==========================================================================

Studia austriaca XXXII

 

Hugo von Hofmannsthal • Fritz Mendl

Paul Goldmann • Arthur Schnitzler

Alfons Petzold • Christian Baron

Franz Schubert • Leo Perutz

 

 

 

Editor-in-chief: Fausto Cercignani

Co-Editor: Marco Castellari

Editorial Board

Achim Aurnhammer (Albert-Ludwigs-Universität Freiburg)

Cornelia Blasberg (Westfälische Wilhelms-Universität Münster)

Alberto Destro (Università degli Studi di Bologna)

Konstanze Fliedl (Universität Wien)

Sylvie Le Moël (Université Paris-Sorbonne)

Hubert Lengauer (Universität Klagenfurt)

David S. Luft (Oregon State University)

Patrizia C. McBride (Cornell University)

Marisa Siguan (Universitat de Barcelona)

Ronald Speirs (University of Birmingham)

 

 

 

 

 

 

 

 


==========================================================================

 

Studia austriaca
An international journal devoted to the study
of Austrian culture and literature
Published annually in the spring
Hosted by Università degli Studi di Milano under OJS
ISSN 2385-2925

Vol. XXXII

Year 2024

Editor-in-chief: Fausto Cercignani

Co-Editor: Marco Castellari

Editorial Board:

Achim Aurnhammer (Albert-Ludwigs-Universität Freiburg)

Cornelia Blasberg (Westfälische Wilhelms-Universität Münster)

Alberto Destro (Università degli Studi di Bologna)

Konstanze Fliedl (Universität Wien)

Sylvie Le Moël (Université Paris-Sorbonne)

Hubert Lengauer (Universität Klagenfurt)

David S. Luft (Oregon State University)

Patrizia C. McBride (Cornell University)

Marisa Siguan (Universitat de Barcelona)

Ronald Speirs (University of Birmingham)

 

Founded in 1992

Published in print between 1992 and 2011 (vols. I-XIX)

On line since 2012 under http://riviste.unimi.it

Online volumes are licensed under a Creative Commons Attribution-NonCommercial-NoDerivs 3.0 Unported License.

 

==========================================================================

Studia austriaca
Vol. XXXII – Year 2024

Table of Contents

Laura Untner – Paul Goldmann und Arthur Schnitzler. Von Freund und Förderer zu Verräter und Jugenderinnerung

[Paul Goldmann and Arthur Schnitzler. From friend and supporter to betrayer and youth recollection]

 

Tim Schmidt – The Expression of Silence in Franz Schubert’s «Mein Traum»

Martin Anton Müller – Gruppenbild mit Mendl. Wieso auf einer ikonischen Schnellfotografie Jung-Wiens Hugo von Hofmannsthal nicht zu sehen ist und wie Richard Beer-Hofmann fast die ‘Ankerbrot’-Fabrik finanziert hat

[Group portrait with Mendl. Why Hugo von Hofmannsthal is not to be seen in an iconic snapshot of Young Vienna and how Richard Beer-Hofmann almost financed the ‘Ankerbrot’ factory]

 

Cornelius Mitterer – Demütigungserzählungen in autobiographischen Texten. Ein Vergleich zwischen Alfons Petzolds «Das rauhe Leben» (1920) und Christian Barons «Ein Mann seiner Klasse» (2020)

[Narratives of Humiliation in Autobiographical Texts. A Comparison between Alfons Petzold’s «Das rauhe Leben» (1920) and Christian Baron’s «Ein Mann seiner Klasse» (2020)]

Giulia Ferrari Bedini – L’attualizzazione dei modelli letterari in «Zwischen neun und neun» (1918) di Leo Perutz

[The actualization of literary models in «Zwischen neun und neun» (1918) by Leo Perutz]

 

Call for Papers

 

 

 


==========================================================================

Laura Untner

(Wien)

Paul Goldmann und Arthur Schnitzler
Von Freund und Förderer zu Verräter und Jugenderinnerung

[Paul Goldmann and Arthur Schnitzler
From friend and supporter to betrayer and youth recollection
]

abstract. The writer and journalist Paul Goldmann (1865-1935) was one of Arthur Schnitzler’s closest friends. At the same time, he represents the greatest friendship break in Schnitzler’s life. The correspondence between Goldmann and Schnitzler from 1888 to 1931 provides a better understanding not only of Goldmann’s biography, but also of his difficult relationship with Schnitzler.

Der am 31. Januar 1865 in Breslau geborene und bislang kaum erforschte Paul Goldmann war lange Zeit einer der engsten Freunde Arthur Schnitzlers und steht zugleich für den größten freundschaftlichen Bruch in Schnitzlers Leben. Die kritische digitale Edition der Briefwechsel Arthur Schnitzlers mit Autorinnen und Autoren[1] veröffentlicht erstmals alle erhaltenen Korres­pondenzstücke zwischen Goldmann und Schnitzler und macht damit nicht nur Goldmanns Biographie, sondern auch dessen schwieriges Verhältnis zu Schnitzler besser nachvollziehbar.

Goldmann als Freund und Förderer

Nachdem Goldmann im September 1882 am deutschsprachigen MariaMagdalenen-Gymnasium in Breslau die Reife erlangt hatte[2] und um 1886 zum Juristen promoviert wurde[3], begann er seine journalistische Karriere in Wien. Mit seinem Onkel Fedor Mamroth[4], der bereits in Wien war und als Chefredakteur agierte, leitete er für die ersten vier Jahrgänge die Redaktion der illustrierten Zeitschrift An der Schönen Blauen Donau, die bei Joseph Eberle & Co. erschien und der Tageszeitung Die Presse, in deren Redaktion Mamroth und Goldmann vertreten waren[5], ab dem 15. Januar 1886 halbmonatlich beilag[6]. Die Zeitschrift war auf Musik und Literatur spezialisiert und verantwortete frühe Veröffentlichungen von zentralen Persönlichkeiten Jung-Wiens, darunter Richard Beer-Hofmann, Hugo von Hofmannsthal und Felix Salten – und eben auch Arthur Schnitzler. So lernte dieser, wie er in seiner Autobiographie Jugend in Wien schreibt, auch Goldmann kennen:

Ich war der Einladung des Doktor Mamroth zum Besuch in der Redak­tion [der Schönen Blauen Donau] nachgekommen und hatte bei dieser Gelegenheit seinen Vertreter und Neffen, den Schreiber jenes freund­lichen Annahmebriefes, kennengelernt, Herrn Doktor Paul Goldmann, einen vierundzwanzigjährigen, liebenswürdigen Herrn in Lodenrock und Nachthemd mit Quasten, untersetzt, beleibt, ein ganz klein wenig buck­lig, mit Kraushaar und mit hellen, schönen, blauen Augen. Wir verstan­den einander sofort aufs allerbeste, hatten über die meisten Dinge des Lebens und der Kunst die gleichen Ansichten.[7]

Goldmann erinnerte sich in seinem Nachruf auf Schnitzler an deren erste Begegnung wiederum wie folgt:

Eines Tages wurde der Redaktion der «Schönen blauen Donau» eine Novellette eingesendet, die «Amerika» hieß. «Amerika» – so nannte in der Erzählung der Liebhaber eine Stelle hinter dem Ohr der Gelieb­ten, auf die er sie mit Vorliebe küßte! Für ein Familienblatt ein etwas gewagter Stoff, aber die kleine Geschichte war überaus reizvoll erzählt. Der Autor war ein Arzt. Ich schrieb ihm und bat um seinen Besuch. Eines Tages trat ein junger Mann in das Redaktionszimmer, mit blon­dem Haar und Spitzbart, der aus hellen, klaren Augen in die Welt blickte und mit einer weichen, wohllautenden Stimme sprach. So lernte ich Arthur Schnitzler kennen. Wir verabredeten einige Retu­schen an «Amerika», denn die «Schöne blaue Donau» war zwar mehr als ein Familienblatt, aber sie war doch eines, und die Novellette erschien.[8]

… und damit war sogleich eine der ersten literarischen Publikationen Schnitzlers erschienen[9]. Die erste war es aber nicht, selbst in der Schönen Blauen Donau war bereits einige Monate zuvor «Mein Freund Ypsilon» veröffentlicht worden[10]. Auch in dem ersten überlieferten Brief Goldmanns (und Mamroths) an Schnitzler vom 9. Dezember 1888 ging es um diese Erzählung[11]. Goldmann erinnerte sich also entweder falsch oder «Amerika» war schon früher eingereicht, jedoch erst später publiziert worden.

Goldmann zeichnete sich jedenfalls für erste literarische Erfolge Schnitz­lers verantwortlich. Das ist vor allem im Kontext Jung-Wiens relevant, denn Goldmann, der selbst beim ersten Treffen des Vereins Jung-Wien am 17. März 1891 in der Weinhandlung Wieninger anwesend war[12], wollte nicht den von ihm schon früh verachteten «Tausendkünstler» Bahr[13], sondern sich selbst als ‘Entdecker’[14] der Autoren wissen, die später mit dem Begriff ‘Jung-Wien’ assoziiert wurden – und mit denen Goldmann eben schon vor Bahr bekannt gewesen war. So heißt es in Goldmanns Nachruf:

In Abhandlungen über Arthur Schnitzler ist mehrfach angegeben worden, Hermann Bahr habe ihn entdeckt. Hermann Bahr kam erst später; er hat gewiß sofort erkannt, was Arthur Schnitzler bedeutete, und hat sich mit seinem ganzen propagandistischen Elan, mit all seinem literarischen Einfluß für ihn eingesetzt, allein entdeckt hat er ihn nicht – die erste schriftstellerische Arbeit Arthur Schnitzlers wurde in der «Schönen blauen Donau» gedruckt.[15]

Auch schon in einem Brief an Schnitzler aus dem Jahr 1896 ist zu lesen:

Die Jungen Wiener haben keines Entbinders bedurft; aber wenn schon Einer da war, der sie zusammengesucht hat, so war ich es. Als Bahr nach Wien kam, waren schon Alle da; und seine Wirksamkeit hat sich darauf beschränkt, daß er Dich [=Schnitzler] beschimpft und verkannt hat; daß er den Loris mißverstanden und verdorben hat; und daß er als neues Genie den grotesken Zieraffen Andrian gefunden hat. Und das läßt sich als Begründer der Wiener Bewegung preisen, deren gute Leistungen immer nur trotz Bahr entstanden sind![16]

Wenige Tage nach diesem Brief erschien sogar ein – anonym publiziertes – Feuilleton Goldmanns in der Frankfurter Zeitung über genau diese Inszenierung Bahrs und die Bedeutung der Schönen Blauen Donau für Jung-Wien[17].

Die Beziehung zwischen Goldmann und Schnitzler begann also zu­nächst beruflich, mit Goldmann als Förderer. Bald wurden sie aber auch enge Freunde. Die beiden sahen sich zumeist mehrmals jährlich in Wien, Paris, Berlin oder anderswo, auch viele Sommerurlaube verbrachten sie gemeinsam – oft in Begleitung, wie bereits bei der ersten gemeinsamen Reise im Sommer 1889 (einer Wanderung von Traunkirchen bis Reichenau an der Rax mit Schnitzlers Bruder Julius)[18], der Skandinavienreise im Sommer 1896, wo sie u. a. auf Peter Nansen und Georg Brandes trafen[19], oder der Alpenwanderung mit Richard Beer-Hofmann, Alfred Kerr und Leo Van-Jung im August 1900 (siehe Abb. 1)[20].

Abbildung 1: Foto von Richard Beer-Hofmann aus seiner Fotoserie
zur gemeinsamen Alpenwanderung im August 1900
(v. l. n. r.: Arthur Schnitzler, Alfred Kerr, Paul Goldmann)

Goldmann, mit dem Schnitzler spätestens seit Ende 1889 per Du war[21], wurde schnell zu einem festen Bestandteil von Schnitzlers Leben und kannte dessen Familie und Freunde genauso wie dessen Liebhaberinnern – von Marie (Mizzi) und deren Schwester Auguste (Gusti) Glümer[22] bis zu Olga und deren Schwester Elisabeth (Liesl) Gussmann[23]. Es kann wohl auch als Geste der Freundschaft gelesen werden, dass der am 3. September 1897 totgeborene Sohn von Schnitzler und Marie Reinhard ‘Paul’ heißen sollte: «Ich werde natürlich die Idee nicht los, daß das Alles so gekommen ist, weil es meinen Namen tragen sollte»[24], kommentierte der Namensvetter. Die Korrespondenz zwischen Goldmann und Schnitzler bezeugt diese intensive Beziehung. Sie umfasst ca. 550 Briefe, Telegramme und Karten aus den Jahren 1888 bis 1931, wobei nur zehn davon von Schnitzler an Goldmann gerichtet sind. Wären die Gegenbriefe erhalten, so würde die Korrespondenz nicht nur wegen der Anzahl der Korrespondenzstücke, sondern auch aufgrund des überdurchschnittlichen Seitenumfangs die weitaus umfangreichste Korrespondenz Schnitzlers darstellen.

Mit anderen Jung-Wienern war Goldmann zwar bekannt, aber nicht so eng befreundet. Die Beziehung zu Hugo von Hofmannsthal etwa, mit dem kein Briefwechsel überliefert ist, begann früh schwierig zu werden (s. u.), jene zu Richard Beer-Hofmann dürfte wiederum recht einseitig gewesen sein und kaum ohne Schnitzlers Involvierung bestanden haben[25]. Auch Felix Salten spielte in Goldmanns Leben nur eine periphere Rolle[26].

Goldmann als Kritiker und Journalist

Nachdem Mamroth und Goldmann Ende 1890 ihre Redaktionsarbeit für die Schöne Blaue Donau niedergelegt hatten[27]–  ab 1891 wurde die Zeitschrift von Zacharias Konrad Lecher herausgegeben und erschien nur mehr als Beilage von Die Presse[28],–  übernahm Goldmann für kurze Zeit das Burgtheaterreferat der Wiener Sonn- und Montagszeitung[29]. Am 1. April 1891 begann Goldmann dann für die Frankfurter Zeitung in Frankfurt am Main zu arbeiten – wieder war es Mamroth, dem er in eine neue Stadt gefolgt war[30]. Erst einen Monat im Dienst, zog er – seine Rolle als Korrespondent war von Anfang an klar – Anfang Mai weiter nach Brüssel[31], im Dezember trat er in Paris seinen Korrespondentenposten an, immer noch bei der Frankfurter Zeitung[32].

Aus Paris berichtete Goldmann neben literarischen Angelegenheiten u. a. über die Dreyfus-Affäre: Der jüdische Generalstabshauptmann Alfred Dreyfus war 1894 angeklagt worden, ein Verzeichnis geheimer Militär­dokumente weitergegeben zu haben. Nachdem festgestellt worden war, dass die Dokumente, die Dreyfus belasteten, gefälscht waren, plädierte Goldmann für die Wiederaufnahme des Prozesses, denn Dreyfus sei Opfer eines Justizirrtums und antisemitischer wie nationalistischer Machen­schaften geworden[33]. Goldmann wurde damit früh zu einem prominenten Verteidiger Dreyfus’, verurteilte zur selben Zeit aber auch die zionistischen Anliegen Theodor Herzls[34], der zeitgleich als Pariser Korrespondent der Neuen Freien Presse in der französischen Hauptstadt war[35]. Wegen seiner Involvierung in den Dreyfus-Prozess wurde Goldmann schließlich vom antisemitischen Chefredakteur der Pariser Tageszeitung La Patrie, Lucien Millevoye, einst Deputierter, angegriffen[36]. Goldmann forderte Millevoye zu einem Pistolenduell heraus, das am 21. November 1896 ausgetragen wurde – niemand wurde verletzt[37]. Dieses Ereignis weckte Schnitzlers Aufmerksamkeit für die Vorgänge in Frankreich und führte zum ersten Tagebucheintrag mit Bezug auf die Dreyfus-Affäre[38].

Obwohl er nicht vor Ort war, verfolgte Goldmann in dieser Zeit auch das literarische Leben in Wien und Berlin aufmerksam mit und kom­mentierte es fortlaufend in seinen Briefen. Besonders Schnitzlers Schaffen geriet ihm nicht aus den Augen: Schnitzler schickte ihm Manuskripte und neue Publikationen und wenn sie sich sahen, las er ihm etwas vor. Goldmann, der mit vielen bedeutenden Persönlichkeiten seiner Zeit, besonders in Wien, Berlin und Paris, bekannt war, blieb in seiner Rolle des Förderers, wenn auch nun aus der Ferne. Er legte wichtige Kontakte und vermittelte Schnitzler an Autor_innen, Journalist_innen und Übersetz­er_innen, darunter Henri Albert, André Antoine, Georges Aubry und dessen Ehefrau Mme Aubry, Henry Becque, Abel Hermant, Jules Huret, Pierre Lalo, Jeanne Marni, Jean Thorel und Christian Schefer[39]. Damit war Goldmann vor allem für die frühe Rezeption Schnitzlers in Frankreich von ungemeiner Bedeutung[40].

Am 5. April 1898 bestieg Goldmann sodann in Genua ein Schiff Richtung Hongkong[41] –  bis zum Ende des Jahres sollte er vorübergehend als Ostasienkorrespondent der Frankfurter Zeitung tätig sein (siehe Abb. 2). Zwischen April und Dezember 1898 (im April 1899 wurde noch ein Schlussartikel verfasst) wurden nun sowohl tagesaktuelle Berichterstat­tungen als auch zahlreiche Feuilletons unter dem Titel «In Ostasien. Reiseskizzen» veröffentlicht[42]. Gesammelt erschienen die Feuilletons 1899 als Ein Sommer in China. Reisebilder[43].

Nach längeren Diskussionen mit Moriz Benedikt und Eduard Bacher[44] kündigte Goldmann am 3. Dezember 1899 bei der Frankfurter Zeitung[45], um ab dem 1. Januar 1900 als Korrespondent der Neuen Freien Presse in Berlin zu arbeiten[46]. Nun wurde Goldmann sesshaft – zuerst in der Dessauerstraße 19 (4. März 1900[47] – 1908?), dann am Schöneberger Ufer 34 (bis 1911?)[48], in der Bendlerstraße 36 (bis 1932)[49] und zuletzt in der Kurfürstenstraße 53 (bis 1935, s. u.)[50].

Abbildung 2: Paul Goldmann als Ostasienkorrespondent der Frankfurter Zeitung,
ca. Mai 1898, Hongkong
[51]

Die Fronten verhärten sich: 1900 bis 1904

Als Berliner Korrespondent der Neuen Freien Presse positionierte sich der strenge Theaterkritiker früh zu Gerhart Hauptmann. Diese öffentliche Kritik führte bald zu einem ersten größeren inhaltlichen Bruch mit Schnitzler: Ende Dezember 1900 war ein kritisches Feuilleton Goldmanns über Hauptmanns Michael Kramer erschienen[52]. Schnitzler muss ihm direkt nach dem Erscheinen des Feuilletons mitgeteilt haben, dass er mit der Kritik nicht einverstanden sei, denn schon drei Tage nach der Veröffent­lichung antwortete Goldmann:

Ich habe die Kritik im hellen Zorn verfaßt, im Zorn nicht nur gegen die Kritiklosigkeit der Hauptmann-Anhänger (unter denen sich unser Freund Kerr besonders hevorgethan hat), sondern namentlich gegen den Autor, der durch seine theils urtheilsunfähige und unkünstleri­sche, theils auch verlogene Anhängerschaft zum größten der moder­nen deutschen Dichter ausgerufen worden ist, der diese Rolle als ihm gebührend widerspruchslos acceptirt hat und der nun Stück auf Stück schreibt, […] in dem er seine Mittelmäßigkeit, seine Flachheit immer deutlicher enthüllt. Der Mangel an innerem Werth ist nirgends noch so klar hevorgetreten, als im «Michael Kramer».[53]

Ende 1901 wurde Hauptmann erneut zu einem Streitthema zwischen den beiden: Schnitzler beschwerte sich – wie dessen Partnerin und spätere Ehefrau Olga Gussmann[54] –  ein weiteres Mal brieflich über Goldmanns kritische Hauptmann-Feuilletons, besonders über den Ton in diesen[55]. Über den hatte Goldmann nur zu sagen:

Die einzige Frage kann doch nur die sein, ob meine Kritiken meine Überzeugung und meine Stimmung ausdrücken. Und da meine Über­zeugung die ist, daß Gerhart Hauptmann ein minderwerthiger und verworrener Geist ist, und da ich Erbitterung darüber empfinde, diesen minderwerthigen Geist als großen Dichter gepriesen zu sehen, so kön­nen meine Kritiken absolut nicht anders lauten und können auch in keinem anderen Tone geschrieben sein.[56]

In seinem Tagebuch notierte Schnitzler daraufhin: «Erregte Corres­pondenz mit Paul G., der Hauptmann in häßlicher Weise angreift – und keine andre Meinung verträgt»[57]. Im nächsten Jahr eröffneten sodann vier Feuilletons zu Hauptmann Goldmanns erste Feuilletonsammlung[58]. Der Titel des «Kampf-Buch[s]» – Die «neue Richtung» – war selbstverständlich ironisch gemeint[59].

Schnitzlers sensible Reaktion auf Goldmanns Kritik an Hauptmann[60] wird in einem größeren Kontext verständlich: Der Vertreter der Berliner Moderne war zwar Schnitzlers größter Konkurrent am Deutschen Theater, jedoch war er eben auch dessen Kollege und die Leitfigur des deutschen Naturalismus, für dessen Durchsetzung auf den deutschen Bühnen sich der gemeinsame Förderer Otto Brahm maßgeblich einsetzte. Zeitlebens blieb Hauptmann, trotz aller Distanz, ein wichtiger Orientierungspunkt für Schnitzler[61].

Zu weiteren Problemen führten Goldmanns Kritiken über Schnitzlers Werke, die ebenso in der Neuen Freien Presse erschienen. Das erste Mal löste Goldmanns Kritik über Schnitzlers Einakterzyklus Lebendige Stunden[62], für den Schnitzler am 17. März 1903 den Bauernfeld-Preis erhielt[63], einen größeren Konflikt aus. Schon vor dem Erscheinen des Feuilletons kriselte es und es war davon die Rede, dass zwischen den beiden «nicht Alles in Ordnung ist – vielleicht schon seit Jahren»[64]. Goldmann fühlte sich nach einem erbosten Brief Schnitzlers unverstanden, echauffierte sich über ein – in seinen Augen – seit Längerem bestehendes Ungleichgewicht in deren Freundschaft und warf Schnitzler vor, nicht mehr «gründlich» auf ihn einzugehen und für diesen nur mehr «eine Bequemlichkeit» zu sein[65]. In diesen Streit hinein erschien also Goldmanns Kritik, «die schwerste, die [er] je gemacht»[66], in der er nicht nur den Titel kritisierte, sondern auch meinte, die einzelnen Stücke ergeben kein großes Ganzes, keinen Zyklus – und überhaupt mangle es an Bühnenwirkung. Ehrliches Lob fand Goldmann nur für den Einakter «Literatur», der am ehesten in die Richtung eines Lustspiels und damit das große Drama gehe, das nur wenige so gut wie Schnitzler schreiben könnten.

Gleich nach dem Erscheinen notierte sich Schnitzler in seinem Tagebuch: «Unerfreuliches Feuilleton von Paul G. über mich―»[67]. Einige Einträge später heißt es noch einmal: «Ununterbrochen, bis zu Kopfweh, mit dem albernen und unbewußt perfiden Feuilleton von P. G. beschäftigt―»[68]. Verärgert hatte ihn wohl vor allem folgende Passage:

Arthur Schnitzler’s Dichtungen handeln fast immer zunächst von einer Liebschaft und von allem Andern nebenbei. Man könnte diese Kunst unter Variirung einer bekannten Erklärung des Wesens der Kunst [von Zola] definiren, als: «Un coin de la vie, vu à travers une amourette» [Eine Ecke des Lebens, aus der Perspektive einer Liebelei betrachtet, Übers.]. Diese Art der Darstellung jedoch gibt ein unrich­tiges Bild. Denn die Liebe, obwol sie eine nicht unwichtige Angele­genheit des Daseins bildet, ist doch immer nur eine Episode im Leben, während in Arthur Schnitzler’s Schriften umgekehrt das Leben oft als eine Episode in der Liebe erscheint.[69]

Drei Tage nach der Veröffentlichung des Feuilletons, am 25. Januar 1902, antwortete Goldmann auf Schnitzlers Einwände: «Was Du mir über mein Feuilleton schreibst, könnte eine neue große Debatte hervorrufen»[70]. Goldmann, der nur die «Wahrheit» geschrieben habe, fühlte sich missver­standen[71].

Die im Feuilleton geäußerte Kritik reicht weit zurück. Schon Ende 1893 – und in Folge immer wieder – wünschte sich Goldmann von Schnitzler eine Kehrtwende, weg von den Themen Tod und vor allem Liebe, hin zum Lustspiel[72]. Auch kurz vor dem Erscheinen des Feuilletons, als Schnitzler Goldmann in Berlin Anfang Januar 1902 besucht hatte, war es darum gegangen[73]. Goldmann, der sich wohl bis zu einem gewissen Grad noch immer in der Rolle des Förderers sah und sich dementsprechend eine Art Mitspracherecht in Schnitzlers Schaffen zusprach, wollte von Schnitzler endlich «das große dramatische Werk»[74], «das starke Werk seiner Mannes­jahre»[75] haben. Seine Hoffnung in Der Schleier der Beatrice und Lebendige Stunden wurde aber enttäuscht.

Der Schleier der Beatrice war das Stück, das wenige Jahre zuvor für einen Skandal gesorgt hatte: Paul Schlenther, seit Mitte Januar 1898 Direktor des Burgtheaters[76], hatte nach anfänglichen Zusagen das Stück doch abge­lehnt[77]. In Folge kam es zu einem öffentlich ausgetragenen Konflikt, der letztlich dazu führte, dass in den nächsten fünf Jahren keine neuen Stücke Schnitzlers am Burgtheater aufgeführt wurden – dem wichtigsten Theater in Wien. Uraufgeführt wurde Der Schleier der Beatrice am 1. Dezember 1900 am Breslauer Lobe-Theater[78]. Goldmann sah es erst bei der Premiere am 7. März 1903 am Deutschen Theater Berlin und bezog sich in seinem Feuilleton auf diese Inszenierung[79]. In seinem Brief an Schnitzler vom 17. März des Jahres kommentierte er seine Kritik wie folgt:

Heut habe ich nun endlich mein Feuilleton abgesandt. Ich habe zehn Tage lang damit gerungen – wahrhaft gerungen – habe allein den Anfang vier Mal neu geschrieben. Das Stück hat mir, je mehr ich darauf einging, immer weniger gefallen. Ich finde es, bei allen dich­terischen Eigenschaften, innerlich klein. Nun habe ich mich aufs Äußerste angestrengt, gerecht zu sein, mit jedem Worte. Mein Gewis­sen sagt mir, daß ich es gewesen bin. Was Du sagen wirst, weiß ich nicht. Aber ich verwünsche mein Schicksal und ich frage mich, ob man dazu einen einzigen nahen und lieben Freund hat, um gegen ihn – öffentlich, vor allen Leuten – gerecht zu sein?[80]

In seiner Kritik schrieb Goldmann, Schnitzler habe sich bemüht, man erkenne Begabung und Strebsamkeit, aber doch fehle es an Tiefe – und dadurch an Wirkung. Das große Drama habe Schnitzler wieder nicht geschaffen, zu sehr bewege er sich weiterhin auf dem Niveau des Anatol.

Schnitzler war verärgert[81] –  genauso wie Felix Salten[82]. Allgemein dürfte der Grundtenor in Schnitzlers Umfeld in dieser Zeit etwa gewesen sein: «Wie schrecklich muss das gewesen sein, wenn der beste Freund so schreibt!―»[83]. Schnitzler dürfte diese Kränkung gegenüber Goldmann aber nicht kommuniziert haben. Ganz im Gegenteil fiel sein Brief, in dem er auf das Feuilleton reagierte, wohl ziemlich freundlich aus[84].

1904 folgte ein weiteres kritisches Feuilleton Goldmanns[85], dieses Mal über Der einsame Weg, der am 13. Februar 1904 am Deutschen Theater Berlin uraufgeführt wurde[86]. Wieder sei es nicht das große Drama, wieder mangle es an Tiefe und damit an Wirkung; es sei zu verkopft und sprunghaft, zu verwirrend, mit unmotivierten Handlungen von egoistischen, moralisch fragwürdigen Figuren. Grundsätzlich, so Goldmann, eigne sich das Stück mehr, wie die Einakter der Lebendigen Stunden, zum Lesen, oder eben auch als Einakter oder als Lustspiel, das nun mal (er wiederholte sich auch diesbezüglich) kaum jemand so gut wie Schnitzler schreiben könnte.

Anders als im Jahr davor dürfte sich Schnitzler, der von Goldmann bereits vorgewarnt worden war[87], beschwert haben. Erneut fühlte sich Goldmann missverstanden:

Äußerungen in Deinem Briefe wie «Dein kritisches Gebahren», – die Meinung, ich hätte Dir zugemuthet, das Stück statt als Trauerspiel als Lustspiel zu schreiben – die Aufforderung «ich sollte mir den Inhalt des Ganzen einmal überlegen», – die Ansicht, ich wisse nicht immer «mit soviel Klugheit und Würde zu wägen» etc. – das alles zeigt mir nur von Neuem, wie unrichtig Du meine kritische Thätigkeit beur­theilst und wie sehr es Dir (wenn Du auch nur ein offenes Wort erlaubst) an Verständniß für den Ernst und die Höhe meines Strebens fehlt. Darüber läßt sich, meiner Ansicht, nicht diskutiren, und Diskus­sionen schaffen nur unnütze Verbitterung in einen Fall, wo, wie in dem unserigen, nicht eine Verschiedenheit der Ansichten, sondern eine Verschiedenheit der Standpunkte vorliegt, die ihren Grund wohl darin haben, daß unsere Lebenswege sich seit Langem getrennt und in verschiedenen Richtungen bewegt haben.[88]

Goldmann schloss, dass es besser sei, mit Schnitzler vorerst nicht mehr über Literatur zu sprechen. 1906 äußerte er diesen Wunsch noch einmal: Er wolle nicht «auch noch privatim […] polemisiren»[89]. In einem nicht abgesandten Brief nahm Schnitzler diese Formulierung wieder auf und teilte Goldmann mit, dass er seit Jahren immer kritischer gegenüber dessen Feuilletons (nicht nur seine eigenen Stücke betreffend) stehe: «als ganzes verwerf ich sie durchaus. Gesinnung und Ton»[90]. Wie Goldmann in früheren Briefen, ging er auf grundlegende Meinungsverschiedenheiten zwischen den beiden ein, brachte neuerlich die Auseinandersetzungen rund um Gerhart Hauptmann (s. o.) auf und meinte, dass diejenigen, die seine (Schnitzlers) Stücke ablehnten, sich auch von ihm persönlich entfernen müssten:

Es gibt Schriftsteller bei denen es möglich ist ihr Schaffen von ihrem Dasein zu trennen. Ich gehöre nicht zu ihnen. Ich vermeide es mich hinter der Legende von einer Persönlichkeit zu verstecken, die es verschmäht oder nicht imstande ist, ihr bestes, ihr Eigenstes in ihren Werken zum Ausdruck zu bringen. […] ich bestreite es, dass irgend ein Mensch, der beinah zu keinem dieser Werke ein Verhältnis zu finden imstande ist (und ihren Gehalt nicht spüren heisst für mich: kein Verhältnis zu ihnen finden) zu mir persönlich in irgend einem wirklichen Verhältnis zu stehen imstande ist. […] Und die Erinnerung unserer früheren Freundschaft steht mir zu hoch, als dass ich die Illusion aufrecht erhalten dürfte, zwei Menschen die so ziemlich über alle Dinge der Welt so verschieden denken, wie ich und Du könnten Freunde bleiben oder weiter Freunde heissen.[91]

Der persönliche und briefliche Kontakt brach in Folge zwar nicht gänzlich ab, aber es kam zu einer immer stärkeren Kontaktabnahme (siehe Abb. 3). Zum Vergleich: Während die Korrespondenz in den Jahren 1900 bis 1902 noch jeweils knapp 50 Briefe pro Jahr umfasste, waren es 1903 nur mehr rund 30, im Jahr darauf 20 und dann bis 1908 nur mehr ca. zehn Briefe. Zwischen 1909 und 1911 liefen insgesamt nur noch 14 Briefe.

Abbildung 3: Statistik zur Korrespondenz Schnitzler–Goldmann

Hiermit ergibt sich auch eine Lücke in der digitalen Briefedition: Während Goldmanns Biographie durch dessen Briefe an Schnitzler für die Jahre davor noch sehr gut nachvollziehbar war, ist das für die nächsten Jahre aufgrund der verringerten Korrespondenz nicht mehr der Fall. Dennoch einige Eckpunkte: Am 4. August 1908 heiratete Goldmann die am 27. Oktober 1877 in Wien geborene – und mit Olga Schnitzler zerstrittene[92] –  Eva Marie Kobler (geb. Fränkel) in Berlin[93]. Sie hatten eine gemeinsame Tochter: Franziska Goldmann, geboren am 29. Mai 1911 ebenda. Als begeisterte Schnitzler-Leserin wurde sie später selbst Schauspielerin[94].

Franziska war womöglich nicht das einzige Kind Goldmanns. Am 2. August 1900 gebar Goldmanns damalige Geliebte, Theodore Rottenberg (geb. Adickes, 1875-1945), in Frankfurt am Main eine Tochter: Gertrud Rottenberg, später mit dem Komponisten Paul Hindemith verheiratet[95]. Theodore Rottenberg war seit 1895 mit dem Komponisten und Dirigenten Ludwig Rottenberg verheiratet[96], hatte aber seit 1899 – und bis in die ersten Jahre des neuen Jahrhunderts – eine On-Off-Beziehung mit Paul Gold­mann[97]. Etwa acht Monate vor der Geburt Gertruds erkundigte sich Goldmann bei Schnitzler nach Möglichkeiten des Abbruchs einer sechs­wöchigen Schwangerschaft – Theodore Rottenberg, deren Ehemann zu dieser Zeit in Wien gastierte, erwarte ein Kind von ihm und «darf keines bekommen»[98].

Der Bruch: 1910/11

Jahre später, am 26. Dezember 1910, bekam Schnitzler von Goldmann – in Begleitung von Gustav Schwarzkopf – spontan einen Besuch, bei dem es zu einem Streit kam:

Ich [=Schnitzler] sage ihm [=Goldmann] schonungslos alles ins Gesicht, was ich gegen ihn auf dem Herzen; meine Empörung über sein Ver­halten gegen Hauptmann, Hofmannsthal etc.― Im ganzen war er durch seine Naivetät etwas entwaffnend: er möchte ein Theater leiten, eine Wochenschrift gegen die Corruption gründen; ― wenn er Geld hätte. Gustav räth ihm sichs von seiner Frau auszuleihn.[99]

Zweierlei braucht hier Erklärung: Hofmannsthal und die Geldfrage. Goldmann kritisierte Hugo von Hofmannsthals Schaffen – nicht ohne dessen persönliche Nähe zu Bahr zu verkennen – seit vielen Jahren sowohl privat als auch öffentlich[100]. Dass sich Goldmann Geld von seiner Frau ausleihen sollte, nimmt Bezug auf Goldmanns lebenslange finanzielle Schwierigkeiten, die seine Frau als Erbin eines Fabrikbesitzers zumindest bis zum Ersten Weltkrieg nicht gehabt haben dürfte[101].

Der Streit intensivierte sich zwei Tage später, am 28. Dezember, als Schnitzler und Goldmann gemeinsam mit Schnitzlers Frau Olga und deren Sohn Heinrich bei Schnitzlers Mutter Louise zu Besuch waren:

Ich [=Schnitzler] sagt ihm [=Goldmann] die schlimmsten Dinge: insbesondre daß er über Lebend. Stunden und Beatrice anders in der N. Fr. Pr. geschrieben als mir persönlich und als er mündlich zu mir und O. gesprochen. Er redete sich zweifach aus. «Bei einer Auffüh­rung kommt man auf Mängel, die einem bei der Lecture verborgen blieben». Und: «Aus Rücksicht und andern Gründen sagt man zuwei­len einem Freund privat günstigeres über seine Sachen als in der Öffentlichkeit». ― Es war leicht ihm zu erwidern; u. a. sagt ich ihm. Du hast einen Doppelselbstmord begangen mit deiner Erklärung: den Freund und den Kritiker hast du umgebracht.― Außerdem, früher: «Im ‘Hoffnung auf wen setzen’ seid ihr (Kritiker) groß ― aber weh denen, die sie erfüllen!―»[102]

Goldmann und Schnitzler «schieden […] nicht unherzlich»[103] –  mit dem Auftrag an Schnitzler, Goldmann Abschriften seiner Briefe zukommen zu lassen[104], da sich Schnitzler in deren Auseinandersetzung auf diese bezogen habe[105].

