Monika Leipelt-Tsai

(Taipei City, Taiwan)

Intertext als Gedenken. Herta Müllers Roman «Der Fuchs war
damals schon der Jäger» in Konstellation mit Texten von Günter Grass

[Intertext as Remembrance. Herta Müller’s Novel «Even back then, the Fox was the Hunter»
in Constellation with Texts by Günter Grass
]

abstract. This article traces intertextual references in Herta Müller’s 1992 novel Even back then, the Fox was the Hunter with Günter Grass’s texts as a dialogical form of remembrance. In conjunction with an excerpt from Günter Grass’s Peeling the onion, selected passages are examined to show how these texts articulate in exemplary manner a remembrance of experiences of dictatorship, war, and National Socialism. Herta Müller’s and Günter Grass’s texts discuss contemporary historical “collective events” in a special literary conjunction of fiction and memory distinguished from the historical discourse which invokes reality.

I. Einleitung

Intertextuelle Schnittstellen wurden in Herta Müllers Texten bereits in der Forschung untersucht[1], aber man findet wenig zu ihren versteckten Verweisen auf Texte von Günter Grass. Neben Müller ist Grass, der den Literaturnobelpreis zehn Jahre vor ihr erhielt, ebenfalls ein herausragender Vertreter des Schreibens gegen das Vergessen. Während sie den Literaturnobelpreis dafür erhielt, dass sie «mittels der Verdichtung der Poesie und der Sachlichkeit der Prosa Landschaften der Heimatlosigkeit»[2] zeichne, gewann Grass, «weil er in munterschwarzen Fabeln das vergessene Gesicht der Geschichte gezeichnet hat»[3]. Auf unterschiedliche Weise arbeiten beide für ein Gedenken als eine der zentralen Aufgaben von Literatur. Im Folgenden werden Spuren zu intertextuellen Verknüpfungen als eine dialogische Form von Gedenken mit Grass’ Texten verfolgt. In Konstellation mit einem Textausschnitt aus Grass’ Roman Beim Häuten der Zwiebel von 2006 wird durch Close Reading anhand ausgewählter Passagen von Müllers Roman Der Fuchs war damals schon der Jäger aus dem Jahr 1992 exemplarisch untersucht, wie und mit welchen Schreibstrategien in den Texten für ein Gedenken an Erfahrungen von Diktatur, Krieg und Nationalsozialismus gearbeitet wird. Müllers und Grass’ autobiografisch inspiriertes Schreiben verhandelt zeitgeschichtliche “Kollektivereignisse” in einer besonderen literarischen Verknüpfung von Fiktion und Erinnerung, die vom sich auf Realität berufenden historischen Diskurs abzugrenzen ist. Intertextualität liest sich nicht allein in Günter Grass’ Beim Häuten der Zwiebel, vielmehr kommt sie auch in Müllers Roman Der Fuchs war damals schon der Jäger auf höchst unterschiedliche Weise zum Tragen (u.a. in der Zwergenfigur als motivische und im Jagdspiel als strukturelle Intertextualität).

II. Intertext als Gedenken

In der “Echokammer” des Leseprozesses läuft neben der Erfahrung eines «Horizontwandels»[4] (als einer Art Veränderung im rezipierenden Bewusstsein) zugleich auch eine Wiederholung ab, die durch das Zuordnen von Textelementen zu Codes produziert wird. Jeder dieser Codes besteht aus einer Serie von Stereotypen, welche nach Roland Barthes zuvor Gelesenes oder Erlebtes zitieren:

Der Code ist eine Perspektive aus Zitaten, eine Luftspiegelung von Strukturen. […] Die aus ihm hervorgegangenen Einheiten […] sind […] aufleuchtende Splitter von diesem Etwas, das immer schon gelesen […] war.[5]

