Vanessa Hannesschläger u. Wolfgang Ulrich Dressler

(Wien)

Poetische Brücken über sprachliche Lücken
Kompositabildung und Gapping in Peter Handkes «Bildverlust»
und «Kali» analysiert mit corpuslinguistischen Methoden

[Poetic Bridges over Language Gaps. Compound Creation and Gapping in Peter Handke’s «Crossing the Sierra de Gredos» and «Kali» Analyzed with Corpus Linguistics Methods]

abstract. This paper investigates creative word formation and especially the word for­mation method of gapping in Peter Handke’s literature by employing corpus linguistic methods. His novel Der Bildverlust oder Durch die Sierra de Gredos (2002; transl. Crossing the Sierra de Gredos, 2007) is investigated as an exemplary work of the author’s late creative development and compared to the novella Kali. Eine Vorwintergeschichte (2007) in order to test the findings. The linguistic analysis is framed and contextualized with a literary criti­cism approach, thus offering new perspectives for both disciplines.

Dieser Aufsatz untersucht mit corpuslinguistischen Methoden kreative Wortbildung und besonders das Wortbildungsverfahren des Gapping in der Literatur Peter Handkes. Als exemplarisches Werk für die spätere Schaf­fensphase des Schriftstellers wird dazu vor allem der Roman Der Bildverlust oder Durch die Sierra de Gredos (2002), als Prüfgröße aber auch Kali. Eine Vor­wintergeschichte (2007) zur Analyse herangezogen. Einleitend werden aus lite­raturwissenschaftlicher Perspektive die beiden großen Werkphasen und die Poetik Handkes umrissen und die Stellung des Romans im Gesamtwerk er­örtert. Besonderes Augenmerk liegt dabei auf Handkes Umgang mit gram­matikalischen und lexikalischen Möglichkeiten, die die deutsche Sprache bietet. Darauf folgt eine linguistische Detailanalyse, die die Wortbildungs- und Gapping-Verfahren, die Handke anwendet, offenlegt. Anhand des Pe­ter Handke-Corpus, den das Academy Corporae-Institut (AC) der Österreichi­schen Akademie der Wissenschaften erstellt hat, wird die Repräsentativität der analysierten linguistischen Verfahren für den Gesamttext überprüft. Abschließend werden die Ergebnisse der (corpus-)linguistischen Untersu­chung zusammengefasst und poetologisch kontextualisiert.

1. Literaturwissenschaftliche Standortbestimmung

Peter Handkes Poetik hat sich seit den 1980er Jahren konsequent dem Prinzip der Klassik und der Darstellung des Schönen mit den Mitteln der Sprache zugewandt (Höller 2013). Die «Wende zum Klassischen» (Ebd., 84ff.) folgte auf Handkes große Schreibkrise rund um die Arbeit an Lang­same Heimkehr (1979). Die in der Folge entstandenen Werke erwachsen aus einem Welt- und Literaturverständnis, das jenem der früher entstandenen Texte nicht widerspricht, sondern es vielmehr um eine positive Kehrseite ergänzt. Das Ziel ist dabei, «im Schreiben die Verbindung […] zu den heute lebenden Menschen aufzunehmen» (Höller 2013, 37).

Die poetischen Verfahren Handkes vor seiner “Wende” waren vor allem von dem Willen geprägt, die «regulierende Macht der Sprache» (Buddeke, Hienger, 1971, 553) ins Bewusstsein zu holen und die hohlen Phrasen als Weltwahrnehmungsverhinderer zu demaskieren. Seine Phrasenkritik wird vor allem in den Bühnentexten, etwa den Sprechstücken (1966) ebenso wie Kaspar (1968), besonders deutlich. Dabei ist wesentlich, dass Handkes «Sprachkritik […] nach seiner eigenen fraglosen Überzeugung immer auch Gesellschaftskritik impliziert, weil die uns determinierende Sprache ihrer­seits gesellschaftlich determiniert»[1] ist. Die “Wende zum Klassischen” und damit einhergehend zur Schönheit dreht dieses Verständnis von Sprache und die entsprechende Arbeit mit ihr jedoch ins Positive. Im Vordergrund steht nicht mehr die oft zum Negativen instrumentalisierte Macht der Spra­che, sondern das Potential zur Erschaffung von Wirklichkeiten in der Lite­ratur, das die Sprache, wie sie ist, in sich trägt. Die Möglichkeiten von neuen Realitätsräumen, die ihre Wörter und Strukturen eröffnen, stehen nunmehr im Zentrum von Handkes poetischem Weltverständnis.

Im Rahmen der “Jugoslawien-Debatte” um Handkes poetische Reakti­onen auf die Kriege im Balkan-Raum in den 1990er Jahren wurde diese po­etologische Mission des Schriftstellers von kritischen Stimmen oft überse­hen. Mit dem monumentalen Werk Der Bildverlust oder Durch die Sierra de Gre­dos (2002) schuf Handke einen Roman, der als andere Antwort auf die Aus­einandersetzungen um seine Thematisierung des Zerfalls des Südslawen­staates gelesen werden kann. Anders als in den zahlreichen Texten, in denen er sich dem Thema inhaltlich widmete, kann der Bildverlust als poetologische Stellungnahme zum feuilletonistischen Unverständnis der Jugoslawien-Texte interpretiert werden. Allein mit den Mitteln der Sprache werden Wirklichkeitsebenen (wobei der Traum-Charakter des Texts Wirklichkeit keineswegs ausschließt) dargestellt, geschaffen und verschränkt. Es geht da­rum, die Sprache nicht zu biegen oder zu erweitern, sondern ihre Möglich­keiten zu finden und auszuschöpfen.

Eine dieser Möglichkeiten hatte Handke Jahre früher bei Columella ent­deckt. Der Erzählung Die Wiederholung (1986) stellte er das aus Columellas De re rustica entnommene Motto laboraverimus voran («wir werden gearbeitet haben»; Schmidt-Dengler, 2006). Neben dem inhaltlichen Bezug zum Land­bau, der in der Wiederholung eine bedeutende Rolle spielt, ist dieses Motto vor allem den syntaktischen Möglichkeiten zu verdanken, die das Futurum Exactum eröffnet. Eines der Motti des Bildverlusts spielt ebenfalls mit den Möglichkeiten zur mehrdeutigen Weltbeschreibung, die die deutsche Syn­tax erlaubt:

Du wirst gehen
zurückkehren                 nicht
sterben
im Krieg

Denselben Wortlaut hatte das Motto von Handkes erstem Werk Die Hor­nissen (1966), wobei dort ein einziger Zeilenbruch die Worte voneinander trennte:

DU WIRST GEHEN
ZURÜCKKEHREN NICHT STERBEN IM KRIEG
                                                (vgl. Hafner 2008, 81f.)

Mit dieser Wiederholung spannte Handke den Bogen von Der Bildverlust zurück zu seinem Erstling, der wiederum motivisch und kontextuell in en­ger Verbindung zur Wiederholung steht. Dabei bleibt er im Rahmen der Mög­lichkeiten, die die Sprache vorgibt und erzeugt die Ambiguität allein durch den Satz des Texts und den Verzicht auf Satzzeichen.