Nachdem Goldmann die Briefe erhalten hatte, reagierte er auf 26 handgeschriebenen Seiten und in dem Bewusstsein, dass «dieser Brief den Bruch [der] zwanzigjährigen Freundschaft herbeiführen» könnte[106], auf Schnitzlers Vorwürfe – alles aus den letzten Jahren kam zusammen. Schon Schnitzlers Tagebucheintrag macht deutlich, dass es vor allem darum ging, dass Schnitzler Goldmann vorwarf, in seinen Briefen anders – heißt: besser – als in seinen Feuilletons über Schnitzlers Stücke, besonders Der Schleier der Beatrice und Lebendige Stunden, geurteilt zu haben. Goldmann war sowohl als Freund als auch als Kritiker durchgefallen. Diese Einstellung Schnitzlers gegenüber Goldmann war zweiterem aufgrund der bestehenden Differen­zen zwischen den beiden zwar «seit Langem bekannt», bei deren letzter Unterredung war Schnitzler aber in einer Art über ihn «hergefallen […], wie über einen characterlosen Lumpen», dass er «eine Grenze überschritten» und Goldmanns «Ehre» verletzt habe[107]. Goldmann war nämlich der Ansicht, sowohl als Freund als auch als Kritiker richtig gehandelt zu haben: Als Freund habe er seine Kritik in den Briefen sehr wohl angedeutet, nur eben vorsichtiger, rücksichtsvoller, von mehr Lob umgeben:

Du [=Schnitzler] hast darüber hinweggelesen u. von meinen Briefen nur behalten, daß ich Dich mit Grillparzer verglichen habe. Das ist bezeichnend – aber nicht für mich, sondern für Dich.[108]

Als Kritiker wiederum habe er schlichtweg andere Pflichten, wodurch seine Feuilletons härter formuliert sein könnten als seine Briefe:

Entsteht aus diesem Grunde ein Widerspruch zwischen Privatbriefen des Kritikers u. der von ihm veröffentlichten Kritik, so trifft die Verantwortung nicht den Kritiker, sondern den, der es versucht, dessen Privatbriefe gegen ihn auszuspielen.[109]

Für Der Schleier der Beatrice rechtfertigte Goldmann sein Verhalten anhand mehrerer Zitate aus den abgeschriebenen Briefen[110], die er mit seinem Feuilleton ins Verhältnis setzte. Im Fall der Lebendigen Stunden lagen ihm keine schriftlichen Beweise vor, weil es sich um mündliche Äußerungen nach einer Vorlesung am 24. August 1901 in Welsberg gehandelt habe[111]. Außerdem hatte er die Kritik in dem Moment nicht zur Hand – u. a., weil er dieses Feuilleton, im Gegensatz zu jenem über die Beatrice[112], nicht in eine seiner Feuilletonsammlungen (s. o.) aufnahm («aus Rücksicht auf den Freund»)[113]. In jedem Fall sah sich Goldmann im Recht, denn erst die Aufführung, nicht die private Vorlesung in einem Wald, habe ihm ein korrektes Urteil über das Stück ermöglicht.

In seinem Brief ging Goldmann schließlich auch auf eine Aussage ein, die er Schnitzler zufolge getan haben soll: dass er sich erschießen wolle, weil er nicht selbst in der Lage sei, Stücke, wie Schnitzler sie schrieb, zu verfassen:

Ich weiß, daß ich das nicht gesagt haben kann u. auch nicht gesagt habe, weil ich weiß, daß ich mich nicht mit weibischem Schwulst auszudrücken pflege, sondern die Gewohnheit habe, zu reden, wie ein Mann. . . . . . . [114]

Schnitzler bezog sich in seinem 13-seitigen Antwortschreiben[115], an dem er mehr als zwei Wochen gearbeitet hatte[116], auf provokante Weise darauf und meinte,

dass hier möglicherweise eine Erinnerungstäuschung meinerseits vor­liegt und Du Dich wirklich nicht – um Dein Wort zu gebrauchen – mit so «weibischem Schwulst[»] ausgedrü[ckt] hast – eine Bemerkung übrigens, durch die sich im weitesten Umkreis niemand getroffen fühlt.[117]

Darüber hinaus versuchte auch er sich – mit subtilen Seitenhieben auf Goldmanns Besserwisserei – zu rechtfertigen und betonte noch einmal die Doppelmoral, die er von Goldmann wahrgenommen hatte. Es gehe ihm nicht darum, nur Lob zu bekommen, aber es sei nicht möglich – Schnitzler dürfte hierfür noch einmal den nicht abgesandten Brief aus dem Jahr 1907 (s. o.) herangezogen haben –, sein Schaffen zu verwerfen, seine Person aber nicht. Offen drückte Schnitzler Zweifel an Goldmanns Fähigkeiten als Kritiker aus, die er seit den Auseinandersetzungen um Gerhart Hauptmann (s. o.) habe, und tat Goldmanns Einfluss ab:

Dein Gesamtwirken hat bisher niemanden dauernd geschadet als Dir selbst, dessen Bild schon heute eines Ehrenplatzes in der Galerie jener berühmten Missversteher gewiss ist, die zu jeder Zeit die Schaffens­freude gerade der Besten mit ihrem respekt- u ahnungslosen Geschwätz begleitet haben.[118]

Zuletzt entkräftigte er Goldmanns Behauptung, dessen Urteil über die Lebendigen Stunden sei durch den geringen Bühnenerfolg neuerlich bewiesen worden, indem er diverse Erfolge des Einakterzyklus’ aufzählte.

Goldmann dürfte nie geantwortet haben, datiert der nächste überlieferte Brief doch erst über ein halbes Jahr später: ein Kondolenzschreiben zum Tod Louise Schnitzlers (am 9. September 1911)[119]. Darauf folgt ein Schreiben von Goldmanns Frau, Eva Marie Goldmann, die sich für eine nicht näher rekonstruierbare Mitteilung Schnitzlers bedankte und anmerkte, dass Goldmann «unter dem Zerwürfnis […] sehr gelitten» habe[120] –  entsprechend vermied er im Jahr darauf ganz bewusst eine persönliche Begegnung[121].

Auch Schnitzler dürfte anhaltend verletzt gewesen sein. Dafür spricht nicht nur, dass seine Korrespondenz mit Goldmann eine von wenigen großen Briefwechseln ist, von denen er keine Abschrift anfertigen ließ, sondern auch, dass die Korrespondenz, abgesehen von den zwei zitierten Briefen an Goldmann, im Deutschen Literaturarchiv in Marbach und nicht bei den restlichen beruflichen Korrespondenzen im literarischen Nachlass in der Cambridge University Library aufbewahrt wird.

Die Zeit danach

Nach diesem Eklat setzte eine Kontaktpause ein, die bis 1915 anhielt. In der Zwischenzeit verärgerte Schnitzler zwar ein kritisches Feuilleton Goldmanns über Professor Bernhardi[122], kontaktiert dürfte er ihn diesbezü­glich aber nicht haben[123]. Schnitzler schrieb Goldmann mit Sicherheit erst wieder zu dessen 50. Geburtstag, wobei er wohl etwas sentimental wurde[124]. In Goldmanns Antwort heißt es immerhin:

Die guten gemeinsamen Stunden, die Du erwähnst, auch ich habe sie nicht vergessen. Wie könnte ich auch? Sie sind ein wesentlicher Teil meines Lebens u. gehören zum Besten, das es enthält. […] an der Aufrichtigkeit, mit der ich Dir Gutes wünsche, hat sich bei mir niemals etwas geändert u. wird sich niemals etwas ändern.[125]

Bei der nächsten – zufälligen – Begegnung bei der Generalprobe der Komödie der Worte am 11. Oktober des Jahres im Wiener Burgtheater war von dieser Sentimentalität nichts mehr zu spüren: «verlegen grüßend» ging Goldmann an Schnitzler vorüber[126].

Nachweislich schrieb Goldmann erst zehn Jahre später wieder an Schnitzler[127]. Erneut war es eine Antwort auf ein Gratulationsschreiben, dieses Mal zu Goldmanns 60. Geburtstag. Auf elf Seiten bedankte sich Goldmann für Schnitzlers Brief, bedauerte, Schnitzler zu dessen 60er nicht gratuliert zu haben und blickte auf deren Bruch zurück. Nun bezog er sich vor allem auf den wiederholt geäußerten Vorwurf[128], er sei unkünstlerisch, bzw. eine Stelle in einem Brief Schnitzlers, die etwa gelautet habe: «‘Du bist ein Mensch ohne jede Phantasie – eine gänzlich unkünstlerische Natur’»[129]. Eine Version dieser Aussage, die der Hauptgrund für Goldmanns Rückzug gewesen sei, findet sich in der genannten Komödie der Worte, genauer im Einakter «Stunde des Erkennens», über Flöding, Goldmanns Alter Ego, das er selbst erkannt hatte[130]. Goldmann musste das besonders deshalb gekränkt haben, weil er selbst immer wieder literarische Texte veröffent­lichte. Neben kleineren Arbeiten in der Schönen Blauen Donau, der Frank­furter Zeitung, der Neuen Freien Presse und Südbahn und Lloyd schuf Goldmann eine größere Übersetzung, Man soll nichts verschwören (1902)[131], und vier selbstständig erschienene Einakter: Das Ultimatum (1922)[132], Der Sturz des Grafen Reichenbach (1923)[133], Der Gefangene (1923)[134] und Es ist mein Wille! (1924)[135]. Abgesehen von der Übersetzung kam nur das letztgenannte Stück am 5. Januar 1928 im Wiener Akademietheater zur Uraufführung[136]. Schnitzler, der die Aufführung am 8. Januar besuchte, gefiel das Stück nicht – was er Goldmann kommunizierte[137].

Schnitzler war über Goldmanns Antwort auf sein Gratulationsschreiben jedenfalls alles andere als erfreut[138], antwortete dann aber doch sehr wohlwollend:

Was ich in meinem Brief sagen oder wenigstens anzudeuten ver­suchte, – das ist: dass über unseren Meinungen und Urteilen, mögen sie nun irrtümlich sein oder nicht, zwischen Dir und mir eine Bezieh­ung bestand und für mein Gefühl noch immer besteht, die in einer seelischen und geistigen Gemeinsamkeit unserer Jugendjahr wurzelt und somit als «Idee» unzerstörbar ist, mag sie auch für die äussere Gestaltung unseres Verhältnisses zu meinem Bedauern keine genü­gende aufbauende Kraft mehr besitzen.[139]

Goldmann dürfte darauf wiederum nicht weiter reagiert haben.

Was in den Briefen aus der Zeit nach dem Bruch keine Erwähnung findet, ist Goldmanns Tätigkeit als Kriegsberichterstatter der Neuen Freien Presse[140]. Dabei machte er sich vor allem mit seinen Berichterstattungen über seine jährlichen Gespräche mit dem Generalfeldmarschall und Reichs­präsidenten Paul von Hindenburg einen Namen[141]. Auch Karl Kraus, der schon davor immer wieder über Goldmann geschrieben hatte[142], portrai­tierte ihn in dieser Funktion in der 25. Szene des vierten Akts von Die letzten Tage der Menschheit[143]. Die Begegnungen mit Hindenburg jeweils im Novem­ber der Jahre 1914 und 1915 fasste Goldmann in einem schmalen Buch zusammen, betitelt Gespräche mit Hindenburg (1916)[144]. Seine Eindrücke an der Westfront Ende April und Anfang Mai 1915 versammelte er in Von Lille bis Brüssel (1915)[145]. Nach Kriegsende war Goldmann neben Richard Dehmel, Albert Einstein, Gerhart Hauptmann und vielen anderen außer­dem eines der prominenten Mitglieder des Ende November 1918 auf Walther Rathenaus Initiative hin gegründeten und nur kurz bestehenden Demokratischen Volksbunds[146].

Erst nachdem sich Goldmann und Schnitzler – wieder zufällig – im Berliner Schauspielhaus getroffen hatten, kam es am 20. Oktober 1925 zu einem längeren Gespräch, dieses Mal im Hause Goldmann[147]. Vereinzelt fanden nun wieder persönliche Treffen statt, gelegentlich gab es auch brieflichen Kontakt. Obgleich Schnitzlers Abneigung gegenüber Gold­mann bestehen blieb[148], setzte wohl ein gewisses gegenseitiges Verzeihen ein und der Grundton war von Melancholie und Jugenderinnerungen geprägt[149].

Das letzte Mal sahen sich Goldmann und Schnitzler am 12. Mai 1931 in Schnitzlers Haus in der Sternwartestraße 71[150]. Der letzte Brief Goldmanns an Schnitzler datiert auf den 22. August 1931 und ist ein Sommergruß aus Kärnten[151]. Zwei Monate später starb Schnitzler im Alter von 69 Jahren.

Abbildung 4: Paul Goldmann, abgebildet auf einem Lesezeichen der Olleschau (1927), Detail

 

Am 4. August 1933 wurde Goldmann, gebürtiger Jude und noch immer in Berlin lebend, von der Geheimen Staatspolizei verhaftet, durch Inter­vention des Vereins der ausländischen Presse jedoch bereits am nächsten Tag wieder frei gelassen[152]. Nach seiner Pensionierung Anfang 1935[153] übersiedelte er gemeinsam mit seiner Frau Eva und seiner Tochter Franziska zurück nach Wien, in die Gloriettegasse 15 im 13. Bezirk[154]. Im Alter von 70 Jahren verstarb Goldmann am Morgen des 25. Septembers 1935 an einem Herzschlag. Am 30. September um 14 Uhr folgte die Trauerfeier im Wiener Krematorium[155]. Eva Marie Goldmann nahm sich am 2. November 1937 in ihrer Wohnung in der Hartäckerstraße 30 (19. Bezirk) mit Leuchtgas das Leben[156]. Franziska Goldmann zog nun von der Wohnung ihrer Mutter in die Salesianergasse 8 im dritten Bezirk[157]. Wenige Monate später, am 29. März 1938, meldete sie sich nach Mailand ab. Am 6. Dezember 1940 emigrierte sie nach Rio de Janeiro[158], wo sie am 19. August 1963 verstarb[159].

 

 

Literatur

AAC – Austrian Academy Corpus: AAC-FACKEL Online Version: «Die Fackel. Herausgeber: Karl Kraus, Wien 1899-1936». AAC Digital Edition No 1, http://www.aac.ac.at/fackel [letzter Zugriff: 1. 12. 2023].

Aurnhammer, Achim: «Wenn ich was könnte […] und wenn der Hauptmann gscheidt wär» – Arthur Schnitzlers Wettstreit mit Gerhart Hauptmann, in: Tim Lörke, Gregor Streim und Robert Walter-Jochum (Hg.): Von den Rändern zur Moderne. Studien zur deutschsprachigen Literatur zwischen Jahrhundertwende und Zweitem Weltkrieg. Würzburg: Königshausen & Neumann 2013, S. 111-126.

Bahr, Hermann: Das junge Österreich [drei Teile], in: Deutsche Zeitung, Jg. 23, Nr. 7806, 20. 9. 1893, Morgen-Ausgabe, S. 1-2; Nr. 7813, 27. 9. 1893, Morgen-Ausgabe, S. 1-3; Nr. 7823, 7. 10. 1893, Morgen-Ausgabe, S. 1-3.

––––, Julius Bauer, J. J. [=Jakob Julius] David, Robert Hirschfeld, Felix Salten und Ludwig Speidel: Erklärung, in: Neues Wiener Tagblatt, Jg. 34, Nr. 252, 14. 9. 1900, S. 9-10.

Beier, Nikolaj: «Vor allem bin ich ich …». Judentum, Akkulturation und Antisemitismus in Arthur Schnitzlers Leben und Werk. Göttingen: Wallstein 2008.

Bein, Alex: Theodor Herzl. Biographie. Frankfurt a. M./Berlin/Wien: Ullstein 1983.

Berliner Adreßbuch 1932. Unter Benutzung amtlicher Quellen. Bd. 1. Berlin: August Scherl Deutsche Adreßbuch-Gesellschaft 1932.

–––– 1935. Unter Benutzung amtlicher Quellen. Bd. 1. Berlin: August Scherl Deutsche Adreßbuch-Gesellschaft 1935.

David, J. J. [=Jakob Julius]: Das Ende der Burgtheaterkrise, in: Neues Wiener Journal, Jg. 6, Nr. 1522, 19. 1. 1898, S. 1.

Demokratischer Volksbund: An alle großdeutschen Demokraten in den deutschösterreichischen Ländern, in: Salzburger Volksblatt, Jg. 48, Nr. 270, 25. 11. 1918, S. 5.

Goldmann, Eva und Franziska: [Traueranzeige], in: Neue Freie Presse, Nr. 25519, 27. 9. 1935, Morgenblatt, S. 15.

G. [=Paul Goldmann]: Die Enthüllungen über die Affaire Dreyfus, in: Frankfurter Zeitung, Jg. 41, Nr. 258, 16. 9. 1896, Erstes Morgenblatt, S. 1.

––––: Die Affaire Dreyfus, in: Frankfurter Zeitung, Nr. 314, 11. 11. 1896, Zweites Morgenblatt, S. 1.

––––: Dreyfus, die öffentliche Meinung und die deutsche Regierung, in: Frankfurter Zeitung, Nr. 315, 12. 11. 1896, Erstes Morgenblatt, S. 1.

[Goldmann, Paul:] Kleines Feuilleton. [«Jung-Wien».], in: Frankfurter Zeitung, Jg. 41, Nr. 7, 7. 1. 1897, Zweites Morgenblatt, S. 1.

Goldmann, Paul: Ein Sommer in China. Reisebilder. Frankfurt a. M.: Rütten & Loening 1899.

––––: «Michael Kramer», in: Neue Freie Presse, Nr. 13055, 28. 12. 1900, Morgenblatt, S. 1-3.

––––: Berliner Brief, in: Neue Freie Presse, Nr. 12735, 6. 2. 1900, Morgenblatt, S. 1-3.

––––: Berliner Theater. «Einsame Menschen» im Deutschen Theater, in: Neue Freie Presse, Nr. 13345, 19. 10. 1901, Morgenblatt, S. 1-3.

––––: Berliner Theater. «Der Rothe Hahn», in: Neue Freie Presse, Nr. 13391, 4. 12. 1901, Morgenblatt, S. 1-3.

––––: Berliner Theater. («Lebendige Stunden» von Arthur Schnitzler.), in: Neue Freie Presse, Nr. 13438, 22. 1. 1902, Morgenblatt, S. 1-4.

––––: Die «neue Richtung». Polemische Aufsätze über Berliner Theater-Aufführungen. Wien: C. W. Stern (Buchhandlung L. Rosner) 1903.

––––: Berliner Theater. («Der Schleier der Beatrice» von Arthur Schnitzler.), in: Neue Freie Presse, Nr. 13851, 19. 3. 1903, Morgenblatt, S. 1-5.

––––: Berliner Theater. «Der einsame Weg». Von Arthur Schnitzler, in: Neue Freie Presse, Nr. 14187, 23. 2. 1904, Morgenblatt, S. 1-3.

––––: Aus dem dramatischen Irrgarten. Polemische Aufsätze über Berliner Theateraufführungen. Frankfurt a. M.: Rütten & Loening 1905.

––––: Vom Rückgang der deutschen Bühne. Polemische Aufsätze über Berliner Theater-Aufführungen. Frankfurt a. M.: Rütten & Loening 1908.

––––: Literatenstücke und Ausstattungsregie. Polemische Aufsätze über Berliner Theater-Aufführungen. Frankfurt a. M.: Rütten & Loening 1910.

––––: Berliner Theater. «Professor Bernhardi» von Artur Schnitzler, in: Neue Freie Presse, Nr. 17374, 4. 1. 1913, Morgenblatt, S. 1-4.

––––: Beim Generalobersten v. Hindenburg, in: Neue Freie Presse, Nr. 18046, 19. 11. 1914, Morgenblatt, S. 1-3.

––––: Beim Generalfeldmarschall von Hindenburg. Ein Abend im Hauptquartier. Berlin: Concordia 1914.

––––: Von Lille bis Brüssel. Bilder aus den westlichen Stellungen und Kämpfen des deutschen Heeres. Berlin: Karl Curtius 1915.

––––: Wieder bei Hindenburg, in: Neue Freie Presse, Nr. 18422, 5. 12. 1915, Morgenblatt, S. 1-3.

––––: Beim Generalfeldmarschall v. Hindenburg im Großen Hauptquartier, in: Neue Freie Presse, Nr. 18747, 29. 10. 1916, Morgenblatt, S. 1-3.

––––: Gespräche mit Hindenburg. Berlin: Karl Curtius [1916].

––––: Hindenburg und Ludendorff über Krieg und Frieden, in: Neue Freie Presse, Nr. 19139, 2. 12. 1917, Morgenblatt, S. 1-3.

––––: Das Ultimatum. Schauspiel in einem Akt. Wien: Carl Herrmann 1922.

––––: 50 Jahre «Extrablatt». Gratulationen, in: Illustriertes Wiener Extrablatt, Jg. 51, Nr. 88, 30. 3. 1922, S. 4.

––––: Der Gefangene. Schauspiel in einem Akt, in: Neue Freie Presse, Nr. 20964, 21. 1. 1923, Morgenblatt, S. 27-29.

––––: Der Gefangene. Schauspiel in einem Akt. Wien: Österreichische Journal-A. G. 1923.

––––: Der Sturz des Grafen Reichenbach. Schauspiel in einem Akt, in: Neue Freie Presse, Nr. 21191, 8. 9. 1923, Morgenblatt, S. 31-37.

––––: Der Sturz des Grafen Reichenbach. Schauspiel in einem Akt. Wien: Österreichische Journal-A. G. 1923.

––––: Es ist mein Wille! Eine unwahrscheinliche Begebenheit aus dem achtzehnten Jahrhundert. In einem Akt [Erster Teil], in: Neue Freie Presse, Nr. 21335, 2. 2. 1924, Morgenblatt, S. 31-35.

––––: Es ist mein Wille! Eine unwahrscheinliche Begebenheit aus dem 18. Jahrhundert in einem Akt. Wien: Österreichische Journal-A. G. 1924.

––––: Erinnerungen an Arthur Schnitzler, in: Neue Freie Presse, Nr. 24121, 8. 11. 1931, Morgenblatt, S. 25-26.

Heuer, Renate und das Archiv Bibliographia Judaica e. V., unter Mitarbeit von Gudrun Jäger, Manfred Pabst, Birgit Seemann und Siegbert Wolf (Hg.): Goldmann, Paul, in: Lexikon deutsch-jüdischer Autoren. Bd. 9: Glas – Grün. München: K. G. Saur 2001, S. 99.

Ischler Fremden-Liste, Nr. 46, 7. 8. 1888.

Kraus, Karl: Die letzten Tage der Menschheit. Tragödie in fünf Akten mit Vorspiel und Epilog, hg. v. Christian Wagenknecht. Frankfurt a. M.: Suhrkamp 1986.

Lehrerkollegium der Anstalt (Hg.): Festschrift zur 250jährigen Jubelfeier des Gymnasiums St. Maria Magdalena zu Breslau am 30. April 1893. Breslau: Breslauer Genossenschafts-Buchdruckerei 1893.

Löbl, Emil: Alt-Roßauer Erinnerung, in: Illustriertes Wiener Extrablatt, Jg. 51, Nr. 84, 25. 3. 1922, S. 23-24.

Millevoye, Lucien: Justice!, in: La Patrie, Jg. 56, 15. 11. 1896, S. 1.

Müller, Martin Anton, Gerd-Hermann Susen und Laura Untner (Hg.): Arthur Schnitzler: Briefwechsel mit Autorinnen und Autoren. 1888-1931. Digitale Edition. Wien 2018-[2024], https://schnitzler-briefe.acdh.oeaw.ac.at/ [letzter Zugriff: 30. 11. 2023].

Müller, Martin Anton: (Hg.): Arthur Schnitzler: «Das Zeitlose ist von kürzester Dauer». Interviews, Meinungen und Proteste 1891-1931. Bd. 1. Göttingen: Wallstein 2023.

Musset, Alfred de: Man soll nichts verschwören. Komödie in 3 Akten [1836/48]. Übers. v. Paul Goldmann. Frankfurt a. M.: Rütten & Loening 1902.

–n– [=Peter Nansen]: Arthur Schnitzler. «Elskovsleg»s Forfatter, in: Politiken, Nr. 68, 9. 3. 1897, S. 1.

[O. V.:] «An der schönen blauen Donau», in: Die Presse, Jg. 39, Nr. 28, 28. 1. 1886, S. 4.

––––: Theater, Kunst und Literatur, in: Wiener Allgemeine Zeitung, Nr. 3821, 25. 1. 1891, S. 8.

––––: [Der Schriftsteller Dr. Paul Goldmann], in: Wiener Allgemeine Zeitung, Nr. 3863, 15. 3. 1891, S. 10.

––––: [Une rencontre au pistolet], in: Le Petit Parisien, Jg. 21, Nr. 7331, 22. 11. 1896, S. 2.

––––: À la chambre, in: L’Express du Midi, Jg. 7, Nr. 2077, 7. 12. 1897, S. [2].

––––: (Schweres Reitunglück in Ischl.), in: Neues Wiener Journal, Jg. 35, Nr. 12089, 21. 7. 1927, S. 11.

––––: Noch vier November-Premieren des Burgtheaters, in: Der Tag, Jg. 6, Nr. 1770, 6. 11. 1927, S. 12.

––––: Burg- und Akademietheater. Die nächsten Premieren, in: Neues Wiener Abendblatt, Jg. 61, Nr. 250, 23. 12. 1927, S. 3.

––––: Reichsdeutsche Journalisten in Wien verhaftet. Eine «Gegenmaßnahme» in Berlin, in: Arbeiter-Zeitung, Jg. 46, Nr. 214, 5. 8. 1933, S. 1.

––––: Paul Goldmann enthaftet, in: Arbeiter-Zeitung, Jg. 46, Nr. 215, 6. 8. 1933, S. 1.

––––: Paul Goldmann verhaftet – enthaftet, in: Prager Tagblatt, Jg. 58, Nr. 182, 6. 8. 1933, S. 2.

––––: (Dr. Paul Goldmann.), in: Neues Wiener Tagblatt, Jg. 69, Nr. 34, 3. 2. 1935, S. 13.

––––: Paul Goldmann gestorben, in: Neues Wiener Abendblatt, Jg. 69, Nr. 265, 25. 9. 1935, S. 2.

––––: (Lebensmüde.), in: Neues Wiener Abendblatt, Nr. 302, 2. 11. 1937, S. 3.

Schn., Arth. [=Arthur Schnitzler]: Liebeslied der Ballerine, in: Der freie Landesbote, Jg. 11, Nr. 262, 13. 11. 1880, o. S.

Schnitzler, Arthur: Mein Freund Ypsilon. Aus den Papieren eines Arztes, in: An der Schönen Blauen Donau, Jg. 4, H. 2, 15. 1. 1889, S. 25-28.

––––: Amerika, in: An der Schönen Blauen Donau, Jg. 4, H. 9, [1. 5.] 1889, S. 197.

––––: Episode, in: An der Schönen Blauen Donau, Jg. 4, H. 18, [15. 9.] 1889, S. 424-426.

––––: Tagebuch. 1879-1931, hg. von der Kommission für literarische Gebrauchsformen der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, Obmann: Werner Welzig. Wien 1981-2000, https://schnitzler-tagebuch.acdh.oeaw.ac.at/ [letzter Zugriff: 1. 12. 2023].

––––: Jugend in Wien, hg. v. Therese Nickl und Heinrich Schnitzler. Wien/München/Zürich: Fritz Molden 1968.

––––: Stunde des Erkennens, in: ders.: Komödie der Worte. Drei Einakter. Frankfurt a. M.: Fischer 1993, S. [11]–41.

Stadler, Gerhard A.: Das industrielle Erbe Niederösterreichs. Geschichte – Technik – Architektur. Wien/Köln/Weimar: Böhlau 2006.

Volkov, Shulamit: Walther Rathenau. Ein jüdisches Leben in Deutschland 1867-1922. Übers. v. Ulla Höber. München: C. H. Beck 2012.

Wiener Adreßbuch. Lehmanns Wohnungsanzeiger 1936. Jg. 77, Bd. 1. Wien: Österreichische Anzeigen-Gesellschaft 1936.

Zieger, Karl: Arthur Schnitzler et la France 1894-1938: Enquête sur une réception. Villeneuve d’Ascq: Presses universitaires du Septentrion 2012, https://doi.org/10.4000/books.septentrion.13677 [letzter Zugriff: 6. 12. 2023].

Internetquellen

Brasil, Cartões de Imigração, 1900-1965, in: FamilySearch, https://www.familysearch.org/ark:/61903/1:1:KNGR-Y2C [letzter Zugriff: 30. 11. 2023].

Brasil, Rio de Janeiro, Registro Civil, 1829-2012, in: FamilySearch, https://www.familysearch.org/ark:/61903/1:1:7MYV-X5PZ [letzter Zugriff: 30. 11. 2023].

Gabelsbergersche Stenographie / Paul Goldmann, in: GND, https://d-nb.info/579994511 [letzter Zugriff: 13. 12. 2023].

Gertrud Hindemith, in: Fondation Hindemith, https://www.hindemith.info/de/leben-werk/biographie/1918-1927/leben/heirat/ [letzter Zugriff: 13. 12. 2023].

Ludwig Rottenberg, in: Frankfurter Personenlexikon, https://frankfurter-personenlexikon.de/node/954 [letzter Zugriff: 13. 12. 2023].

Archivquellen

Central Zionist Archives: Korrespondenz Theodor Herzl–Paul Goldmann, H;HN [Nachlass Herzl].

Deutsches Literaturarchiv Marbach: Korrespondenz Elisabeth Gussmann–Paul Goldmann, HS. 1985.1.5246 [Nachlass Schnitzler].

Houghton Library, Harvard: Korrespondenz Richard Beer-Hofmann–Paul Goldmann, 825.978 [Nachlass Beer-Hofmann].

Universität Breslau: Abgangszeugnis vom 29. 5. 1886, AUW.P260 [Allgemeines Studenten-Register, Juristische Fakultät, Abgegangene Studenten, 1885].

Wienbibliothek im Rathaus: Korrespondenz Felix Salten–Paul Goldmann, ZPH 1681 [Nachlass Salten].

Wiener Stadt- und Landesarchiv: Meldezettel Franziska Goldmann.

Abbildungen

Abbildung 1: Arthur Schnitzler mit Leo Van-Jung, Paul Goldmann, Richard Beer-Hofmann und Alfred Kerr, in: Deutsches Literaturarchiv Marbach, B 1989.Q 0178/1-9.

Abbildung 2: Porträt Paul Goldmann, in: Deutsches Literaturarchiv Marbach, B 1989.Q 0431.

Abbildung 3: Statistik zur Korrespondenz Schnitzler–Goldmann, in: Martin Anton Müller, Gerd-Hermann Susen und Laura Untner (Hg.): Arthur Schnitzler: Briefwechsel mit Autorinnen und Autoren. 1888-1931. Digitale Edition. Wien 2018-[2024], https://schnitzler-briefe.acdh.oeaw.ac.at/statistik_pmb11485.html [letzter Zugriff: 2. 1. 2024].

Abbildung 4: Paul Goldmann – Olleschau Lesezeichen, in: Wikimedia Commons, https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Paul_Goldmann_%E2%80%93_Olleschau_Lesezeichen.jpg [letzter Zugriff: 14. 12. 2023].  



[1] Martin Anton Müller, Gerd-Hermann Susen und Laura Untner (Hg.): Arthur Schnitzler: Briefwechsel mit Autorinnen und Autoren. 1888-1931. Digitale Edition. Wien 2018-[2024], LINK [letzter Zugriff: 30. 11. 2023]. In Folge werden Korrespondenzstücke aus dieser Edition wie folgt zitiert: [Titel (z. B. Paul Goldmann an Arthur Schnitzler, 14. 6. 1889)], [ID (z. B. L02639)], in: Schnitzler-Briefe.

[2] Vgl. Festschrift zur 250jährigen Jubelfeier des Gymnasiums St. Maria Magdalena zu Breslau am 30. April 1893, hg. von dem Lehrerkollegium der Anstalt. Breslau: Breslauer Genossenschafts-Buchdruckerei 1893, S. 96.

[3] Im November 1885 hatte er die Universität Breslau verlassen, vgl. Universität Breslau, Abgangszeugnis vom 29. 5. 1886, AUW.P260. Erstmals verzeichnet die Ischler Fremden-Liste im August 1888 einen «Dr. Paul Goldmann, aus Wien» (Nr. 46, 7. 8. 1888, S. [1]). An welcher Universität Goldmann seinen Doktortitel erhielt, konnte nicht geklärt werden.

[4] Goldmanns Mutter, Clementine Goldmann (15. 5. 1842, Breslau – 24. 2. 1924, Frankfurt a. M.), war Fedor Mamroths Schwester. Mit Gustav Goldmann (1842, Berlin – 3. 5. 1916, Berlin) hatte sie zwei Kinder: Paul und Vally Goldmann (29. 12. 1866, Breslau –? ?). Am 5. Juni 1893 heiratete Vally den Arzt Josef Rosengart (8. 2. 1860, Laupheim – 4. 8. 1927, Frankfurt a. M.). Sie hatten einen Sohn, Paul Rosengart (2. 6. 1896, Frankfurt a. M. – 21. 3. 1962, Straßburg). Ob die Daten zu Gustav Goldmann korrekt sind, ist fraglich. In Goldmanns Briefen erwähnte er seine Mutter immer wieder, seinen Vater aber nie. Entweder hatte Goldmann früh mit seinem Vater gebrochen oder er war schon früher verstorben.

[5] Vgl. Emil Löbl: Alt-Roßauer Erinnerung, in: Illustriertes Wiener Extrablatt, Jg. 51, Nr. 84, 25. 3. 1922, S. 23-24, hier: S. 24; Paul Goldmann: 50 Jahre «Extrablatt». Gratulationen, in: ebd., Jg. 51, Nr. 88, 30. 3. 1922, S. 4.

[6] Vgl. [O. V.:] «An der schönen blauen Donau», in: Die Presse, Jg. 39, Nr. 28, 28. 1. 1886, S. 4.

[7] Arthur Schnitzler: Jugend in Wien, hg. v. Therese Nickl und Heinrich Schnitzler. Wien/München/Zürich: Fritz Molden 1968, S. 319-320.

[8] Paul Goldmann: Erinnerungen an Arthur Schnitzler, in: Neue Freie Presse, Nr. 24121, 8. 11. 1931, Morgenblatt, S. 25-26, hier: S. 25. Möglicherweise animierte damals Adele (Lili) von Sonnenthal Schnitzler zu einer Einreichung bei der Schönen Blauen Donau, vgl. Arthur Schnitzler: Freitag, 26. Juli 1912, in: Tagebuch. 1879-1931, hg. von der Kommission für literarische Gebrauchsformen der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, Obmann: Werner Welzig. Wien 1981-2000, LINK [letzter Zugriff: 1. 12. 2023] (in Folge: [Datum (z. B. 26. 7. 1912)], in: Schnitzler-Tagebuch).

[9] Arthur Schnitzler: Amerika, in: An der Schönen Blauen Donau, Jg. 4, H. 9, [1. 5.] 1889, S. 197. Auch der erste veröffentlichte Einakter aus Schnitzlers Anatol-Zyklus erschien in der Zeitschrift: Arthur Schnitzler: Episode, in: ebd., Jg. 4, H. 18, [15. 9.] 1889, S. 424-426.

[10] Arthur Schnitzler: Mein Freund Ypsilon. Aus den Papieren eines Arztes, in: ebd., Jg. 4, H. 2, 15. 1. 1889, S. 25-28. Schnitzlers erste literarische Veröffentlichung war ein Gedicht: Arth. Schn. [=Arthur Schnitzler]: Liebeslied der Ballerine, in: Der freie Landesbote, Jg. 11, Nr. 262, 13. 11. 1880, o. S.

[11] Vgl. Fedor Mamroth und Paul Goldmann an Arthur Schnitzler, 9. 12. 1888, L02551, in: Schnitzler-Briefe.

[12] Vgl. 17. 3 1891, in: Schnitzler-Tagebuch.

[13] Paul Goldmann an Arthur Schnitzler, 17. 5. [1893], L02708, in: Schnitzler-Briefe. Siehe auch Paul Goldmann an Arthur Schnitzler, 1. 6. [1894], L02623, in: ebd.

[14] Bahr popularisierte insbesondere mit der Feuilletonreihe Das junge Österreich [drei Teile], in: Deutsche Zeitung, Jg. 23, Nr. 7806, 20. 9. 1893, Morgen-Ausgabe, S. 1-2; Nr. 7813, 27. 9. 1893, Morgen-Ausgabe, S. 1-3; Nr. 7823, 7. 10. 1893, Morgen-Ausgabe, S. 1-3.

[15] Goldmann: Erinnerungen, S. 25.

[16] Paul Goldmann an Arthur Schnitzler, 2. [1.? 1897], L02792, in: Schnitzler-Briefe. Hervorhebungen i. O.

[17] [Paul Goldmann:] Kleines Feuilleton. [«Jung-Wien».], in: Frankfurter Zeitung, Jg. 41, Nr. 7, 7. 1. 1897, Zweites Morgenblatt, S. 1. Eckige Klammern i. O.

[18] Vgl. Paul Goldmann an Arthur Schnitzler, 4. 8. 1889, L02642, in: Schnitzler-Briefe.

[19] Vgl. Paul Goldmann an Arthur Schnitzler, 7. 9. [1896], L02784, in: ebd.; Paul Goldmann an Arthur Schnitzler, 2. 12. [1896], L02794, in: ebd. Siehe dazu auch Nansens Erinnerungen an deren Besuch in: –n– [=Peter Nansen]: Arthur Schnitzler. «Elskovsleg»s Forfatter, in: Politiken, Nr. 68, 9. 3. 1897, S. 1. Eine Übersetzung des Artikels findet sich in: Martin Anton Müller (Hg.): Arthur Schnitzler: «Das Zeitlose ist von kürzester Dauer». Interviews, Meinungen und Proteste 1891-1931. Bd. 1. Göttingen: Wallstein 2023, S. [7]–12.