Barthes’ Metaphorik der Splitter als Umschreibung von schon Gelesenem verweist darauf, dass literarische Lektüren auch aus dem Bestand der bereits verarbeiteten Texte schöpfen. Eine «Intertextualität»[6] besteht dabei u.a. in umgreifend genereller Dimension im Sinne von Julia Kristeva bezüglich von bekannten Prätexten. Diese universale Begriffsauffassung besagt, dass jeder poetische Text als Ergebnis von Transformationen einer Vielzahl weiterer konstitutiver Textstrukturen (d. h. semiotischer Codes und kultureller Zeichensysteme) wirkt. Kristeva erweiterte generalisierend Michail Bachtins Begriff der Dialogizität der Stimmen innerhalb eines einzelnen Textes[7] und umschrieb ihr Intertextualitätskonzept auch als «Transposition»[8] entsprechend der Entstellungsarbeit des Traumes bei Freud. Wie sich zeigen wird, lässt sich durch die Textstrategie der Intertextualität ein Zusammenspiel verschiedener Verfahren entfalten, die die Leseprozesse der Texte steuern, obschon Herta Müller in ihren Texten Günter Grass nicht direkt anspricht.

Intertextuelle Verflechtungen können auch als eine Form von Gedenken aufgefasst werden. Der Begriff “Gedenken” ist eine Nominalisierung des gleichlautenden Verbs, das zum einen «die Erinnerung an jemand […] pflegen»[9] und zum anderen «etwas beabsichtigen»[10] bedeutet. Demnach knüpft es nicht allein an Vergangenes an, vielmehr ermöglicht es polysemisch auch einen Verweis auf die Zukunft. Das Etymologische Wörterbuch verweist weiterhin auf die Bedeutungsverflechtung des Verbs «gedenken» mit «erinnern», welches u.a. die Bedeutung «ins Gedächtnis zurückrufen»[11] trägt. Welche semantische Besonderheit findet sich beim abgeleiteten Nomen “Erinnerung” im Vergleich zu “Gedenken”? “Erinnerung” bezeichnet u.a. einen «im Gedächtnis bewahrte[n] Eindruck»[12] und betont neben seiner semantischen Verknüpfung mit dem Begriff “Gedenken” im Lexem «-inne-» etwas «inwendig»[13] Tiefliegendes. Das Präfix «er-»[14] kann u.a. das Erzielen eines Zustands bezeichnen. Demzufolge könnte man “Erinnerung” als einen Zustand formulieren, welcher sich aus dem im Gedächtnis bewahrten Eindruck (aus dem Innern heraus) einstellt. Im Unterschied zu dieser eher statischen Identität von “Erinnerung” rückt der Begriff “Gedenken” als nominalisiertes Verb in seiner Prozessualität[15] die Aktivität ins Interesse. Eine Erinnerung kann als etwas formuliert werden, das zuvor verinnerlicht wurde und dessen Einschreibung erneut – vom Angedenken angestoßen – nachträglich wiederholt ins Gedächtnis kommt. Das Erinnern selbst beinhaltet zugleich ein Nichterinnern von dem, was tief ins Archiv[16] der Verdrängung eingeschlossen ist.

III. Ein Versteckspiel?

Günter Grass’ Buch Beim Häuten der Zwiebel aus dem Jahr 2006 wird aufgrund der darin verwendeten Selbstfigurationen oft als autobiografischer Roman gelesen[17]. Grass wurde wegen des späten Zeitpunkts der Offenbarung seiner Mitgliedschaft in der «Waffen-SS»[18] kritisiert, der er laut einem Interview mit der FAZ als Jugendlicher im Alter von 17 Jahren angehörte. Auch sein Protagonist tritt dort als 17-Jähriger ein[19]. Julia Kanchana Schlichting hat bereits auf Grass’ Figuren hingewiesen, die

den Zweiten Weltkrieg erlebt haben und in der Folge mit den (unbewältigten) Erfahrungen und deren Verarbeitung und somit Deutungshoheit […] konfrontiert sind […]. Ihnen allen ist gemein, dass sie sich zu den traumatischen Erlebnissen des Krieges zu positionieren versuchen.[20]