Die Mehrdeutigkeit dient in Handkes poetischem Verständnis nicht zur Verwirrung der Lesenden, sondern dazu, ein erweitertes Möglichkeitsspekt­rum sichtbar zu machen. Das angesprochene Du des Mottos muss nicht entweder «zurückkehren, nicht sterben» oder «zurückkehren nicht, [son­dern] sterben»; die Literatur erlaubt, beide Möglichkeiten nebeneinander Wirklichkeit sein zu lassen. Dazwischen entsteht, in 40-jährigem Abstand, im Satz des Mottos ein Spalt – dieser ist aber keineswegs nur eine «leere Mitte, in der sich die abwesenden Anderen befinden» (Hafner 2008, 82), sondern vielmehr der Möglichkeitsraum, in dem ein ganzes Spektrum von weiteren Bedeutungsoptionen steht. Hans Höller spricht diesbezüglich von «Handkes Weigerung, den Sinn eindeutig festzulegen und so abgeschlos­sene Begriffsysteme zu schaffen» und seiner «Poetik einer Sprache, die grammatisch und semantisch Öffnungen erschafft»[2].

Als zweiter Text wird in diesem Aufsatz die “Vorwintergeschichte” Kali als Untersuchungsgegenstand herangezogen. Der Bildverlust und Kali eignen sich für die Zusammenschau aus mehreren Gründen gut: Die Texte stam­men beide aus der jüngeren Schaffensphase des Autors, die Gegenprüfung von anhand des umfangreichen Bildverlusts angestellten Überlegungen an ei­nem kurzen Text erlaubt Erkenntnisse über die Unterschiede und Gemein­samkeiten, die erklären können, dass Prosa in Handkes Poetik nicht gleich Prosa ist. Während der Bildverlust ein deutlich der Langform Epos naheste­hende Arbeit ist, ist Kali (wenngleich ebenfalls Handkes epischem Erzähl­duktus entsprechend) im Vergleich verknappter und verdichteter und ent­spricht eher der Gattung der Novelle. Aufschlussreich ist, dass der Bildver­lust, der von einer Selbstsuche erzählt (wie etwa auch die Odyssee), wesentlich mehr Raum einnimmt als die Liebesgeschichte Kali. Es lässt sich im Kon­text von Handkes Gesamtwerk argumentieren, dass Texte, die die Liebe zum Gegenstand haben, meist in literarischen Kleinformen verhandelt wer­den (zum Beispiel auch im “Sommerdialog” Die schönen Tage von Aranjuez, 2012, oder in Der kurze Brief zum langen Abschied, 1972), während Texte, die die Auseinandersetzung ihrer Protagonisten mit dem eigenen Selbst zum zentralen Gegenstand haben, meist mit langem epischem Atem erzählt wer­den (zum Beispiel in Langsame Heimkehr, 1979, Der große Fall, 2011, oder dem epischen Drama Die Unschuldigen, ich und die Unbekannte am Rand der Land­straße, 2015). Eine gemeinsame Betrachtung von Kali und Der Bildverlust bie­tet sich schließlich auch deshalb an, weil in beiden Texten Wirtschaft und Ökonomie von Bedeutung sind (das ist im Bildverlust offenkundig, bei Kali erlauben vor allem auch die Werkmaterialien Handkes diesen Rückschluss; vgl. Kastberger 2009, besonders 151f.).

Sprachlichen Charakteristika Handkes haben sich nur wenige gewidmet, so einigen wenigen isolierten syntaktischen Erscheinungen (zum Beispiel Federmair 2009, welcher eingangs eine Wende zur Klassik ab Langsame Heimkehr hervorhebt, und umfassender Eisenhut 2008).

2 Methode

Dieser Beitrag untersucht und beschreibt die Verfahren des Gappings und der Wortbildung in den beiden genannten Texten Handkes und disku­tiert ausgewählte Beispiele aus den corpuslinguistisch erhobenen Gesamt­beispielen. Die gewonnenen Erkenntnisse werden sodann literaturwissen­schaftlich betrachtet und auf Handkes Poetik bezogen kontextualisiert. Die Sammlung der Beispiele der verschiedenen behandelten lingusitischen Phä­nomene stützt sich auf Ergebnisse, die aus dem Handke-Corpus des Acade­miae Corpora-Instituts (AC) der Österreichischen Akademie der Wissenschaf­ten gewonnen werden konnten[3]. Für das Handke-Corpus liegen detaillierte Metadaten vor, wie Werktitel, Erscheinungsjahr, Verlag, etc. Ebenso ist das gesamte Corpus automatisch linguistisch annotiert, d.h. mit morphosyntak­tischen Informationen versehen und lemmatisiert. Zur Identifikation der Wortklassen wurde das Tool TreeTagger eingesetzt, das die Daten mit dem STTS (Stuttgart Tübingen Tagset) annotiert.

In diesem Datenbestand wurde die absolute Frequenz der darin vorkom­menden Okkasionalismen und Gappingverfahren erhoben. Die Überprü­fung der Geläufigkeit der Formulierungen, die beispielhaft vorgenommen wurde, wurde mittels string-search in Google vorgenommen und stützt sich damit auf das umfangreichste digitale Corpus deutschsprachiger Texte der Welt.

3 Linguistische Analyse

3.1 Wortbildungsverfahren und Okkasionalismen

Ein besonders klar darstellbarer Aspekt der sprachlichen Kreativität ei­nes Schriftstellers liegt in seiner Wortbildung, und zwar in der Schöpfung von Okkasionalismen. Okkasionalismen (vgl. Christofidou 1994) sind für ein Textstück ad hoc gebildete Komposita (z.B. Wildgen 1982, Boase 1987) oder Derivationen. Es handelt sich um Neubildungen von Wörtern, welche deren Autoren für eine einmalige Verwendung in einem Text erfinden, aber nicht um Anerkennung und Weiterverwendung in der Sprachgemeinschaft zu erreichen, wodurch sie zu Neologismen werden können. Sie haben daher wenig Chance, nochmals verwendet zu werden, weder durch denselben Au­tor noch durch andere (es sei denn als Zitat). Rekurrente Okkasionalismen sind normalerweise auf denselben Text beschränkt und dienen der Charak­terisierung einer Person oder eines Objekts, z.B. das mehrmals verwendete Kompositum Stadtrand+idiot in Handkes Bildverlust. Wir beschränken uns in dieser Studie auf den Normalfall von konkatenativ entstandenen Okkasio­nalismen und geben mit dem Pluszeichen an, wo die Grenze bei der Zu­sammensetzung geläufiger lexikalischer bzw. morphologischer Bestandteile liegt.

Okkasionalismen sind daher diachron gesehen neue Wortbildungen, aber synchron sind sie im Wesentlichen mit aktuell und früher existierenden morphologisch abgeleiteten Wörtern vergleichbar, außer dass sich unter den Okkasionalismen viel häufiger ungrammatische, also illegale Wortbil­dungen befinden können, wie Arno Schmidts Wolk+in (Feminina dürfen mit dem Motionssuffix -in nur von belebten Maskulina abgeleitet werden).

Solch ungrammatische Okkasionalismen repräsentieren den höchsten Grad an Kühnheit im Rahmen der poetischen Lizenz (Dressler 1983, 2007b). Diese Art von Neubildung ist bei Handke sehr selten, in den beiden untersuchten Texten nur Studentin+zimmer (Bildverlust p. 13 in einer Gap­pingkonstruktion, s.u.) statt potenziellem Studentinnen+zimmer; sowie Ein­dringling+in (Kali p. 99).