[20] Vgl. Paul Goldmann an Arthur Schnitzler, 16. 6. [1900], L02920, in: Schnitzler-Briefe. Im Zuge dieser Reise begegneten Goldmann und Schnitzler einem blinden Tiroler Sänger (oder mehreren) – ein wichtiger Impuls für Schnitzlers Novelle Der blinde Geronimo und sein Bruder (vgl. Arthur Schnitzler und Paul Goldmann an Richard Beer-Hofmann, 26. 8. 1900, L01068, in: Schnitzler-Briefe ebd.; Paul Goldmann an Arthur Schnitzler, 28. 8. [1900], L02928, in: ebd.; Paul Goldmann an Arthur Schnitzler, 18. 2. [1901], L03059, in: ebd.; Goldmann: Erinnerungen an Arthur Schnitzler, S. 26). Zudem entwarf Schnitzler während der Reise erstmals sein Schauspiel Der einsame Weg (vgl. 25. 8. 1900, in: Schnitzler-Tagebuch; 6. 8. 1930, in: ebd.).

[21] Vgl. Paul Goldmann an Arthur Schnitzler, 6. 12. 1889, in: Schnitzler-Briefe.

[22] Mit den Schwestern hatte Goldmann insbesondere während seiner ersten Jahre in Berlin mehr Kontakt.

[23] Für Elisabeth Gussmann dürfte Goldmann geschwärmt haben (vgl. deren Korres­pondenz im Deutschen Literaturarchiv Marbach, HS. 1985.1.5246 [Nachlass Schnitzler]). Auch setzte er sich für sie für eine Anstellung bei Berliner Theaterhäusern ein (vgl. Paul Goldmann an Arthur Schnitzler, 18. 2. [1901], L03059, in: Schnitzler-Briefe; Paul Goldmann an Arthur Schnitzler, 16. 6. [1902], L03211, in: ebd.; Paul Goldmann an Olga Gussmann, 9. 7. [1902], L03532, in: ebd.).

[24] Paul Goldmann an Arthur Schnitzler, 29. 9. [1897], L02827, in: ebd.

[25] Vgl. deren Korrespondenz: Houghton Library, Harvard, 825.978 [Nachlass Beer-Hofmann].

[26] Vgl. vereinzelte Korrespondenzstücke: Wienbibliothek im Rathaus, ZPH 1681 [Nachlass Salten].

[27] Vgl. [O. V.:] Theater, Kunst und Literatur, in: Wiener Allgemeine Zeitung, Nr. 3821, 25. 1. 1891, S. 8.

[28] Vgl. Zusatz am Titelblatt ab 1891: «Beilage der ‘Presse’».

[29] Abgeleitet aus Hinweisen in diversen biographischen Artikeln, insbesondere: [O. V.:] [Der Schriftsteller Dr. Paul Goldmann], in: Wiener Allgemeine Zeitung, Nr. 3863, 15. 3. 1891, S. 10.

[30] Abgeleitet aus dem ersten Brief mit Briefpapier der Frankfurter Zeitung: Paul Goldmann an Arthur Schnitzler, 6. 4. 1891, L02660, in: Schnitzler-Briefe.

[31] Vgl. Paul Goldmann an Arthur Schnitzler, 27. 4. 1891, L02661, in: ebd.

[32] Abgeleitet aus Paul Goldmann an Arthur Schnitzler, 3. 12. 1891, L02673, in: ebd.

[33] Vgl. G. [=Paul Goldmann]: Die Enthüllungen über die Affaire Dreyfus, in: Frankfurter Zeitung, Jg. 41, Nr. 258, 16. 9. 1896, Erstes Morgenblatt, S. 1; G. [=ders.]: Die Affaire Dreyfus, in: ebd., Nr. 314, 11. 11. 1896, Zweites Morgenblatt, S. 1; G. [=ders.]: Dreyfus, die öffentliche Meinung und die deutsche Regierung, in: ebd., Nr. 315, 12. 11. 1896, Erstes Morgenblatt, S. 1.

[34] Vgl. Paul Goldmann an Arthur Schnitzler, 29. 7. [1895], L02742, in: Schnitzler-Briefe ebd.; Paul Goldmann an Arthur Schnitzler, 22. 3. [1896], L02768, in: ebd. Siehe auch Paul Goldmann an Arthur Schnitzler, 4. 8. [1904], L03449, in: ebd.

[35] Herzl hatte diesen Posten von Oktober 1891 bis Juli 1895 inne. Vgl. Alex Bein: Theodor Herzl. Biographie. Frankfurt a. M./Berlin/Wien: Ullstein 1983. Siehe auch die Korrespondenz zwischen Herzl und Goldmann: Central Zionist Archives, H;HN [Nachlass Herzl].

[36] Lucien Millevoye: Justice!, in: La Patrie, Jg. 56, 15. 11. 1896, S. 1.

[37] Vgl. [O. V.:] [Une rencontre au pistolet], in: Le Petit Parisien, Jg. 21, Nr. 7331, 22. 11. 1896, S. 2. Im Folgejahr kam es bei Goldmann wegen seiner Involvierung in die Dreyfus-Affäre auch zu einem Einbruch, vgl. [O. V.:] À la chambre, in: L’Express du Midi, Jg. 7, Nr. 2077, 7. 12. 1897, S. [2]. Siehe dazu auch Paul Goldmann an Arthur Schnitzler, 10. 12. [1897], L02833, in: Schnitzler-Briefe.

[38] Vgl. 23. 11. 1896, in: Schnitzler-Tagebuch. Siehe zu Schnitzlers Auseinandersetzung mit der Dreyfus-Affäre auch Nikolaj Beier: «Vor allem bin ich ich …». Judentum, Akkulturation und Antisemitismus in Arthur Schnitzlers Leben und Werk. Göttingen: Wallstein 2008, S. 66-67.

[39] Vgl. Verzeichnis erwähnter Personen, in: Schnitzler-Briefe.

[40] Siehe zur französischen Schnitzler-Rezeption auch Karl Zieger: Arthur Schnitzler et la France 1894-1938: Enquête sur une réception. Villeneuve d’Ascq: Presses universitaires du Septentrion 2012, LINK [letzter Zugriff: 6. 12. 2023].

[41] Vgl. Paul Goldmann an Arthur Schnitzler, 4. 4. 1898, L02847, in: Schnitzler-Briefe.

[42] Vgl. Paul Goldmann an Arthur Schnitzler, 25. 9. 1898, L02858, in: ebd.

[43] Paul Goldmann: Ein Sommer in China. Reisebilder. Frankfurt a. M.: Rütten & Loening 1899.

[44] Vgl. Verzeichnis erwähnter Personen, in: ebd. Schnitzler-Briefe.

[45] Vgl. Paul Goldmann an Arthur Schnitzler, 4. 12. [1899], L02896, in: ebd.

[46] Abgeleitet aus dem ersten Brief aus Berlin: Paul Goldmann an Arthur Schnitzler, 2. 1. [1900], L02901, in: ebd.

[47] Vgl. Paul Goldmann an Arthur Schnitzler, 4. 3. 1900, L02906, in: ebd.

[48] Vgl. Eva Marie Goldmann an Arthur Schnitzler, 1. 10. 1911, L03541, in: ebd.

[49] Vgl. Berliner Adreßbuch 1932. Unter Benutzung amtlicher Quellen. Bd. 1. Berlin: August Scherl Deutsche Adreßbuch-Gesellschaft 1932, S. 938.

[50] Vgl. Berliner Adreßbuch 1935. Unter Benutzung amtlicher Quellen. Bd. 1. Berlin: August Scherl Deutsche Adreßbuch-Gesellschaft 1935, S. 732.

[51] Siehe dazu auch Paul Goldmann an Arthur Schnitzler, 16. 5. 1898, L02845, in: Schnitzler-Briefe.

[52] Paul Goldmann: «Michael Kramer», in: Neue Freie Presse, Nr. 13055, 28. 12. 1900, Morgenblatt, S. 1-3.

[53] Paul Goldmann an Arthur Schnitzler, 31. 12. [1900], L02947, in: Schnitzler-Briefe.

[54] Vgl. Paul Goldmann an Olga Gussmann, 15. 11. [1901], L0353, in: ebd.

[55] Vgl. Paul Goldmann an Arthur Schnitzler, 9. 11. [1901], L03090, in: ebd. Bis dahin waren neben dem Feuilleton zu Michael Kramer erschienen: Paul Goldmann: Berliner Brief, in: Neue Freie Presse, Nr. 12735, 6. 2. 1900, Morgenblatt, S. 1-3; ders.: Berliner Theater. «Einsame Menschen» im Deutschen Theater, in: ebd., Nr. 13345, 19. 10. 1901, Morgenblatt, S. 1-3; kurz darauf: ders.: Berliner Theater. «Der Rothe Hahn», in: ebd., Nr. 13391, 4. 12. 1901, Morgenblatt, S. 1-3. Aus einem weiteren Brief Goldmanns geht hervor, dass Schnitzler der Meinung war, Hauptmann leide an einer psychischen Krankheit und sei deshalb nicht in seiner besten Schaffensphase (vgl. Paul Goldmann an Arthur Schnitzler, 4. 12. [1901], L03093, in: Schnitzler-Briefe).

[56] Paul Goldmann an Arthur Schnitzler, 23. 11. [1901], L03091, in: ebd. Siehe dazu auch Paul Goldmann an Arthur Schnitzler, 6. 12. [1901], L03094, in: ebd.

[57] 27. 11. 1901, in: Schnitzler-Tagebuch.

[58] Paul Goldmann: Die «neue Richtung». Polemische Aufsätze über Berliner Theater-Aufführungen. Wien: C. W. Stern (Buchhandlung L. Rosner) 1903. Weitere Feuilletons­ammlungen erschienen in den folgenden Jahren: ders.: Aus dem dramatischen Irrgarten. Polemische Aufsätze über Berliner Theateraufführungen. Frankfurt a. M.: Rütten & Loening 1905; ders.: Vom Rückgang der deutschen Bühne. Polemische Aufsätze über Berliner Theater-Aufführungen. Frankfurt a. M.: Rütten & Loening 1908; ders.: Literaten­stücke und Ausstattungsregie. Polemische Aufsätze über Berliner Theater-Aufführungen. Frankfurt a. M.: Rütten & Loening 1910. Die Feuilletonsammlungen geben einen guten Überblick, worüber Goldmann in der Neuen Freien Presse schrieb. Vor allem die späteren zeigen, dass neben Gerhart Hauptmann immer mehr auch Max Reinhardt in Goldmanns Visier geriet.

[59] Vgl. Paul Goldmann an Arthur Schnitzler, 17. 4. [1902], L03204, in: Schnitzler-Briefe.

[60] Goldmann hatte schon in früheren Briefen an Schnitzler Kritik am Naturalismus geäußert, siehe etwa Paul Goldmann an Arthur Schnitzler, 18. 8. [1893], L02712, in: Schnitzler-Briefe ebd.

[61] Vgl. Achim Aurnhammer: «Wenn ich was könnte […] und wenn der Hauptmann gscheidt wär» – Arthur Schnitzlers Wettstreit mit Gerhart Hauptmann, in: Tim Lörke, Gregor Streim und Robert Walter-Jochum (Hg.): Von den Rändern zur Moderne. Studien zur deutschsprachigen Literatur zwischen Jahrhundertwende und Zweitem Weltkrieg. Würzburg: Königshausen & Neumann 2013, S. 111-126.

[62] Paul Goldmann: Berliner Theater. («Lebendige Stunden» von Arthur Schnitzler.), in: Neue Freie Presse, Nr. 13438, 22. 1. 1902, Morgenblatt, S. 1-4.

[63] Siehe dazu etwa 17. 3. 1903, in: Schnitzler-Tagebuch.

[64] Paul Goldmann an Arthur Schnitzler, 16. 1. [1902], L03193, in: Schnitzler-Briefe.

[65] Paul Goldmann an Arthur Schnitzler, 20. 1. [1902], L03194, in: ebd.

[66] Paul Goldmann an Arthur Schnitzler, 14. 1. [1902], L03192, in: ebd.

[67] 22. 1. 1902, in: Schnitzler-Tagebuch.

[68] 28. 1. 1902, in: ebd. Auch Theodor Herzl war über Goldmanns Feuilleton verärgert, vgl. Paul Goldmann an Arthur Schnitzler, 25. 1. [1902], L03195, in: Schnitzler-Briefe.

[69] Goldmann: «Lebendige Stunden» von Arthur Schnitzler, S. 4.

[70] Paul Goldmann an Arthur Schnitzler, 25. 1. [1902].

[71] Ebd.

[72] Vgl. Paul Goldmann an Arthur Schnitzler, 8. 12. [1893], L02723, in: Schnitzler-Briefe. Siehe auch Paul Goldmann an Arthur Schnitzler, 23. 12. [1893], L02724, in: ebd.; Paul Goldmann an Arthur Schnitzler, 2. [1.? 1897], L02792, in: ebd.; Paul Goldmann an Arthur Schnitzler, 2. 5. [1900], L02914, in: ebd.; Paul Goldmann an Arthur Schnitzler, 17. 4. [1902], L03204, in: ebd.; 23. 5. 1902, in: Schnitzler-Tagebuch; Paul Goldmann an Arthur Schnitzler, 22. 5. [1903], L03373, in: Schnitzler-Briefe.

[73] Vgl. 5. 1. 1902, in: Schnitzler-Tagebuch.

[74] Paul Goldmann an Arthur Schnitzler, 25. 1. [1902].

[75] Goldmann: «Lebendige Stunden» von Arthur Schnitzler, S. 4. Siehe dazu auch Paul Goldmann an Arthur Schnitzler, 2. 2. [1902], L03196, in: Schnitzler-Briefe.

[76] Siehe dazu etwa J. J. [=Jakob Julius] David: Das Ende der Burgtheaterkrise, in: Neues Wiener Journal, Jg. 6, Nr. 1522, 19. 1. 1898, S. 1.

[77] Vgl. Hermann Bahr, Julius Bauer, J. J. [=Jakob Julius] David, Robert Hirschfeld, Felix Salten und Ludwig Speidel: Erklärung, in: Neues Wiener Tagblatt, Jg. 34, Nr. 252, 14. 9. 1900, S. 9-10.

[78] Siehe dazu etwa 1. 12. 1900, in: Schnitzler-Tagebuch.

[79] Paul Goldmann: Berliner Theater. («Der Schleier der Beatrice» von Arthur Schnitzler.), in: Neue Freie Presse, Nr. 13851, 19. 3. 1903, Morgenblatt, S. 1-5.

[80] Paul Goldmann an Arthur Schnitzler, 17. 3. [1903], L03369, in: Schnitzler-Briefe.

[81] Vgl. 19. 3. 1903, in: Schnitzler-Tagebuch.

[82] Vgl. Felix Salten an Arthur Schnitzler, [19.? 3. 1903], L03340, in: Schnitzler-Briefe.

[83] 10. 3. 1903, in: Schnitzler-Tagebuch.

[84] Vgl. Paul Goldmann an Arthur Schnitzler, 27. 3. [1903], L03370, in: Schnitzler-Briefe.

[85] Paul Goldmann: Berliner Theater. «Der einsame Weg». Von Arthur Schnitzler, in: Neue Freie Presse, Nr. 14187, 23. 2. 1904, Morgenblatt, S. 1-3.

[86] Siehe dazu etwa 13. 2. 1904, in: Schnitzler-Tagebuch.

[87] Vgl. Arthur Schnitzler an Hermann Bahr, 22. 2. 1904, L01376, in: Schnitzler-Briefe.

[88] Paul Goldmann an Arthur Schnitzler, 14. 3. [1904], L03440, in: ebd.

[89] Paul Goldmann an Arthur Schnitzler, 18. 9. [1906], L03251, in: ebd.

[90] Arthur Schnitzler an Paul Goldmann, nicht abgesandt, 28. 1. 1907, L03520, in: ebd.

[91] Ebd.

[92] Vgl. Paul Goldmann an Arthur Schnitzler, 26. 4. 1909, L03468, in: Schnitzler-Briefe ebd. Siehe dazu auch Paul Goldmanns spätere Antipathie gegenüber Olga Schnitzler: 16. 5. 1930, in: Schnitzler-Tagebuch.

[93] Vgl. Paul Goldmann an Arthur Schnitzler, 29. 7. 1908, L03463, in: Schnitzler-Briefe.

[94] Vgl. Franziska Goldmann an Arthur Schnitzler, [Ende Oktober 1925?], L03539, in: ebd.; Goldmann, Paul, in: Lexikon deutsch-jüdischer Autoren. Bd. 9: Glas – Grün, hg. v. Renate Heuer und dem Archiv Bibliographia Judaica e. V., unter Mitarbeit von Gudrun Jäger, Manfred Pabst, Birgit Seemann und Siegbert Wolf. München: K. G. Saur 2001, S. 99; 7. 10. 1927, in: Schnitzler-Tagebuch; 11. 11. 1930, in: ebd.; [O. V.:] Paul Goldmann gestorben, in: Neues Wiener Abendblatt, Jg. 69, Nr. 265, 25. 9. 1935, S. 2. Abgesehen davon sind kaum Informationen zu Franziska Goldmann zu finden. Berichtet wurde noch über einen Reitunfall in Bad Ischl, bei dem sie sich eine Gehirnerschütterung und eine Schädelfraktur zugezogen habe, vgl. [O. V.:] (Schweres Reitunglück in Ischl.), in: Neues Wiener Journal, Jg. 35, Nr. 12089, 21. 7. 1927, S. 11.

[95] Vgl. Gertrud Hindemith, in: Fondation Hindemith, LINK [letzter Zugriff: 13. 12. 2023].

[96] Vgl. Ludwig Rottenberg, in: Frankfurter Personenlexikon, LINK [letzter Zugriff: 13. 12. 2023].

[97] Vgl. Verzeichnis erwähnter Personen, in: Schnitzler-Briefe. Es ist unklar, wann das Verhältnis endete, da Schnitzler die beiden noch im Sommer 1927 gemeinsam in Riva traf (vgl. 12. 8. 1927, in: Schnitzler-Tagebuch).

[98] Paul Goldmann an Arthur Schnitzler, 27. 11. [1899], L02895, in: Schnitzler-Briefe.

[99] 26. 12. 1910, in: Schnitzler-Tagebuch.

[100] Siehe dazu etwa Paul Goldmann an Arthur Schnitzler, 19. 6. [1894], L02627, in: Schnitzler-Briefe; Paul Goldmann an Arthur Schnitzler, 24. 5. [1896], L02775, in: ebd.; Paul Goldmann an Arthur Schnitzler, 4. 6. [1896], L02776, in: ebd.

[101] Alfred Fränkel erwarb die von ihm in eine Schuhfabrik umgebaute Lokomotiv- und Waggonfabrik in Mödling im Jahr 1883 (samt Kolonie). Vgl. Gerhard A. Stadler: Das industrielle Erbe Niederösterreichs. Geschichte – Technik – Architektur. Wien/Köln/ Weimar: Böhlau 2006, S. 481.

[102] 28. 12. 1910, in: Schnitzler-Tagebuch.

[103] Ebd.

[104] Abgeleitet aus Paul Goldmann an Arthur Schnitzler, 30. 12. 1910, L03472, in: Schnitzler-Briefe.

[105] Vgl. Paul Goldmann an Arthur Schnitzler, 13. 1. 1911, L03475, in: ebd. Womöglich waren diese Abschriften bereits 1900 (vgl. Paul Goldmann an Arthur Schnitzler, 30. 12. 1910) oder 1903 (vgl. 20. 3. 1903, in: Schnitzler-Tagebuch) angefertigt worden.

[106] Paul Goldmann an Arthur Schnitzler, 13. 1. 1911, L03475, in: Schnitzler-Briefe.

[107] Ebd.

[108] Ebd.

[109] Ebd.

[110] Goldmann zitierte besonders aus: Paul Goldmann an Arthur Schnitzler, 20. 2. 1900, L02905, in: Schnitzler-Briefe ebd. Weitere briefliche Kritik an Der Schleier der Beatrice ist zu finden in: Paul Goldmann an Arthur Schnitzler, 11. 2. 1900, L02904, in: ebd.; Paul Goldmann an Arthur Schnitzler, 25. 1. [1902]; Paul Goldmann an Arthur Schnitzler, 17. 3. [1903], L03369, in: ebd.

[111] Vgl. 24. 8. 1901, in: Schnitzler-Tagebuch. Siehe dazu auch 5. 12. 1921, in: ebd.

[112] Goldmanns Feuilleton über Der Schleier der Beatrice ist, wie jenes über Der einsame Weg (s. o.), in seinem zweiten Feuilletonband, Aus dem dramatischen Irrgarten (1905), enthalten. Im dritten Band, Vom Rückgang der deutschen Bühne (1908), findet sich Goldmanns Kritik zu Der Ruf des Lebens. In den anderen Bänden (s. o.) befinden sich keine Kritiken über Stücke von Schnitzler.

[113] Paul Goldmann an Arthur Schnitzler, 13. 1. 1911.

[114] Ebd.

[115] Arthur Schnitzler an Paul Goldmann, 1. 2. 1911, L03521, in: Schnitzler-Briefe ebd.

[116] Vgl. 15. 1. 19011, in: Schnitzler-Tagebuch; 1. 2. 1911, in: ebd.

[117] Arthur Schnitzler an Paul Goldmann, 1. 2. 1911.

[118] Ebd.

[119] Paul Goldmann an Arthur Schnitzler, 10. 9. 1911, L03476, in: Schnitzler-Briefe.

[120] Eva Marie Goldmann an Arthur Schnitzler, 21. 9. 1911, L03540, in: ebd. Siehe dazu auch 23. 9. 1911, in: Schnitzler-Tagebuch; 28. 9. 1916, in: ebd.

[121] Vgl. 28. 4. 1912, in: ebd.

[122] Paul Goldmann: Berliner Theater. «Professor Bernhardi» von Artur Schnitzler, in: Neue Freie Presse, Nr. 17374, 4. 1. 1913, Morgenblatt, S. 1-4.

[123] Vgl. 4. 1. 1913, in: Schnitzler-Tagebuch.

[124] Abgeleitet aus Paul Goldmann an Arthur Schnitzler, 10. 2. 1915, L03477, in: Schnitzler-Briefe.

[125] Ebd.

[126] 11. 10. 1915, in: Schnitzler-Tagebuch.

[127] Paul Goldmann an Arthur Schnitzler, 16. 2. 1925, L03478, in: Schnitzler-Briefe.

[128] Vgl. Paul Goldmann an Olga Gussmann, 20. 12. [1900], L03537, in: ebd.

[129] Ebd.

[130] Vgl. 6. 6. 1920, in: Schnitzler-Tagebuch. Die konkrete Textstelle: Arthur Schnitzler: Stunde des Erkennens, in: ders.: Komödie der Worte. Drei Einakter. Frankfurt a. M.: Fischer 1993, S. [11]–41, hier: S. 19.

[131] Alfred de Musset: Man soll nichts verschwören. Komödie in 3 Akten [1836/48]. Übers. v. Paul Goldmann. Frankfurt a. M.: Rütten & Loening 1902. Siehe dazu auch Paul Goldmann an Arthur Schnitzler, 6. 10. [1902], L03225, in: Schnitzler-Briefe; Paul Goldmann an Arthur Schnitzler, 13. 5. [1903], L03372, in: ebd.

[132] Paul Goldmann: Das Ultimatum. Schauspiel in einem Akt. Wien: Carl Herrmann 1922.

[133] Paul Goldmann: Der Sturz des Grafen Reichenbach. Schauspiel in einem Akt. Wien: Österreichische Journal-A. G. 1923; zuvor: ders.: Der Sturz des Grafen Reichenbach. Schauspiel in einem Akt, in: Neue Freie Presse, Nr. 21191, 8. 9. 1923, Morgenblatt, S. 31-37.

[134] Paul Goldmann: Der Gefangene. Schauspiel in einem Akt. Wien: Österreichische Journal-A. G. 1923; zuvor: ders.: Der Gefangene. Schauspiel in einem Akt, in: Neue Freie Presse, Nr. 20964, 21. 1. 1923, Morgenblatt, S. 27-29.

[135] Paul Goldmann: Es ist mein Wille! Eine unwahrscheinliche Begebenheit aus dem 18. Jahrhundert in einem Akt. Wien: Österreichische Journal-A. G. 1924; zuvor: ders.: Es ist mein Wille! Eine unwahrscheinliche Begebenheit aus dem achtzehnten Jahrhundert. In einem Akt [Erster Teil], in: Neue Freie Presse, Nr. 21335, 2. 2. 1924, Morgenblatt, S. 31-35. In der Gemeinsamen Normdatei (GND) wird Goldmann auch als Autor eines Buchs mit dem Titel Gabelsbergersche Stenographie (1910) angeführt. Dabei handelt es sich aller Wahrscheinlichkeit nach um einen Irrtum. Vgl. Gabelsbergersche Stenographie / Paul Goldmann, in: GND, LINK [letzter Zugriff: 13. 12. 2023].

[136] Vgl. [O. V.:] Burg- und Akademietheater. Die nächsten Premieren, in: Neues Wiener Abendblatt, Jg. 61, Nr. 250, 23. 12. 1927, S. 3. Ursprünglich war die Uraufführung für Ende November 1927 angesetzt, vgl. etwa [O. V.:] Noch vier November-Premieren des Burgtheaters, in: Der Tag, Jg. 6, Nr. 1770, 6. 11. 1927, S. 12. Siehe dazu auch Paul Goldmann an Arthur Schnitzler, 23. 12. 1927, L03515, in: Schnitzler-Briefe.

[137] Vgl. 8. 1. 1928, in: Schnitzler-Tagebuch; 10. 1. 1928, in: ebd.

[138] Vgl. Arthur Schnitzler an Paul Goldmann, 9. 3. 1925, L03519, in: Schnitzler-Briefe. Siehe dazu auch 23. 2. 1925, in: Schnitzler-Tagebuch.

[139] Arthur Schnitzler an Paul Goldmann, 9. 3. 1925.

[140] Nur Ende April/Anfang Mai 1918 schickte Goldmann Schnitzler «ein Packet alter Briefe […] zum Beweis, daß er schon früher das richtige über den Krieg gedacht u. s. w.» (2. 5. 1918, in: Schnitzler-Tagebuch).

[141] Vgl. Paul Goldmann: Beim Generalobersten v. Hindenburg, in: Neue Freie Presse, Nr. 18046, 19. 11. 1914, Morgenblatt, S. 1-3; ders.: Wieder bei Hindenburg, in: ebd., Nr. 18422, 5. 12. 1915, Morgenblatt, S. 1-3; ders.: Beim Generalfeldmarschall v. Hindenburg im Großen Hauptquartier, in: ebd., Nr. 18747, 29. 10. 1916, Morgenblatt, S. 1-3; ders.: Hindenburg und Ludendorff über Krieg und Frieden, in: ebd., Nr. 19139, 2. 12. 1917, Morgenblatt, S. 1-3.

[142] Siehe z. B. den Personenindex der Fackel: AAC – Austrian Academy Corpus: AAC-FACKEL Online Version: «Die Fackel. Herausgeber: Karl Kraus, Wien 1899-1936». AAC Digital Edition No 1, LINK [letzter Zugriff: 14. 12. 2023].

[143] Vgl. Karl Kraus: Die letzten Tage der Menschheit. Tragödie in fünf Akten mit Vorspiel und Epilog, hg. v. Christian Wagenknecht. Frankfurt a. M.: Suhrkamp 1986, S. 466-469.

[144] Paul Goldmann: Gespräche mit Hindenburg. Berlin: Karl Curtius [1916]. Zuvor war bereits ein 26-seitiger Sonderabdruck aus der Neuen Freien Presse über das Treffen im November 1914 erschienen: ders.: Beim Generalfeldmarschall von Hindenburg. Ein Abend im Hauptquartier. Berlin: Concordia 1914.

[145] Paul Goldmann: Von Lille bis Brüssel. Bilder aus den westlichen Stellungen und Kämpfen des deutschen Heeres. Berlin: Karl Curtius 1915.

[146] Vgl. Demokratischer Volksbund: An alle großdeutschen Demokraten in den deutschösterreichischen Ländern, in: Salzburger Volksblatt, Jg. 48, Nr. 270, 25. 11. 1918, S. 5. Siehe dazu auch Shulamit Volkov: Walther Rathenau. Ein jüdisches Leben in Deutschland 1867-1922. Übers. v. Ulla Höber. München: C. H. Beck 2012, S. 179-180.

[147] Vgl. 20. 10. 1925, in: Schnitzler-Tagebuch. Im Hause Schnitzler war Goldmann – nach knapp 20 Jahren – erst wieder im Herbst 1927 zugegen, vgl. 7. 10. 1927, in: ebd.

[148] Vgl. 4. 10. 1928, in: ebd.

[149] Vgl. etwa Paul Goldmann an Arthur Schnitzler, 24. 10. 1925, L03479, in: Schnitzler-Briefe; 31. 12. 1926, in: Schnitzler-Tagebuch.

[150] Vgl. 12. 5. 1931, in: Schnitzler-Tagebuch ebd.

[151] Paul Goldmann an Arthur Schnitzler, 22. 8. 1931, L03483, in: Schnitzler-Briefe.

[152] Darüber wurde in verschiedenen Zeitungen berichtet. Siehe etwa [O. V.:] Reichsdeutsche Journalisten in Wien verhaftet. Eine «Gegenmaßnahme» in Berlin, in: Arbeiter-Zeitung, Jg. 46, Nr. 214, 5. 8. 1933, S. 1; [O. V.:] Paul Goldmann enthaftet, in: ebd., Jg. 46, Nr. 215, 6. 8. 1933, S. 1; [O. V.:] Paul Goldmann verhaftet – enthaftet, in: Prager Tagblatt, Jg. 58, Nr. 182, 6. 8. 1933, S. 2.

[153] Vgl. [O. V.:] (Dr. Paul Goldmann.), in: Neues Wiener Tagblatt, Jg. 69, Nr. 34, 3. 2. 1935, S. 13.

[154] Vgl. Wiener Adreßbuch. Lehmanns Wohnungsanzeiger 1936. Jg. 77, Bd. 1. Wien: Österreichische Anzeigen-Gesellschaft 1936, S. 346.

[155] Vgl. Eva und Franziska Goldmann: [Traueranzeige], in: Neue Freie Presse, Nr. 25519, 27. 9. 1935, Morgenblatt, S. 15.

[156] Vgl. [O. V.:] (Lebensmüde.), in: Neues Wiener Abendblatt, Nr. 302, 2. 11. 1937, S. 3.

[157] Vgl. Meldezettel Franziska Goldmann, in: Wiener Stadt- und Landesarchiv.

[158] Vgl. Brasil, Cartões de Imigração, 1900-1965, in: FamilySearch, LINK [letzter Zugriff: 30. 11. 2023].

[159] Vgl. Brasil, Rio de Janeiro, Registro Civil, 1829-2012, in: FamilySearch, LINK [letzter Zugriff: 30. 11. 2023].

 


====================================================================================================================================================

Tim Schmidt

(Binghamton, NY)

The Expression of Silence in Franz Schubert’s «Mein Traum»

abstract. Silence is commonly understood as a void – in this sense, there is no silence. The figure of thought – silence, calibrates meaning within relationships. I argue that the meaning of several writings in Franz Schubert’s diary has a much larger impact than is commonly understood to this day. Specific tones and ‘beep’ sequences evoke emotions and a deep layer of melancholy, all of which serve as the guiding force in Schubert’s music. In contrast, silence – the moment in which meaning becomes elusive – impoverishes that moment within the lines of the diary note Mein Traum.

Franz Peter Schubert, wrote in his last letter «Ich bin krank», and asked his friend Schober to lend him a book that he had never read in those winter days in Vienna (December 1828) (Deutsch, Franz Schubert, 209). Schubert’s music is world-famous, whereas his writing has attracted very little attention. Scholars like Otto Friedrich Deutsch thought he could not handle words as they to him seemed too explicit, and his writings – except for the letters – appear as if they were not written to be understood. The particular piece of writing, Mein Traum, an allegorical narrative, sparked interest and polarized various scholars throughout the sciences and arts. Deutsch, the first publisher, took upon himself the role of guardian of their intangibility and rejected all kinds of speculations, whether autobiographical or psychoanalytical. In the last 50 years innovative ideas have been brought into research on the Mein Traum.

As a first step, I start with a general introduction to silence as a literary category. I intend to outline several forms of silence as a tool of social communication. The analyses focus on the works of Schubert scholars as well as the text itself and will attempt to uncover thoughts and expressions that have been left unnoticed.

What is silence? I want to highlight this topic through an interdisciplinary approach, considering literary theory and philosophical history. Silence is one of those terms that everyone seems to know, but, much as with language, to quote Jacques Derrida, «no one has ever encountered it (Derrida and Blanchot, Instant / Demeure, 20)».

I hypothesize that the importance of silence as a tool in literature is more significant than commonly articulated. There are manifold ways of evoking silence in storytelling, a phenomenon that should not be confounded with the absence of content. It can substitute for any expression and play an essential role in communication and social interaction, e.g., it is possible to semantically charge silence to the extent that it can be perceived in the same manner of excess as noise. In the words of John Cage, «There is no such thing as silence. Something is always happening that makes a sound (Sontag, The Aesthetics of Silence, 1967)». What is silence then? Is there a concept that could convince someone to say that is silence? The problem involved is that we only have a very vague idea of the absence of sounds. Susan Sontag refers to John Cage when she points out that there is no silence in a literary sense. Cage realized the absence of silence in an anechoic chamber where background noises are minimized up to 95% and further elaborated that even in this kind of environment, no one can experience silence, as the absence of sound forces the sense of hearing inwards, into the body – listening to the heartbeat and even to discover the rush of blood in your head in the same way as if one put a shell to one’s ear. Following the Oxford Learners Dictionary, silence contains mainly three meanings – a complete lack of noise or sound, a situation when no one speaks, or someone who refuses to talk about something or answer questions. Several interesting idioms invoke the idea of silence, such as a ‘heavy silence/atmosphere’, a ‘pregnant pause/silence’. Those idioms reveal that silence has its own content and is semantically charged. I already indicated that the first proposed meaning is philosophically complicated.

No one can be silent without resorting to some kind of stimulus – as Paul Watzlawick suggests, «one cannot not communicate», thus, it is impossible to abstain from interaction (Watzlawick, Pragmatics of Human Communication, 49). This article sets out from the assumption that silence is not devoid of content but receives its form through language. Language seems to contain infinite possibilities, even though it is impossible to conceive without a definite framework that exists and does not exist at the same time (Levinson, The Possibility of the Unicorn in Borges and Kafka, 47). Neither the use of language nor silence is neutral or uniform across speakers and contexts. Essentially, silence cannot be understood other than as having social implications. Speakers and addressees are attentive to the interplay of social and situational attributions, and their language reflects the content of their anxieties, thus also their silence. Language is like a coat, a membrane that filters the world of non-linguistic forms and is the tool to gain access to that world. «To perceive, understand, and interpret all circumstances, situations, and stimuli, one first needs a definitive orientation (Gardt, Interpretation, 488)». Hans-Georg Gadamer points out that the importance of language lies in its similarities to the thinking process. He thus named the process of understanding the fusion of horizons: ‘Horizontverschmelzung’ (Gadamer, Ästhetik und Poetik 2, 267).

According to Gadamer, every speaker or reader in a conversation brings a unique horizon of experiences to the table – everything that pertains to the person, his peculiar form of remembering, and all his memories. In a way, conversation takes the form of a collision between one distinct heredity and another. Understanding means that these two formations fuse into one that both speakers can accept as the common provisional framework. It does not necessarily imply the need to articulate other’s utterances. The process of thinking, in this case, relies on the structures defined by language and its conventions[1]. Again, Gadamer argues that even if language is involved, the process of thinking does not need to be articulated (Gadamer, Hermeneutik 2, 6). Therefore, when the speaker remains silent, the other tends to the task of interpreting the silence. When a speaker says, ‘Be quiet!’ and the other does so, the ensuing silence is not devoid of psychological and social content; indeed, this silence is full of emotions such as aggression and disappointment. This content is, therefore, not dissimilar to the content of the spoken word. Alternatively, when it is said: ‘I have nothing to say to this’, the other understands everything that the sentence ideally refers to, i.e., the speaker himself already addresses the meaning of his silence. There are further opportunities for escalation when silence is abruptly introduced because many opportunities are provided to reduce the accumulated anxiety by leaving ambiguous the underlying cause: for instance, the cause of silence might be mental illness, shock, physical injuries, aggression, blame, or disrespect.

If, following Paul Watzlawick, it is proposed that there is no opposite of communication, then everything is communication. The perception itself is never left unanswered, and there is an underlying dialectic between the question and the answer (Gadamer, Hermeneutik 2, 205). The question of perception is always ‘What?’ (is/happens/happened), and the response corresponding to the stimulus is ‘That’. This interplay itself represents communication. A mental state without stimuli is inconceivable. The radical constructivist approach helps one understand the value of silence, which is not the absence of content but requires interpretation.

Silence also has a profound effect on the environment, especially regarding love. What is not explicitly articulated may cause antithetical sentiments, as in the proverb: ‘The answer to every question which is not asked is always no’. In the chain of signifiers, silence is an interchangeable signifier containing the meaning of what is not said and its opposite. Regarding the experience of silence and apperception, Susan Sontag adds:

The aesthetic of silence appears hand in hand with a barely controlled abhorrence of the void. Accommodating these two contrary impulses may produce the need to fill up all the spaces with objects of slight emotional weight or with even, large areas of barely modulated color or evenly-detailed objects or to spin a discourse with as few possible inflections, emotive variations, and risings and failings of emphasis (Sontag, The Aesthetics of Silence, 1967).