In der ambivalent-konflikthaften Erfahrung des Krieges befinden sich diese jugendlichen Figuren zwischen einer Unbedarftheit und der Fähigkeit zur Reflexion. Grass’ Metaphorik der Zwiebel deutet durch ihre Schichtenstruktur eine Ambivalenz an. Das Erzählen von Erinnerung wird so als historische Wahrheit und zugleich als Narration von unterschiedlich erscheinenden Ge-Schichten problematisiert. In Grass’ Zwiebel, wo meist von der Zeit zwischen 1939 bis 1959 erzählt wird, heißt es schon auf Seite 2: «Die Erinnerung liebt das Versteckspiel der Kinder. Sie verkriecht sich». Dieser Satz gibt nicht nur einen Wink auf eine verhüllende Eigenschaft von Erinnerung, vielmehr wird durch die Verknüpfung des Kindlich-Spielerischen mit der Funktion des Erinnerns auch eine Unschuld assoziiert. In einem Interview betonte Grass die Fiktionalität seines Icherzählers und präzisiert, dass ihm ein Statuieren von Fakten unmöglich sei, denn er schreibt: «Ich könnte gar nicht autobiografisch schreiben, weil ich sofort ins literarische Lügen geriete»[21]. In Differenz zum wehrdienstverweigernden Helden «Wirtunsowasnicht» im gleichnamigen Kapitel erweist sich der Icherzähler in Vom Häuten der Zwiebel als schuldverstrickt. Wie liest sich das “munterschwarze Fabulieren” bei Grass?

Fest steht, daß ich Mitte April zweimal als Teil einer zusammengewürfelten Gruppe hinter die russischen Kampflinien geraten war. […] Und jedesmal war ich Teil eines Spähtrupps mit unklarem Auftrag.[22]

Grass setzt den Icherzähler mit einem Ort («hinter die russischen Kampflinien») und einem Zeitpunkt («Mitte April») in Beziehung und bezeichnet die Aufgabe der Kampftruppe als «unklar- «. Unklar bleibt aber auch Grass’ Formulierung, so dass man sich fragt: Was war unklar an dem Auftrag? Wurde der Auftrag vom Vorgesetzten undeutlich artikuliert? Doch wenn dies temporal mit dem Adverb «jedesmal» bestimmt wird, gaben demnach alle Vorgesetzten von Spähtrupps unklare Aufträge? Das kann kaum der Fall sein. Wird so sprachlich angedeutet, dass die Erinnerung des Icherzählers lückenhaft ist, ein «immer wieder gestückelte[r] Film»[23], der auch reißen kann? Grass’ Text lässt die Lesenden Vermutungen anstellen. In den folgenden zwei Absätzen wird dann durch direkte Quellenangabe intertextuell Bezug genommen auf eine andere Kriegserzählung, Grimmelshausens Roman Der Abenteuerliche Simplicissimus Teutsch[24], den der Icherzähler als Schüler gelesen haben soll. Es wird u.a. auf das Glück von Grimmelshausens Protagonisten verwiesen, welcher immer wieder Schlupflöcher gefunden habe. Das intertextuelle Verknüpfen mit Grimmelshausen wird von Grass auch stilistisch durch syntaktische Einschübe eingesetzt:

Die erste Gelegenheit, im Maschinengewehrfeuer zu krepieren oder in Gefangenschaft zu geraten […], ergab sich, als ein versprengter Haufen von sechs oder sieben Mann, den ein Feldwebel befehligte, den Versuch unternahm, aus dem Keller eines einstöckigen Hauses auszubrechen. Das Haus stand im russisch besetzten Teil eines Dorfes […].