Die weiteren Grade der Kühnheit von Neubildungen sind umgekehrt proportional mit dem Grad der Produktivität korreliert. Denn je produkti­ver eine Wortbildungsregel ist, desto weniger kühn ist ein mit Hilfe dieser Regel gebildeter Okkasionalismus. Morphologische Produktivität einer Re­gel kann mit Schultink (1961, 113) als die Möglichkeit für Sprachbenutzer, ohne bewusste Absicht eine im Prinzip unzählbare Reihe von neuen Wör­tern oder Wortformen nach derselben Regel zu bilden, definiert werden. Am produktivsten sind dabei Regeln, welche auch auf rezente Fremdwörter angewendet werden können (vgl. Dressler 2007a), wie die Kompositabil­dung ohne Fugenelement (Interfix), z.B. in Handkes Computer+diktatur (Bildverlust p. 96).

Dass Handke überhaupt rezente Fremdwörter selten verwendet, und da­her auch aus solchen gebildete Neubildungen, hat mit seiner poetischen Perspektive und seiner Arbeit an einer “neuen Klassik” zu tun. Handkes Poetik des Schauens, Anschauens und Wahrnehmens verknüpft seine Texte notwendig mit der Biographie und Erfahrungswelt des Autors, weil er nur über das schreiben kann, was er selbst wahrnimmt bzw. -genommen hat. Da Gegenstände wie z.B. Computer kaum in Handkes unmittelbarem Wahrnehmungsbereich vorkommen, finden sich die sie bezeichnenden Be­griffe auch selten in seinen Texten. Überdies vermeidet er (großteils, aber nicht per se, s.u.) die von Beginn seines Schreibens an in der Kritik stehenden Phrasen und phrasenhaften Wörter, geht also mit alltagssprachlichen Kon­ventionen vorsichtig um.

Noch kühner sind Okkasionalismen, die mit unproduktiven Wortbil-dungsregeln gebildet sind, so z.B. die Serie von Neubildungen, wie Schlaf und Aberschlaf, Tod und Abertod in Hermann Brochs Der Tod des Vergil, welche in Analogie zu dem unproduktiven Muster hunderte und aberhunderte kreiert worden sind (vgl. Dressler 2007b).

Handke bildet zwar sehr viele Okkasionalismen, aber so gut wie alle mit völlig produktiven Wortbildungsregeln. Damit schließt er an die klassische deutsche Literatur an. Der einzige nach unproduktiven Mustern gebildete Okkasionalismus, den wir in den beiden hier analysierten Handke-Texten gefunden haben, ist die Zusammensetzung der Zeitadverbien damals-jetzt (Bildverlust p. 100). Das ist insofern bezeichnend, als die Verschränkung von Vergangenheit und Gegenwart in Handkes Texten immer wieder eine zent­rale Rolle spielt (zum Beispiel in Die Wiederholung) und den Traumcharakter der in seinen Texten erzählten Geschichten unterstreicht (vgl. etwa die Zeit­angabe am Beginn des Stücks Immer noch Sturm: Jetzt, im Mittelalter, oder wann. p. 7).

Das Deutsche ist eine eher kompositionelle Sprache, so wie die meisten germanischen Sprachen, im Gegensatz zu den eher derivationellen romani­schen und slawischen Sprachen. Dieses Charakteristikum übererfüllt Handke insofern, als er fast nur kompositionelle Okkasionalismen bildet. Ausnah­men sind z.B.: vorbei+röhrten (Bildverlust p. 55); zickzackten (ebd. p. 68); zelt­stadt+haft (ebd. p. 70); unter+schlupft (ebd. p. 93); weg+geschmettert (ebd. p. 102); taumel+ig (ebd. p. 118). Das mag angesichts von Handkes intensiver Beschäftigung mit südslawischen Sprachen und der häufigen Verwendung slowenischer und – wie Handke selbst sagen würde – serbokroatischer Wörter in seinen Texten überraschen.

Auch darin folgt Handke der Normalität der deutschen Sprache, dass seine neu gebildeten Komposita hauptsächlich zweigliedrig sind. Okkasio­nalistische Mehrfach-Satzkomposita wie Bankartikelfachmann (Bildverlust p. 20), Bruchsekundenbild (ebd. p. 21), «Finanzfürstin»-Existenz (ebd. p. 22) oder Satz- bzw. Phrasenkomposita wie Nichtmehrvorhandenen, Niewiederzurückrufba­ren (ebd. p. 10), Fließwasserschwarz-Wechseln (ebd. p. 64) sind viel seltener.

Im Unterschied zu Nestroys okkasionalistischen Komposita, welche ei­nen Teil ihrer Wirkung daraus erzielen (Tumfart & Dressler 2016), dass die Kombination der beiden Teile eines prototypisch zweigliedrigen Komposi­tums überraschend ist (wie etwa in Liebes+mathematiker in Der Zerrissene), sind Handkes Neubildungen in Analogie zu einer Serie ähnlicher Kombi­nationen gebildet. In Gegenüberstellung zu Nestroy zeigt sich somit, dass Handke nicht auf Pointen abzielt (wenngleich seine Texte von einem oft verkannten, komplexen Humor geprägt sind).

Ein weiterer Unterschied zu Nestroy besteht dabei auch darin, dass so-wohl Erstglied als auch Zweitglied eines Kompositums eine beträchtliche Familiengröße haben (cf. Tumfart & Dressler 2016, allgemein: Bertram et al. 2000, Hay & Baayen 2001, Mulder 2014), d.h. dass sowohl das Erstglied in vielen anderen Komposita als Erstglied vorkommt als auch das Zweit­glied in vielen anderen Komposita als Zweitglied. Auch mit diesen beiden verwandten Eigenschaften stellt sich Handke in die klassische Tradition der deutschen Literatur.

Schließlich folgt Handke der klassischen poetischen Tradition auch in der kotextuellen Vorbereitung von Okkasionalismen, wie etwa in Kälte, ein Parfüm so frisch wie nur je eines, und dieses Kälte+parfüm (Bildverlust p. 86), die falsche Wärme. Eine an+getrimmte Wärme. (Kali p. 14), Dann folgt das Kind ihrem Blick […] Könnte auch ich so ihrem Blick folgen? Ist das jetzt ein beiderseitiger Kom­plizen+blick? (ebd. p. 18), von Schlafenden und Halb+schlafenden (ebd. p. 32).

Gewöhnlich ist die kotextuelle Motivierung in unmittelbarer Nachbar­schaft, wie in allen bisherigen Beispielen, selten erfolgt sie in Distanz, so in: Neu+leute (Bildverlust p. 46; motiviert durch Neubevölkerung p. 44), Nasen­blut+tuch (ebd. p. 53; nach aus der Nase geblutet […] weißen Taschentuch p. 52).

Selten wird ein Okkasionalismus durch den folgenden Kotext motiviert, wie in nach einer kleinen Gruß+zeit auch wieder grußlos (ebd. p. 45), das Vier+rad neben dem Dreirad neben dem Zweirad (ebd. p. 80).