The absence, the vanishing, and the downfall of love leads to silence – the ‘I have nothing more to say’ stage in the relationship between Schubert and his father plays a crucial role in his diary note from 3rd July 1822. The lack of affection leads to a resolution analogous to the end of a conversation – the ‘Horizontverschmelzung’ takes place. The speaker stops speaking as he realizes his desired meaning and expression does not venture into the other’s horizon. The construct called love, which manifests itself as a preference, falls apart. It is no longer the partner one is addressing but the individual – the conversation is no longer an act of self-reflection and self-realization. Therefore, this resolution in silence reveals the threshold of language, the ‘end of the horizon’ for things that pertain to communication, beyond which lies elusive content. Silence, like language, is a world of meaning but may equally be devoid of meaning in the manner of an artificial, nonsensical language. The presence of specific determiners breathes life into the potential contained within. There is a difference between being unwilling to speak or hear and not being able to say something because lovers, family, and friends have arrived at an empty space, a void. The conglomeration of everything that has not been said leads to the inability to speak due to the overwhelming sense of deprivation. In order to arrive at the conception of silence which has meaning, we must fathom and comprehend the world that surrounds silence. As Sontag puts it:

Just as there cannot be ‘up’ without ‘down’ or ‘left’ without ‘right’, so one must acknowledge a surrounding environment of sound or language to recognize silence. Not only does silence exist in a world full of speech and other sounds, but any given silence takes its identity as a stretch of time being perforated by sound (Sontag, The Aesthetics of Silence, 1967).

Although Sontag understands silence as a literal stage, she realizes that silence in art is not just a stimulus. ‘Silence’ never ceases to imply its opposite and to demand its presence. The lack of affection creates a void, a distance; when one reveals it, nothing is left. The relation between silence and language is an endless threshold interwoven with corners and curves and reduced to perception and imagination, which close the frame.

In conclusion, all the possible things, circumstances, and opportunities behind silence are controversial and beyond the common understanding of the term itself. At this point, this paper will establish silence as a theoretical literary category – concealment or the dissolution of meaning. The aim is not to read between the lines but rather to discover the point of the dissolution of meaning, where everything else appears useless, forbidden, or impossible to say.

In his short creative period, due to his early death after a long-lasting, fatal syphilis infection, Schubert produced a tremendous number of compositions, around 1500 pieces that contain roughly 630 songs for piano and violin. His diary, the allegoric narrative titled Mein Traum dated 3rd July 1822, has polarized research since its first publication in 1914. The scholar Deutsch denied any relation to Schubert’s life story and declared it simply as ‘romantischer Erguss’ (Deutsch, Franz Schubert, 56). Hans Fröhlich, on the other hand, saw precisely that – an autobiographic document, but not without distancing himself from other biographers who followed unprovable theories. Some scholars, e.g., Arnold Schering, saw in it a pretext for the symphony commonly known as ‘die Unvollendete’. As I do not intend to take part in the argument between musical theorists about whether or not it represents a pretext for a symphony, I will focus on the text itself and the momentum that I relate to the concept of ‘the dissolution of meaning’. Details from Schubert’s biography will be used to prove specific points, e.g., in the text, he traveled ‘in ferne Gegenden’, which must represent an internal journey as he never really left Vienna nor the Austrian Empire.

Fröhlich already noted the literary potential of the text but stumbled in the same way as Deutsch about Schubert’s ‘taciturnity’ and avoided getting involved in more considerable intricacies by pointing out that music, rather than the word, was his choice of expression. There is no doubt that the composer realized a new possibility for expression by charging music with emotion and melancholy[2]. Schubert concluded in a later note, March 1824:

Meine Erzeugnisse sind durch den Verstand für Musik und durch meinen Schmerz vorhanden; jene, welche der Schmerz allein hat, scheinen am wenigsten die Welt zu erfreuen. (Valentin, Franz Schubert, 37)

Considering all Schubert’s writings – letters, notes, and poems –, I regard it as highly unlikely that they bear no connection to his own circumstances – his life, his suffering, and, as Pesic has stated, to his music. As shown in the quote above, Schubert very much does give us a glimpse into his worldview, his mind, work, and pain. Writing was not his art; nevertheless, the idea that his writing was only a ‘literary effusion’[3] does not sound convincing when speaking of someone who wrote world-renowned classical pieces of music. Schubert draws a clear line between his perception, person, and art. The composer’s interpretation of his work seems to take into account the musical ideas of his time – especially in Vienna – namely, that music ought to be joyful. Schubert’s later works, however, are more likely the pain-impregnated pieces for which he is best known. As Fröhlich notes, it is evident that Schubert, a theoretically educated musician, became an artist to overcome his pain.

In this allegoric narrative Mein Traum, there is the ‘I’ – the dreamer and wanderer – who is banished twice. The first time, the narrator’s voice is compelled to leave; the second time, by its own choice, although affected by the father’s violent act. In the center of the story are two public visions, one of his mother’s death and the other of a recently deceased virgin. The death of the mother reunites the voice with his father, yet not in the form of a genuine reconciliation, but only as a reunification in pain. Between the first banishment and the second, the motifs of the singer and the wanderer change places. The wandering does not represent roaming through space but through time. The far region to which the wanderer goes is internal, «So zertheilte mich die Liebe und Schmerz (Deutsch, Franz Schubert, 55)»[4]. The dreamer works through the pain of rejection by loved ones and the feeling of being displaced in the world. Although the story has more transcendental encounters, a third reunion with the father raises further questions. «The wanderer’s homecoming augments his father’s weeping; the prodigal father and son are finally reconciled in tears (Pesic, Schubert’s Dream, 138)». Nevertheless, in this reconciliation – «noch mehr aber weinte ich» – the dreamer rises above the endless oppression by his father. Nevertheless, the wanderer’s suffering is superior to the father’s pain. Judging from Schubert’s letters to his father’s second wife, Fröhlich suggests that he never really forgave Franz Theodor for having remarried before the end of the year of mourning. The biographer believes that Schubert questioned the fidelity of his father during his mother’s lifetime. Thus, he chose to rise through his mother’s love – he became the father in a psychoanalytical sense.

What Fröhlich calls ‘ein autobiographisches Dokument’ cannot be definitely regarded as non-fiction and therefore, a reliable account of his life or dream, whether it be a daydream or not (Fröhlich, Schubert, 124). What must be considered more seriously is that Schubert never overcame the pain caused by the death of his beloved mother. The whole debate about this particular piece of short prose is somewhat problematic, as we lack any other insight from the author himself. Instead of opposing other opinions (regarding the discussion from Deutsch 1914 to Pesic 1999), Gadamer’s hermeneutics seems to be the most sensible approach to discovering as many layers of meaning as possible. The problem with a reading that relies on a theory, for example, in Derrida’s reading of Kafka’s Process, is that the process of interpretation often requires the presence of motives that are, in fact, completely lacking (Neumann, Electrischer Prometheus, 24). Deutsch saw Mein Traum ‘literary effusion’ of a contemporary of German Romanticism. (…) an embodiment of ideas in the style of Novalis (Pesic, Schubert’s Dream, 137)». Furthermore, Deutsch did not recognize the psychoanalytical speculations: «Sie selbstbiographisch, oder gar psychoanalytisch auszulegen, war abwegig». A Freudian reading would indeed be too simple, although there is no doubt that Schubert wrote to overcome trauma, and one could detect the Oedipus complex and, of course, a very Kafkaesque moment – the return of the law, i.e., the father. However, the psychoanalytical approach does not reveal more about the text than the text already offers on the face of it, and to speculate upon such things as incest fantasies, as Fröhlich did, is to go a little too far in the wrong direction.

Deutsch’s following note is highly questionable:

Wenn man schon daran glaubt, daß Schubert hier auf den Tod seiner eigenen Mutter (1812) anspielt, daß er beim Grabmal der heiligen Cäcilia sich entschließt, Liederkomponist zu werden, so kann man der Beschreibung der väterlichen Schule einmal als Stätte eines, Lustgelages’ und dann wieder als des Vaters, Lieblingsgarten’ nicht wohl hinnehmen (Deutsch, Franz Schubert, 56).

He appears to suggest that if someone wants to believe that Schubert is referring to the death of his mother, it is impossible at the same time to think that the father’s ‘Lustgelage’ and ‘Lieblingsgarten’ are metaphors for the school in which he worked as a director. Deutsch’s argumentation is rather fragile, and the discussion becomes even more paradoxical as the title given by the editor himself is ‘an allegoric narrative’. That is very much the point – the meaning cannot be proven and is therefore captured in a dialectic between right and wrong or credible and incredible.

Pesic, on the other hand, calling it ‘Schubert’s tale’, is willing to recognize in the narrative a musical structure A B A. If this is true, then Deutsch’s position is not entirely without significance, as he noted some closeness to romanticism, especially that of Wackenroder. The threefold division was not unusual in Romanticism and is indeed also found in Novalis, Hölderlin, and others. The literary category of ‘Dreitakt’ reflects the philosophy of Johann Gottlieb Fichte. The ‘absolute I’ splits into an object and a subject that later reunites. In literature, a typical plot follows a hero who is forced to leave his home, performs a heroic deed, and discovers that the only way to find peace is to return home as a better person. It might sound a little trivial or overly simplified, but that is the basic plot structure of Schubert’s allegory. So far, so good; at the core of both propositions by Deutsch and Pesic is a common foundation, and they complement each other. Pesic observes a credible allegory and discovers a relationship between Schubert’s writings and his music.

My Dream tells a story of banishment and reconciliation. It begins and ends with an evocation of the bliss of familial intimacy; in the middle, there is anger, alienation, and wandering which has a musical form, A B A’: the peaceful material returns at the end, transfigured and transformed, after a contrasting dramatic section that develops the initial motifs (Pesic, Schubert’s Dream, 137).

In its broadest sense, the concept of reconciliation must be understood as having the same meaning as being held accountable. Franz Theodor’s wife and Franz’s mother died, and her death brought them together. Franz visited his family home, and his father did not prevent him from doing so – they reunited in pain and suffering. The absence of a desire for reunion precludes the possibility of a complete reconciliation. Nevertheless, it is questionable if taciturnity is at play here. All kinds of silences, as described above, exist in Mein Traum, owing not only to the mores of the time but also to the elusiveness of the meaning of it all for the dreamer, who has no choice but to keep on moving. Therefore, the question ‘why?’ takes precedence over meaning. Why was the dreamer and wanderer not loved, and where does the pain come from?

Mein Traum introduces the reader to the world of deep thought and positions the narrator’s voice – which we must assume is Schubert’s – in his own meaninglessness. «Ich war ein Bruder vieler Brüder und Schwestern». There within is a moment of being lost and an attempt to justify his being for himself – he is only one of many. Throughout the whole text, there is always the opposition of ‘I’ and ‘They’. ‘They’ are probably his brothers and the father, whom he loved without receiving love in return. Again, this analysis focuses on the text and the emotion involved; it is challenging to know the exact nature of the relationship between Schubert and his father, as historians have demonstrated that Franz Theodor Schubert supported his son in his career. In the story, the personalities are reduced to the family affiliation and their relation to the author. Whereas his regular writings take the form of an inner dialogue, this piece is an inner monologue in which the whole narrative is described in the way the dreamer perceives it. We have a tangible feeling only of his identity, but not theirs, as he was one among many brothers and sisters. The structure of the text is divided into three parts, and Schubert uses three hyphens. The hyphen in German – ‘Gedankenstrich’ – is primarily a digression, or submersion of one thought into another. In the 19th century, using them in different ways was expected, and writers and thinkers often had a precise, personalized way of utilizing punctuation. Friedrich Nietzsche, for instance, had a very idiosyncratic manner of using punctuation in his aphorisms. The title is typically followed by a point and a hyphen, as in the collection gaya scienza, e.g., «Gedanken. – Gedanken sind die Schatten unsrer Empfindungen – immer leerer und dunkler, einfacher als diese (Nietzsche, Die fröhliche Wissenschaft, 631)». The period after the title signals that the thinker himself completes the thought but does not imply that it is realized in the writing. The hyphen, on the one hand, introduces parts of the thought, but on the other hand, it demands that the readers complete it themselves. It is helpful to keep such usage in mind when reading Mein Traum. Even though it is an allegorical narrative, the hyphen has several, almost transcendental functions. The first comes after the first three sentences, regarded as the introduction. The initial thought, or problem, has been stated; a more complex thought will follow. Thus, the structure of the foundational thoughts is very plain and simple: subject, predicate, object. The sentences that follow are in hypotactic order. «Ich war allen mit tiefer Liebe zu getan. […] Da wurden die Brüder sehr fröhlich. Ich aber war traurig». Love is far from romantic; the love that the wanderer is talking about is painful, not chosen, and not reciprocated. ‘Mit Liebe zugetan’ describes a love that is a forced experience that he could neither choose nor reject. The first three simple sentences, separated from the rest of the text by a hyphen, serve as the short introduction. From this generality, the story moves into the domain of a particular situation before departing again in generality.

After the short introduction, happiness and sadness are juxtaposed as the brothers are happy and the dreamer is sad. No reason is given for his sadness. The father ordered the dreamer to try ‘die köstlichen Speisen’ but the dreamer could not comply, which made the patriarch angry and caused him to banish his son. The never-answered question in the text is ‘Why?’. What kind of festivity this was and what the delicacies were has been widely speculated about, but the omission suggests that the critical problem is to be sought elsewhere – in separating the son from the father. The fact that he could not enjoy the reunion and was punished by banishment transformed the dreamer into a wanderer who travels to remote regions where love and pain coexist.

The path that leads away from the father is filled with confusion and emotional distress. The dreamer realizes that the person he loved reacted with indifference and thus converted it into pain. «Ich wandte meine Schritte und mit einem Herzen voll unendlicher Liebe für die, welche sie verschmähten, wanderte ich in ferne Gegend». In the following years, while far away from home, the dreamer experienced the division of his being through the force of incredible love and pain. As the mother dies, the love between the son and the father is replaced by suffering, and both are reconnected through pain. The wanderer came home, and his father did not hinder his entrance. The collapsing meaning, so to say, the evoked silence, stayed stable and was not replaced by speech as there was still nothing to say. The dreamer saw that the father’s countenance had softened, and he shed silent tears while observing the dead body of his mother, the sole meaningful subject of their communion. The ‘I’ transformed into a ‘We’, which could, for the first time in the text, be understood, as Pesic did, as a reconciliation. And they, whoever that might be, bury the corpse, and the thought will be included by the following hyphen, which will be left open and stabilize the reunification. Nothing is said, the relationship is not charged with meaning, and there are still no words to say – there is silence. After the hyphen, the journey of the wanderer through time and the coexistence of love and pain will divide him. This journey will transform in space and lead him back to the beginning where the wandering began, and the ‘We’ once again mutated into ‘I’. Nevertheless, it is not only a starting point; it is the point of no return and silence  words fail to express the underlying tension, and the second banishment occurs. The father and the son travel to one of the father’s ‘Lieblingsgärten’ – an allegory from which no convincing interpretations can be derived. It could represent a metaphoric area for communicating values, perhaps an emotional stage or a state of mind. The reconciliation was about to manifest itself as the dreamer had been summoned to approve his father’s ‘taste’, but he was disgusted and could not share in his affinities. The dreamer felt anxious about being unable to answer the first question and denied it after the question was repeated. The father hits the son, who resorts to wandering with the same great love and pain «into far-off regions (Pesic, Schubert’s Dream, 139)». The love and pain divide the dreamer, who comes to terms with the trauma and begins to sing.

Pesic compared the structure of the text to a sonata. «The dreamy quality of this movement is evident from the first measures, which emerge as if the music had already been going on for a long time. (Pesic, Schubert’s Dream, 138)» The structure of a song can be discerned, in which the repetition of banishment and the dividing into pain and love represent different parts. Schubert’s songs often had two to three strophes. The banishment and reunification, as well as the two deaths, bear a similarity to components in a song. In this framework, the wandering and the division of the self through love and pain would, therefore, stand as refrains. Another clue to this structural interpretation is «Lieder sang ich nun lange, lange Jahre». It represents a breakthrough in the metalevel, as one assumes that the text was written as a consequence of dealing with pain. It is not unusual that Schubert personifies instruments[5]. What the dreamer describes after the second banishment is exactly what Schubert expresses in the Note above. In Mein Traum the dreamer says «Wollte ich Liebe singen ward sie mir zum Schmerz. Und wollte ich wieder Schmerz nur singen ward er mir zur Liebe». Schubert explains in March 1824 that his productions exist thanks to his understanding of music and his pain. Music and pain are deeply interwoven throughout his work and life. The dreamer reports that when he sings about love it becomes pain, a deprivation that might have led him into the interior regions and the regions of allegory and metaphor. In the climax, everything becomes more fantastic, even though the suicidal desire can also be distinguished as he desires to enter the circle of the dead virgin. At this point, the dream becomes much more dream-like before resolving into reality, where the father and the son embrace each other. The virgin was part of a magical circle composed of young men. Celestial thoughts burst out of the grave on the young men. As the dreamer desires to enter into the inner circle, he is warned that only a miracle could grant him entry. The desire seems to include the will to overcome pain and death. It is said that Schubert was, at that time, aware that he had an incurable syphilis infection. In a state of devotion with a strong belief, he enters the magical circle and casts the spell, having felt that the significance of eternity was realized in one moment in which he was finally able to overcome the pain of the loss of his mother and to forgive his father and face his death. Again, Deutsch does not see that the virgin represents the mother on a metaphorical level. The long wandering through pain and suffering in reality and in his dreams always concludes in reunion with the father. This Kafkaesque moment is emphasized to the extent that the dreamer becomes what the father was incapable of – instead of receiving forgiveness, he forgives and absorbs the pain of both the father and the son. Two lovers try to be reconciled and speak through pain, but it does not work as words become dull. Saying the same again and again without receiving a response and seeing actions evokes a literal silence as it is useless and meaningless to say another word, which leads to a painful silence. The father is always present in all stages of the dream and is always visible as the symbol of pain next to the deceased, whether the mother or the virgin. This scenery is covered with the veil of silence, the sum of all emotions and actions that loom beyond the manifest picture of the father and the son united in mourning.

Works Cited

Derrida, Jacques, and Maurice Blanchot. The Instant of My Death / Demeure. Translated by Elizabeth Rottenberg, Stanford UP, 2000.

Fröhlich, Hans. Schubert. Carl Hanser Verlag, 1978.

Deutsch, Otto Erich. Franz Schubert. Briefe und Schriften. Verlag Brüder Hollink, 1954, 54-56.

Gadamer, Hans-Georg. Hermeneutik 1. Wahrheit und Methode. Ergänzungen und Register, Gesammelte Werke, Band 2. J.C.B Mohr (Paul Siebeck), 1993.

–. Hermeneutik 2. Wahrheit und Methode, Ergänzungen und Register, Gesammelte Werke, Band 2. J.C.B Mohr (Paul Siebeck), 1993.

–. Ästhetik und Poetik 2. Hermeneutik im Vollzug. Gesammelte Werke 9. J.C.B Mohr (Paul Siebeck), 1993.

Gardt, Andreas. Interpretation. In Handbuch Sprache in der Literatur. Hrsg. v. Anne Betten et al. De Gruyter 2017, 487-508.

Nietzsche, Friedrich. Die fröhliche Wissenschaft. Verlag von Ernst Schmeitzner, 1882.

Neumann, Bernd. «Electrischer Prometheus» Umrisse einer Dritten Kultur im interdisziplinären Zusammenspiel zwischen Literatur und Naturwissenschaft. Metzler, 2021.

Pesic, Peter. Schubert’s Dream. In “19th-Century Music” 23 (1999) 2, 136-144.

Schubert, Franz. Briefe. Tagebuchnotizen. Gedichte. Hrsg. von Erich Valentin. Diogenes, 1997.

Sontag, Susan. The Aesthetics of Silence, in Styles of Radical Will. Penguin Classics, 2009, 3-34.

Watzlawick, Paul. et al. Pragmatics of Human Communication. A Study of Interactional Patterns, Pathologies, and Paradoxes. Norton & Company Inc, 1967.

https://www.oxfordlearnersdictionaries.com/us/definition/english/silence_1?q=Silence Accessed 30th March, 2022.



[1] Different forms of thinking, such as thinking in music or pictures, are characterized by different complications related to the structures of language; nevertheless, they are transferred through it, and thinking in terms is predominant.

[2] In this article, melancholy is more understood as a period and state of mind than a mere feeling.

[3] Translation adapted from Peter Pesic.

[4] All following quotes regarding Mein Traum are of this version from O.E. Deutsch.

[5] Abschied: «Lebe wohl, du lieber Freund! / Wenn dieß Lied dein Herz ergreift, / Freundes Schatten näher schweift, / Meiner Seele Saiten streift. / Lebe wohl, du lieber Freund!»Schubert, Franz. Briefe. Tagebuchnotizen. Gedichte. Hrsg. von Erich Valentin. Diogenes 1997, 37.



====================================================================================================================================================

Martin Anton Müller

(Wien)

Gruppenbild mit Mendl
Wieso auf einer ikonischen Schnellfotografie Jung-Wiens Hugo von
Hofmannsthal nicht zu sehen ist und wie Richard Beer-Hofmann fast
die ‘Ankerbrot’-Fabrik finanziert hat
[1]

[Group portrait with Mendl
Why Hugo von Hofmannsthal is not to be seen in an iconic snapshot of
Young Vienna and how Richard B
eer-Hofmann almost financed the ‘Ankerbrot’ factory]

abstract. The essay examines the ferrotypes taken in the Wiener Prater, featuring members of ‘Jung-Wien’, including Hermann Bahr, Richard Beer-Hofmann, Hugo von Hofmannsthal, Felix Salten, and Arthur Schnitzler. A closer examination is given to one photo, revealing that contrary to common belief, the figure depicted is not Hofmannsthal, but rather the industrialist Fritz Mendl (1864–1929).

Als das 19. Jahrhundert zu Ende ging, kam es in Wien zur Gründung eines literarischen Zusammenschlusses, für den schnell der Begriff «Jung-Wien» geprägt war. Welche Autoren genau damit gemeint sind, wäre zu diskutieren. Anfänglich bezeichnete «Jung-Wien» eine Vereinigung, die sich zum ersten Mal am 17. März 1891 in Wieningers Weinhandlung traf und dessen letztes Treffen (sieben sind insgesamt nachgewiesen) bereits am 5. Mai desselben Jahres stattfand[2]. Wenige Jahre später war es bereits der Ausdruck für jegliche Literatur aus Österreich mit progressivem ästhe­tischem Anspruch, als dessen Mentor sich Hermann Bahr werbewirksam zu inszenieren wusste. In der Rückschau auf Österreichs erste erfolgreiche literarische Jugendbewegung sind es – neben dem genannten Bahr – nur wenige Namen, die bis in die Gegenwart mit ihr in Verbindung stehen: Hugo von Hofmannsthal, Richard-Beer-Hofmann, Felix Salten und Arthur Schnitzler. In zeitweiser Nähe stehen zudem Peter Altenberg und Leopold von Andrian-Werburg, deren Zugehörigkeit bereits kritisch betrachtet werden muss. Für die gezielte Abgrenzung von der Gruppe entschied sich hingegen Karl Kraus, dem der Berliner Naturalismus näherstand. Sein Pamphlet Die demolirte Litteratur (1896) kann auch als Mitgliederverzeichnis für «Jung-Wien» genommen werden: Wer darin abgehandelt wurde, gehört dazu. Kraus’ satirische Zertrümmerung der Autorengruppe anlässlich des bevorstehenden Abrisses eines der Kaffeehäuser, in dem sie sich zu treffen pflegte, erfolgte, als der innere Zusammenhalt zwischen den Protagonisten bereits loser zu werden begann. Mit dem Anbruch des neuen Jahrhunderts hatte Wien zwar einige international bis heute beachtete (männliche) Autoren hervorgebracht, aber eine dauerhafte Bewegung war nie daraus entstanden.

Da das Fotoatelier vor 1900 vor allem der Dokumentation von Friseurbesuch und Sonntagsstaat diente und sich der mobile Fotoapparat erst nach der Jahrhundertwende verbreitete, wurden solche informellen Zusammenschlüsse und Freundschaften kaum fotografisch festgehalten. Eine Annäherung an den Schnappschuss gab es aber doch, die Schnellfotografie, die 1890 wie folgt beschrieben wurde:

die sogenannte Jahrmarkts-Photographie […], die unter dem Namen Schnell-Photographie oder amerikanische Photographie die Aufmerksamkeit des Publikums auf sich zieht und deren Thätigkeit in der Herstellung sogenannter Panotypen oder Ferrotypen gipfelt. Diese Art Schnellphotographie hat gewiss ihre Berechtigung, denn sie nährt ihren Mann, befriedigt den Geschmack des nicht verwöhnten Jahrmarktspublikums und übt vielleicht sogar einen moralischen Einfluss, denn das Geld, welches zum ‘Schnellphotographen’ getragen wird, können die Leute nicht mehr in der Kneipe vertrinken! Diese Schnellphotographie muss sogar unter Umständen einen guten Zins abwerfen, denn man baut ihr zu Ehren transportable Ateliers, die mit Unkosten abgebrochen, transportirt und an anderen Orten wieder aufgerichtet werden, zum Ärger der eingesessenen Photographen hoch oben auf den Dächern.[3]

Der vordere, der Stadt zugewandte Teil des Wiener Praters, direkt hinter Nordbahnhof und Nordwestbahnhof, ist seit dem 19. Jahrhundert ein ganzjähriger Vergnügungspark. Für die zu Schnitzlers Zeit bestehenden Schaubuden, Rutschbahnen, Schießstätten, Panoramen, Zirkusattraktionen, Trinkhallen und Gasthäuser zusammen mit dem 1896 errichteten Riesenrad bürgerte sich bereits früh statt des offiziellen Namens ‘Volksprater’ die bis heute gebräuchliche Bezeichnung ‘Wurstelprater’ ein. Dort eröffnete Ludwig Pretscher 1871 die erste Hütte für amerikanische Fotografie, später kamen weitere hinzu. «Diese Bilder waren ‘gleich fertig zum Mitnehmen’, auf Blechplatten erzeugt und man nahm sie gerne als Andenken an einen lustigen Praterbesuch nach Hause»[4]. Das Erfolgsrezept ist schlagend, kombiniert es doch das spätere Polaroid mit dem Souvenir. Die Fotografie als Gebrauchs­produkt, im Moment verhaftet und Dokument von Ausgelassenheit, das unterscheidet sich deutlich von den gediegenen Repräsentationsbildnissen, den stellvertretend für ein ganzes Leben stehenden Studiobildern.

Für Arthur Schnitzler, den man sich nicht unmittelbar auf einer Rutschbahn oder beim Dosenschießen im Prater vorstellen kann, übten die Schnellfotografien einen besonderen Reiz. Jedenfalls haben sich in seinem Besitz aus dem Zeitraum von rund 20 Jahren über ein Dutzend solcher zum Vergnügen gemachter Fotografien erhalten. Wann und wo die Bilder aufgenommen wurden, lässt sich im Einzelfall nicht immer bestimmen, doch die meisten dürften aus dem Wurstelprater stammen. Den Jahrmarktbudencharakter zeigen nicht nur die gemalten, wechselbaren Hintergründe, sondern auch die groben Bretterböden, die auf einigen Aufnahmen zu erkennen sind. Auf mehreren sind dieselben schlicht gezimmerten Birkenholzmöbel zu sehen, die ihn zumindest zeitweise als Stammkunden einer Bude erkennen lassen. Wilhelm Genazino würdigte 1994 kurz die Schnellfotografien Schnitzlers, die dieser von sich alleine hatte anfertigen lassen:

Schnellfotos, die damals noch Ferrotypien hießen, waren nichts weiter als Jahrmarktfotos, die populär waren, weil sie jedermann die Möglichkeit zu maskenhafter Verstellung eingeräumt haben. Auf diesen Billigbildern sehen wir Arthur Schnitzler seine Rollen einstudieren. Mal zeigt er sich mit einem Buch in der Hand, dann bloß mit Zigarette oder mit weißem Strohhut und Stock am Tisch. […] – ein buntes Spiel der Selbstinszenierung, naiv und berechnend zugleich.[5]

Durch die Einschränkung auf Einzelporträts entgeht Genazino eine besondere Funktion der Praterschnellfotografien, nämlich die ostentative und häufige Interaktion mit anderen. Gravitas und ein starr zur Kamera gewandtes Gesicht gibt es nicht. Zusätzlich zu den Einzelaufnahmen existieren Gruppenfotos[6]. Eine weitere Unterteilung in solche, die ihn zusammen mit anderen Protagonisten «Jung-Wiens» zeigen, ergibt insgesamt fünf Bilder. Die historische Bedeutung dieser Aufnahmen ist groß, sind es doch die einzigen überlieferten Fotos, die die Akteure «Jung-Wiens» in den 1890er-Jahren gemeinsam zeigen. Dementsprechend gehören sie zu den am häufigsten abgedruckten Fotografien dieser Epoche und finden regelmäßig sowohl in der populären Darstellung als auch der akademischen Literatur Verwendung. Vielleicht ist es eine Folge des geringgeschätzten Entstehungszusammenhangs im Prater, dass ihnen bislang nur wenig Aufmerksamkeit geschenkt wurde – zumindest abseits ihrer illustrativen Funktion. Wie unachtsam vorgegangen wurde, zeigt sich daran, dass auf einem der Fotos fälschlicherweise seit zwei Jahrzehnten Hugo von Hofmannsthal identifiziert wurde. Zu sehen ist aber, wie hier gezeigt werden wird, der um zehn Jahre ältere Industrielle Fritz Mendl (1864–1929).

Obzwar Genazino auf den Praterbildern vor allem den Übungsraum für das Bild des Autors als gediegenem Mann sieht, weist er zugleich auf eine zentrale Eigenschaft der Gruppenbilder hin. Sie zeigen Poseure vor der Kamera, die auf keiner Aufnahme einfach nur Spaß zu haben scheinen, sondern mit Rollen kokettieren. Neben einzelnen Männern, die uns anstarren, finden sich Blicke, die mit der Frau im Arm des anderen getauscht werden, gespielte Langeweile und Übellaunigkeit, Hüte und Melonen sowie ein bedeutsam hochgehaltener Spazierstock. Julia Ilgner hat den Faden Genazinos aufgenommen und Schnitzlers Bildpolitik, sowohl in der Außenwirkung wie im privaten Austausch erstmals systematisch beschrieben[7]. Auch sie konzentriert sich primär auf Einzeldarstellungen und Familienrepräsentationen, die Prater-Gruppenbilder liegen außerhalb ihres Fokus. Überhaupt blieben die Gruppenbilder bis fünfzig Jahre nach Schnitzlers Tod weitgehend unbekannt. Nur die Fotografie mit Bahr, Hofmannsthal und Beer-Hofmann findet sich bereits in der Rowohlt-Monographie von Hartmut Scheible (1976) abgebildet[8]. Wenige Jahre später, 1981, erschien anlässlich des 50. Todestages des Autors ein Materialienband zu einer Ausstellung der Wiener Festwochen. Darin war neuerlich die Fotografie aus der Rowohlt-Monographie abgelichtet und zudem eine, die Schnitzler mit Gustav Schwarzkopf, Beer-Hofmann und Salten zeigte[9]. Später im Jahr erschienen dann zum dritten Mal das Bild aus der Monographie und drei bis dato unpublizierte Bilder gemeinsam auf der S. 57 eines umfangreichen Bildbandes zu Schnitzler, den sein Sohn Heinrich Schnitzler gemeinsam mit Reinhard Urbach und Christian Brandstätter herausgab[10].

Bild 1, 1. April 1894

Ferrotypie, 8,1cm x 5,1cm – DLA, B 1989.Q 183

Bild 1 – Von links nach rechts, vorne: Hugo
von Hofmannsthal, Schnitzler; hinten: Richard
Beer-Hofmann, Hermann Bahr

Die Datierung ist durch Schnitzlers Tagebuch möglich: «Im Prater Loris, Rich. B.-H., Bahr […].― Photographie»[11]. Der bei diesem Bild erhaltene Rahmen nennt Anna Krieger als Herstellerin.

Bild 2, 5. Mai 1895

Ferrotypie, 8,8cm x 6,2cm – DLA, B 1989.Q 173

Bild 2 –Vorne: Lou Andreas-Salomé, Richard
Beer-Hofmann; hinten: Schnitzler

In Schnitzlers Tagebuch steht am 5. Mai 1895: «Dann noch im Prater, 3. Kfh., Lou und Rich. Photographiren». Eine weitere (leicht abweichende) Aufnahme hat sich im Nachlass von Lou Andreas-Salomé erhalten. In den Tagesnotizen Salomés findet sich dazu der Eintrag: «Abends im Wurstlprater mit Beer-H. allein, dann mit Schnitzler. Schnellphotographie-Gruppe»[12]. Die Ähnlichkeit des Bodenmusters legt nahe, dass auch diese Bilder von Anna Krieger gemacht wurden. Bei Schnitzlers in die Hand gelegter Wange könnte ein Bildzitat vorliegen, erinnert es doch an die berühmte Fotografie von Friedrich Nietzsche durch Gustav Schultze (1882)[13].

Bild 3, 4. Juni? 1896

Ferrotypie, 8,7cm x 6,2cm – DLA B 1989.Q 170

Bild 3 –Vorne: Paula Lissy und Richard
Beer-Hofmann, hinten Schnitzler

Dem Foto beigelegt ist ein Beschriftungszettel von Heinrich Schnitzler, das es auf «1892/93» datiert, was sicherlich falsch ist, da Paula (die abgebildet sein dürfte) und Richard erst Ende 1895 ein Paar wurden. Wenn es tatsächlich im Prater aufgenommen wurde, kann die Datierung auf einen der zwei für 1896 nachweisbaren Besuche im Prater eingeschränkt werden. Von den beiden möglichen Terminen ist es wiederum mit ziemlicher Wahrscheinlichkeit am 4. Juni zu verorten, da an diesem Tag nur die drei Dargestellten die Gesellschaft bildeten.

Bild 4, vor 1900

Ferrotypie, 8,9cm x 6,4cm – DLA B 1989.Q 185

Bild 4 –Vorne: Felix Salten und Schnitzler, hinten
Gustav Schwarzkopf und Richard Beer-Hofmann

Ein gemeinsamer Praterbesuch aller Dargestellten ist nicht belegt. Das DLA datiert «zwischen 1895 und 1905». Auf einer am 9. August 1904 entstandenen Fotografie ist Gustav Schwarzkopf mit der Familie Schnitzler zu sehen. Er wirkt im Vergleich deutlich gealtert, so dass auch hier ein Entstehungszeitraum vor 1900 anzusetzen ist[14].

Bilder 5a und 5b, Gruppenbild mit Mendl

Ferrotypie, 8,8cm x 6,6cm – DLA B 1989.Q 167

 

Bild 5a und Bild 5b (Reprografie) – Vorne: Richard Beer-Hofmann, Josefine Nebauer,
Julie Laska, Felix Salten; hinten: Fritz Mendl, Schnitzler

Die fünfte Schnellfotografie aus dem Prater lieferte den eigentlichen Anlass für die Beschäftigung. In der Popularität der Verwendung reicht sie an das Bild mit Bahr heran. Dieser ist zwar hier nicht zu sehen, dafür aber Felix Salten. Alle Abgelichteten sind bemüht, humorvoll zu wirken – mit Ausnahme des Mannes hinten links. Diesem fällt die Rolle des ‘straight man’ zu, der durch den Kontrast und die Ernsthaftigkeit die Komik des Bildes erhöht. Direkt blickt er in die Kamera, als wolle er Einvernehmen mit den Betrachter:innen herstellen: hier wird gescherzt und er gehört nicht dazu. Wer ist nun dieser Mensch? Reinhard Urbach fielen im Juli 2023 bei der Lektüre eines Feuilletons der Frankfurter Allgemeinen Zeitung Fehler in der Bildunterschrift auf. Beer-Hofmann und Salten waren verwechselt[15]. Als er das Bild dann näher studierte, wurde er erst recht stutzig: besagter Mann war doch nicht, wie die Bildunterschrift behauptete, Hugo von Hofmanns­thal – trotz der Melone, die eine Nähe zum Bild Hofmannsthals auf der Fotografie 1 herstellt. Er selbst hatte im erwähnten Bildband von 1981, dessen Bildbeschriftungen er verantwortet hatte, nur Schnitzler, Beer-Hofmann und Salten identifiziert. Seine Bedenken teilte er verschiedenen Forscherinnen und Forschern mit. In mehreren Mails wurde darüber diskutiert, wer abgebildet sein könnte; letztlich versandete die Recherche jedoch. Ein halbes Jahr später, am 1. Februar 2024, anlässlich des 150. Geburtstags von Hofmannsthal, brachte die Frankfurter Allgemeinen Zeitung die Fotografie erneut. Die Bildlegende beschriftete diesmal Salten und Beer-Hofmann richtig:

Das junge Wien im Prater: Hofmannsthal, Schnitzler, Beer-Hofmann, Salten und Damen, um 1894.[16]

Hofmannsthal war wieder dabei. Seit dem letzten Abdruck hatte sich aber die Öffentlichkeit für solche Verwechslungen sensibilisiert, nachdem sich zuvor zwei renommierte Philosophie-Zeitschriften blamiert hatten, weil sie anlässlich des 200. Geburtstags von Immanuel Kant ein Bild von dessen Kritiker Friedrich Heinrich Jacobi auf dem Titelblatt verwendeten und als Kant ausgaben[17]. Ein ähnlicher Fall schien hier vorzuliegen: Eines der momentan renommiertesten deutschsprachigen Feuilletons illustrierte den Jubilar Hofmannsthal ausgerechnet mit einem Bild, auf dem er gar nicht zu sehen war.

Mit Skandalisierung lässt sich in den sozialen Medien etwas erreichen, weswegen ich Hoffnung schöpfte, dass die Frage von Urbach nunmehr größere Aufmerksamkeit bekommen könnte. Ich postete auf dem Kurznachrichtendienst X (vormals Twitter) die Fotografie mit der in den digitalen Raum gestellten Frage, wer hier zu sehen wäre?

