Markus Jansen, nella sua monografia Das Wissen vom Menschen. Franz Kafka und die Biopolitik, uscita nel 2012 presso il Verlag Königshausen & Neumann, in cui l’autore, sulla scorta delle teorie di Michel Foucault (La Volonté de savoir, 1976) e di Giorgio Agamben (Il potere sovrano e la nuda vita. Homo sacer, 2005), considera il protagonista della Metamorfosi kafkiana come una figura biopolitica, un parassita sociale, un Ungeziefermensch deviante dalla normale vita pubblica e privata e quindi per certi versi un homo sacer della tradizione latina, che, resosi colpevole di gravi misfatti verso la comunità di appartenenza o i propri famigliari, viene bandito. La condizione di sacertà acquisita non gli consente di comparire davanti a un tribunale, spetta solo agli dei giudicarlo e punirlo anche armando la mano di un comune mortale. Gregor verrà infatti ferito gravemente dal padre che aderirà ai dettami di una istanza superiore, la quale ha decretato sin dall’inizio del racconto la stessa tragica metamorfosi del figlio.

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