Eine später erfolgende Motivation aus Distanz ist natürlich unmöglich, was der bekannten Asymmetrie zwischen anaphorischen und kataphori­schen Beziehungen entspricht.

Die Einbettung in den Kotext kann auch zu Parallelismen von Okkasio­nalismen führen, wie in Die zauberische Montags+leere, Wochenanfangs+leere (ebd. p. 64), das Aussehen von überdimensionalen Käfigen hatten, Spiel-Käfigen, Schein+kä­fig+ruten (ebd. p. 68), In meiner Kinder+gegend. Oder nein, in der Nachbargegend. In der Gegend gleich nebenan, hinter dem Kindheits+fluß, hinter dem Kindheits+see, hinter dem Kindheits+hügel. In der Gegend hinter meiner Gegend. (Kali p. 30).

Diese Beispiele illustrieren, dass sich Handkes poetische Beschäftigung mit der Wiederholung auch auf Ebene der linguistischen Wortbildungsver­fahren zeigt (Eisenhut 2008). Wir stimmen somit der Analyse zu, dass «auf der textsemantischen Ebene» die Wiederholung «als strukturierende und vernetzende Instanz im Text» funktionalisiert wird (ebd. 67).

Wenn ein Okkasionalismus nicht durch den Kotext mitbedingt ist, so kann er auch in Analogie zu einer ganz ähnlich klingenden und analog ge­bauten existierenden Wortbildung kreiert sein (vgl. dazu allgemein Mattiello 2016), so in ihrer erd+umspinnenden Legende (Bildverlust p. 16; Analogie zu erd­umspannend) und laufen quer+wald+ein (ebd. p. 52; analog zu querfeldein).

Bei beiden Beispielen liegt die Motivation zwar mehr in der paradigma­tischen Analogie zu einem im Kotext nicht vorkommenden Wort als in der Konkatenation selbst, nichtsdestoweniger können wir die existierenden le­xikalischen bzw. morphologischen Bestandteile mit dem Pluszeichen ein­deutig abgrenzen.

Als vorläufiges Fazit kann man an dieser Stelle festhalten, dass die Wort­bildungsverfahren, die Handke anwendet, seiner Poetik entsprechen. Kon­sequent behandelt er die Sprache analog zur Welt: Gegenstand seines Inte­resses ist nicht der Einzelfall, der im außergewöhnlichen Ereignis liegt, son­dern die Schönheit und Besonderheit des Allgemeinen, die Einzellfallhaf­tigkeit alles Alltäglichen. Bei Handke liegt die sprachliche Kunstfertigkeit nicht in der Übertretung von Normen, sondern darin, ihnen zu entsprechen und innerhalb ihrer Regeln das Neue und Besondere zu entdecken.

3.2 Gapping

3.2.1 Morphologie

Wodurch Handke aber in der okkasionalistischen Wortbildung hervor­sticht, ist seine Vorliebe für die aus einer Interaktion von Syntax und Wort­bildung bestehenden Gapping-Konstruktion, besonders im Bildverlust, wo wir 350 Okkurrenzen gezählt haben, viel weniger in Kali (30 Okkurrenzen). Das ist auch proportional zur jeweiligen Textlänge wesentlich weniger: Für Kali lassen sich demnach 0,19 Okkurrenzen pro Buchseite zählen, für den Bildverlust mit 0,46 Okkurrenzen mehr als doppelt so viele. Gapping (Booij 1985, 2002, Hartmann 2000, Bauer 2014, Wälchli 2015) wie in prototypi­schen Repräsentanten der Form Haupt- und Staats+zeiten (Bildverlust p. 27) besteht in der Verbindung zweier (oder viel seltener mehrerer) gleichgebau­ter Wortbildungen, bei denen das gleich bleibende Glied zunächst wegge­lassen wird und nur beim letzten komplexen Wort beibehalten wird. Gap­ping wird auch als Kompositumskoordinationskürzung bezeichnet, ein Ter­minus, der aber für die seltenen derivationsmorphologischen Gappingkon­struktionen nicht zutrifft, z.B. vor- und zurück+rumpelnden (Kali p. 118), vater- und mutter+loses Kind (ebd. p. 59).

Gehen wir zunächst näher auf den morphologischen Aspekt der Gap­pingkonstruktionen ein: Die Kürzung erfolgt fast immer nur in Vorgänger­komposita, nicht im letzten Kompositum der Gappingkonstruktion, d.h. in einem formelhaften Schema ausgedrückt vorwiegend X- & YZ mit Kür­zung von identischem Z im Erstkompositum, z.B. Dorf- oder Kleinstadt+be­wohner (Bildverlust p. 18; zur Verbindung der Komposita, hier angedeutet durch &, mehr im folgenden Syntaxteil).

Das auch im allgemeinen viel seltenere Gappingschema XY & -Z (mit Kürzung von X im Letztglied) verwendet Handke fast nie, so ein einziges Mal in Kali: Reitstiefel und -hosen (p. 40). Einige Beispiele aus dem Bildverlust: Baumblättern und -nadeln (p. 30), hierhergewanderten und -geflüchteten (p. 37; ein Gapping, welches in mündlicher Sprache, weil semantisch nicht rekonstru­ierbar, unmöglich wäre), Volkslieder und -tänze (p. 49), mittelgroßen oder -kleinen (p. 147), Winzigfische und -frösche (p. 69), herbeigelaufen, -gerannt (p. 157). Diese Asymmetrie ist erstens dadurch erklärbar, dass bei der Sprachverarbeitung erstens das in Komposita rechts befindliche Haupt (E. head) des Kompo­situms leichter rekonstruierbar ist als das links befindliche Nichthaupt, wel­ches auch für die Etablierung von Textkohärenz wichtiger ist (Dressler & Mörth 2012), und zweitens, weil in mündlicher Sprache der Bindestrich nach dem Erstglied (aber nicht der Bindestrich vor dem Zweitglied) eine prosodische Entsprechung hat.

Die wesentlich häufigere Anwendung des geläufigeren Schemas bei Handke unterstützt die bereits in Bezug auf seine Kompositabildungsver­fahren formulierte These, dass der Autor nicht darauf abzielt, die (legalen) Möglichkeiten der Sprache zu erweitern oder zu überschreiten, sondern vielmehr zu zeigen versucht, dass eine neue, andere, poetische und manch­mal traumhafte Weltwahrnehmung und -(re)konstruktion in der Literatur auch innerhalb der von der Sprache zur Verfügung gestellten Möglichkeiten erreichbar ist.

3.2.2 Syntax

Wenn wir nun zur Syntax der Gappingkonstruktionen übergehen, so stellt sich zunächst die Frage: Was ist okkasionalistisch?