 

Der Tweet weckte das Interesse von Bernd-Christoph Kämper (@bckaemper), der sich in den folgenden Tagen ausgiebig dem Rätsel widmete. Ohne alle Volten und Sackgassen der Recherche nachzuzeichnen, lassen sich mehrere Phasen bestimmen. In einem ersten Schritt versuchte Kämper, das Bild unter Verwendung von Schnitzlers Tagebuch zu datieren: Wann waren die vier Protagonisten gemeinsam im Prater und wann könnte die Aufnahme gemacht worden sein? (Die Bestimmung des Fotografen, der Fotografin schien aussichtslos.) Von nachhaltiger Relevanz erwies sich hier vor allem seine Überzeugung, dass die Fotografie ein Ereignis darstellte, das im Tagebuch Schnitzlers Erwähnung finden müsste. Ich äußerte Skepsis und hielt es stattdessen für möglich, ähnlich wie bei der Fotografie mit Paula Lissy und Gustav Schwarzkopf, dass das Tagebuch auch dieses Foto nicht verzeichnet. Bis dahin erweckte die Situation im Netz den Eindruck, es gäbe mehrere Originale. Beispielsweise nannten die Bildinformationen einer wissenschaftlichen Ausstellungsankündigung aus dem Jahr 2018 als Quelle das Freie deutsche Hochstift in Frankfurt/Main[18]. An diesem Ort wird Hofmannsthals Nachlass großenteils verwahrt. Die Bilddatenbank imagno/brand­staetterimages von Christian Brandstätter verkaufte Publikationsrechte, sie schien das Bild ebenfalls besitzen. Nachträglich könnte hier ergänzt werden: Eine Ferrotypie ist ein Einzelstück, insofern gibt es keine Duplikate. Aber über die Aufnahmetechnik waren wir uns noch nicht im Klaren. Wenn Hofmannsthal abgebildet war, schien es nur logisch, dass es sich auch in dessen Nachlass finden müsste. Hier klinkte sich Olivia Varwig in die öffentlich geführte Diskussion auf X ein. Sie hatte in den letzten Monaten am Hochstift die Fotosammlung Hofmannsthals aufgearbeitet und betreut auch den X-Account der Hofmannsthal-Gesellschaft[19]. Sie stellte klar, dass die fragliche Fotografie nicht im Nachlass Hofmannsthals überliefert ist.

Es begann folglich die Suche nach dem Original. Dieses ließ sich im privaten Nachlass Schnitzlers im Deutschen Literaturarchiv Marbach finden, wo es als «Arthur Schnitzler mit Anderen [Photographie]» (B 1989.Q 167) abgelegt ist. Der Bildausschnitt in Marbach (Abb. 5a, links) ist bedeutend größer als die in der FAZ und andernorts verwendete Fassung (Abb. 5b, rechts), die zumeist über die Bildagentur Picture Alliance bezogen wurde. Das machte es einfach zu bestimmen, was das Original und was die Reproduktion darstellt. Die Quelle der Bildagentur, die die FAZ verwendete, ließ sich schnell auf die von Christian Brandstätter betriebene Bilddatenbank imagno/brandstaetterimages zurückführen, die das Bild als «Praterausflug von Jung-Wien» mit Hugo von Hofmannsthal bewarb[20]. Mit dem im Januar 2024 verstorbenen Brandstätter dürfte der Verantwortliche der Verwechslung ausgemacht sein. 1981 gab er mit Heinrich Schnitzler und Reinhard Urbach den erwähnten Bildband zu Schnitzlers Leben heraus, «mit 324» Abbildungen. Auf der gegenüberliegenden Seite der Abbildung, findet sich die Bildbeschriftung zum (beschnittenen) Bild. Die von Urbach verfasste Zeile lautete: «Arthur Schnitzler (rechts stehend), Richard Beer-Hofmann (links sitzend) und Felix Salten (rechts sitzend)»[21]. Unmittelbar neben der Fotografie findet sich ein Textzitat aus dem Tagebuch Schnitzlers: «Loris, Salten, Beer-Hofmann und ich werden nämlich schon als Clique betrachtet»[22]. Folgender Ablauf ist denkbar: Brandstätter erstellte oder beauftragte für die Herstellung des Katalogs der Wiener Festwochen und für den Bildband Reprografien von Bildern aus dem Besitz Heinrich Schnitzlers. Die Originale gelangten nach dem Tod von Heinrich Schnitzler an das Deutsche Literaturarchiv Marbach, wo sie 1989 inventarisiert wurden[23]. Die Vervielfältigungen der Bilder (und vereinzelte Originale) blieben im Besitz der Familie: Heinrichs Söhne Peter und Michael Schnitzler besaßen einen Reisekoffer mit Fotoalben und Bildern, den sie «für Anfragen etc.» [24] verwendeten. Dieser wurde 2005 der Österreichischen Nationalbibliothek übergeben, wo sie nunmehr im Bildarchiv aufbewahrt werden und weitgehend digitalisiert über die Website https://onb.wg.picturemaxx.com/ betrachtet und lizenziert werden können. Von Bild 1[25] und Bild 2[26] finden sich Reproduktionen im Bildarchiv der Österreichischen Nationalbibliothek. Aber auch Brandstätter dürfte Abzüge der Vervielfältigungen behalten haben (dass er dies mit Heinrich Schnitzlers Wissen tat, ist wahrscheinlich). Bild 1[27] und eben jenes Bild 5b[28] werden durch die Bilddatenbank imagno/brandstaetter images vermarktet. Bei der Aufnahme der Reproduktion in diese Bilddatenbank dürfte das neben der Fotografie abgedruckte Tagebuch-Zitat für die Bildbeschriftung gehalten worden sein und sich so die Verwechslung mit Hofmannsthal eingeschlichen haben. Diese Vermutung wird auch dadurch gestützt, dass das erste nachgewiesene Buch mit der falschen Identifikation Hofmannsthals 1999 im Verlag von Christian Brandstätter erschien[29].

Die gemeinsame Recherche mit Bernd-Christoph Kämper brachte weiteres Überraschendes ans Licht. Für die Einkatalogisierung des Bildes im Deutschen Literaturarchiv in Marbach konnte auf einen der Ferrotypie beigelegten Zettel Heinrich Schnitzlers zurückgegriffen werden, auf den dieser mit blauer Tinte geschrieben hatte: «Stehend Fritz Mendel, A. S. / Sitzend Beer-Hofm. Frl. ?? / Frau Laska, Salten / zwischen 1891–93»[30]. Mit Bleistift notierte eine unbekannte Hand unterhalb des ersten Namens «Fritz Mendl» und ergänzte bei «Laska» den Vornamen «Julie»[31]. Mit diesen Informationen wurde das Bild in den Katalog eingepflegt. Die erste nachweisbare Publikation, die von den Informationen im Katalog des DLA Gebrauch machte, stammt von Roberta Ascarelli in ihrer italienischsprachigen Monografie über Schnitzler aus dem Jahr 1995[32]. 2001 standen die Namen Fritz Mendl, Julie Laska und die unbekannte Frau auch im Marbacher Magazin, das anlässlich des Erscheinens des letzten Tagebuch-Bandes und der damit einhergehenden Übernahme der Originale durch das DLA erschien[33].

Durch den Hinweis auf die Schauspielerin Julie Laska (1860–1917) lassen sich nun die möglichen Daten in Schnitzlers Tagebuch eingrenzen. Zwischen dem 14. und 18. Mai 1892 sind mehrere Treffen mit ihr erwähnt, aber nur eines davon fand im Prater statt, jenes vom 18. Mai: «Abd. Ausstlg ― Salten, B.-H., Nebauer, Laska, Mandl, Kapellmeister Rotunde.» «Ausstlg» ist die Internationale Ausstellung für Musik und Theaterwesen, die 1892 in Wien stattfand und bei der Theatertruppen aus ganz Europa auftraten. Sowohl Laska als auch Josefine Nebauer (1870–1917) werden im Bühnenjahrbuch 1892 als Schauspielerinnen des Ensemble-Gastspiels der Münchener geführt, einer von Max Hofpauer (1845–1920) vom Theater am Gärtnerplatz geführten Wandertruppe ohne festes Stammhaus[34]. In Wien trat die Truppe im Frühling 1892 im Carl-Theater auf. Die «Rotunde» wiederum bezeichnet das bei der Weltausstellung 1872 errichtete zentrale Gebäude im Prater, das 1937 abbrannte und nicht mehr aufgebaut wurde. Beim «Kapellmeister» dürfte es sich ebenfalls um eine Person handeln, da er auch bei der ersten gemeinsamen Erwähnung von Laska und Nebauer in Schnitzlers Tagebuch – am 16. Mai 1892 – aufgeführt wird; genaueres ist aber nicht bekannt.

Arthur Schnitzler, Tagebucheintrag zum 18. Mai 1892

Das größte verbleibende Fragezeichen bildet schließlich die Differenz zwischen der Bildbeschriftung mit «Fritz Mendl» und «Mandl» im Tagebucheintrag. Im Tagebuch wird Schnitzlers Verwandter mütterlicherseits «Ludwig ‘Louis’ Mandl» häufig erwähnt, sodass die Herausgeber:innen den Textbefund richtig trafen, ihn im Personenregister des gedruckten Tagebuchs an dieser Stelle zu identifizieren. Die Autopsie der Handschrift bestätigt ebenfalls die Entzifferung mit »a« (siehe Abb. des Faksimiles). Erst ein genaues Verständnis der Entstehung der Tagebucheinträge gibt eine mögliche Erklärung, die diese Stelle zu einem absoluten Ausnahmefall im Tagebuch macht. Schnitzler verfasste sein Tagebuch nicht immer am selben Tag, sondern schrieb es teilweise erst nach Wochen und Monaten retrospektiv aus Notizen zusammen[35]. Bei diesem Rekonstruktionsvorgang dürfte er seine eigene Schrift an dieser Stelle nicht richtig gelesen haben und so wurde aus «Mendl» in der Vorlage ein «Mandl» im kompilierten Tagebuch. Dass die Verwechslung nicht in die andere Richtung erfolgte und Heinrich Schnitzler nicht auf dem Beschriftungszettel einen Fehler machte, lässt sich schlussfolgern. Heinrich kam 1902 auf die Welt. Julie Laska wird 1895 zum letzten Mal in Schnitzlers Tagebuch erwähnt. Heinrich konnte sie also nicht persönlich auf dem Bild identifizieren, sondern musste für seine Beschriftung auf eine zusätzliche Informationsquelle zurückgreifen, die nicht mehr erhalten ist und die er abschrieb. Gerade weil Heinrich Schnitzler aus eigenem Wissen nicht in der Lage war, Julie Laska oder (den jungen) Fritz Mendl zu erkennen, ist er verlässlich. (Umgekehrt wäre ihm von Louis Mandl, dem Cousin seines Vaters, das Aussehen vermutlich geläufig gewesen.)

Fritz Mendl

Wer aber ist nun Friedrich ‘Fritz’ Mendl, der statt Hugo von Hofmanns­thal auf der Ferrotypie zu sehen ist? Über die Biografie einer der reichsten Selfmade-Millionäre Österreich-Ungarns, der mit seinem Bruder Heinrich innerhalb von wenigen Jahren aus einer in Konkurs gegangenen Bäckerei das größte Backwarenunternehmen Europas vor dem Ersten Weltkrieg hochzog, ist wenig bekannt[36]. Die bis heute bestehende Kette Ankerbrot hatte einer Schätzung zufolge Ende 1924 einen Marktwert von einer Billion österreichischer Kronen. Mendls 45%-Anteil daran entspricht einem heutigen Geldwert von 200 Millionen Euro[37]. In Schnitzlers Tagebuch wird er am 6. Jänner 1892, also fünf Monate vor der Fotografie, genannt: «Nm. mit Loris und Salten bei Beer-Hofmann, dort auch Fritz Mendl und Leo Vanjung.» Danach wird er nurmehr in der Wiedergabe eines Ereignisses 1920 erwähnt, eine intimere Bekanntschaft Schnitzlers mit dem um zwei Jahre jüngeren ist also unwahrscheinlich. Stattdessen dürfte Beer-Hofmann derjenige gewesen sein, durch den Mendl in Schnitzlers Umkreis auftauchte. Der Gründungsmythos der Ankerbrotfabrik gibt dafür einen spannenden, bislang nicht weiter beachteten Hinweis. Die Enkelin Phyllis McDuff erinnert sich an Erzählungen ihrer Mutter:

Mein Großvater [=Fritz Mendl] sei als junger Mann bei der Armee gewesen, hätte sich dort aber nicht gut benommen, erzählte uns meine Mutter. Er hatte Gitarre gespielt und Lieder komponiert – und die Texte waren nicht gerade schmeichelhaft für hochrangige Offiziere gewesen. So war er nach Ungarn versetzt worden […] Er hatte beschlossen, eine kleine Bäckerei in Wien zu kaufen, und war zu seinen Eltern gegangen, um sie um etwas Geld zu bitten. Seine Eltern hatten ihm aber keines gegeben, weil er bislang sehr unverlässlich gewesen war. Sie hatten Angst gehabt, er würde es wieder verschwenden.[38]

In der Konzerngeschichte ist der Bruder Heinrich für die Kontrolle der Finanzen zuständig, während Fritz die Pläne schmiedete und die großen Zusammenhänge herstellte[39]. Um überhaupt an das Startkapital zu kommen, dürfte sich Fritz an Richard Beer-Hofmann gewandt haben (wenngleich dieser zum fraglichen Zeitpunkt noch Prosa schrieb und erst später zum Dramenautor wurde):

Jedoch hatte damals gerade ein Freund meines Großvaters ein großes Vermögen geerbt. Er war Bühnenschriftsteller und hatte keine unmittelbare Verwendung für seinen unverhofften Reichtum gehabt. So hatte er meinem Großvater angeboten, ihm so viel zu leihen, wie er benötigte. Die Eltern meines Großvaters waren jedoch bei dem Gedanken an einen möglichen Skandal, falls das Unternehmen keinen Erfolg haben sollte und mein Großvater das Geld nicht zurückgeben könnte, erschrocken und hatten ihm schlussendlich doch das benötigte Kapital zur Verfügung gestellt.[40]

Auch wenn Beer-Hofmanns Rolle als ursprünglichem Investor mit den derzeit zur Verfügung stehenden Quellen nicht weiter belegt werden kann, ist der ‘straight man’ auf der bekannten Praterfotografie sicher keine Leerstelle neben den drei Protagonisten der Wiener Moderne und den zwei Schauspielerinnen. Zu sehen sind erfolgreiche Schriftsteller und ein erfolgreicher Unternehmer am Beginn ihrer Karrieren. Dass nichts aus der Finanzierung durch Beer-Hofmann wurde, ist auf Dauer nicht wirklich bedeutend. Interessanter dürfte hier die Verbindung der Wiener Moderne mit dem modernen Wiener Unternehmertum sein. Während beispielsweise Schnitzler das reiche Bürgertum in mehreren Dramen schilderte, zeigt die Fotografie, dass das nicht nur aus der Distanz geschah. Auf der Praterfotografie ist also nicht Hugo von Hofmannsthal zu sehen, derjenige Vertreter «Jung-Wiens», der die besten Beziehungen zum Wiener Adel hatte. Statt seiner sieht man mit Fritz Mendl ein zukünftiges Mitglied des Wiener Geldadels, ein werdender Selfmade-Millionär, dessen sagenhafter Reichtum mit Schlössern, Burgen und Reitställen selbst eine Geschichte darstellt.

Literaturverzeichnis

[O.V.]: 30jähriges Berufsjubiläum eines Praterhüttenbesitzers. In: Illustrierte Kronen-Zeitung, Jg. 28, Nr. 9.999, 25.11.1927, S. 10.

[O.V.]: Der Kampf um die Ankerbrotfabrik. In: Der Morgen. Wiener Montagblatt, 16. Februar 1925, S. 4.

Andreas-Salomé, Lou: Jutta. Erzählung. Hrsg. und mit einem Nachwort von Romana Weiershausen. Taching am See: MedienEdition Welsch 2020. (Werke und Briefe von Lou Andreas-Salomé in Einzelbänden, 9).

Ascarelli, Roberta: Arthur Schnitzler. Pordenone: Edizioni Studio Tesi, 1995.

Bülow, Ulrich v. (Hg.): «Sicherheit ist nirgends.» Das Tagebuch von Arthur Schnitzler. Marbacher Magazin 93/2001.

Denscher, Barbara (Hg.): Kunst & Kultur in Österreich. Das 20. Jahrhundert. Wien: Christian Brandstätter 1999.

Farnberger, Eva: Der fotografische Teilnachlass Arthur Schnitzlers im Bildarchiv der Österreichischen Nationalbibliothek. Bilddokumente eines Literaten im historischen und biografischen Kontext. Masterarbeit, Universität Wien, 2007.

Gaulhofer, Karl: Du sollst dir kein falsches Bild von Kant machen. In: Die Presse, 9. Januar 2024,
https://www.diepresse.com/17977305/du-sollst-dir-kein-falsches-bild-von-kant-machen.

Genazino, Wilhelm: Das Bild des Autors ist der Roman des Lesers. In: W. G.: Idyllen in der Halbnatur. München: Carl Hanser 2012, S. 89–118.

Ilgner, Julia: Portrait of the Artist. Arthur Schnitzlers Autorschaftsinszenierung in der Atelierphotographie um 1900 (Aura Hertwig, Madame d’Ora). In: Achim Aurnhammer und Dieter Martin (Hgg.): Arthur Schnitzler und die bildende Kunst. Würzburg: Ergon, 2021, S. 43–94.

Kegel, Sandra: So wurde er noch nicht erzählt. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 1. Februar 2024, https://www.faz.net/aktuell/feuilleton/buecher/150-geburtstag-hugo-von-hofmannsthal-biographie-19487299.html

McDuff, Phyllis: Villa Mendl. Leben und Schicksal der Ankerbrot-Erbin Bettina Mendl. Übersetzt von Christine Lier und Maria-Christine Leitgeb. Wien: Amalthea, 2016.

Neuer Theater-Almanach, Jg. 3, 1892.

Rapp, Christian, und Markus Kristan: Ankerbrot. Die Geschichte einer großen Bäckerei. Wien: Brandstätter, 2011.

Scheible, Hartmut: Arthur Schnitzler in Selbstzeugnissen und Bilddokumenten. Reinbek: Rowohlt, 1976.

Schnitzler, Arthur: Tagebuch 1879–1931. Herausgegeben von der Kommission für literarische Gebrauchsformen der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, Obmann: Werner Welzig. Wien: Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, 1981–2000. Online: https://schnitzler-tagebuch.acdh.oeaw.ac.at/

Vogel, H. W.: Schnellphotographie. In: Photographische Notizen, Jg. 25, Nr. 289, Jänner 1889, S. 1–4.

Wackwitz, Sten: Ohne die preußischen Parvenus ging’s halt nicht. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 26. Juli 2023, https://www.faz.net/aktuell/feuilleton/buecher/rezensionen/sachbuch/jens-wietschorke-und-sinclair-mckay-ueber-berlin-und-wien-19034482.html

Wikipedia-Eintrag: Fritz Mendl, https://de.wikipedia.org/wiki/Fritz_Mendl

Abbildungsnachweise

Bild 1, 5 (Detail), Porträt Fritz Mendl: commons.wikimedia.org

Bilder 2, 3, 4, 5 (ganz): DLA Marbach

Faksimile aus dem Tagebuch von Schnitzler:
https://schnitzler-tagebuch.acdh.oeaw.ac.at

 



[1] Die hier vorgestellten Darstellungen gehen auf eine Beobachtung von Reinhard Urbach zurück. Die Identifikation Mendls gelang durch den auf X (Twitter) geführten öffentlichen Austausch mit Bernd-Christoph Kämper. Ich danke beiden herzlich!

[2] Eintrag «Jung Wien.» In: PMB – Personen der Moderne Basis. ACDH-CH, Wien 2024, LINK. Diese und die folgenden Webseiten: letzter Abruf 15. April 2024.

[3] H. W. Vogel: Schnellphotographie. In: Photographische Notizen, Jg. 25, Nr. 289, Jänner 1889, S. 1–4, hier: 1.

[4] [O.V.]: 30jähriges Berufsjubiläum eines Praterhüttenbesitzers. In: Illustrierte Kronen-Zeitung, Jg. 28, Nr. 9.999, 25.11.1927, S. 10.

[5] Wilhelm Genazino: Das Bild des Autors ist der Roman des Lesers. In: W. G.: Idyllen in der Halbnatur. München: Carl Hanser 2012, S. 110–111. (Der Aufsatz zuerst München: Kleinheinrich 1994)

[6] Während die meisten der ausschließlich Schnitzler präsentierenden Aufnahmen mehrfach in Bildbänden und Biografien publiziert sind, half mir der Leiter des Digitalisierungsreferats Jens Tremmel vom Deutschen Literaturarchivs Marbach am Neckar (DLA) zu einer Zusammenstellung von Fotos, auf denen Personengruppen abgebildet sind und die im Prater entstanden sein dürften. Neben den im Folgenden behandelten Bildern sind das: B 1989.Q 164 (mit Ehepaar Porges, Rosa Hochsinger und Helene Sternlicht, um 1887); B 1989.Q 165 (mit seiner Schwester Gisela und ihrem Mann Markus Hajek, Paul Goldmann); B 1989.Q 169 (beschriftet: Alfred/Albert Mandl und Albert Ehrenstein, aber wohl falsche Identifikation); B89.Q 180 (mit Frau Olga, Mutter Louise und Sohn Heinrich, sowie Paul Marx und Gustav Schwarzkopf, 1904); B 1989.Q 187 (mit unbekannter Frau).

[7] Julia Ilgner: Portrait of the Artist. Arthur Schnitzlers Autorschaftsinszenierung in der Atelierphotographie um 1900 (Aura Hertwig, Madame d’Ora). In: Achim Aurnhammer und Dieter Martin (Hgg.): Arthur Schnitzler und die bildende Kunst. Würzburg: Ergon 2021, S. 43–94.

[8] Hartmut Scheible: Arthur Schnitzler in Selbstzeugnissen und Bilddokumenten. Reinbek: Rowohlt 1976, S. 39.

[9] Arthur Schnitzler (1862–1931). Materialien zur Ausstellung der Wiener Festwochen 1981. Hg. Arthur Schnitzler-Institut, zusammengestellt von Peter Braunwarth u.a. Wien 1981, S. 58 und 37.

[10] Heinrich Schnitzler, Christian Brandstätter und Reinhard Urbach (Hgg.): Arthur Schnitzler. Sein Leben Sein Werk Seine Zeit. Frankfurt am Main: S. Fischer 1981, S. 57.

[11] Arthur Schnitzler: Tagebuch 1879–1931. Herausgegeben von der Kommission für literarische Gebrauchsformen der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, Obmann: Werner Welzig. Wien: Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, 1981–2000, online: LINK. Fortan werden Zitate nur durch Datumsangaben im Fließtext belegt.

[12] Lou Andreas-Salomé: Jutta. Erzählung. Hrsg. und mit einem Nachwort von Romana Weiershausen. Taching am See: MedienEdition Welsch 2020, S. 168 (mit Abbildung). (Werke und Briefe von Lou Andreas-Salomé in Einzelbänden, 9)

[13] Für den Hinweis danke ich Julia Ilgner.

[14] Vgl. Arthur Schnitzler. Sein Leben Sein Werk Seine Zeit (wie Anm. 10), S. 83.

[15] Sten Wackwitz: Ohne die preußischen Parvenus ging’s halt nicht. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 26. Juli 2023, LINK.

[16] Sandra Kegel: So wurde er noch nicht erzählt. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 1. Februar 2024, LINK.

[17] Karl Gaulhofer: Du sollst dir kein falsches Bild von Kant machen. In: Die Presse, 9. Januar 2024, LINK.

[18] Ausstellungsankündigung: «Raus aus der Stadt! Hofmannsthal und das Junge Wien auf Sommerfrische», LINK.

[19] Das Fotoarchiv ist zur Gänze online und kann hier durchsucht werden: LINK.

[20] Nach Rückmeldung sind die Angaben zu den Personen korrigiert: LINK.

[21] Arthur Schnitzler. Sein Leben Sein Werk Seine Zeit (wie Anm. 10), S. 56.

[22] Arthur Schnitzler. Sein Leben Sein Werk Seine Zeit (wie Anm. 10), S. 57.

[23] Auch dieser Eintrag wurde seither korrigiert und umfasst nunmehr die genaueren Angaben der vorliegenden Recherche.

[24] Eva Farnberger: Der fotografische Teilnachlass Arthur Schnitzlers im Bildarchiv der Österreichischen Nationalbibliothek. Bilddokumente eines Literaten im historischen und biografischen Kontext. Masterarbeit, Universität Wien, 2007, S. 17. Darin enthalten ist eine ausführliche Beschreibung der von Heinrich Schnitzler geführten Fotoalben und ihres Wegs in die ÖNB.

[25] «Schnellfotografie aus dem Prater», Bildarchiv Austria, AS 155 C.

[26] «Erinnerungsfoto eines Praterbesuchs», Bildarchiv Austria, AS 152 B.

[27] «Gruppenfotografie», imagno, Mediennummer 00630554, LINK.

[28] «Praterausflug von Jung-Wien», imagno, Mediennummer 00462250, LINK.

[29] Barbara Denscher (Hg.): Kunst & Kultur in Österreich. Das 20. Jahrhundert. Wien: Christian Brandstätter 1999, S. 12.

[30] Eine Fotografie des Zettels wurde freundlicherweise von Mirko Nottscheid und Cornelia Hamke vom Bildarchiv des DLA zur Verfügung gestellt.

[31] Ebd.

[32] Roberta Ascarelli: Arthur Schnitzler. Pordenone: Edizioni Studio Tesi 1995, S. 66.

[33] «Sicherheit ist nirgends». Das Tagebuch von Arthur Schnitzler. Bearbeitet von Ulrich v. Bülow. Marbacher Magazin 93/2001, S. 27. (Für die Ausstellungen im Palais Palffy Wien, Mai/Juni 2000, und im Schiller-Nationalmuseum Marbach am Neckar, Oktober/Dezember 2001)

[34] Neuer Theater-Almanach, Jg. 3, 1892, S. 377.

[35] Werner Welzig: Zur Herausgabe von Schnitzlers Tagebuch. In: Schnitzler: Tagebuch 1909–1912 (wie Anm. 11), S. 23.

[36] Für einen Überblick über seine Biografie habe ich in einem neuen Wikipedia-Eintrag angelegt: LINK.

[37] [O.V.]: Der Kampf um die Ankerbrotfabrik. In: Der Morgen. Wiener Montagblatt, 16. Februar 1925, S. 4.

[38] Phyllis McDuff: Villa Mendl. Leben und Schicksal der Ankerbrot-Erbin Bettina Mendl. Übersetzt von Christine Lier und Maria-Christine Leitgeb. Wien: Amalthea 2016, S. 109–110.

[39] Christian Rapp und Markus Kristan: Ankerbrot. Die Geschichte einer großen Bäckerei. Wien: Brandstätter 2011, S. 23–24.

[40] McDuff: Villa Mendl (wie Anm. 38), S. 110.

 


==========================================================================

Cornelius Mitterer

(Wien)

Demütigungserzählungen in autobiographischen Texten
Ein Vergleich zwischen Alfons Petzolds «Das rauhe Leben» (1920)
und Christian Barons «Ein Mann seiner Klasse» (2020)

[Narratives of Humiliation in Autobiographical Texts
A Comparison between Alfons Petzold’s «Das rauhe Leben» (1920)
and Christian Baron’s «Ein Mann seiner Klasse» (2020)
]

abstract. This paper delves into autobiographical texts, uncovering thematic and narrative parallels, with a keen focus on the depiction of humiliations in Das rauhe Leben [The Rough Life] by Alfons Petzold and Ein Mann seiner Klasse [A Man of his Class] by Christian Baron. It posits humiliation as both excluding and order-establishing, yet also catalyzing resistance to societal exclusion. Following a theoretical examination of humiliation, the study scrutinizes how it shapes the autobiographical narratives, analyzing narrative techniques, its impact on plot and character, spatial significance, and associated discourses.

Einleitung: Textähnlichkeiten im Abstand von einhundert Jahren

Der Beitrag behandelt zwei Texte, die im Abstand von einhundert Jahren veröffentlicht wurden und eine bemerkenswert ähnliche Geschichte erzählen. Aus der Ich-Perspektive schildern die Autoren Alfons Petzold (1882-1923) und Christian Baron (*1985) ihren jeweiligen Lebenslauf, der sie aus widrigen sozialen Verhältnissen herausführte und im künstlerischen bzw. publizistischen Feld fußfassen ließ.

Petzold, der nach dem Ableben des lange Zeit schwerkranken Vaters in ärmlichen Verhältnissen lebte und zeitweise sogar in der Wiener Kanalisation Obdach suchen musste, reüssierte ab 1910 als Lyriker. Drei Jahre vor seinem Tod erschien mit der hier behandelten Autobiographie Das rauhe Leben (1920) Petzolds wohl erfolgreichstes Buch, in dem er selbstkritisch unter anderem die jugendliche Begeisterung für die deutschnationale Tendenz in der österreichischen Sozialdemokratie und seine Faszination für den antisemitischen Politiker Karl Lueger reflektiert. Auch wegen der posthumen Vereinnahmung durch die Nationalsozialisten geriet Petzold nach 1945 weitestgehend in Vergessenheit[1].

Der in Kaiserslautern geborene Journalist und Soziologe Christian Baron zählt seit der Veröffentlichung von Ein Mann seiner Klasse (2020) hingegen zu den bekannteren Gegenwartsautoren. Sein Erinnerungsbuch knüpft an ein Genre an, das von der französischen Literatur und Soziologie beeinflusst ist und im deutschsprachigen Raum ebenfalls zunehmend große Resonanz erfährt: die Autosoziobiographie[2].

Beide Texte weisen inhaltlich-thematische, motivische sowie erzähltechnische Ähnlichkeiten auf, die im Folgenden näher untersucht werden sollen. Ein besonderer Fokus liegt dabei auf den Emotionen. Neben Zorn, Liebe und Scham kommt vor allem der Demütigung in beiden Büchern eine entscheidende Funktion zu; als Regulativ, Sanktion oder Ordnungsruf der Macht findet sie in der privaten wie öffentlichen Sphäre sowie zwischen Einzelpersonen und in Gruppengefügen statt. Dabei vermag sie sowohl destruktive als auch konstruktiv-produktive Prozesse auszulösen. Demütigende Handlungen haben laut Ute Freverts Definition das Ziel, Menschen aus einer Gemeinschaft existentiell auszuschließen, können bei den Gedemütigten jedoch auch starke Gegenreaktionen hervorrufen, und so entstehen womöglich andere Ordnungen bzw. Gegenentwürfe, die sich dem Ordnungsruf der demütigenden Akteure subversiv widersetzen.

Nach einer theoretischen Vertiefung des Phänomens der Demütigung widmet sich die Untersuchung der Frage, wie Herabwürdigungen in den hier behandelten Texten dargestellt werden. Textimmanent wird analysiert, welche Stilmittel und erzähltechnischen Verfahren zur Anwendung kommen, inwiefern Demütigung auf die Handlung und Figurendarstellung Einfluss nimmt, welche Bedeutung Orte bzw. Räume in diesem Kontext haben, und welche Themen, Motive oder Diskurse mit den literarisch dargestellten Demütigungen verknüpft sind.

Theorie der Demütigung

Einschlägige Wörterbücher definieren Demütigung als tiefe Kränkung, Herabwürdigung oder Erniedrigung[3]. Hilfreich für eine genauere Definition dieser Gefühlslage ist die antithetische Herangehensweise an den Begriff, welche zugleich seine gesellschaftspolitische Dimension offenbart. So verfährt etwa der israelische Philosoph Avishai Margalit, der in seinem Buch Politik der Würde das Konzept von der «anständigen Gesellschaft» entwirft, die auf dem Prinzip der Nicht-Demütigung beruht. Würde und Demütigung bedingen sich nach seinem Ansatz ex negativo: Würde verschwindet, sobald Demütigung zutage tritt und umgekehrt. Margalit versteht als Demütigung «alle Verhaltensformen und Verhältnisse, die einer Person einen rationalen Grund geben, sich in ihrer Selbstachtung verletzt zu sehen»[4]. Die «anständige Gesellschaft» sei dann gegeben, wenn «niemand herabgesetzt und gedemütigt wird»[5].

In kritischer Auseinandersetzung mit Margalit verweist der Jurist Eric Hilgendorf auf die Ambivalenz von Demütigung[6]. Ein objektiver, rationaler Grund für die verletzte Selbstachtung sei nicht immer eindeutig festzulegen. Demütigung unterliege einer subjektiven Wahrnehmung und ihre Intensität werde von Person zu Person ganz unterschiedlich aufgefasst[7]. Zwar trifft dieser Befund auf alle Emotionen zu: Zorn, Angst und Glück sind zutiefst individuelle Empfindungen und je nach Person oder Situation unterschiedlich stark ausgeprägt. Demütigung spielt allerdings im Hinblick auf das Rechtssystem eine wesentliche Rolle und verlangt deshalb nach eindeutigen Kriterien. Unter Berufung auf das Beleidigungsstrafrecht kann Demütigung zur Klage führen und einen Gerichtsprozess auslösen, wodurch der Anspruch in den Rechtswissenschaften besteht, sie so genau wie möglich zu definieren. Objektive, allgemeingültige Maßstäbe sind aufgrund des oft subjektiven Charakters von Demütigungen jedoch nur schwerlich anzulegen[8]. Hinzu kommt, dass gerichtlich verfügte Strafen selbst Scham auslösen können (und sollen), wie etwa das Beispiel der ‘shame sanctionʼ in der US-amerikanischen Justiz zeigt.

Von Interesse für die vorliegende Untersuchung ist im Rahmen der Rechtsdiskurse die Erkenntnis, dass Demütigung – auch wenn sie strukturell erfolgt – subjektiv wahrgenommen wird und ihre Einschätzung von außen nicht immer leicht fällt. Rüdiger Campe und Julia Weber bezeichnen diese den Emotionen zugrundeliegende Ambivalenz als Dichotomie zwischen dem Inneren und dem Äußeren[9]. Autobiographische Texte verhandeln Demütigungsdiskurse womöglich auch deshalb relativ häufig, weil Innerlichkeit und Selbstbefragung zu den Wesensmerkmalen dieses egodokumentarischen Genres zählen.

In Anlehnung an Margalits Definition von Demütigung als Kehrseite der Würde legte Ute Frevert eine historische Untersuchung zum Thema mit dem Titel Die Politik der Demütigung vor. Darin führt die Autorin aus:

Vorstellungen von Ehre und Würde spielen eine entscheidende und häufig übersehene oder unterschätzte Rolle. Was Menschen darunter verstehen, verändert sich mit der Zeit und mit den ‘Umständen’.[10]

Mit Blick auf menschheitsgeschichtlich sich wiederholende Beschämungsaktionen bzw. Demütigungspraktiken kommt Frevert zu dem Schluss, diese «schöpfen alle aus einem offenbar weltweit vorhandenen Reservoir machtvoller Praktiken und Zeichen, die einander erstaunlich ähneln»[11]. In ständischen Ordnungen mit ausgeprägten kollektiven Bindungsverhältnissen gebe es vielfältigere Beschämungspraktiken, allerdings sind auch Personen in individualistisch geprägten Gesellschaften durchaus empfänglich für Scham und Beschämung[12].

Nicht immer eindeutig voneinander zu unterscheiden sind die Begriffe Demütigung und Beschämung. Beide Formen demonstrieren Macht und entfalten ihre Kraft auf Basis des öffentlichen Blicks. Die Anwesenheit beobachtender Dritter und ihre Zeugenschaft sind von entscheidender Relevanz für Praktiken der Demütigung bzw. Beschämung:

Stets findet das Drama von Macht und Ohnmacht, Scham und Schan­de, Täter und Opfer auf öffentlichen Schauplätzen statt. Das Publikum kann der Beschämung zustimmen und sie verschärfen. Es kann sich aber auch verweigern. Machtverhältnisse lassen sich umkehren, die Beschämenden werden ihrerseits beschämt. […] Zu einer veritablen Demütigung oder Beschämung gehören ein öffentlicher Schauplatz und ein Publikum, das eine tragende und tätige Rolle einnimmt».[13]

Für eine Gesellschaft oder Gruppe, die Demütigungen ausübt, muss viel auf dem Spiel stehen, nicht nur Privates, sondern «die Verletzung einer Norm»[14], die einem Kollektiv wichtig erscheint. Die öffentliche Herabwürdigung habe den Zweck, jemanden symbolisch aus einer Gruppe auszuschließen und somit abzustrafen. Entscheidend sei das Ziel, diese Personen nach erfolgter Buße wieder gesellschaftlich zu reintegrieren. Hier setzt Frevert den Unterscheid zwischen Beschämung und Demütigung an. Denn während die Rückkehr in die Gesellschaft im Falle der Beschämung möglich bleibt, zielt Demütigung auf die Zurschaustellung von Macht, die Bloßstellung der Ohnmacht und auf eine definitive Exklusion der Beschämten ab. Im äußersten Fall beabsichtigt sie gar ihre physische Vernichtung.

Am Beispiel des Rassismus unterscheidet Frevert Beschämung und Demütigung:

Beschämung schließt unmittelbar an eine für ein Kollektiv oder eine Institution verbindliche Verhaltensnorm an und wird intern vollzogen. Demütigung hingegen findet von innen nach außen statt: Wir sind wir, du bist anders und weniger wert. Wer einen Menschen aufgrund seiner ethnischen Zugehörigkeit erniedrigt, verspottet und verächtlich macht, ist auf Abschottung und Ausgrenzung bedacht.[15]

Nicht die ethnische Herkunft, sondern die Klassenzugehörigkeit führt in den hier behandelten Texten zu Abwertung und demütigenden Ausschlussmechanismen, wie zu sehen sein wird.