Wie wir hinter die russische Linie geraten sind und in den Keller des einstöckigen Hauses […] ist unklar. […] Der Name der umkämpften Ortschaft, die in der sandigen Lausitz lag und sich als Straßendorf in die Länge zog, blieb ungenannt oder wurde von mir vergessen.[25]

Ein Blick auf die Wortwahl in diesem Absatz zeigt, dass Grass Jargon nutzend («krepieren») und mit mehrfachem Einsatz der exkludierenden Konjunktion «oder» sowie Adverbien wie «unklar», «ungenannt» und dem Verb «vergessen» die Erzählung in der Schwebe hält. Diese raffinierte Verschleierungstaktik geht dem Inhalt genau komplementär. Einzig die Tatsache, dass eine Gruppe des «wir» sich hinter der russischen Linie befindet, bleibt deutlich. Aus wie vielen Personen genau diese Gruppe besteht, bleibt jedoch unklar («sechs oder sieben»). Ob es zur Zeit der Handlung keine Informationen gab oder diese vom Erzähler zum Zeitpunkt des Erzählens vergessen wurden, bleibt ebenso völlig offen. Das Verbum «geraten» indiziert in diesem Kontext zudem, dass das «wir», der eigentliche Akteur, in einer gewissen Passivität und nicht durch eigene Wahl bzw. sein Tun an einen Ort versetzt wurde. Diese Verbform deutet so auf eine Entschuldung der Taten dieser Gruppe: In dieser passivischen Aktivität könnten diese Jugendlichen der Waffen-SS im Kontext mit den Simplicissimus-Rückbezügen im Hin und Her des Krieges ebenfalls etwas einfältig erscheinen.

Grass’ Narration erweist sich auf raffinierte Weise von Lücken durchsetzt, welche – narrativ und närrisch zugleich – eine von den Lesenden als Wahrheit gesuchte Handlungsebene zersetzen und die anzunehmende Handlung in Zweifel ziehen lassen. Man kann bei Grass von einer «Karnevalisierung des historischen Prozesses»[26] sprechen. Polysemien und der intertextuelle Bezug auf Grimmelshausen als prominent literarische Erzählung von Geschichte produzieren Ambiguitäten und problematisieren ein Wissen von Wahrheit. Das narrative Prinzip der «Ästhetisierung vom Akt des Erinnerns und vom Anspruch auf Erinnerung zu Themen des Zweiten Weltkriegs»[27] bei Grass hinterfragt die vermeintliche Authentizität von Erinnerungsleistung und gemahnt an die Unzuverlässigkeit des menschlichen Gedächtnisses. Grass’ Text scheint darauf zu verweisen, dass es eine Unsicherheit im Prozess des Erinnerns zu bedenken gilt. Ironisierend schreibt er sich so in die Tradition des Picaros ein, welcher gewitzt wie ein Schelm eine singuläre Möglichkeit von Geschichte verkehrt.

IV. Kinder und Zwerge

Auch Herta Müllers Texte sind keine historische Geschichtsschreibung, die sich auf einen singulären Wahrheitsdiskurs beruft, sondern gehören dem poetisch-literarischen Diskurs an. In schlichtem Stil und im Verfahren der Montage fokussiert ihr Text nicht allein themen- und inhaltsbezogen, sondern auch narrativ auf vermeintliche «Nebensächlichkeiten und Kleinigkeiten»[28]. Wie thematisiert und funktionalisiert sie das Erinnern? In Der Fuchs war damals schon der Jäger erinnert sich ein Kind, das durch eine «Einsamkeit»[29] als alteritär markiert wird, an die vorherige Nacht und erzählt der Lehrerin «Adina» von seiner Teilnahme an einer Demonstration nahe der Kathedrale:

Dort wohnt der ungarische Pfarrer, dort waren viele Leute beten und singen. […] Die Polizisten und Soldaten haben gefroren, sagt das Kind. Adina sieht die grauen Warzenketten an den Fingern. Die Pappeln stehen spitz und kahl im Himmel. Meine Mutter hat gesagt, überall wo niemand ist, kann jemand sein […], sagt das Kind.[30]