A) nur die Verbindung zweier existierender komplexer Wörter samt Gap­ping, wie im genannten Beispiel Reitstiefel und -hosen (Kali p. 40);

B) die Verbindung zweier komplexer Wörter selbst: Hier wäre eine corpus­linguistische Suche, ob in einem elektronischen Textcorpus Reitstiefel und Reithosen miteinander in einer Phrase verbunden wäre, für sämtli­che verhandelte Beispiele zu aufwändig, weshalb wir eine solche Unter­suchung späteren Studien überlassen;

C) (als Teilmenge von A) ein Teil der Gappingkonstruktion ist auch ein ok­kasionalistisches Kompositum.

ad A)

Ein Abgleich im elektronischen Handke-Corpus hat ergeben, dass nur sieben der Gappingkonstruktionen im Bildverlust auch in anderen Texten Handkes vorkommen und dass diese ganz geläufige Gappingkonstruktio­nen der Alltagssprache sind, nämlich: Ein- und Ausatmen (Bildverlust p. 83; p. 720), linker- und rechterhand (ebd. p. 523), Kreuz- und Quergehen (ebd. p. 569; p. 658), Tag- und Nachtgleiche (ebd. p. 586), Vater- und Mutterland (ebd. p. 599), Obst- und Gemüsekisten (ebd. p. 704), Berg- und Talbahn (ebd. p. 709). Dasselbe gilt für das einzige Beispiel in Kali: Vor- und Nachteile (p. 91). Sämtliche dieser Formulierungen sind, wie eine Überprüfung mittels Google string-search ergeben hat, geläufige Phrasen. So zeigt sich, dass Handkes Poetik nach der Krise Phrasen durchaus zulässt, wobei diese immer gezielt eingesetzt wer­den. Als Beispiel dafür unterziehen wir an dieser Stelle eine der genannten Mehrfachokkurrenzen einer genaueren Analyse.

Die Geläufigkeit dieser Gappingkonstruktionen lässt zwar naheliegend erscheinen, dass sie mehrfach vorkommen; wie exakt und gezielt Handke dennoch auch solch alltagssprachliche Wendungen einsetzt und in welch enger Verbindung auch die allgemeinen Wendungen zu seiner Poetik ste­hen, zeigt sich daran, wo die Formulierungen noch auftauchen. Als Beispiel sei hier das Vater- und Mutterland herausgegriffen: die zweite Okkurrenz die­ser Formulierung findet sich in Die Fahrt im Einbaum oder Das Stück zum Film vom Krieg (1999; p. 51). In zeitlicher Nähe zum Bildverlust entstanden verhan­delt dieser Bühnentext, wie auch der Bildverlust auf ganz eigene Weise, die “Jugoslawien-Thematik”. Sein Verhältnis zum südslawischen Raum leitet sich Handke biographisch über die Herkunft seiner kärntnerslowenischen Mutter her (vgl. Hannesschläger 2013, Weller 2011), während Krieg rheto­risch traditionell mit einem “Vaterland” in Verbindung steht; so setzt Handke diese Formulierung gezielt und bewusst an Stellen und in Texten, an und in denen sich diese Elemente treffen. Wie eine Gegenprüfung mit­tels Google string-search zeigt, kommt die Formulierung Vater- und Mutter­land in literarischen Texten vor und in oft politisch fragwürdigen Texten über Heimatverbundenheit. Der Einsatz der Formulierung dient also bei Handke dem Ziel, sie von politischen Konnotationen zu befreien; dies ist auch für Handkes Einsatz des Begriffs Heil festgestellt worden (Dronske 2013).

Die genannten acht Fälle sind etwas mehr als 1% der Gappingkonstruk­tionen in beiden Texten. Auch dies beweist, dass Handke okkasionalistische Gappingkonstruktionen genau für eine einzige Textstelle plant. Das ver­wundert nicht, wenn man bedenkt, dass Handke nach Genauigkeit (wenn auch nicht im Sinne von Präzision, sondern von Sensibilität) trachtet; die Worte, die in seinen Texten zu lesen sind, wählt und setzt er bewusst und aufmerksam, Verfahren der Weltbeschreibung werden kaum wiederholt, weil Wahrnehmung momentgebunden und kaum exakt wiederholbar sei. Auch andere Beispiele von Gappingkonstruktionen im Bildverlust, die auch in anderen Texten vorkommen, sind insofern ebenfalls andernorts in Hand­kes Werk zu erwarten, weil sie Hauptthemen seiner Poetik behandeln: das Ein- und Ausatmen als Repräsentation von Rhythmus, das Jäger- und Sammler­tum als Repräsentation des in-der-Natur-Seins und das Kreuz- und Quergehen, dass die poetische Grundkonstante Handkes, das nicht zielgerichtete zu-Fuß-Gehen (vgl. z.B. Steinfeld 2012), repräsentiert (ein Element der Poetik, das Handke – bei aller sonstiger Differenz – mit Thomas Bernhard gemein­sam hat).

Allerdings befinden sich unter den von Handke nur ein einziges Mal ver­wendeten Gappingkonstruktionen auch ganz geläufige wie Berg- und Tal+landschaft (Bildverlust p. 29). Auch das scheint, an obige Ausführungen anschließend, nicht überraschend: In der allgemeinen Sprache geläufige Formulierungen können im Kontext einer Poetik der Genauigkeit durchaus vorkommen und demnach situationsgebunden “wahr” sein, aber auf keine weitere wahrgenommene und literarisch verarbeitete Situation zutreffen.

ad C)

Okkasionalistische Komposita kommen in allen formalen Gappingtypen vor, so im Typ XY & -Z in eher Gesellschaftsunfähige oder eher -unwillige (Bildver­lust p. 17), Winzig+fische und -frösche (ebd. p. 69), Werkkompanie oder -truppe (ebd. p. 72), torbreites und -dickes (ebd. p. 97). Beim Typ X- & YZ stehen die Okkasionalismen am häufigsten an zweiter Stelle, d.h. sind als solche expli­zit zu erkennen, z.B. im Bildverlust in den Haupt- und Staats+zeiten (ebd. p. 27), zwischen zwei welt- wie geldbedeutenden Flüssen (ebd. p. 47), Abfahrts- und Rück­kehr+stunde (ebd. p. 96), Solches Undeutlich- und Irgendwer-Werden (ebd. p. 98), in dem schweiß- und speichel+dampfenden Verschlag (ebd. p. 118). Von den fünf Okkurrenzen in Kali seien genannt: wenn nicht tag- so fast bühnen+hell (p. 10), in die Weide- und Wasser+land+weite (ebd. p. 152). Beispiele aus der selteneren Erstposition des Okkasionalismus (kein Beispiel in Kali) sind im Bildverlust ihre Wege- und Unternehmungslust (p. 88), vater- und mutterseelenallein (ebd. p. 221, welches eine volksetymologische Verbalhornung sowie Teilübersetzung von Frz. moi toute seule ist). Okkasionalismen in beiden komplexen Wörtern der Gappingkonstruktion sind wieder häufiger, so im Bildverlust der Grund- oder eher Untergrundzug (ebd. p. 20, wobei der Begriff Untergrundzug reseman­tisiert wird und nicht mehr eine U-Bahn, sondern eine verborgen zugrun­deliegende Eigenschaft meint), so etwas wie eine Vor- oder Nachkriegs+stille (ebd. p. 36), Die Winter-, die Januar-Reisende (ebd. p. 80), Sierra- und Mancha-wärts (ebd. p. 209). Das einzige Beispiel in Kali ist an den Meeres- und Wüs-ten+reklamen (p. 19). Ein ungekürzter Okkasionalismus ist klarerweise leich­ter verständlich als ein gekürzter. Handke erleichtert daher öfter das Ver­ständnis gekürzter Okkasionalismen in Erstposition bzw. in beiden Positi­onen durch Bindestrichsetzung oder Formulierungen wie so etwas wie (Bild­verlust p. 36).