Praktiken der Beschämung sind also – zusammengefasst – Sanktionen, die aufgrund von Verstößen gegen eine allgemeingültig anerkannte Norm durchgeführt werden. Nach der Beschämung besteht die Möglichkeit der Reintegration in die Gemeinschaft. Im Zentrum steht eine Handlung, die Sanktionen ausgelöst hat, nicht der Mensch[16]. Demütigung erfolgt hingegen als Machtdemonstration auf Basis der Ohnmacht des Gedemütigten zu Zwecken des Ausschlusses bzw. der körperlichen Auslöschung. Wenn Demütigung ritualisiert nach «Skript» verläuft, mehrere Akteure an unterschiedlichen Schauplätzen daran teilnehmen, dann handelt es sich um «Demütigung als Politik»[17]. Das wohl eindringlichste Beispiel hierfür liefert die strukturelle Demütigung von Jüdinnen und Juden durch die Nationalsozialisten, die im Holocaust gipfelte. Eine wesentliche Rolle spielen für die Politik der Demütigung die Medien, in unserer Zeit vor allem Social Media, die eine sehr viel größere Öffentlichkeit erreichen und damit den Effekt der Demütigung verstärken können[18].

Die ausschlaggebende Rolle des öffentlichen Blicks (und die der Medien) lässt sich anhand der sogenannten Dreyfus-Affäre erläutern: Die Dreyfus-Affäre war ein politischer Skandal in Frankreich Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts, bei dem der jüdische Offizier Alfred Dreyfus zu Unrecht der Spionage angeklagt und verurteilt wurde, was zu einer intensiven Debatte über Antisemitismus, Justizirrtümer und politische Korruption führte. Der Wiener Schriftsteller, Journalist und Publizist Theodor Herzl wohnte als Korrespondent der Neuen Freien Presse in Paris dem Prozess bei. Die Erfahrungen, die er dabei machte, regten die Entstehung seines zionistischen Programms an, wie der österreichische Schriftsteller und Kritiker Raoul Auernheimer, ein Verwandter Herzls, in seiner Autobiographie festhält:

Dieses Erlebnis hatte zwei weltgeschichtliche Folgen. Es entsproß ihm der neueuropäische Antisemitismus, aus dem ein Vierteljahrhundert später der Giftbaum des Nazismus erblühte; aber auch die selbstbewußte Abwehr des Judentums, der Zionismus, geht auf diese Menschheitserfahrung zurück. Und Theodor Herzl, ein Idealist von hohen Graden auch in seinen elegant geschriebenen Tagesartikeln, wurde sein Prophet. Noch ehe Dreyfus auf der Teufelsinsel angelangt war, hatte der Zeuge seiner Erniedrigung eine Schrift in die Welt gesendet, in der er das Programm des Zionismus und ‘eine völkerrechtlich gesicherte Wohnstätte für die Juden in Palästina’ verlangte.[19]

Was Auernheimer, der 1948 im amerikanischen Exil verstarb, nicht mehr erlebte, waren noch im selben Jahr seines Todes die Gründung des Staates Israel und die Verabschiedung der Menschenrechtserklärung mit dem bekannten Artikel 1: «Alle Menschen sind frei und gleich an Würde und Rechten geboren […]»[20]. Beide Ereignisse gehen auf abgrundtiefe Demütigungspraktiken und millionenfachen Massenmord zurück.

Was weiß nun aber die autobiographische Literatur über Demütigung zu sagen, wie wird sie erzählt?

Christian Baron: «Ein Mann seiner Klasse»

Wenden wir uns zunächst der Frage nach der erzählerischen Ordnung in Christian Barons Ein Mann seiner Klasse zu. Die Handlung erstreckt sich über einen Zeitraum von circa drei Jahrzehnten, wobei in der Rückschau vor allem die Kindheits- und Jugendjahre des Erzählers in den 1990er und frühen 2000er Jahren fokussiert werden. Einmontiert in die chronologisch rekonstruierten Erinnerungen sind immer wieder auch Sequenzen aus der Erwachsenenzeit des erzählenden Protagonisten, seine Gespräche mit noch lebenden Familienmitgliedern sowie allgemeine politische Reflexionen.

Es überwiegt die autodiegetische Erzählposition: Der Erzähler ist zugleich Teil und Hauptfigur der Handlung, so dass eine besondere Nähe zu den Lesenden entsteht. Zumeist liegt eine interne, auf den erzählenden Protagonisten fixierte Fokalisierung vor, die zu einer externen Fokalisierung in Szenen wechselt, die der Autor als Erzähler nicht miterlebt haben konnte, weil sie sich vor seiner Geburt zugetragen haben. So werden etwa Dialoge zwischen Vater und Mutter vor seiner Lebenszeit aus der Außensicht perspektiviert.

Diese zumeist auf Innerlichkeit ausgerichtete Erzählweise entspricht der nach Emotionen geordneten Struktur des Textes. Im Theorieteil dieses Beitrags wurde auseinandergesetzt, dass Gefühle wie Demütigung einer subjektiven Wahrnehmung unterliegen. In Barons Text stellt Demütigung so etwas wie ein permanentes Hintergrundrauschen dar; wie bei einer Magnetnadel sind die Beziehungen und Handlungen der Figuren permanent auf demütigende Erlebnisse ausgerichtet. Die den Kapiteln vorangestellten Emotionen resultieren aus dieser das Leben des Protagonisten überschattenden, inkorporierten Gefühlslage. In elf Kapiteln erzählt der Text eine emotionale Achterbahnfahrt aus Zorn, Scham, Hoffnung und Zweifel. Dabei verfolgt Ein Mann seiner Klasse einen einfachen, empfindsamen Stil, schildert zutiefst persönliche, oft grausame Erlebnisse, aber auch Momente der Nähe und des familiären Zusammenhalts.

Dass der Journalist Christian Baron kein Sachbuch über Klassismus und herkunftsbedingte Ungleichheit verfasste, sondern einen mitunter romanhaften, hochemotionalen und selbstbiografischen Erinnerungstext, hängt mit einer intendierten Wirkungsabsicht zusammen: Mitgefühl und ein Bewusstsein für die prekäre Situation einer oft vergessenen Schicht werden dadurch erzeugt. Durch seine zugängliche Sprache vermittelt der Text Authentizität. Zudem wird dadurch womöglich eine sozialinklusive Intention verfolgt, indem lesefernere Schichten adressiert werden, die den Bildungsübertritt nicht oder noch nicht vollzogen haben. Entgegen der gesellschaftlich-institutionellen Ordnung, von der die Familie des Erzählers entweder sanktioniert oder ausgeschlossen wird, verschafft der Text sich und seinem Anliegen im Sinne von Jaques Rancière Gehör[21].

Klassismus in Schule und staatlicher Fürsorge

Repräsentanten des staatlichen Systems, von denen mitunter starke Demütigungen ausgehen oder in deren Umfeld sie sich zutragen, kommen aus den Bereichen Schule, Jugendamt und Arbeitsamt. Gleich zu Beginn verweist der Erzähler auf wiederkehrende, institutionalisierte Ausschlussmechanismen, mit denen Vertreter*innen seiner Klasse von Klein an konfrontiert sind. Nur zufällig sei er «nicht frühzeitig aus dem Bildungssystem eliminiert»[22] worden.

Dass Armut, Ungleichheit und Diskriminierung in aller Regel weitervererbt werden, zählt zu den Grundaussagen von Barons Autosoziobiographie. Der Text macht dies anhand der Parallelsetzung von Christians Schulbiografie mit der von seiner Mutter deutlich, die insgeheim Dichterin werden wollte. Nicht weniger begabt, nicht weniger ehrgeizig und bildungsaffin als deren Sohn sei die Mutter gewesen, nur habe es ihr an der richtigen Unterstützung gefehlt, wie im Kapitel mit der bezeichnenden Überschrift «Glück» ausgeführt wird.

Zu den erzählerischen Mitteln des Textes gehört die Veranschaulichung systemischer Probleme anhand der Übertragung auf bisweilen literarisch anmutende Figuren wie den maliziösen, desillusionierten Lehrer der Mutter, Rudi Renninger. Um sich «aufheitern» zu lassen, trägt er ihr auf, ein selbstverfasstes Gedicht laut vorzulesen. Anschließend folgt die Demütigung vor der Klasse:

Eigentlich setzte Rudi Renninger nur selten Wirkungspausen ein. In diesem Fall aber sah er meine Mutter mit bemüht neutralem Blick an, sie zitterte mehr denn je, er erhob sich und ging im Raum umher, sie spürte das Klappern ihrer Zähne, er blickte aus dem Fenster und atmete hörbar ein und hörbar aus, sie stand noch immer da, umringt von gehässigen Grimassen, Rudi Renninger drehte sich um, hob beide Arme, als sei er der besiegte Böse in einem Western, ehe er plötzlich losprustete, und mit ihm brach das gesamte Klassenzimmer in Gelächter aus.[23]

Wegen dieser Demütigung, das Wort wird kurz darauf verwendet, habe die Mutter den Literatenkreis «Waldgeister», dem sie als Jugendliche angehörte, verlassen und fortan keinerlei Selbstvertrauen mehr besessen. Anhand solcher Passagen werden die fiktionalen Anteile in dieser Autosoziobiographie deutlich. Es ist unwahrscheinlich, dass Christian Baron das Schulerlebnis seiner Mutter, die an Krebs starb, als er zehn Jahre alt war, im Detail kennt. Hinzu kommt an dieser Stelle im Text ein Fokalisierungswechsel auf den Lehrer, über den in erlebter Rede berichtet wird, dass er lieber «noch mal nach Stalingrad aufgebrochen [wäre], als auch nur einen Tag an dieser neuartigen Anstalt für Sozialromantiker zu verbringen»[24]. Gemeint ist die Integrierte Gesamtschule, die der Erzähler ebenfalls besuchen wird. Hier zeigt sich ein wesentliches Merkmal des Genres, das durchaus zu Irritationen führen kann, weil das Authentizitätsversprechen autobiographischer Texte nicht ganz eingehalten wird. Der Erzähler schildert mit literarischen Mitteln in einem als Autobiographie markierten Text eine Begebenheit, die sich so zugetragen haben könnte, aber außerhalb seines Erlebensbereichs stattgefunden hat. Entscheidend ist aber die anhand solcher Szenen vermittelte Botschaft, nicht die exakte Nachprüfbarkeit des Vorgefallenen. Zu diskutieren wäre immerhin, ob die stereotype Schilderung des Lehrers diesen Zweck nicht ein Stück weit unterläuft.

Ähnlich stereotyp sind die Mitarbeiter*innen im Jugendamt gezeichnet; vor ihrer Bürotür hören die Kinder und Tante Juli, die nach dem Tod ihrer Schwester und dem Verschwinden des Vaters das Sorgerecht übernommen hat, sie seien eine «ganz spezielle Sippschaft» und «Edelbrut», der «Sozialhilfe-Adel» unter den Empfänger*innen und «Assis», die morgens nicht aus dem Bett kämen und deshalb möglichst frühe Termine aufgedrückt bekommen müssen[25]. Stereotype überzeichnen einen Sachverhalt oder Personen und reduzieren sie auf ausgewählte Merkmale, um diese anschaulich, verständlich oder auch lächerlich zu machen. Indem die Mitarbeiter*innen vom Jugendamt als herzlos lästernde Bürokraten dargestellt werden, verfährt der Text mit den Mitteln fiktionaler Überzeichnung. Dass sich die Szene im Amt vielleicht nicht so zugetragen hat, mag angesichts der allzu oft gehörten Abwertungen als literarische Freiheit ausgelegt werden.

Von einer staatlichen Institution ausgehende Demütigungen wären für die Familie des Erzählers vor allem bei Bezug von Sozialhilfeleistungen zu erwarten gewesen. Als der Vater aufgrund eines Diebstahls von der Transportfirma, bei der er als Möbelpacker arbeitet, fristlos entlassen wird, weigert er sich wohl aus diesem Grund, Unterstützung zu beantragen. Die daraus resultierende Schande wäre, so wie Ute Frevert es schildert, von außen gekommen: «Was wäre das für eine Blamage gewesen, wenn sie meinen Vater im Amt gesehen hätten, mit Wartenummer und Arbeitslosenschnute und gesenktem Kopf». Bezeichnend ist die an derselben Stelle in erlebter Rede formulierte Abgrenzung nach unten, vor allem von Personen mit Migrationshintergrund. Der Vater des Erzählers

wollte sich doch nicht einreihen in die Riege jener Kaffer und Kanaken, die vom Sozialstaat abstaubten, was abzustauben war! So lief das nicht. Nicht für ihn, der sein Lebtag gearbeitet und kaum mal einen Tag krankgefeiert hatte. Auch meine Mutter wollte nicht, dass unsere Schande nach draußen drang. Wer nicht arbeite, der solle auch nicht essen.[26]

So kommt es, dass Christian den traumatischen Unterschied erfahren muss zwischen Hunger haben und hungern, so dass er eines Tages den Schimmel von der Kinderzimmerwand kratzt und verspeist.

Orte und Räume des Wohnens bezeugen in höchstem Maße soziale Unterschiede. Den Vater des Erzählers erfüllt es mit Stolz, nicht im absoluten sozialen Brennpunkt Kaiserslauterns zu leben, dem scheinbar berüchtigten Kalkofen. Ihm war es wichtig, bei Ämtern und in der Schule diese peinliche Adresse nie angeben zu müssen, denn «wenn die Leute erfuhren, jemand wohne am Kalkofen, dann dachten sie sich ihren Teil so demonstrativ, dass einem die beschämenden Blicke nicht entgehen konnten»[27]. Nichtsdestotrotz wuchs der Erzähler ebenfalls in einem Sozialbau auf, der, zusammen mit seinen Bewohner*innen, dem Blickregime von Politik und bessersituierter Nachbarschaft unterworfen war. Wieder zeigt sich der Bannstrahl des Vergessens, Verdrängens oder Mundtotmachens, der auf weniger privilegierten, von Armut betroffenen Menschen lastet und der Demütigung zum Dauerzustand werden lässt:

Die Politik hatte die hier Lebenden weniger vergessen als verdrängt. Mit Argusaugen wachten hingegen die Bewohner der kleinbürgerlichen Wohneinheiten ringsum über die Menschen aus der Berliner Straße, denen sie nichts Gutes zutrauten und die sie unschwer zu erkennen glaubten, an ihren verschlagenen Blicken und ihren über Generationen hinweg vererbten Sozialhilfekörpern.[28]

Ingeborg Bachmann, die Demütigungspraktiken häufig literarisch verarbeitet, fand für das Empfinden politischer Missstände die zum Zitat passende Bezeichnung «Körperwerk der Politik»[29]. Damit drückt die Dichterin aus, dass Politik emotional wahrnehmbar sei und sich körperlich niederschlagen könne. Christian Barons Text erzählt von eben dieser Verbindung zwischen politisch-gesellschaftlicher Demütigung und den dadurch gezeichneten sozialen Körpern; seinen Bruder Benny beschreibt er dementsprechend: «die gebückte Körperhaltung offenbart die Demut des Ungelernten»[30]. Zum politisch durchdrungenen Körper zählen, so auch bei Bachmann, Krankheiten wie Alkoholismus, Spielsucht und Depressionen, an denen die Mutter des Protagonisten litt.

Auf der einen Seite ist das Körperliche dauerpräsent, und damit verknüpft sind demütigende Zustände wie Hunger, Gewalt und mangelnde Privatsphäre. Andererseits schildert der Text Prozesse des Absentierens. Das betrifft wieder und ganz früh schon den Bildungsweg: Christian und seine Geschwister besuchen keinen Kindergarten und pflegen bis zum Schuleintritt kaum Kontakt zu Gleichaltrigen, was sich auf ihr Selbstwertgefühl und Sozialverhalten negativ auswirkt. Aus Scham blieb die Mutter Elternabenden oder Schulfesten fern. Je ärmer die Familien der Schulkinder in Christians Klasse, desto weniger traten sie in Erscheinung:

Bei Murat, meinem besten Freund, war es nicht anders. Mir war klar, dass seine Mutter als Putzfrau in einer Hauptschule arbeitet und kaum Deutsch sprach. Obwohl ich viel Zeit mit Murat verbrachte, bekam ich seine Mutter selten zu Gesicht. Ich konnte ihr keine Stimme zuordnen. In meiner Anwesenheit sprach sie nie. […] Die Eltern einer Mitschülerin, die aus Afghanistan stammte und später abgeschoben werden sollte, waren faktisch nicht existent. Wie meine Mutter und mein Vater.[31]

Wie die Eltern blieben auch ihre Kinder die gesamte Schulzeit über schambehaftet, stumm und stets um Unauffälligkeit bemüht; selbst auf Fragen nach dem Vornamen oder Beruf des Vaters sah sich der Erzähler außerstande zu antworten[32]. Er wurde das Gefühl nicht los, das schulische Umfeld gehöre doch eigentlich den anderen[33]. Jedes im Schulkontext gesprochene Wort wog er sorgfältig ab aus peinlicher Angst sich öffentlich zu kompromittieren[34].

Familienarchiv als Widerstand

Diesen Phänomenen des Ausschlusses und Verdrängens wird eine Ordnung des Familienarchivs entgegengestellt. Tante Juli und der Erzähler stützen ihre Erinnerungen auf eine schwarze Mappe, die wichtige Lebensdokumente der Mutter enthält, darunter auch ihre frühen dichterischen Versuche. So dient das Archiv nicht nur als Grundlage und Gedächtnisstütze für die Autosoziobiographie, sie widersetzt sich zudem den Prozessen des Vergessens und Verdrängens, welche die Familie des Erzählers seit frühester Kindheit als Ergebnis andauernder Demütigungen begleiten.

Bis in den Tod hinein erstrecken sich diese Akte der Abwertung und Verdrängung, denn wer kein Geld hat, kann sich keine Grabstätte leisten. Der Vater des Erzählers wird auf einem Gräberfeld ohne Stein, Kreuz oder anderweitige Kennzeichnungen, die auf seine Person hinweisen, bestattet. Kaum ist Christian in der Lage, den richtigen Ort auf dem Friedhof zu finden. Als er gegenüber seinem Bruder die Frage aufwirft: «Meinst du nicht, dass es ihm jede Würde nimmt, auf einem Komposthaufen zu enden?«, antwortet dieser: «Unseren Vater gibt es nur noch in unserer Erinnerung. Dort steckt seine Würde und nirgendwo sonst»[35].

Wenn Würde, wie Avishai Margalit konstatiert, der Zustand von Nicht-Demütigung ist, dann entspringt Christian Barons Ein Mann seiner Klasse dem Versuch, der jahrzehntelangen existenziellen Demütigung ein literarisches Produkt des würdevollen Gedenkens entgegenzusetzen. Das Erinnern betrifft beide Elternteile, und ihre Würde wird insofern respektiert, als deren Namen an keiner Stelle im Buch genannt werden. So entziehen sie sich dem voyeuristischen Blick und avancieren zu Repräsentanten einer vernachlässigten Klasse sowie zu eindrücklichen Beispielen rezenter Alltagsgeschichte.

Alfons Petzold: «Das rauhe Leben»

Stilistisch seiner Zeit verpflichtet ist Alfons Petzolds Autobiographie Das rauhe Leben. Anders als Christian Barons Text wechselt der bisweilen mit viel Pathos verfasste ältere Lebensbericht nicht zwischen den Zeitebenen, sondern verfolgt ausgehend von der Herkunft der Eltern chronologisch das Heranwachsen des Autors, seinen von Armut, Krankheit und Tod begleiteten Leidensweg und die unglaublich anmutende Errettung aus dem Elend im 26. Lebensjahr. Im wortwörtlich letzten Moment ermöglichen zwei plötzlich auftretende Förderer dem tuberkulosekranken Petzold einen Aufenthalt im Sanatorium: Mit einem österreichischen Zauberberg-Szenario endet der Text. Gezeichnet von einem beschwerlichen Leben und körperlichen Gebrechen stirbt Alfons Petzold jedoch wenige Jahre nach dem Erscheinen seiner Autobiographie 1923 mit erst vierzig Jahren.

Das rauhe Leben ergänzt ein oft einseitiges, schöngefärbtes Bild der hochkulturellen, schillernden Wiener Moderne[36]. Durch die Metropole verlief jedoch ein topographischer wie sozialer Schnitt, der nicht nur die unterschiedlichen Vermögensverhältnisse kenntlich machte, sondern die Stadt auch in zwei kulturelle Sphären teilte. Die Ringstraße und der Gürtel, der kreisförmige Straßenzug um die zentralen Stadtbezirke, trennten ab der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts die bürgerlichen Vororte Wiens bzw. die zunehmend industrialisierten und eingemeindeten Vorstädte ebenso städtebaulich vom Zentrum ab. Dass aus dieser sozialen wie räumlichen Demarkation ein kultureller Konflikt erwuchs, beschreiben Wolfgang Maderthaner und Lutz Musner in Die Anarchie der Vorstadt. Das andere Wien um 1900[37].

Dieses andere Wien in der Peripherie blieb lange Zeit ohne eigene literarische Stimme. Die außerhalb des Zentrums lebenden Menschen waren aus dem einfachen Grund nicht dazu imstande, ihre Nöte und Belange zu äußern, da es ihnen an der dafür notwendigen Zeit und Bildung fehlte. Sozialreportagen und großangelegte stadtsoziologische Forschungsprojekte entstanden zwar in Berlin wie Wien, doch stellten diese an sich wichtigen Vorhaben ein Reden über die im Elend lebenden Menschen aus der Außenperspektive dar, nicht ein selbstbestimmtes, würdevolles Sprechen mit ihnen.

Petzold zählte zu den ersten Autoren, die aufgrund glücklicher Fügungen in literarischer Form aus der Innensicht auf soziale Problemlagen in der Gesellschaft hinweisen konnten. So wie Ottilie Baader (Ein steiniger Weg. Lebenserinnerungen einer Sozialistin, 1931) oder Adelheid Popp (Die Jugendgeschichte einer Arbeiterin, von ihr selbst erzählt, 1909), wählte auch er das autobiographische Genre für eine politisch intendierte Selbstergründung und sozialkritische Anklage[38].

Zum Austausch zwischen den sozialen Sphären Wiens kam es, als Stefan Zweig, den Petzold 1911 mit der Bitte um finanzielle Unterstützung und Vermittlung in Verlagsangelegenheiten kontaktiert hatte, sich des ein Jahr jüngeren Kollegen annahm und ihm bis zu dessen Lebensende freundschaftlich verbunden blieb[39].

Zu den vielen Parallelen zwischen Das rauhe Leben und Christian Barons Autosoziobiographie zählen die Beschämungs- und Demütigungserfahrungen, die sich bei Petzold mehr noch zum existenzgefährdenden Dauerzustand auswachsen. Auch hier werden nicht nur Armut und Not der Eltern weitervererbt, sondern ebenso die damit verbundenen Erniedrigungen, die andererseits aber zur Triebfeder des Schreibens avancieren. Eingangs schildert Petzold die Produktivkraft der Emotionen, denn Auslöser seines Buches war

der Groll des Mannes in mir, der ein Leben voll Unterdrückung und körperlicher Not hinter sich hat. Und ich grabe in der Vergangenheit mit dem harten, scharfen Spaten unerbittlicher Gerechtigkeit eines Menschen, der unverschuldete Demütigungen und zwecklose Mißhandlungen nicht vergessen kann.[40]

Gattungstheoretisch interessant ist Petzolds daran anschließende Versicherung, «die Wahrheit so objektiv zu schreiben, wie es mir möglich ist»[41], worauf eine Reflexion der eigenen Sonderrolle als Berichterstatter eines Massenschicksals folgt: «Scheine ich aber manchem meiner Leser dadurch hart und unduldsam, dann möge er an alles Leid denken, das ich erduldet habe, und das heute und immer Millionen von Menschen erdulden müssen»[42].

Nichts weniger, als die in weiten Teilen festgeschriebene soziale wie wirtschaftliche Ordnung infrage zu stellen, beabsichtige sein Buch:

Ich kann nicht schmutzige Knechtschaft, Armut, Verachtung, Spott und Hohn als gerechte Weltordnung ansehen und überlasse die Weltansicht jenen Philosophen, die in ihr die rechtliche Anerkennung ihrer Macht über andere Menschen sehen.[43]

Damit sind Form und Programmatik des Textes klar abgesteckt: Die Autobiographie ist möglichst authentisch, hegt eine engagierte Intention, wurde ausgelöst durch bis auf die Eltern zurückreichende Demütigungserfahrungen und erzählt ein Leben stellvertretend für das Leben vieler Menschen, denen Ähnliches widerfuhr und die – in Anlehnung an Jacques Rancière – unvernommen bleiben mussten.

Demütigungen durch die Eigengruppe

Auffällig ist, dass die Akte der Demütigung, wie sie Petzold schildet, meist innerhalb der eigenen sozialen Gruppe erfolgen. Nicht als Sanktion gegen Normverstöße treten sie in Erscheinung, sondern als Mechanismen der Ausbeutung und des Ausschlusses schwächerer Mitglieder der Eigengruppe. Es ist die kapitalistische Ordnung, die Demütigungspraktiken zeitigt, sobald es zu Formen der Auflehnung gegen die Ausbeutung kommt. Vor den Karren des ausbeuterischen Systems werden dann die ausgebeuteten Menschen gespannt. Das hängt damit zusammen, dass der ökonomische Druck im Proletariat zahlreiche billige Arbeitskräfte hervorbringt, wie Petzold auseinandersetzt, die paradoxerweise über die Einhaltung der Ordnung, in der sie gefangen sind, selbst wachen. Untereinander verhalten sie sich keineswegs solidarisch, da sie sich in existenzieller Konkurrenz zueinander befinden. Exemplarisch dafür steht der Obermagazineur einer Schokoladengroßfabrik, die Petzold als «Knochenmühle» bezeichnet. Dieser war ein «Emporkömmling»,

aber keiner, der sich durch eigene Kraft oder Intelligenz aus der erstickenden Tiefe seiner Proletenvergangenheit etwas näher zur Sonne geschwungen hatte. Er verdankte seine Stellung einer Denunziation und seiner demütigen, hündischen Kriecherei gegenüber Vorgesetzten – nicht zuletzt auch der Gabe, aus seinen Untergebenen mehr herauszupressen, als anderen möglich war.[44]

In der Fabrik hatte er ein «Autokratenregiment» eingeführt und misshandelte mit Vorliebe die physisch Schwachen[45]. Als «erniedrigendste Einrichtung» bezeichnet Petzold aber die Leibesvisite nach Arbeitsschluss, die hierarchisch von oben nach unten erfolgte. Dass sich Kolleginnen und Kollegen zu diesem «Schergendienst» hergaben, begründet er in klassenkämpferischer Diktion mit der «moralischen Zersetzungsarbeit des Kapitals»[46]. Archaische Umgangsformen und eine Reduktion des Menschen auf bloß körperliche Eigenschaften führen zu kruden Umgangsformen, mit denen die Arbeiter*innen eine Art natürlicher Auslese vollziehen:

Vor dem indifferenten Proletariat gilt der gute Wille nichts, ihm imponiert nur körperliche Kraft, Geschicklichkeit, das Können des Leibes. Bei ihm herrscht noch beinahe bewußt das Gesetz der Auslese, das dem stärkeren Tier das Recht gibt, das schwächliche bis zur Vernichtung zu bekämpfen.[47]

Nicht nur die am Rande der Stadt errichteten Fabriken, auch kleinere Lehrbetriebe profitierten von der Lage verzweifelter Menschen, die tagtäglich aufs Neue nach Verdienstmöglichkeiten zu suchen gezwungen waren. Mit 13 Jahren tritt Petzold ins Berufsleben ein, mindestens sechs Lehrbetriebe durchläuft er, ohne nur ansatzweise ein Handwerk zu erlernen: «Die Mehrzahl der Meister aber betrachtete ihre Lehrlinge als Mittel, Dienstbooten oder Hilfsarbeiter zu ersparen», fasst er seine Lehrlingsodyssee zusammen, bei der ihm das Gefühl abhandengekommen war, ein Mensch zu sein[48].

Die erwähnte selbstregulierende Funktion in Arbeitsbetrieben und die damit einhergehenden Selbsterniedrigungen schildert Petzold zudem mit Blick auf das kulturelle Feld. Eines Tages erhält er das Angebot, für die Wiener Volkssänger Couplets und Possen zu verfassen. Entgegen seines sich bereits regenden Dichterstolzes nimmt Petzold diese «Selbsterniedrigung» in Kauf und wird gleich für sein erstes Sprechcouplet reich entlohnt. Er frequentiert darauf die sogenannte Volkssängerbörse in einem Wiener Café, wo Texte für die Bühne geschrieben, gelesen und vermittelt werden und wo eine Art Fachverband tagt. Schon wähnt sich Petzold als kommender, gut bezahlter Volkslieddichter und Possenschreiber, bis ihn der Leiter eines kleinen Theaters aufklärt: «alles schreibe jetzt für die Volkssänger, vom Schusterbuben bis zum Magistratsbeamten»[49].

Im Kern mag diese Einschätzung richtig gewesen sein. Doch verweist der Ratschlag, nicht für den Unterhaltungsbereich zu schreiben, auf die spezifische Konkurrenzsituation im Umfeld der durchaus noch florierenden musikalisch-theatralischen Populärkultur. Ausdruck dieses bis weit ins erste Drittel des 20. Jahrhunderts hineinreichenden Trends ist nicht zuletzt die Zusammenarbeit zwischen Richard Strauss und Hugo von Hofmannsthal, die mit der Operette neue ästhetische wie ökonomische Möglichkeiten ausloteten und dabei Anteile aus dem seit Jahrhunderten populären Vorstadttheater übernahmen. Zu der sich nach 1900 verschärfenden Konkurrenzsituation im Unterhaltungstheater passt die Reaktion eines etablierten Volkssängers, der Petzold im selben Café ironisch als «Grillparzer Nummer zwei» begrüßt. Begleitet von abfälligen Kommentaren liest er dessen Texte laut vor und macht dabei «alle Gäste zu Zeugen meiner Demütigung»[50].

Anders verhält es sich im Umfeld der Arbeiterbewegung, wo Petzold Gedichte liest, was ihm Selbstachtung verleiht und nicht zuletzt seine Rettung vor dem Tod bedeutet, denn während einer dieser Lesungen wird seine spätere Gönnerin auf ihn aufmerksam.

Kanalisation versus Natur

Zunächst ist Petzold jedoch mit 20 Jahren am Tiefpunkt seines Lebens angelangt; im Kapitel «Der Abgrund» schildert der Erzähler, wie er krank, abgemagert bis auf die Knochen und ohne Anstellung schließlich obdachlos wird und in einem als «Armenhotel» bezeichneten Massenquartier Unterschlupf findet. Der Text erzählt von einer entwürdigenden Wohnsituation, die hier ihre schlimmste Ausprägung erfährt: Licht, Luft und Privatsphäre fehlen vollständig, und als Petzold sein Bett neben den anderen bezieht, erblickt er eine «furchtbare Orgie der sozialen Not»[51]. Am darauffolgenden Tag ist die «Wärmestube», eine soziale Einrichtung der Stadt, überfüllt, so dass er in die Kanalisation ausweichen muss, wo nicht nur symbolisch gesehen Angehörige der niedrigsten Schichten eine Existenz fernab von der Gesellschaft fristen. Hier erfolgt die vielleicht krasseste Darstellung von Demütigung, betrachtet man den eigentlichen Zweck des Abwassersystems. Mehr noch als Verbrecher wurden die im Untergrund lebenden Menschen von der Gesellschaft ausgestoßen[52], so Petzold, der beim Anblick zweier Kanalbewohner resümiert:

sie lebten beide mitten in der Großstadt wie die Wilden, jeder Tätigkeit feind, nährten sich von üblen Abfällen, hantierten in schmutzigen Höhlen und wußten nichts mehr davon, daß sie das Ebenbild Gottes sein sollten; unterschieden sich durch nichts mehr von schmutzigen Tieren als durch den aufrechten Gang und die Bekleidung, die ihnen in Fetzen am Leib herabhing.[53]

Um die Art und Weise der Demütigung und die damit einhergehende Entmenschlichung zu veranschaulichen, vergleicht Petzold seine Existenz mit der eines «getretenen»[54] Tieres und mit der Tätigkeit von Maschinen. Groteske Züge nimmt die Episode an, in der er gemeinsam mit einem Hund im Gespann den Fuhrwagen einer Kartonagenfabrik durch Wien ziehen soll und dabei von einer Straßenbahn erfasst wird[55]. Das «Aufgehen des Körpers in einer Maschine» und die zur «Maschine herabwürdigende Beschäftigung»[56] schildert der Text an vielen Stellen. Es ist ein literarischer Topos, Maschinen, die sich der Kontrolle der sie Bedienenden entziehen, als unheimliche Wesen zu anthropomorphisieren. Sie ersetzen den Menschen oder verleiben sich diesen sogar ein. Auch Petzold glaubt sich im «Bannkreis» der Arbeitsgerätschaften verloren, seine Muskeln und Nerven sieht er in ihren Dienst gestellt[57].

Industrialisierung, Wohnungsnot, Armut, die Entfremdung der Arbeitenden vom hergestellten Produkt und die zermürbende, monotone Fließbandtätigkeit führt Petzold im letzten Kapitel mit dem bezeichnenden Titel «Eine Wiese, ein Wald!» auf ein Grundproblem zurück, das längst zum Allgemeinplatz der literarischen Moderne geworden war: die Schädlichkeit der Großstadt. Schwerkrank, arbeitslos und das Elend ringsum desto deutlicher wahrnehmend, legt Petzold ein «Archiv proletarischer Armut» an[58], den Grundstein seiner Autobiographie. Denn nicht alleine sich selbst oder seinen Eltern fühlt sich der Erzähler verpflichtet, sondern allen durch Armut entstellten Kindern in den Vororten und Vorstädten Wiens[59].

Am Kulminationspunkt seines Reichenhasses vollzieht Petzold dann eine seltsame Wendung. Ein Ausflug ins Grüne bringt ihn zu der Erkenntnis, dass in der Natur soziale wie körperliche Genesung möglich sei: «Alle Erniedrigungen meines Lebens, dessen jahrelanges Darben schwand langsam wie Nebel aus meiner Erinnerung, der Wald, die Wiesen, der nahe blaue Himmel sogen alles spurlos auf»[60]. Für einen kurzen Moment besänftigt der Locus amoenus den Zorn des Protagonisten, der einen Rousseauʼschen Naturzustand imaginiert, in dem es kein Eigentum gibt und damit auch keine Ungleichheit. Nur von kurzer Dauer ist jedoch diese geträumte Sozialutopie, denn kurz darauf brechen wohlhabende Ausflügler in das Idyll ein und vertreiben den Erholungssuchenden:

Da wurde auf einmal geschrien und gelacht, und zwischen den edlen Ziersträuchern tauchte Fett, Schminke und Putz auf. Rauh wurde ich in die Wirklichkeit zurückversetzt. Tor, der ich war, zu glauben, daß man mir erlauben würde, hier gesund zu werden. Auch diese Landschaft gehörte dem Reichtum.[61]

Die besitzende Klasse beansprucht den ihr vermeintlich zustehenden Raum und «duldete nicht mein aufreizendes Hiersein». Allein durch die Macht ihrer demütigenden Blicke fühlt sich der Erzähler aus dem Gartenlokal, in dem er sich niedergelassen hatte, «hinausgewiesen»[62].

Fazit: Ähnlichkeiten und Unterschiede zweier Autobiographien

Bei den hier untersuchten Texten handelt es sich um überwiegend linear erzählte Autobiographien, die den sozialen Aufstieg der Verfasser und die dabei erlittenen Demütigungen in all ihren gesellschaftlichen wie privaten Facetten schildern. Geschick, Glück und vor allem die Hilfe anderer Personen werden als unabdingbare Faktoren für die Befreiung aus den prekären Verhältnissen ins Feld geführt. Mehr noch als bei Christian Baron kommt in der Autobiographie Alfons Petzolds die Rettung aus der Klassenlage von einem Deus ex machina, hier von der Tante, dort von einem Schauspieler und dessen adeliger Freundin. Lesen und Schreiben ist für beide Protagonisten ein Schlüssel zur Abgrenzung vom Herkunftsmilieu. Dennoch bleibt bis zuletzt das durch zahlreiche Demütigungen tief verankerte Empfinden bestehen, ein Hochstapler zu sein, der sich in die falsche Klasse emporgemogelt hat. Hier spielt vor allem bei Baron das Verräter-Motiv eine wichtige Rolle: Der Bruder wirft ihm vor, mit dem akademischen Weg seine Herkunft verraten zu haben. Ebenfalls aus den eigenen sozialen Reihen erfährt Petzold seine Demütigungen. Bei ihm geht diese nicht von der Familie aus, sondern von der ihm eigentlich gleichgestellten Kollegenschaft an den häufig wechselnden Arbeitsorten.