Diese Szene kurz vor dem Sturz des Diktators führt einen besonderen dialogischen Sprachmodus vor: Es liest sich eine textuelle Dialogizität als Zwiegespräch des Kindes mit der Lehrerin Adina, welcher überlagernd einen intratextuellen Dialog mit seiner Mutter vorführt. Den die Bürgerbewegung observierenden staatlichen Repräsentanten wird adäquat eine Kälte («gefroren») zugeordnet, die im übertragenen Sinn für Gefühllosigkeit stehen kann. Die Figur «ungarische[r] Pfarrer» verweist neben der Rolle der Kirche in den Massenprotesten auch auf die ethnische Heterogenität der rumänischen Bevölkerung, welche von der sozialistischen Einheitspartei als Singularität propagiert wurde. Rhetorische Figuren der repetitio dieser Passage (u.a. «sagt das Kind») implizieren Kreisbewegungen von Wiederkehr und Unveränderlichkeit, welche einen Wandel der Verhältnisse in Rumänien nicht erwarten lassen[31]. Die Erzählerposition im rätselhaft übergangslosen Aussagesatz «Die Pappeln stehen spitz und kahl im Himmel» erscheint opak. Da er ohne Sprecherzuschreibung direkt nach einer der Protagonistin zugesprochenen Perzeption folgt, scheint eine Wahrnehmungsbeschreibung durch diese wie auch durch eine Erzählerinstanz möglich. Auch dem Kind könnte sie zugesprochen werden, da «Meine Mutter hat gesagt» anschließt. Die enigmatische Ver-Ortung des Pappelmotivs «im Himmel» lässt an den Tod denken, denn Pappelholz wird auch zur Herstellung von Särgen verwendet. So wird ein bedrohender Machtmechanismus in den Pappeln als «Überwachungssystem»[32] lesbar.

Der Textausschnitt zeigt exemplarisch, dass in der Diktatur die bedrückende Atmosphäre des Zwangs auf die Bevölkerung Wirkung zeigt. In der einem Paradoxon affinen Rhetorik («wo niemand ist, kann jemand sein») wird deutlich, dass Müllers Narrativ von Erinnerung die Atmosphäre des Widersinns in Szene setzt, welcher in einem totalitären Staat durch Unterdrückung und gegenseitige Überwachung generiert wird. In der Forschung wurde bereits bei der Untersuchung der Naturmotivik unter dem Aspekt der Auseinandersetzung mit dem politischen System darauf hingewiesen, dass Müller die Natur «niemals einfach mimetisch»[33] beschreibt. Müller transformiert sie vielmehr poetisch in einer metonymischen Verschiebung, wenn die Pappeln zu Messern werden und aggressiv wirken, als ob sie «das passiv sitzende Subjekt angreifen und ihm Leid antun»[34]. In dieser verkehrten Welt wird durch die übergreifende Observation eine systemische «Abgründigkeit»[35] vorgeführt, die ein erträgliches Leben verunmöglichen.

Müller operiert mit einer verdichteten Sprache, die in einer «lyrischen Verknappung»[36] die Differenz von Wahrnehmung und Erfindung aufzuheben scheint. Nur scheinbar Unscheinbares wird wichtig, wenn mit sezierend “kindlichem” Blick die Bäume ihre Grenzen überschreiten. Welches Subjekt betroffen ist, «Adina», das Kind, oder beide, bleibt dabei offen. Es wird deutlich, dass die narrative Instanz in Fuchs nicht eindeutig in der Handlungsebene erscheint, sondern sich einer festlegbaren Position entzieht. Natur erscheint nicht als Fluchtpunkt, vielmehr als bedrückendes «Sinnbild für das umfassende Ausgeliefertsein des [Einzelnen] an das System»[37]. In dieser (nur) scheinbar kindlichen Perspektive auf die Welt lassen sich Spuren von Unheimlichkeit in alltäglichen Dingen aufspüren. Der Begriff des «Unheimlichen»[38] als etwas, das zugleich unvertraut und vertraut ist, bezeichnet nach Sigmund Freud eine Angst vor der Wiederkehr des Verdrängten. Das einst Vertraute kehrt in verfremdeter Form wieder und stört. Dies wird in Müllers Roman mit der Strategie der Ironie verknüpft, wenn die parodistisch in einen vampiristischen Beißer aus den Karpaten transformierte Figur des ausbeutenden Fabrikdirektors[39] auf einen Kleinwüchsigen rekurriert:

Manchmal klopft es an der Tür […], ich höre es kaum. Und wenn ich die Tür öffne, ist da keiner, wenn ich nicht gleich nach unten schau. Dann […] hält der Zwerg ein Blatt Papier in der Hand und sagt nichts. Und geht, noch bevor ich was sagen kann.[40]

Die Zwergenfigur verdeutlicht ebenfalls eine Unheimlichkeit, verlinkt mit einer verfremdenden Alterität, die vom «Direktor» durch konstantes Nichterinnern an dessen Namen[41] verdrängt wird. Die Zwergenfigur referiert auf mythologische Gestalten des Märchendiskurses und kann als Variante von Müllers Kinderfigur mit einer stärkeren Emphase auf Alterität aufgefasst werden. Sie berührt zudem auch intertextuell die Figur des Protagonisten «Oskar» in Grass’ Nachkriegsroman Die Blechtrommel[42], welche er selbst im «Zweiten Buch» mit folgenden Worten umschreibt:

Natürlich sahen die beiden [mutmaßlichen Halbgeschwister Stephan und Marga] in mir das anomale, bedauernswerte Zwergenkind, kamen sich selbst gesund und vielversprechend vor, waren ja auch die Lieblinge meiner Großmutter Koljaiczek.[43]

Die Formulierung vom «Zwergenkind», das als «anomal» betrachtet wird, verdeutlicht, dass der Protagonist der Blechtrommel ein Kleinwüchsiger ist. Die in diesem Fall vorliegende intertextuelle Beziehung kann auch als motivische «Anspielung» bezeichnet werden[44]. Allerdings bestehen große thematische und stilistische Differenzen in den Narrativen. Während in Müllers Roman der Zwerg nur eine unter vielen Figuren ist, erscheint Grass’ rückblickende Erzählinstanz selbst als Kleinwüchsiger, dessen pikareske Erzählungen unzuverlässig bleiben, zumal ihn die Rahmenhandlung in einer Heilanstalt lokalisiert. Im Unterschied dazu entzieht sich die narrative Instanz bei Müller (s.o.). Ferner steht die Hilfsbereitschaft des Müller’schen Zwergs, an dem man sich buchstäblich stößt[45], dem teilweise unmoralischen Tun von Grass’ mehrdeutiger Zwergenfigur (u.a. Täuschung, Diebstahl, versuchte Denunzierung) gegenüber. Ihre Funktion hingegen korrespondiert, indem beide Zwergenfiguren die Norm der Einheitskultur durchbrechen und gegen eine diktatorische Ordnungsmacht arbeiten. Sie fallen dadurch «gleichsam durch das Raster der Überwachung»[46]. Mit diesen alteritären Figuren wird auf eine «Bewusstseinsveränderung der Lesenden»[47] gezielt:

Diese Schuhe, diese Beine, dieser Rücken verstören den Blick, der leer bleiben will. Auch wenn Jahre vergehen in der Fabrik, sieht kein Auge den Zwerg an, ohne sich selber dabei zu spüren.[48]

Ein verstörender Effekt der Wiedererkennung in einer unheimlichen Spiegelung wird hier evident, die in der kleinwüchsigen (kindhaften sowie zwergenhaften) Figur reflektiert wird. In der alteritären Figur des Anderen zeigen sich demnach Attribute und Möglichkeiten jedes Menschen. Diese Alterität stört die gesellschaftliche Gleichförmigkeit und die strukturelle Macht der dominanten, normierend-normalisierenden Ordnung. Die Figuren der Alterität spiegeln einen Widerstand, der der Konformität von diktatorisch-hierarchischen Ordnungen entgegengebracht wird und die Macht subvertiert. Wahrnehmungs- und Wissensformationen werden so in Frage gestellt.