Wie zu erwarten ist die Gappinggruppe fast immer zweigliedrig, so im­mer beim Schema XY & -Z. Daher gibt es kein Gapping in der Aufzählung Eine Kochmütze. Ein Kochhalstuch. Eine Kochschürze. Ein Kochknieschutz. Kochpan­toffeln aus Lindenholz (Bildverlust p. 126). Die Hervorhebung der Kochutensi­lien und die Wiederholung des ersten Elements weisen an dieser Stelle be­reits voraus auf die baldige Ankunft der Heldin auf dem Schloss, wo sie den Abend mit dem Hausherrn und Koch (p. 158) verbringen wird und auch selbst in der Küche anwesend ist. Eine Gappingkonstruktion in der Form “Eine Kochmütze, -halstuch, -schürze, etc.” würde an dieser Stelle nicht densel­ben Effekt erzielen, da Handke auf die Besonderheit der einzelnen Gegen­stände hinweist, deren gemeinsamen Bereich er dabei gleichzeitig mit der Wiederholung des ersten Elements verdeutlicht.

Beispiele für die seltenen dreigliedrigen Gappinggruppen des Schemas X-, Y- & ZN (Kürzung von identischem N) sind im Bildverlust das bereits als teilweise ungrammatisch genannte Beispiel Kinder-, bis Schüler- bis Studen­tin+zimmer (p. 13), Cliquen-, Avantgarde- oder Elitenbewußtsein (ebd. p. 89), das Elektrodraht-, Scheinwerfer- und Wachturm+gelände (ebd. p. 116), mit Mathema­tik-, Russisch- und Spanischstunden (ebd. p. 129), Gebrauchs- oder Nähr- oder sons­tiger Nutzwert. Sondern der Spiel- oder Marken- oder Zeitvertreibs+wert (ebd. p. 135), Gras-, Stein- und Sand-Hochfläche (ebd. p. 182), Sterbens- und Todesgeschich­ten oder eher -anekdoten (ebd. p. 202). In Kali findet sich nur kein Übersee-, Tan­ker- oder Ozean+riesenhafen (p. 70). Inhaltlich, aber formal nicht ganz ver­gleichbar ist Messing-, Elfenbein- und anderes Blinken (ebd. p. 136). Viergliedrig und mit Bindestrichen verbunden wie ein Satzkompositum ist Kreuz-und-Quer-und-Sturz-und-Steigflug (Bildverlust p. 31), welches eine Verbindung aus zwei zweigliedrigen Konstruktionen darstellt.

Sogar fünfgliedrig ist Er ist mein Berg- und Tal-, mein Seil-, Steppen- und Wüs­ten+gefährte (ebd. p. 55). Das Verständnis der beiden ersten gekürzten Kom­posita als solche ist dadurch gegeben, dass semantisch gesehen ein Mensch kein Berg- und Tal- sein kann. Daher wird das Verständnis auch nicht durch den Neuansatz mein Seil- gestört. Ausgedrückt werden soll hier ein weltum­spannendes Gefährtentum der Heldin mit einem Abwesenden, wobei das Gefährtentum durch seine einmalige Nennung am Ende der Konstruktion sowie seine Außergewöhnlichkeit durch die ungeläufigen Verbindungen be-sonders in den Fokus gerückt wird. Dass eine Liebesbeziehung als Ge­fährtentum dargestellt wird, ist in Handkes Texten immer wieder der Fall.

Ganz selten sind noch komplexere Konstruktion, welche in der Alltags­sprache kaum vorstellbar und daher auf Bindestrichsetzung im Schriftbild angewiesen sind, so in Bildverlust die einstigen Obst- und Gemüsegärten oder -felder oder -terrassen (p. 48), wo ein Schema X- & YZ mit einem Schema -A & -B mit dreimaliger Auslassung von Z so verschränkt ist, dass das geläufigere Schema vorausgeht. Analog, aber in eine Dreiheit reduziert ist Sterbens- und Todes+geschichten oder eher -anekdoten (ebd. p. 202). Das komplex verwobene Kompositabildungs- und Gappingschema in diesen Beispielen entspricht der engen semantischen Verbindung der Begriffe, illustriert aber gleichzeitig das Anliegen des Autors, die Aufmerksamkeit der Lesenden auf die zusam­mengeführten Einzelelemente zu lenken.

Wenn wir die bisher beschriebenen morphologischen und syntaktischen Charakteristika der Gappingkonstruktionen zusammenfassen, so folgt Handke dem allgemeinen schriftlichen Sprachgebrauch, auch in der Distri­bution der Untertypen, ja erleichtert sogar der Leserschaft durch die Bevor­zugung der Letztposition von Okkasionalismen innerhalb der Gappingkon­struktionen und durch graphische und lexikalische Hilfsmittel das Ver­ständnis der Konstruktionen. Obwohl Handke im Allgemeinen als “schwie­riger” Autor wahrgenommen wird, zeigt sich, dass er sich nicht nur nach dem «Volk der Leser», (das auch ich so sehr will) (Das Ende des Flanierens, p. 158) sehnt, sondern auch in seinem Sprachgebrauch darum bemüht ist, dieses zu erreichen und sich ihm verständlich zu machen. Diese Sehnsucht nach dem «Leser-Volk» formulierte der Autor in seiner Rede zur Verleihung des Franz-Kafka-Preises 1979, und damit im zeitlichen Kontext seiner großen Schreibkrise. Die Verfahren des Bildverlusts als prototypischem Werk der “ungewöhnlichen Klassik” zeigen, dass diese Klassik auf Schönheit aus (Das Ende des Flanierens p. 157) ist, die nicht im Besonderen, sondern in der be­wussten Wahrnehmung des Alltäglichen liegt.

3.2.3 Semantik

Fokussieren wir jetzt nach Morphologie und Syntax den für die literatur­wissenschaftliche Analyse wichtigsten Aspekt der Gappingkonstruktionen, nämlich deren Satzsemantik, insbesonders die Verbindung zwischen den ge­kürzten und ungekürzten morphologisch komplexen Wörtern (hauptsäch­lich Komposita). Diese Verbindung ist gewöhnlich schon syntaktisch sehr eng, nämlich wie in der Alltagssprache durch ein einziges Wort, vorwiegend durch und (275 Okkurrenzen in beiden Texten), aber auch oder (110 Okkur-renzen). In der Alltagssprache unüblich ist die syntaktisch noch engere Ver­bindung durch Asyndese, wie in Die Winter-, die Januar-Reisende (Bildverlust p. 80) und in der asyndetischen Aufzählung in Explosionen, noch und noch, Knat­tern, Rattern, Todesgurgeln, Weiterknattern, -explodieren, und so fort. (Kali p. 17).