Auffällig ist, dass Petzold und Baron politische bzw. soziologische Terminologie verwenden, um auf gesellschaftliche Missstände hinzuweisen; dennoch sind beide Texte leicht verständlich, zutiefst subjektiv und emotional grundiert, wodurch das Erzählte authentisch wirkt und eine gewisse Nähe zu den Lesenden entsteht. In der Figurenzeichnung verfahren beide mit ganz ähnlichen literarischen Mitteln der Ausschmückung oder fiktionalen Ausformung, wie sie üblich sind für Autobiographien, in denen es – im Gegensatz zu den Memoiren oder zur Chronik – weniger um Faktentreue als um subjektive Selbstergründung geht. Daher ergeben sich auch formale wie inhaltliche Überschneidungen zum klassischen Bildungsroman. Deutlich autofiktionaler verfährt jedenfalls Christian Baron, der die selbst erlebten Herabwürdigungen durch demütigende Erlebnisse seiner Mutter noch vor dessen Geburt erweitert und somit eine Genealogie darlegt, die die Vererbbarkeit von Demütigungen zeigt. Anders als Petzold durchbricht er bisweilen den zeitlich linearen Erzählverlauf, fiktionale Analepsen stehen neben authentisch anmutenden Erinnerungen.

Zu den Orten und Räumen der Demütigung zählen jeweils die Ausbildungs- und Wohnstätten; mit der Erniedrigung verbunden sind Diskurse der Sichtbarkeit bzw. Unsichtbarkeit sowie nicht zuletzt die Reduktion gedemütigter Menschen auf rein körperliche Aspekte. Damit hängen die immer wieder auftretenden medizinischen Diskurse zusammen, die den (verarmten) Körper in besonderer Weise ausstellen.

Eine weitere Gemeinsamkeit besteht darin, dass Demütigungen – vielleicht mehr noch als andere Emotionen – die jeweiligen Handlungsabläufe prägen; für beide Autoren gilt vor allem aber, dass jahrzehntelang erfahrene Erniedrigungen den entscheidenden Impuls für die schriftlich festgehaltenen Erinnerungen an ein beschwerliches Leben geliefert haben. So führten die andauernden Abwertungen letztlich zur Motivation, gegen ein Ordnungsregime und seine demütigende Unterteilung in privilegierte und nicht privilegierte Schichten anzuschreiben. Eine wichtige Voraussetzung, um sich dem Vergessen zu entreißen, war für beide Autoren ein persönliches bzw. familiäres Archiv, das zur Grundlage für die Aufarbeitung ihrer Herkunft und vielleicht der Ausweg aus ihrem sozialen Umfeld wurde.

Neben den thematisch-motivischen Parallelen unterscheiden sich die Texte allerdings im Hinblick auf die Drastik der geschilderten Erlebnisse. Stets ist Alfons Petzold mit dem Tod bedroht, sei es durch die permanente Unfallgefahr in den schlechtgesicherten Fabriken, sei es durch Kälte, unzureichende Hygiene, Mangelernährung oder durch Krankheiten, an denen er zuletzt auch stirbt. Zwar sind beide Autoren mit existenziellen Ausschlussmechanismen konfrontiert, die nicht als bloß temporäre Beschämungssanktionen zu werten sind, sondern als veritable Demütigungspraktiken, die, wo nicht politisch forciert, so doch gesellschaftlich weitestgehend akzeptiert sind. Allerdings greifen bei Christian Baron immerhin die modernen Sozialhilfenetze, auch wenn die Amtsbesuche nicht sehr angenehm verlaufen. Ein weiterer Unterschied besteht darin, dass Petzold seine Lebensbeschreibung mit klassischen Themen und Motiven aus der Literatur anreichert, dazu zählen etwa der Locus amoenus, der mit einer anthropomorphen, bedrohlichen Beschreibung der Maschinen in den Fabriken kontrastiert, was wiederum mit zeittypischen Antigroßstadtdiskursen korrespondiert.

Trotz dieser Unterschiede und ungeachtet des zeitlichen Abstands ist es bemerkenswert, dass hier im Hinblick auf autobiographische Elendsschilderungen zahlreiche motivische wie erzählerische Parallelen vorliegen, die mit Aspekten und Darstellungsweisen der Demütigung einhergehen. Ansatzweise lassen sich diese Darstellungen der «Demütigung als Politik» (Ute Frevert) zurechnen: Zwar sind die Erniedrigungen nicht (so wie im Nationalsozialismus) nach Skript rituell organisiert, doch wiederholen sie sich in vielen Bereichen des öffentlichen Lebens und entfalten ihre Wirkmacht durch den öffentlichen Blick eines dem Akt der Demütigung beiwohnenden Publikums. Es wäre lohnenswert, die hier präsentierten Demütigungspraktiken anhand von weiteren Autobiographien zu analysieren und dabei in einer diachronen Untersuchung der Frage nachzugehen, ob und weshalb sich gerade dieses Genre für die Darstellung von Demütigungen besonders eignet.

 

Literaturverzeichnis

Primärliteratur

Baron, Christian: Ein Mann seiner Klasse. Berlin 2020.

Petzold, Alfons: Das rauhe Leben. Graz, Wien 1979.

Petzold, Alfons - Stefan Zweig. Briefwechsel. Eingeleitet und kommentiert von David Turner. New York 1998 (Austrian Culture, 27).

Sekundärliteratur

Auernheimer, Raoul: Aus unserer verlorenen Zeit. Autobiographische Notizen 1890-1938. Wien 2004.

Blome, Eva, Philipp Lammers und Sarah Seidel: Zur Poetik und Politik der Autosoziobiographie. Eine Einführung. In: dies. (Hg.): Autosoziobiographie. Poetik und Politik. Berlin, 2022 (Abhandlungen zur Literaturwissenschaft), S. 1-14.

Campe, Rüdiger und Julia Weber: Rethinking Emotion: Moving beyond Interiority. An Introduction. In: dies. (Hg.): Rethinking Emotion. Interiority and Exteriority in Premodern, Modern, and Contemporary Thought. Berlin, Boston, 2014 (Interdisciplinary German Cultural Studies, 15), S. 1-18.

DWDS online: https://www.dwds.de/wb/Dem%C3%BCtigung (Stand: 22.3.2024).

Frevert, Ute: Die Politik der Demütigung. Schauplätze von Macht und Ohnmacht. Frankfurt/M. 2017.

Hansel, Michael im Gespräch mit Ina Hartwig über «Körperwerk» der Politik. In: Hansel, Michael und Kerstin Putz (Hg.): Ingeborg Bachmann. Eine Hommage. Wien, 2022 (Profile, 29), S. 71-74.

Hilgendorf, Eric: Menschenwürdeschutz als Schutz vor Demütigung? Eine Kritik. In: ders. (Hg.): Menschenwürde und Demütigung. Die Menschenwürdekonzeption Avishai Margalits. Baden-Baden, 2013 (Schriftenreihe des Zentrums für rechtswissenschaftliche Grundlagenforschung Würzburg), S. 127-138.

Leser, Norbert: Literatur und das soziale Problem in Wien. In: Literatur und Kritik. H. 193/94 (1985), S. 131-140.

Maderthaner, Wolfgang und Lutz Musner: Die Anarchie der Vorstadt. Das andere Wien um 1900. Frankfurt/M., 2000.

Margalit, Avishai: Politik der Würde. Über Achtung und Verachtung. Berlin, 2012.

Petrasch, Wilhelm: Alfons Petzold (1882-1923). Dichter der Armut. Mit Textbeispielen. Wien, Köln, Weimar, 2013.

Rancière, Jaques: Das Unvernehmen. Politik und Philosophie. Frankfurt/M., 2002.

Resolution 217 A (III) der Generalversammlung vom 10. Dezember 1948. Allgemeine Erklärung der Menschenrechte, Artikel 1. Online: https://www.un.org/depts/german/gruendungsres/grunddok/ar217a3.html#:~:text=Alle%20Menschen%20sind%20frei%20und,im%20Geiste%20der%20Br%C3%BCderlichkeit%20begegnen (Stand: 22.3.2024).

Zeisl-Schönberg, Barbara: How ‘belle’ was the ‘Belle Époche’ really? Some not so ‘belle’ reflections of Vienna in the ‘Belle Époche’ mirrors of Kraus, Altenberg and Petzold. In: Daviau, Donald G. (Hg.): Austria in literature. Riverside, Calif. 2000, S. 60-74.   



[1] Vgl. Wilhelm Petrasch: Alfons Petzold (1882-1923). Dichter der Armut. Mit Textbeispielen. Wien, Köln, Weimar, 2013, S. 11-101.

[2] Vgl. Eva Blome, Philipp Lammers und Sarah Seidel: Zur Poetik und Politik der Autosoziobiographie. Eine Einführung. In: dies. (Hg.): Autosoziobiographie. Poetik und Politik. Berlin, 2022 (Abhandlungen zur Literaturwissenschaft), S. 1-14.

[3] Vgl. DWDS online: LINK (Stand: 22.3. 2024).

[4] Avishai Margalit: Politik der Würde. Über Achtung und Verachtung. Berlin 2012, S. 21.

[5] Ebd., S. 10.

[6] Vgl. Eric Hilgendorf: Menschenwürdeschutz als Schutz vor Demütigung? Eine Kritik. In: ders. (Hg.): Menschenwürde und Demütigung. Die Menschenwürdekonzeption Avishai Margalits. Baden-Baden, 2013 (Schriftenreihe des Zentrums für rechtswissenschaftliche Grundlagenforschung Würzburg), S. 127-138.

[7] Vgl. ebd., S. 128.

[8] Vgl. ebd., S. 129-130.

[9] Vgl. Rüdiger Campe und Julia Weber: Rethinking Emotion: Moving beyond Interiority. An Introduction. In: dies. (Hg.): Rethinking Emotion. Interiority and Exteriority in Premodern, Modern, and Contemporary Thought. Berlin, Boston, 2014 (Interdisciplinary German Cultural Studies, 15), S. 1-18.

[10] Ute Frevert: Die Politik der Demütigung. Schauplätze von Macht und Ohnmacht. Frankfurt/M. 2017, S. 23-24.

[11] Ebd., S. 21.

[12] Ebd., S. 22.

[13] Ebd., S. 11 und 14.

[14] Ebd.

[15] Ebd., S. 19.

[16] Ebd., S. 20.

[17] Ebd., S. 15.

[18] Vgl. ebd., S. 17.

[19] Raoul Auernheimer: Aus unserer verlorenen Zeit. Autobiographische Notizen 1890-1938. Wien 2004, S. 36.

[20] Resolution 217 A (III) der Generalversammlung vom 10. Dezember 1948. Allgemeine Erklärung der Menschenrechte, Artikel 1. Online: LINK (Stand: 22.3.2024).

[21] Jaques Rancière: Das Unvernehmen. Politik und Philosophie. Frankfurt/M., 2002.

[22] Christian Baron: Ein Mann seiner Klasse. Berlin 2020, S. 19-20.

[23] Ebd., S. 23.

[24] Ebd., S. 219.

[25] Ebd., S. 214-215.

[26] Ebd., S. 91.

[27] Ebd., S. 137.

[28] Ebd., S. 26.

[29] Vgl. dazu Michael Hansel im Gespräch mit Ina Hartwig über «Körperwerk» der Politik. In: Hansel, Michael und Kerstin Putz (Hg.): Ingeborg Bachmann. Eine Hommage. Wien 2022 (Profile, 29), S. 71-74.

[30] Baron 2020, S. 56.

[31] Ebd., S. 203.

[32] Vgl. ebd., S. 241.

[33] Vgl. ebd., 259.

[34] Vgl. ebd., S. 261.

[35] Ebd., S. 275.

[36] Vgl. Barbara Zeisl-Schönberg: How ‘belle’ was the ‘Belle Époche’ really? Some not so ‘belle’ reflections of Vienna in the ‘Belle Époche’ mirrors of Kraus, Altenberg and Petzold. In: Daviau, Donald G. (Hg.): Austria in literature. Riverside, Calif. 2000, S. 60-74.

[37] Vgl. Wolfgang Maderthaner und Lutz Musner: Die Anarchie der Vorstadt. Das andere Wien um 1900. Frankfurt/M. 2000.

[38] Vgl. Norbert Leser: Literatur und das soziale Problem in Wien. In: Literatur und Kritik. Salzburg H. 193/94 (1985), S. 131-140.

[39] Vgl. Alfons Petzold - Stefan Zweig. Briefwechsel. Eingeleitet und kommentiert von David Turner. New York 1998 (Austrian Culture, 27).

[40] Alfons Petzold: Das rauhe Leben. Graz, Wien 1979, S. 8.

[41] Ebd.

[42] Ebd., S. 9.

[43] Ebd.

[44] Ebd., S. 356.

[45] Ebd.

[46] Ebd., S. 359.

[47] Ebd., S. 115.

[48] Ebd., S. 148-149.

[49] Ebd., S. 267.

[50] Ebd., S. 262.

[51] Ebd., S. 331.

[52] Vgl. ebd., S. 337-339.

[53] Ebd., S. 343.

[54] Ebd., S. 114.

[55] Vgl. ebd., S. 376-377.

[56] Ebd., S. 204.

[57] Ebd., S. 354.

[58] Ebd., S. 470.

[59] Vgl. ebd., S. 470-471.

[60] Ebd., S. 473.

[61] Ebd.

[62] Ebd., S. 475. 

 


==========================================================================

Giulia Ferrari Bedini

(Milano)

L’attualizzazione dei modelli letterari in
«Zwischen neun und neun» (1918) di Leo Perutz
*

[The actualization of literary models in
«Zwischen neun und neun» (1918) by Leo Perut
z]

abstract. This article analyses the relation between Leo Perutz’s novel Zwischen neun und neun (1918) and the poetics and works of several German-speaking authors who can be considered Perutz’s literary role models. In chronological order, consideration will be given to the enigmatic, paradoxical situations characterising Heinrich von Kleist’s works, to E.T.A. Hoffmann’s serapiontisches Prinzip, irony and humour, and to Arthur Schnitzler’s narratological techniques and the resignation of his characters. The comparison with these models will demonstrate how the novel relates to the tradition of German literature, in what manner it surpasses it and which elements enable its correlation with modernism.

Il romanzo Zwischen neun und neun (1918) di Leo Perutz[1] è un testo tanto complesso nella sua costruzione quanto nel suo stile ed eterogeneo per quanto riguarda le tematiche di cui tratta. Gli eventi narrati si intrecciano all’interno di una struttura tipicamente «perutziana», che gioca con la relazione tra erzählte Zeit e Erzählzeit e con un narratore sottilmente inaffidabile per creare un effetto-sorpresa finale nel lettore[2]: tutto quanto accade «dalle nove alle nove» – il tentativo dello studente Stanislaus Demba di recuperare un’ingente somma di denaro nella convinzione di poterlo utilizzare per riconquistare la ex-fidanzata Sonja – non è altro che una visione nella mente del protagonista stesso, che in realtà è fin di vita in seguito a un tentativo di suicidio.

La complessità del romanzo non si limita tuttavia alla presenza di elementi narratologici enigmatici; una sua analisi intertestuale[3] porta alla luce anche una serie di riferimenti ad autori e testi della tradizione della letteratura di lingua tedesca che si delineano come i suoi modelli letterari di riferimento: Heinrich von Kleist e le situazioni enigmatiche e paradossali tipiche delle sue opere; il principio serapiontico, l’ironia e l’umorismo di E.T.A. Hoffmann[4] e le tecniche narratologiche e la rassegnazione dei personaggi di Arthur Schnitzler, suo contemporaneo. In particolare, l’analisi intertestuale consiste qui in un confronto tra la poetica e le opere dei suddetti autori, da una parte, e la poetica di Perutz e Zwischen neun und neun dall’altra. In questo modo è possibile ricostruire il loro influsso sul romanzo, da intendersi come «Beziehung, nach der bestimmte Eigenschaften des Entstehungskontextes relevant für die Erklärung oder Interpretation eines Textes sind», e più precisamente come «(2) eine Kausalrelation (direkter oder indirekter genetischer Kontakt)», per la quale «die Einflußbeziehung [ist] asymmetrisch und zeitlich relationiert (gegenseitige bzw. gleichzeitige Beeinflussung zwischen Texten ist ausgeschlossen)»[5].

Gli autori verranno di seguito presentati in ordine cronologico, in modo da illustrare come la poetica e, più specificamente, il romanzo di Perutz si riallacciano alla tradizione della letteratura di lingua tedesca, se e in che maniera la superano e come il testo può essere collegato alla modernità.

1. Heinrich von Kleist

Nelle opere e nella poetica di Perutz emergono diversi indizi che fanno presupporre che Kleist fosse un suo modello letterario di riferimento. La letteratura critica riconosce sia un influsso di carattere contenutistico, sia stilistico-formale.

Un’osservazione particolarmente rilevante sul piano tematico-contenutistico è quella di Jean-Jacques Pollet, che riconosce una forte analogia tra il personaggio kleistiano di Michael Kohlhaas nell’omonimo racconto e Joachim Behaim, protagonista dell’ultimo romanzo dell’autore praghese, Der Judas des Leonardo (1959, postumo). Entrambi sono commercianti di cavalli e si ritrovano a fare valere i propri diritti davanti a importanti questioni di giustizia. Come osserva Pollet, è la forte ostinazione di fronte alla propria causa ad accomunare Kohlhaas, Behaim e tutti gli altri eroi perutziani[6]. E non solo: l’assurdità e i paradossi tipici della prosa kleistiana – basti pensare proprio a Michael Kohlhaas, che finirà per vincere e contemporaneamente perdere la propria causa contro la legge, o alla celebre novella Die Marquise von O…, che presenta una situazione realistica, ma comunque ai limiti dell’assurdo – si ritrovano anche nei romanzi di Perutz. L’ostinazione viene declinata, riprendendo il termine usato da Pollet, proprio come una fatalité ordinaire, che non si spinge mai oltre alla verosimiglianza ma presenta situazioni all’estremo limite della realtà[7]. Anche Zwischen neun und neun non manca certamente di questi elementi: Demba è un antieroe moderno, e con tutte le sue forze cerca di riprendersi il denaro che gli spetta per riconquistare la ex-fidanzata ed essere così accettato dalla società. Così come Michael Kohlhaas vince e, al contempo, perde la sua battaglia giudiziaria: a Kohlhaas il tribunale darà ragione sulla questione dei cavalli, ma verrà condannato al patibolo per avere cercato di farsi giustizia da solo, Demba, dal canto suo, raggiungerà la tanto desiderata libertà, ma il prezzo da pagare sarà la morte.

La predilezione per situazioni di questo genere risponde a un’esigenza primaria della poetica degli autori: a una forte tendenza all’enigmaticità, a situazioni che suscitino curiosità nel lettore. Ciò si riflette anche nella costruzione delle loro opere, che spesso presentano una struttura analitica – da intendersi, secondo la definizione di Dietrich Weber, come un testo che presenta un enigma al lettore poiché il suo intreccio non rispetta l’ordine cronologico degli eventi, ma piuttosto denota una Hysteron-Proteron-Konstruktion: un evento che succede gli altri viene presentato all’inizio del testo come un indovinello perché le circostanze intorno ad esso non sono chiare; tramite la narrazione dei fatti che lo precedono si giunge a una spiegazione, e dunque alla sua risoluzione[8]. Un esempio eclatante di questa struttura in Kleist è costituito da Die Marquise von O…, in cui l’enigmatico annuncio di giornale riguardante la gravidanza della marchesa apre la novella, e solamente con la narrazione degli eventi che anticipano l’insolito fatto si può giungere, alla fine del testo, alla sua spiegazione. Anche molti dei romanzi di Perutz presentano una struttura analitica: in particolare, si tratta di quello che Martínez definisce proleptischer Rätselroman, e Zwischen neun und neun risulta esserne una complessa variante denominata retrograder Überraschungsroman[9]. La principale conseguenza dell’utilizzo di queste strutture è proprio un forte coinvolgimento del lettore che, spinto da una marcata Wie-Spannung, tenderà a formulare e a confutare una serie di ipotesi, fino al raggiungimento della soluzione alla fine della lettura[10]. È plausibile che Perutz per primo, in quanto grande amante della matematica, del gioco d’azzardo e degli enigmi[11], abbia subìto questo effetto leggendo Kleist. La curiosità provocata dalla struttura analitica delle opere di quest’ultimo potrebbe dunque essere stata non solo una fonte di ispirazione per i suoi romanzi, ma anche uno dei motivi della sua grande ammirazione verso questo autore.

Come suggerito da Hans-Harald Müller[12], l’influsso di Kleist su Perutz si può riconoscere anche da un punto di vista stilistico-formale. Sembra infatti che Perutz riprenda principalmente uno dei tratti tipici della prosa kleistiana: l’impiego della tecnica dello szenisches Erzählen[13]. I suoi romanzi sono infatti ricchi di dialoghi scritti in maniera molto realistica e accompagnati da un’accurata descrizione della mimica dei personaggi, come se si trattasse rispettivamente dello Haupt- e del Nebentext di un testo teatrale. A differenza delle opere di Kleist, non compaiono qui termini come Auftritt e Szene, associabili direttamente alle indicazioni sceniche, ma analogamente il romanzo è suddiviso in capitoli, ognuno dei quali corrisponde ad un singolo episodio in cui spesso si verifica l’entrata o l’uscita di scena di un personaggio. Ad esempio, il capitolo 1 termina con la seguente frase: «Stanislaus Demba hatte das Geld gewissenhaft auf den Tisch gezählt und sich dann mit dem Butterbrot davon geschlichen, als ob er es gestohlen hätte»[14], che assomiglia effettivamente all’uscita del protagonista alla fine di una scena teatrale. O ancora, all’inizio del capitolo 13 viene data una breve indicazione del luogo e il nome della figura che agisce: «Herr Kallisthenes Skuludis trat in das große Herrenmodewarengeschäft auf dem Graben ein und ließ sich von der Verkäuferin Krawatten zeigen»[15].

La somiglianza stilistico-formale non si limita tuttavia all’adozione di questa tecnica: Kleist le affianca un’apparente negligenza logico-sintattica, servendosi spesso di congiunzioni dal significato opposto rispetto a quello che la logica richiederebbe[16]. Ad esempio, Ott si riferisce alla seguente frase del Michael Kohlhaas: «als der Knecht schreckenblaß, wenige Momente nachdem der Schuppen hinter ihm zusammenstürzte, mit den Pferden […] daraus hervortrat [sottolineatura di chi scrive]»[17]. Sarebbe qui stato corretto utilizzare la congiunzione bevor invece di nachdem, perché è logicamente impossibile che il bracciante si accasci, pallido per lo spavento, dopo che il capannone è crollato dietro di lui – non sarebbe altrimenti sopravvissuto, o si troverebbe ancora tra le rovine. Nonostante Kleist non rese mai esplicito se tali incoerenze logico-narrative fossero volute o meno, esse risultano sistematiche, e la letteratura critica è arrivata dunque a supporre che fungano da segnali di inaffidabilità narrativa[18]. Anche se in Zwischen neun und neun non è possibile rilevare tali rotture logiche, lo szenisches Erzählen è ugualmente in contrasto con una serie di segnali di Unzuverlässigkeit des Erzählens – il che richiama nuovamente la comune predilezione degli autori per l’enigmaticità. Non si tratta di elementi di natura sintattica, come in Kleist, ma piuttosto di segnali contenutistici e narratologici[19] e di alcuni giochi di parole legati al campo semantico della morte[20].

Vi è altresì un segnale di inaffidabilità narrativa in Zwischen neun und neun che rappresenta un inequivocabile richiamo intertestuale al più celebre indizio di inaffidabilità kleistiana, e sembra così confermare ulteriormente l’influenza di Kleist sul romanzo di Perutz: si tratta del «wohl bekanntesten Gedankenstrich der Weltliteratur»[21] della novella Die Marquise von O…: «Hier traf er, da bald darauf ihre erschrockenen Frauen erschienen, Anstalten, einen Arzt zu rufen; versicherte, indem er sich den Hut aufsetzte, dass sie sich bald erholen würde; und kehrte in den Kampf zurück»[22]. Si tratta di un passaggio del capitolo 8 del romanzo, uno dei principali Wendepunkte perché Demba racconta all’amica Steffi del suo tentativo di suicidio: «[…] ‘Ich beugte mich weit hinaus, die Sonne schien mir auf den Kopf, und ich schlürfte die letzten Sekunden mit Wollust, und dann kam’s: Hinüber. Ich gab mir einen Ruck, verlor den Halt, ich hörte noch, wie die Glocke vom Kirchturm her neun Uhr zu schlagen begann, und dann ’»[23]. Analogamente al Gedankenstrich kleistiano, anche in questo caso il segno di punteggiatura viene utilizzato per omettere un’informazione essenziale per la vicenda – il fatto che, dopo la caduta, Demba non è effettivamente sopravvissuto, come egli stesso racconta subito dopo, ma giace in realtà in fin di vita –; come nel caso di Kleist, anche qui il narratore è dunque sottilmente inaffidabile dal punto di vista pragmatico: senza questa omissione sarebbe impossibile far funzionare la struttura narrativa del romanzo. Inoltre, anche Perutz si serve di questo segnale di inaffidabilità per fare riferimento alla perdita di coscienza[24] e per evitare la descrizione diretta di avvenimenti considerati tabù all’epoca – nel caso di Kleist si trattava di uno stupro; nel caso di Perutz di suicidio[25]. Emerge quindi un’ulteriore vicinanza tra i due testi, e cioè il tema tipicamente kleistiano dell’Unaussprechliches.

2. «Der Einbruch der E.T.A. Hoffmannschen Welt»[26]

Fu Perutz stesso a dichiarare l’influenza di E.T.A. Hoffmann sull’intera sua opera: «Ich glaube nicht, daß ich die Fähigkeit zur Satire habe oder je hatte. Was Sie so zu nennen die Freundlichkeit haben, ist wohl eher der Einbruch der E.T.A. Hoffmannschen Welt, der ich ja in jedem meiner Bücher die Tür, oder einen Türspalt, offen gelassen habe [sottolineature di chi scrive]»[27]. È interessante notare che la lettera risale al 18 dicembre 1951, quando Perutz aveva già pubblicato la maggior parte delle sue opere, ad eccezione di Nachts unter der steinernen Brücke (1953) e di Der Judas des Leonardo (1959, postumo). Dato che egli parla dello «Einbruch der E.T.A. Hoffmannschen Welt» in tutti i suoi libri, è allora possibile dedurre che anche Zwischen neun und neun è incluso in questo discorso.

Come osserva Bettina F. Cothran, l’influenza di E.T.A. Hoffmann sulle opere di Perutz si può riscontrare sia nella loro forma sia nei contenuti: l’autore esprimerebbe una ironische Doppelbödigkeit molto vicina a quella hoff­manniana, e il suo stile presenterebbe una Bildhaftigkeit corrispondente alle esigenze del principio serapiontico[28]. Quest’ultimo, uno dei fondamenti della poetica di Hoffmann, fungerà di seguito da punto di partenza per comprendere in che maniera l’autore abbia «lasciato aperta una porta sul mondo hoffmanniano» anche in Zwischen neun und neun.

Il serapiontisches Prinzip è da intendersi come spiegazione alla visione dualistica del mondo di Hoffmann: il poeta non deve limitarsi a riprodurre una mera copia della realtà, ma deve piuttosto memorizzare l’immagine reale, scomporla attraverso le proprie facoltà percettive mentali e infine tradurla in un’immagine poetica[29]. Ecco perché il confine tra realtà e fantasia nelle sue opere è labile e i due mondi confluiscono continuamente l’uno nell’altro fino a diventare indistinguibili[30]. In questo senso, i suoi testi rappresentano perfettamente il concetto todoroviano di Unschlüssigkeit[31]. Corollari di questo principio sono i concetti di ironia e di umorismo. La prima è da intendersi come la dissonanza tra uomo e mondo generata proprio dal dualismo tra realtà e fantasia: l’essere umano nutre desideri che vanno al di là delle possibilità reali e prende coscienza del fatto che proprio la sua corporeità gli impedisce di raggiungerli[32]. L’umorismo è invece l’atteggiamento sviluppato di conseguenza per affrontare il dolore derivato dall’ironia: risulta essere l’unica maniera di sminuirlo e dunque relativizzarlo[33].

In Zwischen neun und neun il mondo della realtà è effettivamente affiancato a quello della fantasia, dato che tutto quanto accade dalle nove alle nove è frutto dell’immaginazione di un morente, mentre i passaggi finali del romanzo trasportano il lettore nella realtà dei fatti. Come negli altri romanzi di Perutz, non si verifica però una continua oscillazione tra le due dimensioni, come in Hoffmann, ma piuttosto un passaggio netto tra di loro, che in questo caso avviene con la rivelazione finale. Solo i segnali di inaffidabilità narrativa menzionati sopra rappresentano un punto di fusione tra fantasia e realtà. Come osserva Cothran, la questione in Perutz si sposta inoltre sul piano psicologico, riflettendo gli interessi della sua epoca[34]: sembra che la labilità del confine dipenda esclusivamente dallo stato di coscienza del protagonista[35] e che non si tratti dunque di una condizione assoluta, come in Hoffmann. Ciò non toglie che Perutz abbia comunque rielaborato la realtà, producendone un’immagine fantastica attraverso la propria facoltà poetica – non potrebbe, altrimenti, rappresentare quanto accade nel cervello di un morente negli ultimi attimi della sua vita –, e dunque che la sua opera risponda al principio serapiontico.

Nel romanzo sono inoltre presenti parecchi esempi di ironia e umorismo: ironia della sorte – il destino si prende gioco di Demba, che sembra sempre in procinto di raggiungere il suo obiettivo in termini di denaro, senza poi mai riuscire ad averlo concretamente «tra le mani»[36] –, un umorismo dettato dall’assurdità della situazione, che crea una certa ilarità[37], e giochi di parole, sia legati al destino sia alle mani[38]. È però necessario chiedersi se tali elementi siano hoffmanniani, o se la loro presenza risponda ad altre esigenze. Demba cerca di raggiungere i suoi obiettivi – il denaro, l’amore e la libertà, sia dalle manette, sia dalle pressioni sociali – con tutte le sue forze, ma le sue aspettative non possono corrispondere alla realtà, e ciò è chiaro sia al lettore, sia all’amica Steffi che, davanti al resoconto di Demba nel capitolo 8, gli rende esplicito il suo stupore[39]. La realtà, infatti, è avversa al protagonista del romanzo, ed è proprio il suo corpo a impedirgli di raggiungere i suoi obiettivi: le manette rappresentano un vincolo fisico e simbolico per Demba, che non può concretamente compiere alcune azioni, come afferrare il denaro, proprio perché ha le mani legate; esse rappresentano però anche la mancanza di libertà, le pressioni della società e l’impossibilità di essere accettato da quest’ultima. Dunque, in questo senso Zwischen neun und neun risponde perfettamente all’ironia hoffmanniana perché viene rappresentata una dissonanza tra l’io e il mondo, tra i desideri dell’essere umano e il suo ineluttabile legame con la fisicità della vita quotidiana. Dopotutto, fu Perutz stesso a estendere il tragico destino di Stanislaus Demba e l’insuperabile dualismo tra realtà e fantasia all’intera umanità; in una delle rare interviste da lui rilasciate, dichiarò infatti:

Der Entwicklung der Dinge muß ich es zuschreiben, daß, wenn ich heute dieses Buch in die Hand nehme, ich den Eindruck habe, daß das Leben Stanislaus Dembas nicht das Schicksal eines einzelnen ist, sondern daß es mir als das Symbol der in Schlingen verstrickten und in Ketten geschlagenen Menschheit erscheint.[40]

Il culmine di questa dissonanza è rappresentato inoltre dal finale del romanzo, un momento di amara ironia: è solo con la morte che Demba sembra poter raggiungere l’oggetto del suo desiderio, la libertà – dopo innumerevoli tentativi di liberarsene, le manette si rompono solamente con il salto dalla finestra, con la morte. Di conseguenza, gli elementi di carattere umoristico presenti nel romanzo rispondono alla strategia che l’io può adottare per affrontare e accettare tale dissonanza: infatti, se da una parte il finale è amaro per il lettore, dall’altra il destino di Demba apparirà come più accettabile perché associato a una serie di elementi che rendono possibile la gestione di questo dolore, trasformandolo in risate.

3. Arthur Schnitzler

Tra le lodi e le critiche mosse a Zwischen neun und neun dai contemporanei di Perutz, particolarmente interessante è il commento dell’amico Ernst Weiß, il quale, dopo aver descritto il romanzo con entusiasmo, afferma: «Einen kleinen technischen Zweifel erweckt in mir der Schluß, der nicht befreit, sondern schnitzlerisch resigniert [sottolineatura di chi scrive] klingt […]. Aber ich weiß auch bei diesem Zweifel nicht, wieweit mich persönliche Gefühle leiten»[41].

Sebbene le affermazioni di Weiß siano dichiaratamente soggettive, è comunque plausibile che Schnitzler sia stato una fonte di ispirazione per Perutz nella stesura del romanzo. Egli lo ammirava molto, e nel 1908, in occasione del conferimento del Grillparzer-Preis all’autore viennese, aveva avuto l’occasione di scrivere un articolo su di lui, dal quale emerge un forte entusiasmo nei suoi confronti[42]. Sulla scia del commento di Weiß, sono parecchie le opere di critica letteraria che accennano a un confronto tra i due autori, sottolineando come richiami alla tecnica e allo stile narrativo tipici di Schnitzler si ritrovino in diverse opere di Perutz[43], tra cui anche Zwischen neun und neun.

La prima evidente influenza schnitlzeriana sul romanzo riguarda le tecniche narrative: Schnitzler, maestro della narrazione psicologica, fu il primo a servirsi dell’innerer Monolog[44], che consente di dare forma al tema della crisi dell’io e allo stesso tempo di criticare l’ipocrisia della società e i valori su cui si fonda, rompendo alcuni dei tabù più inviolabili. È proprio tramite questa tecnica che egli mette in relazione l’io e la norma, la psicologia e la morale[45]. Inoltre, è a lui che dobbiamo l’introduzione della erlebte Rede nella letteratura di lingua tedesca, e in questo senso l’impiego di questa tecnica da parte sua, in combinazione con l’innerer Monolog, è particolarmente importante e influenza altri autori della stessa area linguistica[46].

Come osserva Lüth, Perutz è senza dubbio influenzato da queste tecniche, e sono in particolare i suoi primi romanzi a mostrarne un impiego frequente[47]. Tra questi, anche Zwischen neun und neun, nel quale esse vengono utilizzate in diverse modalità. Innanzitutto, Perutz si serve spesso della erlebte Rede per mostrare il pensiero di alcuni dei personaggi del sogno[48] – il che è particolarmente interessante perché il livello diegetico dell’intero racconto, tolte le pagine della rivelazione finale, è già una Innensicht su Demba. Il narratore alterna però momenti di Außensicht a momenti di Innensicht su diversi personaggi della visione per creare l’illusione che tutto quanto narrato appartenga alla convenzionale realtà della finzione narrativa: si tratta di una strategia di Unzuverlässigkeit des Erzählens.

Anche i pensieri di Demba come protagonista del sogno vengono riportati tramite questa tecnica e, più raramente, tramite il monologo interiore. Come osserva Lüth, le due tecniche servono spesso a rappresentare una Grenzsituation des Bewußtseins in Demba[49], mettendo in evidenza la situazione che lo fa soffrire e intorno alla quale ruota l’intero romanzo: la sua assidua ricerca della libertà dalle pressioni sociali che lo affliggono in quanto outsider e i comportamenti che egli ha di conseguenza, fino a rasentare la follia. Analogamente a Schnitzler, quindi, anche Perutz si serve spesso delle due tecniche per unire il tema della frammentazione dell’io alla critica sociale[50].

Il monologo interiore assume inoltre un ruolo cruciale nella struttura del romanzo di Perutz: esso viene impiegato per segnalare al lettore il punto di svolta finale, culmine della crisi dell’io di Stanislaus Demba e della sua ricerca di libertà e accettazione sociale. Si tratta infatti del momento in cui egli si risveglia dalla visione e si trova in fin di vita dopo il suo tentativo di suicidio – passaggio tramite il quale viene rivelato al lettore il vero piano ontologico al quale tutto quanto narrato fino a quel momento appartiene: «Verdammt! Der Malzgeruch! Wie kommt der furchtbare Malzgeruch hierher? Eine Turmuhr schlägt. Neun Uhr! Morgens? Abends? Wo bin ich? Wo war ich? Wie lange steh’ ich schon hier und hör’ die Turmuhr schlagen? Zwölf Stunden? Zwölf Sekunden?»[51]. La scelta di utilizzare questa tecnica per narrare il passaggio più importante del romanzo dimostra ulteriormente il forte impatto della narrazione schnitzleriana su Perutz.