Andere einwortige Verbindungen sind bis (Bildverlust p. 13), wie (ebd. p. 47) oder nein (ebd. p. 183). Die längeren Verbindungen sind oder eher (Bild­verlust p. 15, 17, 20, 202), oder schon (ebd. p. 123), oder auch (ebd. p. 500), und vor allem (ebd. p. 597), und beinahe auch (ebd. p. 700), und auch (ebd. p. 231), und zugleich (ebd. p. 245), und insbesondere auch (ebd. p. 265), und ebenso (ebd. p. 313), oder gar (ebd. p. 359), und andererseits (ebd. p. 55), vielmehr bloß (ebd. p. 89), und schon gar keine (ebd. p. 89), und nicht nur (ebd. p. 366), und zwischen­durch auch (ebd. p. 145), wenn nicht (ebd. p. 107), sondern eine (ebd. p. 165), sondern womöglich fast (ebd. p. 139), und schon fast (ebd. p. 362), so fast (Kali p. 10), denn als eine (ebd. p. 119).

Die Enge der Verbindung zeigt sich auch darin, dass nach einer einfa­chen Konjunktion nie ein Artikel folgt und selbst in längeren Verbindungen Artikel (inkl. kein) fast nie vorkommen, d.h. dass sonst immer die Definit­heit bzw. Indefinitheit für die gesamte Gappingkonstruktion als Determi­nerphrase gilt. Die Verbindungen sind ein Mittel der Präzisierung, wobei diese Präzisierung nicht unbedingt eine Einschränkung bedeutet, sondern eine sensiblere Wahrnehmung und das genauere Erkennen eines spezifi­schen Elements eines weiteren Feldes. Die große Anzahl und Mannigfaltig­keit der Verbindungen illustriert Handkes «Suche nach Zusammenhang» (Bartmann 1984), der so vielgestaltig sein kann wie das Zusammenhän­gende selbst.

Eine untypische Gappingkonstruktion, welche durch eine Parenthese unterbrochen ist, kommt im Bildverlust vor: Geld- (und damit meinen Beruf) Ver­achten (p. 208).

Wenn wir genauer die Satzsemantik der Verbindungen der okkasionalis­tischen Gappingkonstruktionen (Typ A) betrachten, so zeigt sich beim häu­figsten Typ, der bloßen Verbindung durch und, dass es sich nie um seman­tisch enge Verbindungen des Typs Augen und Ohren handelt, sondern dass sich die Konstruktion einfach auf nebeneinander koexistierende Entitäten bezieht, die der Autor auf den ersten Blick willkürlich zusammenstellt. Da­bei zeigt sich aber bei genauem Hinsehen, dass er damit die Lesenden auf Zusammenhänge zwischen Begriffen aufmerksam machen möchte, die sich nicht unmittelbar erschließen, sich aber durch die Verbindung mit dem ge­meinsamen Zweitglied eröffnen, wie im Bildverlust in den Beispielen in den Haupt- und Staats+zeiten (ebd. p. 27), Schalt- und Vermittlungsstelle (ebd. p. 81), Geld- und Computer+diktatur (ebd. p. 96), Spieler- und Spekulaten+massen (ebd. p. 135), keine Marter- und Drohbilder mehr (ebd. p. 175), schrumpligen Gebirgsäp­feln und -kartoffeln (ebd. p. 185), Hiesigkeits- und Lebenswelt (ebd. p. 203), die Himmel- und Bodenfarben (ebd. p. 215), und in Kali in Meeres- und Wüsten+re­klamen (Kali p. 19), Krankenwagen- und Feuerwehrsirenen (ebd. p. 40), Weide- und Wasser+land+weite (ebd. p. 152). Ebenso in diese Reihe fällt das interessante Beispiel die Traum- und Geistererzählungen in Tibet (Bildverlust p. 37) – hier zeigt Handke mittels Gapping die Verbindung auf, die im Rahmen seiner Poetik zwischen Träumen und Geistern (der Toten) gezogen wird. Im Traumstück Immer noch Sturm etwa träumt die Erzählerfigur die Geister sei­ner Vorfahren herbei: Ich rufe euch aus den Gräbern zur Auferstehung. (Immer noch Sturm p. 155).

Ein weiteres Beispiel ist zwischen zwei welt- wie geld+bedeutenden Flüssen (Bild­verlust p. 47), wobei der Reim des Erstglieds eine engere formale Verbindung erzielt, und expliziter Stühle […] wie zusammen- und andererseits auseinanderge­schoben (ebd. p. 55) und des alten König- und zwischendurch auch Kaiserreichs (ebd. p. 145).

Oder es handelt sich, ebenfalls im Gegensatz zum Usus der Alltagsspra­che, um einander überlappende Begriffe, wie in merk- und denkwürdigen (Bild­verlust p. 23), im All- und Arbeitstag (ebd. p. 24), an den hundert dahin+gewürfelten und -geschobenen Spielzeugen (ebd. p. 13), die orts- und landes+gewachsenen Bestände (ebd. p. 48), ihre Wege- und Unternehmungslust (ebd. p. 88), der fröhlich Eltern- und Heimatlosen (ebd. p. 102), auf jedem zweiten Wahl- und Reklameplakat (ebd. p. 105), ein Tod- und Erzfeind (ebd. p. 106).

Dies kann auch eine Intensivierung oder Präzisierung mit sich bringen, wie in: das Bedeutungslos- und Unscheinbar+werden der Vorfahren (Bildverlust p. 11), Solches Undeutlich- und Irgendwer-Werden (ebd. p. 98), Groß- und Raubvögel (ebd. p. 69), im allgemeinen Schreien- und Brüllenmüssen (ebd. p. 117), ein Hass- und Drohlied (ebd. p. 136), urwald- und urwelt+hafte (Kali p. 74).

Als zusammengehörige Begriffe, die aber entweder beide okkasionalis­tisch sind oder in einer okkasionalistischen Gappingphrase miteinander ver­bunden werden, kann man in folgenden Gappingkonstruktionen finden: auf den Baum+blättern und -nadeln (Bildverlust p. 30), samt Schiffs- und Bus+passagen (ebd. p. 31), Winzigfische und -frösche (ebd. p. 69), Lebend- und Tot+äste (ebd. p. 70), Abfahrts- und Rückkehr+stunde (ebd. p. 96), Knochen+staub und -splitter (ebd. p. 109), links- und rechts+flankig (ebd. p. 117), in dem schweiß- und spei­chel+dampfenden Verschlag (ebd. p. 118), beinah hafenstädtische Häuser- und Hüt­tenlandschaft (Kali p. 70).

und zeigt sich damit bei Handke als additives Verbindungswort, das auf die Koexistenz der verbundenen Elemente hinweist und die Pluralität der Erscheinungsformen der Welt betont.

Bei der in Gappingskonstruktionen am zweithäufigsten verwendeten Konjunktion oder ist bemerkenswert, dass diese in okkasionalistischen Kon­struktionen so gut wie nie eine exklusive Bedeutung hat (Lat. aut), d.h. im Sinne von entweder X oder Y (Lat. aut – aut) verwendet wird. Und entweder X oder Y, welches Handke ansonsten relativ häufig verwendet, kommt bei Gapping in den beiden untersuchten Texten überhaupt nur ein einziges Mal vor: ihr das Schlechtestmögliche entweder nach- oder vorherzusagen (Bildverlust p. 61). Die nicht-exklusive Verwendung von oder in Verbindung mit Gapping zeigt, dass Handkes Anliegen beim Einsetzen von Gapping im Bereich der Er­weiterung und Präzisierung der Bilder liegt, die er in seinen Texten schafft.