Il commento di Ernst Weiß su Zwischen neun und neun suggerisce inoltre un’indagine dell’influsso di Schnitzler su Perutz anche in ambito tematico: il finale del romanzo era stato definito schnitzlerisch resigniert da Weiß[52] in riferimento all’atteggiamento disilluso di molti dei personaggi schnitzleriani. La maggior parte di essi tende effettivamente ad accettare la propria sconfitta con rassegnazione; è il caso, ad esempio, del Professor Bernhardi, protagonista dell’omonima commedia del 1912 – periodo oscuro e difficile per Schnitzler stesso, che riflette la sua preoccupazione nella propria opera letteraria[53]. Anche il romanzo di Perutz, scritto proprio negli stessi anni, presenta questo atteggiamento rassegnato: il personaggio di Demba è senza dubbio un individuo solo nella vita moderna, nel mezzo di una società che non accenna ad includerlo. Se il motivo per il quale egli cerca di togliersi la vita sembra essere il fatto che la polizia gli è alle calcagna e che andrà in prigione, in realtà è il suo desiderio di libertà a spingerlo verso questo gesto estremo[54]. È vero che egli risulta essere un Kämpfer per l’intera vicenda – e dunque, non si rassegna effettivamente al suo destino, nonostante esso gli sia ineluttabilmente avverso –, ma è altrettanto vero che, alla fine del romanzo, egli verrà sconfitto, e dovrà arrendersi:

Seine Augen irrten ruhelos durch die Straßen der Stadt, schweiften über Gärten und Plätze, tauchten unter in der brausenden Wirrnis des Daseins, stürmten Treppen hinauf und hinunter, glitten durch Zimmer und durch Spelunken, klammerten sich noch einmal an das rastlose Leben des ewig bewegten Tages, spielten, bettelten, rauften um Geld und um Liebe, kosteten zum letztenmal von Glück und Schmerz, von Jubel und Enttäuschung, wurden sehr müde und fielen zu [sottolineature di chi scrive].[55]

È ovviamente necessario considerare che questa vicinanza nell’atteggiamento non collega direttamente Perutz a Schnitzler: essendo contemporanei, avendo vissuto una serie di eventi storici nello stesso contesto culturale e sociale – la Prima guerra mondiale e la caduta dell’Impero austro-ungarico –, è probabile che la reazione degli autori rappresenti semplicemente una tendenza generale alla rassegnazione, tipica della propria epoca. È altrettanto vero però che l’ammirazione di Perutz per Schnitzler era dichiaratamente molto forte – dunque, nonostante non sia possibile tracciare un parallelo diretto tra Zwischen neun und neun e Schnitzler sotto questo punto di vista, è comunque probabile che l’autore abbia subìto l’influsso di colui che era una fonte di ispirazione, un modello, ai suoi occhi, non solo dal punto di vista delle tecniche narrative, ma anche dell’atteggiamento dei personaggi e delle tematiche delle sue opere.

4. Conclusioni

Nel lodare i romanzi storici di Perutz, Richard Beer-Hoffmann sottolinea come l’autore «mit echtem antikem Material moderne Häuser [baut]»[56]. Questa riflessione si potrebbe qui estendere metaforicamente al rapporto tra l’autore e i suoi modelli di riferimento: sembra infatti chiaro che sia la sua poetica, sia specificamente il romanzo Zwischen neun und neun, mostrino l’influenza dei grandi autori presi in esame; Perutz non si limita però a una mera, epigonale riproduzione di alcune delle loro tecniche, tematiche e strutture, ma piuttosto le rielabora in maniera originale e personale. Si lascia dunque ispirare dall’enigmaticità e dai paradossi kleistiani per dare voce alla sua propria concezione edonistica della letteratura; l’ostinazione ereditata dai personaggi di Kleist, insieme all’ironia e all’umorismo serapiontici hoffmanniani, gli consente di esternare la sua crescente preoccupazione verso il destino dell’umanità; le innovative tecniche narratologiche schnitzleriane gli permettono infine di indagare più a fondo la psiche umana e di dare forma alla crisi dell’io, riflettendo l’interesse novecentesco per questo ambito, ma anche di mettere in atto l’inaffidabilità narrativa e di segnalare la rivelazione finale del romanzo. Il loro impiego diviene così anche uno dei fulcri dell’enigmaticità perutziana.

L’autore si riallaccia dunque alla tradizione della letteratura di lingua tedesca, ma allo stesso tempo la supera esprimendo tramite la propria opera la sua personale visione della letteratura e del mondo. Si dimostra inoltre essere un autore della modernità sia come grande conoscitore della sua epoca, verso la quale esprime nel romanzo un parere definito – un forte pessimismo verso il destino e la libertà dell’intera umanità –, sia per l’esplorazione, tramite la rielaborazione di tecniche e strutture innovative, di temi indubbiamente novecenteschi quali la crisi dell’io – in particolare, la crisi esistenziale di un individuo che, nonostante incontri nell’arco di una giornata ogni gruppo sociale della Vienna dell’epoca, non trova rappresentanza in nessuno di essi, e anzi riconosce sempre più il suo statuto di outsider privato dalla società stessa della possibilità di affermare liberamente la propria identità.

Bibliografia

Bernd Auerochs, Leo Perutz – ein moderner Klassiker der phantastischen Literatur, in: «Zeitschrift für deutschsprachige Kultur und Literatur» 25 (2016), pp. 223-245.

Ingo Breuer, Kleist-Handbuch. Leben – Werk – Wirkung, Stuttgart, J.B. Metzler, 2013.

Ulrich Broich, Intertextualität, in: Georg Braungart, Harald Fricke, Klaus Grubmüller, Jan-Dirk Müller, Friedrich Vollhardt, Klaus Weimar (ed.), «Real­lexikon der deutschen Literaturwissenschaft. Neubearbeitung des Reallexikons der deutschen Literaturgeschichte. Band II», Berlin, Boston, De Gruyter, 2007, pp. 175-179.

Bettina F. Cothran, Der «Einbruch der E.T.A. Hoffmanschen Welt» in den Werken von Leo Perutz, in: «Mitteilungen der E.T.A. Hoffmann-Gesellschaft e.V». 36 (1990), pp. 36-47.

Lutz Danneberg, Einfluß, in: Georg Braungart, Harald Fricke, Klaus Grubmüller, Jan-Dirk Müller, Friedrich Vollhardt, Klaus Weimar (ed.), «Reallexikon der deutschen Literaturwissenschaft. Neubearbeitung des Reallexikons der deutschen Literaturgeschichte. Band I», Berlin, Boston, De Gruyter, 2007, pp. 424-427.

Tatyana Mikhailovna Dubakh, Schnitzlers Prosa in der Kultur der Wiener Moderne, in: «Филологический класс» 54 (2018), fasc. 4, pp. 143-147.

Manfred Engel, Bernd Auerochs (ed.), Kafka-Handbuch. Leben – Werk – Wirkung, Stuttgart, J.B. Metzler, 2010.

Giuseppe Farese, Tramonto dell’io e coscienza della fine in Arthur Schnitzler, in: id., Arthur Schnitzler e il suo tempo, Milano, Shakespeare & Company, 1983, pp. 24-33.

E.T.A. Hoffmann, Der goldne Topf. Ein Märchen aus der neuen Zeit, Stuttgart, Reclam, 2004.

E.T.A. Hoffmann, Die Serapionsbrüder. Erster Band, in: E.T.A. Hoffmann. Poetische Werke. Fünfter Band, Berlin, De Gruyter, 1957.

Christoph Jürgensen, Wolfgang Lukas, Michael Scheffel (ed.), Schnitzler-Handbuch. Leben – Werk – Wirkung, Stuttgart, J.B. Metzler, 2014.

Heinrich von Kleist, Die Marquise von O…, in: id., Die Marquise von O…. Das Erdbeben in Chili, Stuttgart, Reclam, 1995, pp. 3-47.

Edward T. Larkin, Leo Perutz’s «Zwischen neun und neun»: Freedom, Immi­grants, and Nomadic Identity, in: «Colloquia Germanica» 39 (2006), fasc. 2, pp. 117-141.

Reinhard Lüth, Leo Perutz und das Fin-de-Siècle. Zu den literarischen Anfängen des Romanautors Leo Perutz und ihren Wurzeln in der Wiener Literatur um 1900, in: «Modern Austrian Literature» 23 (1990), fasc. 1, pp. 35-53.

Matías Martínez, Das Sterben erzählen, in: Tom Kindt, Jan-Christoph Meister (Hg.), Leo Perutz’ Romane. Von der Struktur zur Bedeutung, Tübingen, Niemeyer, 2007, pp. 23-34.

Matías Martínez, Proleptische Rätselromane: Erzählrahmen und Leserlenkung bei Leo Perutz, in: Brigitte Forster, Hans-Harald Müller, Leo Perutz. Unruhige Träume – Abgründige Konstruktionen. Dimensionen des Werks, Stationen der Wirkung, Wien, Sonderzahl, 2002, pp. 107-129.

Hans-Harald Müller, Leo Perutz. Biographie, Vienna, Paul Zsolnay Verlag, 2007.

Leo Perutz, Zwischen neun und neun [1918], München, Deutscher Taschenbuch Verlag, 2004.

Jean-Jacques Pollet, Chapitre 19. L’énigme de l’obstination dérisoire, in: https://books.openedition.org/apu/9303?lang=it, consultato il 10/03/2024.

Jean-Jacques Pollet, Chapitre 21. La reconnaissance de Judas: Lecture du Judas de Léonard, in: https://books.openedition.org/apu/9313#ndlr, consultato il 03/03/2024.

Andrej Schulz, Komik und Ironie, in: https://etahoffmann.staatsbibliothek-berlin.de/erforschen/charakteristisches/komik/, consultato il 09/03/2024.

Tzvetan Todorov, Einführung in die phantastische Literatur, Berlin, Fischer, 1992.

Waltraud Wiethölter, Die Doppelrolle eines simplen Strichs. Wenn der Erzähler erzählt, ohne zu erzählen – Zu Kleists (Gedanken)Strichen, in: «Wissenschaftsmagazin der Goethe-Universität» 29 (2011), fasc. 2, pp. 58-60, p. 59.  



* Questo articolo è tratto dalla tesi di laurea magistrale di chi scrive, discussa presso l’Università degli Studi di Milano a novembre 2023, intitolata «Il romanzo Zwischen neun und neun di Leo Perutz: modelli di analisi» e realizzata sotto la supervisione della Professoressa Moira Paleari (relatrice) e del Professor Marco Castellari (correlatore).

[1] Leo Perutz, Zwischen neun und neun [1918], München, Deutscher Taschenbuch Verlag, 2004.

[2] La struttura del romanzo è descritta da Matías Martínez come retrograder Überraschungsroman, una variante del proleptischer Rätselroman, costruzione analitica – ovvero una struttura in cui gli eventi non vengono narrati in ordine cronologico, ma piuttosto riportati secondo l’ordine in cui una Betrachterfigur li esperisce – caratteristica della maggior parte dei romanzi dell’autore e che prevede una cornice testuale con la presentazione dell’enigma nel Vorwort e la sua risoluzione nel Nachwort. Zwischen neun und neun non presenta tale Text­rahmen, ma piuttosto un’oscillazione di significato tra diversi Verstehensrahmen – per l’intero testo il lettore è convinto che quanto narrato appartenga al piano ontologico della realtà, ma il finale del romanzo ribalta la sua comprensione del testo e rivela che quanto accade dalle nove alle nove è solamente un sogno nella mente di Stanislaus Demba, morente. Cfr. Matías Martínez, Proleptische Rätselromane: Erzählrahmen und Leserlenkung bei Leo Perutz, in: Brigitte Forster, Hans-Harald Müller, Leo Perutz. Unruhige Träume – Abgründige Konstruktionen. Dimensionen des Werks, Stationen der Wirkung, Wien, Sonderzahl, 2002, pp. 107-129. La situazione è in realtà ancor più complessa di quanto descritto da Martínez, perché il romanzo contiene un ulteriore enigma che si estende per i suoi primi capitoli: Demba si aggira per Vienna senza poter fare uso delle mani, e al lettore non è chiaro cosa stia nascondendo – si tratta in realtà delle manette di cui non è riuscito a liberarsi dopo la fuga dai poliziotti. Questo enigma è presentato in maniera analitica, e avvicina così Zwischen neun und neun agli altri romanzi dell’autore per la Wie-Spannung che esso crea nel lettore.

[3] Si fa qui riferimento al concetto di intertestualità («der Bezug zwischen einem Text und anderen Texten») in senso stretto, più vicino al concetto di palimpsesto formulato da Genette («Unter einer ‘Schrift’ ist, wenn auch teilweise überdeckt, eine andere ‘Schrift’ erkennbar») che al più ampio concetto post-strutturalista per cui ogni testo è intertestuale in tutti i suoi elementi, cioè fa riferimento o è costituito da echi di altri testi. Cfr. Ulrich Broich, Intertextualität, in: Georg Braungart, Harald Fricke, Klaus Grubmüller, Jan-Dirk Müller, Friedrich Vollhardt, Klaus Weimar (ed.), «Reallexikon der deutschen Literaturwissenschaft. Neubearbeitung des Reallexikons der deutschen Literaturgeschichte. Band II», Berlin, Boston, De Gruyter, 2007, pp. 175-179.

[4] È interessante notare che proprio Heinrich von Kleist e E.T.A. Hoffmann furono grandi modelli di riferimento anche per Franz Kafka. Cfr. Manfred Engel, Bernd Auerochs (ed.), Kafka-Handbuch. Leben – Werk – Wirkung, Stuttgart, J.B. Metzler, 2010, p. 33. La sua vita presenta molte analogie con quella di Perutz – entrambi ebrei, nati a Praga rispettivamente nel 1883 e 1882, esercitavano la professione di attuari, e si trasferirono entrambi nel 1907 a Trieste per lavorare presso le Assicurazioni Generali. Cfr. Bernd Auerochs, Leo Perutz–ein moderner Klassiker der phantastischen Literatur, in: «Zeitschrift für deutschsprachige Kultur und Literatur» 25 (2016), pp. 223-245, pp. 224-225. Entrambi erano poi amici di Ernst Weiß. Cfr. Hans-Harald Müller, Leo Perutz. Biographie, Vienna, Paul Zsolnay Verlag, 2007, p. 9. Non sembra però che gli autori si conobbero mai: nonostante vi siano alcune analogie tra la loro poetica e le loro opere, sembra che esse siano dettate dai modelli di riferimento e dal contesto socioculturale comuni piuttosto che da una possibile influenza dell’uno sull’altro.

[5] Cfr. Lutz Danneberg, Einfluß, in: Georg Braungart, Harald Fricke, Klaus Grubmüller, Jan-Dirk Müller, Friedrich Vollhardt, Klaus Weimar (ed.), «Reallexikon der deutschen Literaturwissenschaft. Neubearbeitung des Reallexikons der deutschen Literaturgeschichte. Band I», Berlin, Boston, De Gruyter, 2007, pp. 424-427.

[6] «Comme tous les héros pérutziens, Joachim Behaim poursuit avec obstination une idée fixe, une raison qu’il se donne […], [une] obstination à faire valoir son droit [sottolineatura di chi scrive]». Cfr. Jean-Jacques Pollet, Chapitre 21. La reconnaissance de Judas: Lecture du Judas de Léonard, in: LINK, consultato il 03/03/2024.

[7] Jean-Jacques Pollet, Chapitre 19. L’énigme de l’obstination dérisoire, in: LINK, consultato il 10/03/2024.

[8] Cfr. Matías Martínez, Proleptische Rätselromane: Erzählrahmen und Leserlenkung bei Leo Perutz, pp. 109-110.

[9] Si veda nota 1.

[10] Matías Martínez, Proleptische Rätselromane: Erzählrahmen und Leserlenkung bei Leo Perutz, p. 119.

[11] Cfr. Hans-Harald Müller, Leo Perutz. Biographie, pp. 17 segg.

[12] Hans-Harald Müller riconosce la forte influenza di Heinrich von Kleist sull’opera di Perutz, come mostra chiaramente il racconto Gespräch mit einem Soldaten, pubblicato nel 1918, come Zwischen neun und neun. Cfr. ivi, p. 129: «Die erste Erzählung [von Perutz] […] zeigt im Eingang und Erzählduktus beispielhaft [sottolineatura di chi scrive] den tiefen Einfluß, den das Werk Heinrichs von Kleist auf Perutz ausgeübt hat».

[13] Michael Ott individua tre tratti principali della poetica kleistiana: «das Nebeneinander von ‘szenischer’ Genauigkeit [1] und scheinbarer Nachlässigkeit und Willkür [2], den durch ‘mühsamen’, komplizierten Periodenbau und Hypotaxen gekennzeichneten Erzählduktus [3]». Quest’ultima caratteristica manca sicuramente in Perutz, che propende per una certa semplicità sintattica. Cfr. Michael Ott, Erzählen und Erzählung, in: Ingo Breuer, Kleist-Handbuch. Leben – Werk – Wirkung, Stuttgart, J.B. Metzler, 2013, pp. 309-312.

[14] Leo Perutz, Zwischen neun und neun, p. 12.

[15] Ivi, p. 136.

[16] Cfr. Michael Ott, Erzählen und Erzählung, pp. 309 segg.

[17] Heinrich von Kleist, cit. in Michael Ott 2013, pp. 309-310.

[18] Cfr. Michael Ott, Erzählen und Erzählung, pp. 309 segg.

[19] Nel dialogo con Steffi nel capitolo 8 Demba ipotizza ad esempio di trovarsi in un sogno, morente, e che il suo corpo giaccia in realtà in un letto di ospedale: «‘Ja. Vielleicht träume ich’, sagte Demba leise. ‘Sicher ist alles nur ein Traum. Ich liege zerschlagen und zerfetzt irgendwo in einem Spitalbett, und du und deine Stimme und das Zimmer da, ihr seid nur ein Fiebertraum der letzten Minuten’.» (Leo Perutz, Zwischen neun und neun, p. 83). O ancora, raccontando del suo salto dalla finestra, il protagonista afferma: «Ich war wie vor den Kopf geschlagen» (ivi, p. 88) e allude così ai danni fisici che il suo corpo ripoterà in punto di morte – «aus einer Wunde am Hinterkopf floß Blut» (ivi, p. 211).

[20] Per esempio, nel capitolo 3 Demba afferma: «Aber ich war todmüde und die Füße schmerzten mich [sottolineature di chi scrive]» (Leo Perutz, Zwischen neun und neun, p. 31); nel capitolo 17 ci viene detto che «Er war totenblaß, der Wein strömte über sein Gesicht und blendete ihm die Augen [sottolineature di chi scrive]» (ivi, p. 194).

[21] Waltraud Wiethölter, Die Doppelrolle eines simplen Strichs. Wenn der Erzähler erzählt, ohne zu erzählen – Zu Kleists (Gedanken)Strichen, in: «Wissenschaftsmagazin der Goethe-Universität» 29 (2011), fasc. 2, pp. 58-60, p. 59.

[22] Heinrich von Kleist, Die Marquise von O…, in: id., Die Marquise von O…. Das Erdbeben in Chili, Stuttgart, Reclam, 1995, pp. 3-47, p. 5.

[23] Leo Perutz, Zwischen neun und neun, p. 100.

[24] Nel caso di Kleist, la famosa frase è preceduta dal periodo seguente: «[er] bot dann der Dame, unter einer verbindlichen, französischen Anrede den Arm, und führte sie, die von allen solchen Auftritten sprachlos war, in den anderen, von der Flamme noch nicht ergriffenen, Flügel des Palastes, wo sie auch völlig bewusstlos [sottolineatura di chi scrive] niedersank» (Heinrich von Kleist, Die Marquise von O…, p. 5); nel momento del fatto intorno al quale ruota l’intera vicenda, la Marchesa è priva di sensi – se fosse stata cosciente, la trama della novella non avrebbe potuto funzionare. Per quanto concerne Zwischen neun und neun, è Demba stesso a raccontare di essere svenuto: «‘Und dann?’ schrie Steffi Prokop. Sie hatte Demba an der Schulter gepackt und starrte ihn mit aufgerissenen Augen an. ‘Nichts’, sagte Demba. ‘Ich verlor das Bewußtsein [sottolineatura di chi scrive]’» (Leo Perutz, Zwischen neun und neun, p. 100).

[25] Cfr. Matías Martínez, Das Sterben erzählen, in: Tom Kindt, Jan-Christoph Meister (Hg.), Leo Perutz’ Romane. Von der Struktur zur Bedeutung, Tübingen, Niemeyer, 2007, pp. 23-34, pp. 33-34: «Die reale Unmöglichkeit, die Erfahrung des Sterbens erzählend mitzuteilen, führt uns zu einer letzten Überlegung über den Sinn der paradoxen Logik des Erzählens in Perutz’ Roman. Fiktionale Sterbegeschichten wie Zwischen neun und neun teilen dem Leser in hypothetischer Weise eine Erfahrung mit, die in der modernen Gesellschaft mehr und mehr ausgeblendet wurde: Sterben und Tod»..

[26] Leo Perutz, Brief an Professor Nadler (Deutsches Exil-Archiv der Deutschen Bibliothek, Frankfurt am Main), cit. in: Bettina F. Cothran, Der «Einbruch der E.T.A. Hoffmanschen Welt» in den Werken von Leo Perutz, in: «Mitteilungen der E.T.A. Hoffmann-Gesellschaft e.V». 36 (1990), pp. 36-47, p. 36.

[27] Ibidem.

[28] «Wer die Romane und Erzählungen Perutz’ liest, fühlt sicher die Nähe zu Hoffmann in Thematik und Gestaltung. Wenn Perutz eine Neigung zur Satire auch ablehnt, kann man doch oft bei ihm eine gewisse hintergründige, auch wohl ironische Doppelbödigkeit bemerken, die den Leser der spannenden Romane und Erzählungen bis zur letzten Seite fesseln […] Dem Stil ist dabei eine Bildhaftigkeit zu zeigen, die an die Forderung des sera­piontischen Prinzips erinnert [sottolineature di chi scrive]».. Cfr. Bettina F. Cothran, Der «Einbruch der E.T.A. Hoffmanschen Welt» in den Werken von Leo Perutz, p. 36.

[29] «Laßt uns nun dabei des Einsiedlers Serapion eingedenk sein! – jeder prüfe wohl, ob er auch wirklich das geschaut, was er zu verkünden unternommen, ehe er es wagt laut damit zu werden. Wenigstens strebe jeder recht ernstlich darnach, das Bild, das ihm im Innern aufgegangen recht zu erfassen mit allen seinen Gestalten, Farben, Lichtern und Schatten, und dann, wenn er sich recht entzündet davon fühlt, die Darstellung ins äußere Leben [zu] tragen. So muß unser Verein auf tüchtige Grundpfeiler gestützt dauern und für jeden von uns allen sich gar erquicklich gestalten. Der Einsiedler Serapion sei unser Schutz­patron, er lasse seine Sehergabe über uns walten, seiner Regel wollen wir folgen, als getreue Serapions-Brüder!». Cfr. E.T.A. Hoffmann, Die Serapionsbrüder. Erster Band, in: E.T.A. Hoff­mann. Poetische Werke. Fünfter Band, Berlin, Walter De Gruyter & Co, 1957, p. 62.

[30] Si veda ad esempio il racconto Der goldne Topf (1812): quando Anselmus si presenta a casa dell’Archivarius Lindhorst, il battente del portone sembra trasformarsi nell’Apfelweib (cfr. E.T.A. Hoffmann, Der goldne Topf. Ein Märchen aus der neuen Zeit, Stuttgart, Reclam, 2004, pp. 20-21); oppure, quando l’Archivarius si congeda da Anselmus, sembra che il suo cappotto lo faccia volare, che si sia trasformato in un uccello (ivi, p. 35).

[31] Da intendersi come quell’indecisione o irresolutezza che porta ad esitare davanti ad un evento che non sembra appartenere al nostro mondo, e dover decidere se questo evento è frutto della nostra immaginazione, oppure se si tratta di un evento che appartiene alla nostra realtà. Cfr. Tzvetan Todorov, Einführung in die phantastische Literatur, Berlin, Fischer, 1992, pp. 25 segg.

[32] Cfr. Andrej Schulz, Komik und Ironie, in: LINK, consultato il 09/03/2024: «Die Ironie nimmt bei Hoffmann zumeist eine erkenntnistheoretische Funktion ein; sie ist keine Haltung, sondern beschreibt die Dissonanz der Welt und ist somit Prinzip des Daseins: unversöhnliche Differenz zwischen Realität und Ideal, Welt und Fantasie, Alltag und Märchen».

[33] Cfr. ivi: «Erst der Humor ermöglicht den Umgang mit diesem Schmerz und wandelt den Schmerz ins Lachen um. Der Humor wird somit die Bewältigung der Ironie – Akzeptanz des Daseins in einer zerrissenen Welt».

[34] Cfr. Bettina F. Cothran, Der «Einbruch der E.T.A. Hoffmanschen Welt» in den Werken von Leo Perutz, p. 47: «Der ‘Einbruch der Hoffmannschen Welt’ wird zum psychologischen Phänomen umgedeutet und so in seiner Bedeutung eingeschränkt […] Als Kind des zwanzigsten Jahrhunderts aber und in einer Welt geboren, deren Aufschwung zum größten Teil auf Erkenntnissen der exakten Wissenschaften beruht und der der technische Fortschritt zum Gott geworden ist, bleibt Perutz in erstaunlichem Maße dem Glauben an eine Wirk­lichkeit verpflichtet, die hinter den Dingen liegt. Auch wenn bei Perutz diese Wirklichkeit zum Teil von den wissenschaftlichen Erkenntnissen seiner Zeit sowie seiner persönlichen religiösen Prägung beeinflußt ist, hat er aber den Glauben an eine solche Wirklichkeit wohl bei Hoffmann vorgebildet gefunden».

[35] Cfr. ivi, p. 44.: «Der wunderbaren Exkursion des Hoffmannschen Helden in eine bessere Welt, zuweilen auch vom Rausch beflügelt, steht bei Perutz zwar auch eine Exkursion gegenüber, die aber ihre Grenzen in der persönlichen, im Augenblick dringlichen Situation des einzelnen hat».

[36] Ad esempio, nel capitolo 5 non può firmare la notifica di una raccomandata contenente i soldi del romanzo che ha tradotto in polacco; nel capitolo 12 chiede a un compagno di restituirgli dei quaderni di appunti, che però sono andati perduti; allora, si fa mettere in tasca una busta con dei soldi in compenso, ma quando esce scivolano fuori dal cappotto. Un poliziotto prova a riconsegnargli la busta, ma Demba è costretto a fingere che non sia sua per non mostrare le manette. L’episodio più significativo rimane però quello del capitolo 15: coinvolto in una partita di Bukidomino, un gioco d’azzardo, Demba non può portare via le duecentosettanta corone vinte perché viene scambiato per un ladro, dato che si rifiuta di farsi ispezionare per non fare scoprire le sue manette ai giocatori.

[37] Ad esempio, nel capitolo 17, Demba si ritrova a cena con la compagnia di Sonja, e chiede al cameriere di servirgli una birra con una cannuccia: in questo modo, potrà bere senza mostrare le manette ai commensali. Tutti sono chiaramente stupiti dalla richiesta e si prendono gioco di lui, soprattutto perché Demba si inventa scuse assurde per giustificare questo comportamento.

[38] Per esempio, nel capitolo 14 Demba si guarda allo specchio prima di entrare a casa dei Becker, e si complimenta con se stesso, dicendosi: «‘Wirklich eine vortreffliche Idee’, sagte er, trat vor die Fensterscheibe und machte Verbeugungen gegen sein Spiegelbild. ‘Meine Anerkennung! Gestatten Sie, daß ich Ihnen die Hand drücke. Wie? Sie wünschen es nicht? Ich soll acht geben? Sie fürchten, der Verband könnte sich verschieben? Natürlich! Natürlich! Schade! Hätte Ihnen gern die Hand geschüttelt für die wirklich vorzügliche Idee!’ [sottolineature di chi scrive]». Cfr. Leo Perutz, Zwischen neun und neun, p. 150. Per altri esempi, cfr. Edward T. Larkin, Leo Perutz’s «Zwischen neun und neun»: Freedom, Immigrants, and Nomadic Identity, in: «Colloquia Germanica» 39 (2006), fasc. 2, pp. 117-141. Per i giochi di parole legati al destino e alla morte si veda nota 16.

[39] Cfr. Leo Perutz, Zwischen neun und neun, p. 90: «‘Stanie!’ sagte Steffi Prokop. ‘Ist das dein Ernst?’»

[40] Cfr. Perutz, appunti del 14.06.1915, cit. in H. Müller 2007, p. 109.

[41] Ernst Weiß, cit. in Müller 2007, p. 114.

[42] Müller afferma addirittura che Schnitzler era un «idolo» per Perutz. Cfr. Müller, Hans-Harald, Leo Perutz. Biographie, p. 43.

[43] Ad esempio, cfr. Reinhard Lüth, Leo Perutz und das Fin-de-Siècle. Zu den literarischen Anfängen des Romanautors Leo Perutz und ihren Wurzeln in der Wiener Literatur um 1900, in: «Modern Austrian Literature» 23 (1990), fasc. 1, pp. 35-53; Hans-Harald Müller, Formen und Funktionen des Fantastischen im Werk von Arthur Schnitzler und Leo Perutz, in: Lars Schmeink, Hans-Harald Müller, Fremde Welten. Wege und Räume der Fantastik im 21. Jahrhundert, Berlin, De Gruyter, 2012, pp. 355-362; Magdolna Orosz, Zerfall und Erinnerung: narrative Gestaltungen historischer Traumata in der österreichischen Literatur, in: «Neohelicon» 45 (2018), pp. 97-111.

[44] Tecnica che rinuncia a qualsiasi istanza narrativa, e cerca di annullare la distanza tra il pensiero del personaggio e il lettore, essa fu introdotta da Schnitzler con la pubblicazione della novella Lieutenant Gustl, nel 1900, e costituì un grande scandalo per il pubblico. Cfr. Michael Scheffel, Narrative Modernität: Schnitzler als Erzähler, in: Christoph Jürgensen, Wolf­gang Lukas, Michael Scheffel (ed.), Schnitzler-Handbuch. Leben – Werk – Wirkung, Stuttgart, J.B. Metzler, 2014, pp. 299-305, pp. 301-302: «Mit Hilfe der literarischen Technik des Inneren Monologs hebt Schnitzler in Lieutenant Gustl […] die Grenze auf, die im sozialen Leben Innen und Außenwelt trennt, und offenbart den Durchschnittscharakter und die Minderwertigkeitskomplexe einer auf dem Prinzip der Verdrängung eigener Ängste und der Aggression gegen seine Geschlechtsgenossen aufgebauten Existenz. Die Ideale von Ehre und Männlichkeit […] erscheinen im Rahmen des von Schnitzler in Szene gesetzten Bewusstseinsprozesses als ein ungedeckter Wechsel, eine hohle Hülle, die sich letztlich auf äußere Attribute wie das Tragen einer Uniform und eines Säbels reduziert».

[45] Cfr. Wolfgang Lukas, Paradigma der Moderne I: Norm- und Subjektkrisen, in: Christoph Jürgensen, Wolfgang Lukas, Michael Scheffel (ed.), Schnitzler-Handbuch. Leben – Werk – Wirkung, Stuttgart, J.B. Metzler, 2014, pp. 327-337, p. 327: «Dabei geht es Schnitzler aber niemals nur um Sozialkritik, sondern primär um die Relation zwischen Subjekt und Norm, zwischen Psychologie und Moral: Wie, auf welche Weise sind die jeweiligen Werte und Normen im Subjekt verankert, und unter welchen individualpsychologischen Bedingungen erweisen sie sich als (nicht) durchsetzbar bzw. (nicht) lebbar?».

[46] La maggior parte dei critici letterari è concorde nell’attribuire la paternità della tecnica al francese Édouard Dujardin, con il suo romanzo Les lauriers sont coupés, ma Schnitzler si rende portatore dell’innovazione nella letteratura di lingua tedesca. Cfr. Tatyana Mikhailovna Dubakh, Schnitzlers Prosa in der Kultur der Wiener Moderne, in: «Филологический класс» 54 (2018), fasc. 4, pp. 143-147, p. 145.

[47] Reinhard Lüth, Leo Perutz und das Fin-de-Siècle, p. 44.

[48] Ad esempio, nel capitolo 1 vengono riportati i pensieri di Frau Püchl tramite la erlebte Rede: «Aber während sie [Frau Püchl] das Schnapsglas füllte, kam ihr plötzlich ein Gedanke, der sie mit Besorgnis erfüllte. Der Mensch hatte sich so merkwürdig benommen. Zuerst hatte er solche Eile gehabt, und dann war er nicht aus dem Laden herauszubringen gewesen. Hatte herumstudiert und herumspioniert, wie nicht recht gescheit, und am Ende hatte er es auf das Geldladl abgesehen. Vierzehn Kronen waren drin und die Korallenkette, dann zwei Ringe mit Türkisen, das Sparkassabüchl von der Katherl und zwei Heiligenbilder aus Maria-Zell! […] Natürlich! Der Laden war leer! Der feine Herr hatte sich aus dem Staube gemacht. Da haben wir’s! Vierzehn Kronen! Das schöne Geld! […]». Cfr. Leo Perutz, Zwischen neun und neun, pp. 11-12. O ancora, nel capitolo 4 vengono riportati i pensieri di Sonja: «Stanislaus Dembas Besuch kam Sonja nicht unerwartet. Da Demba nun einmal von ihrer beabsichtigten Reise erfahren hatte – weiß Gott, wer ihm davon erzählt haben mochte – so war mit Sicherheit zu erwarten gewesen, daß er kommen und den Versuch machen werde, Sonja zurückzuhalten». Cfr. ivi, p. 48.

[49] Cfr. Reinhard Lüth, p. 45: «Die psychische Verfassung Dembas, seine extremen Bewußtseinsvorgänge, die ihn als gesellschaftlichen Außenseiter, der das Leben in seinen Konventionen als Gefängnis schlechthin empfindet, charakterisieren, werden durch diesen momentanen Einsatz von Erlebter Rede und Innerem Monolog dem Leser intensiv und unmittelbar nachvollziehbar gemacht».

[50] Un esempio di erlebte Rede che mostra chiaramente la frammentazione dell’io in Demba è rappresentato dal momento in cui, nel capitolo 18, gli amici di Sonja credono che egli abbia un revolver tra le mani – in realtà, non è vero: è Sonja ad esserne convinta e ad averlo detto loro perché, la mattina, ha intravisto un luccichio metallico sotto alla giacca del protagonista – e quest’ultimo arriva a credere a sua volta di poter utilizzare l’arma per vendicarsi delle offese da loro subìte. Cfr. Leo Perutz, Zwischen neun und neun, pp. 202-203: «Sollte er gehen und denen dort ihr Leben schenken? Daß sie, wenn er zur Tür hinaus war, ihn wieder verlachten oder verhöhnten wie zuvor? Nein, sie sollten nicht lachen. Keiner durfte lebendig aus dem Zimmer. Keiner. Und er sah sich im Geiste mit hoch erhobenem Revolver vor die drei hintreten und Schuß auf Schuß in totenblasse Gesichter feuern. […] Horvath. Ja. Der mußte der erste sein. Nie hatte er ihn leiden mögen. In seinem Innern begann er mit Horvath noch einen letzten Zank auszutragen. Dieser hochnasige Flegel!».

[51] Ivi, p. 211.

[52] Ernst Weiß, cit. in Müller 2007, p. 114.

[53] Il Professor Bernhardi è da considerarsi come «antieroe della rassegnazione in quanto esprime col suo comportamento l’impossibilità di trasformare il mondo e l’impotenza del singolo di fronte alla brutalità dell’esistenza sociale». Si tratta, dunque, di un personaggio chiave dell’opera di Schnitzler, perché introduce un periodo di crisi personale per l’autore: «fra il 1910 e il 1920 – sono gli anni terribili che decretano storicamente il ‘Finis Austriae’ e il crollo delle illusioni e delle speranze – matura nell’autore un processo di autoriflessione e di analitica introspezione che determina una svolta nella sua tematica. […] si orienta verso un tipo di indagine realistico-esistenziale, che riproduca la condizione di alienante solitudine dell’individuo nella vita moderna». Cfr. Giuseppe Farese, Tramonto dell’io e coscienza della fine in Arthur Schnitzler, in: id., Arthur Schnitzler e il suo tempo, Milano, Shakespeare & Company, 1983, pp. 24-33, p. 26.

[54] Cfr. Leo Perutz, Zwischen neun und neun, p. 99: «Und ich sah, wie reich ich gewesen war bei all meiner Armut, daß ich Souverän meiner Zeit gewesen war, es wurde mir deutlich, wie nie zuvor, was das zu bedeuten hat: Freiheit. Und jetzt war ich gefangen, war ein Sträfling, die Schritte, die ich in der engen Dachkammer zwischen dem Gerümpel machte, waren meine letzten freien Schritte. Mir schwindelte, es gellte mir in den Ohren: Freiheit! Freiheit! Freiheit! Das Herz wollte mir bersten vor dem einen Wunsch: Freiheit! Nur noch einen Tag Freiheit, nur noch zwölf Stunden Freiheit! Zwölf Stunden! – und dabei hörte ich die Polizisten am Türschloß arbeiten, gleich waren sie da, es gab keine Rettung, und da beschloß ich, mich nicht fangen zu lassen und lieber zu sterben».

[55] Ivi, pp. 211-212.

[56] Richard Beermann-Hoffmann, cit. in Hans-Harald Müller 2007, p. 76.

 


==========================================================================

Studia austriaca

An international journal devoted to the study
 of Austrian culture and literature
Published annually in the spring
Hosted by Università degli Studi di Milano under OJS
ISSN 2385-2925
http://riviste.unimi.it/index.php/StudiaAustriaca/

Editor-in-chief: Fausto Cercignani

Co-Editor: Marco Castellari

Editorial Board
Achim Aurnhammer (Albert-Ludwigs-Universität Freiburg)
Cornelia Blasberg (Westfälische Wilhelms-Universität Münster)
Alberto Destro (Università degli Studi di Bologna)
Konstanze Fliedl (Universität Wien)
Sylvie Le Moël (Université Paris-Sorbonne)
Hubert Lengauer (Universität Klagenfurt)
David S. Luft (Oregon State University)
Patrizia C. McBride (Cornell University)
Marisa Siguan (Universitat de Barcelona)
Ronald Speirs (University of Birmingham)

 

Call for Papers / Submissions

 

Suggestions and proposals for publication are welcome!

We consider scholarly essays written in German, English, Italian, French or Spanish.

Scholars wishing to submit an article should send it to:

editor_austheod@unimi.it.

Deadline: 31st March of each year.

All essays should comply with a few essential typographic rules and be accompanied by a short abstract in English
(about 500-600 characters, including spaces).

 

Studia austriaca was founded 1992. For vols. I-XIX, published in print between 1992 and 2011, see:

Studia austriaca I-XIX (1992-2011)

The Editor-in-chief of “Studia austriaca”

Fausto Cercignani

==========================================================================