Ansonsten wird oder im Sinn von oder auch (Lat. vel), zum Teil ähnlich wie nicht eng verbindendes und verwendet: so sah sie eines Sommer- oder Wintermor­gens (ebd. p.10), der Mondlichtschatten…so anders als Flugzeug- oder Vogelschatten in der Sonne (ebd. p.20), so etwas wie eine Vor- oder Nachkriegsstille (ebd. p.36), Viertel- oder Halbkreis+flug (ebd. p.69), Werkkompanie oder -truppe (ebd. p.72), ob pfeil- oder parabelförmig (ebd. p.81), ein Schneuztuch … schneuzt, ein Schneuz- oder Sacktuch (ebd. p.85), ohne irgendein Cliquen-, Avantgarde- oder Elitenbewußt­sein (ebd. p.89), mittelgroßen und -kleinen (ebd. p.147). Das gilt auch in Kalidie fernen alpen- oder pyrenäen+hohen Bergketten (Kali p.34), Feierabend- oder Schicht­wechselsirene (ebd. p.134), Übersee-, Tanker- oder Ozeanriesenhafen (ebd. p.70), Hut- oder Kappeziehen (ebd. p. 109).

Dabei kann der zweite den ersten Ausdruck, zumindest leicht, verbes­sern, etwa in stehen- oder sitzenließ (Bildverlust p. 26), als eine Art Asyl- oder Aus­ruhzone (ebd. p. 31), dieser … hierhergewanderten oder -geflüchteten Stadtrandleute; von der beruhigenden oder beruhigenwollenden (ebd. p. 37), «hell- oder quittengelb» (ebd. p. 184).

Dieser Gebrauch von oder entspricht der expliziteren Verbindung durch oder eher: auf die Gegen- oder eher Nebenspur (ebd. p. 15), und sonst eher Gesell­schaftsunfähige oder eher -unwillige (ebd. p. 17), als der Grund- oder eher Untergrund­zug (ebd. p. 20), Sterbens- und Todesgeschichten oder eher -anekdoten (ebd. p. 202). Dem verwandt sind auch die Beispiele im Halb- oder schon im Tiefschlaf (ebd. p. 123), Völkerfeindschaften, die in der Regel jahrhunderte-, wenn nicht jahrtausendeal­ten (ebd. p. 107), nicht bloß wort-, sondern womöglich fast lautlosen (ebd. p. 139), und in Kali: wenn nicht tag- so fast bühnen+hell (Kali p. 10), auch weniger eine Werk- denn als eine Markthalle (ebd. p. 119). Eine vollständige Korrektur scheint aber Gapping weitgehend auszuschließen, wie in Kali: In meiner Kindergegend. Oder nein, in der Nachbargegend. (ebd. p. 30). Wir haben nur ein einziges Beispiel mit Gapping gefunden: keine Liebes-, sondern eine Kampfnacht (Bildverlust p. 165).

Handke verwendet Gapping somit nicht nur als Stilmittel, sondern bringt dieses Verfahren bewusst dort zum Einsatz, wo er im Gegenstand seines Schreibens Verbindungen und Verwandtschaften entdeckt, die sich durch ein gemeinsames Bindeglied ausdrücken lassen. Wenn von einander ausschließenden Gegenständen die Rede ist, kommt Gapping deshalb nicht zum Einsatz, weil der dabei notwendige Bindestrich selbst über den Gap hinweg eine Verbindungslinie legt, die zwischen oppositionellen Gegen­ständen fehl am Platz wäre.

Ein weiteres Charakteristikum von Handkes Gappingkonstruktionen, das diese These weiter stärkt, ist die Vermeidung von Negationen. Analog zur Vermeidung von entweder – oder kommt weder – noch bei Gapping gar nicht vor, obwohl Handke sonst weder – noch häufig verwendet (79 Okkur­renzen im Bildverlust). Besonders stark vermeidet Handke eine negative Ver­bindung innerhalb der Gappingkonstruktion. Die einzigen Beispiele, die wir gefunden haben, sind: Luft- und keine Abfluss+löcher (Bildverlust p. 419), eine bronze-, nein namenlos+farbene Taukugel (Bildverlust p. 183; dagegen in einem Wettbewerb, nein einem Wettkampf, p. 162, ohne Gapping).

Ein wenig häufiger sind der Gappingkonstruktion übergeordnete Nega­tionen: keine Gemeinschafts- und schon gar keine Gesellschafts+gefühle mehr (ebd. p. 89), kein Anhauch von Todes- oder Vergehens+angst (ebd. p. 222). Diese Beispiele zeigen, dass Handkes zentrales Anliegen die Betonung von Gleichzeitigkeit und Vielschichtigkeit von Phänomenen selbst dann ist, wenn er diese Phä­nomene im Rahmen einer gemeinsamen Negation ausschließt.

4 Conclusio und Ausblick

Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass eine detaillierte Ana­lyse der Wortbildungs- und Gappingverfahren, die Peter Handke anwendet, durchwegs an seine Poetik rückgekoppelt werden kann. Der Autor konstru­iert durch enge Gappingverbindung eine vermeintlich nicht vorhandene Enge der inhaltlichen Zusammengehörigkeit koexistierender Entitäten und teilt so mit seiner Leserschaft einen poetischen Blick auf das, «was die Welt» – mit Handkes literarischem Vorbild Goethe gesprochen – «im Innersten zusammenhält».

Die Sprachverwendung Handkes, die einen unverkennbaren literari­schen Stil erzeugt, ergibt sich aus seinen poetischen Anliegen und ist durch­wegs inhaltlich motiviert. Die Auflistung der mittels Corpus erhobenen Bei­spiele ist demnach nicht nur für eine linguistische, sondern auch für eine literaturwissenschaftliche Analyse höchst nützlich und erlaubt, qualitativ analysierte Verfahren quantitativ zu belegen. Wir sehen diese Studie daher als erfolgreich an und planen Folgeanalysen einerseits des Handke-Corpus in der Dissertation von Vanessa Hannesschläger, andererseits von weiteren Corpora zu österreichischer Gegenwartsliteratur, um Vergleichsgrößen zu dieser ersten erfolgreichen Studie zu erlangen, in der Linguistik und Litera­turwissenschaft mittels Corpusanalyse zusammengeführt werden konnten.

Literatur

Primärliteratur

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Für die vorliegende Auswertung von Handkes Bildverlust und Kali wurde das Peter Handke-Corpus des Academiae Corpora-Instituts der Österreichischen Aka­demie der Wissenschaften verwendet.

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[1] Ebd., S. 554; Buddecke und Hienger weisen diesbezüglich auf Handkes Jonke-Rezen­sion In Sätzen steckt Obrigkeit (Der Spiegel, 21.4.1969) hin.

[2] Aus Notizen von Hans Höller für den Workshop zum Handke-Corpus im Jahr 2013 zur Kontextualisierung von auffälligen Kompositabildungen im Bildverlust, die für die Arbeit an diesem Aufsatz freundlicherweise eingesehen werden durften.

[3] Die in dieser Arbeit zitierten Werke Handkes sind in der Literaturliste angegeben. Dank für die Erlaubnis, mit dem Handke-Corpus zu arbeiten, gilt Evelyn Breiteneder und Hanno Biber vom AC sowie Raimund Fellinger und dem Suhrkamp Verlag.