V. Jagdspiele

Die Zwergenfigur weckt das Interesse, auf die Jagd nach weiteren intertextuellen Spuren in Müllers Fuchs zu gehen. So fällt eine spannende Textstelle ins Auge, wo der Kehlkopf des Fahrers, der Schulkinder zur quälenden Tomatenernte auf die Felder bringt, wie folgt beschrieben wird:

Mähdrescher sind hoch, sagt der Fahrer, das ist gut, wenn man oben sitzt, sieht man im Weizen nicht die Toten liegen. Sein Hals ist behaart, sein Kehlkopf zwischen Hemd und Kinn eine hüpfende Maus, auch der Weizen ist hoch, sagt er, von den Hunden der Soldaten sieht man nur die Augen. Nur für die Flucht ist der Weizen zu klein.[49]

Der die Kinder überwachende Mann spricht hier über Landesflüchtige, die von den rumänischen Soldaten entdeckt und erschossen werden. Wenn der Weizen nicht abgeerntet ist, werden diese Toten im Weizenfeld aus der Höhe eines Mähdreschers jedoch nicht gesehen. Die scheinbar kontingent eingeschobene Metapher der Maus als verkürzter Vergleich für den Kehlkopf des Fahrers, welcher – vom tabuisierten Thema bedrückt – zu schlucken scheint («hüpfend-»), erweist sich als intertextuelle Referenz auf die Figur des Außenseiters «Mahlke» aus Grass’ Novelle Katz und Maus von 1961. Mit Müllers Sprachgestus des Insistierens auf dieses Motiv heißt es darauf «sein Kehlkopf hüpft vom Kinn ins Hemd»[50]. Indem die Bewegung eines Kehlkopfs zweimalig durch das Verb “hüpfen” bezeichnet wird, wird der Verweis auf das bekannte Grass’sche Motiv deutlich signifiziert. In Katz und Maus berichtet ein Icherzähler von einem Jungenstreich, als er eine Katze dazu brachte, statt mit einer Maus mit dem großen Adamsapfel seines am Sportplatz schlafenden Freundes Mahlke zu spielen, «denn Mahlkes Adamsapfel wurde der Katze zur Maus»[51]. Nach Mahlkes Verschwinden fühlt Grass’ Icherzähler sich gejagt, wenn er an seine schuldhafte Verstrickung erinnert wird, und scheint schließlich selbst die Rolle der Maus zu spielen. Die Struktur dieses raffinierten narrativen Chiasmus im Katz-und-Maus-Spiel bei Grass transferiert Müller in ihrem Roman in einen neuen Kontext, nämlich in die Observation der Protagonistin «Adina» durch den rumänischen Geheimdienst. Die Position der jagenden Katze wird nun buchstäblich zum Jäger. Statt wie bei Grass ein Gedenken an den Nationalsozialismus anzustoßen, wird sein Chiasmus des «Jagdspiels» als strukturelle Intertextualität von Müller metonymisch auf traumatische Ereignisse in der rumänischen Diktatur übertragen. Indem anfangs die Protagonistin «Adina» die Gejagte darstellt, zeigt sich die Struktur der Jagd auch in Fuchs. Wie schon in Grass’ Katz und Maus kreuzen sich ebenfalls in Müllers Roman später die Rollen und scheinen sich ins Gegenteil zu verkehren, als schließlich Parallelen vom Jäger zur Protagonistin gezogen werden («Adina will der Jäger sein»[52], «ihr Blick ist der Jäger»[53]), wenn ihre Freundin mit dem Geheimdienst zusammenarbeitet. Müllers Roman macht eine Verkettung von Opfer und Täter deutlich. An die Lektüreerfahrung der Lesenden anknüpfend, spielt er intertextuell mit dem Motiv der Grass’schen Novelle, die zum Korpus der kanonischen deutschsprachigen Literatur[54] gehört, und schreibt sich zugleich darin ein.

VI. Die Vätergeneration

Obwohl das tägliche Leben von der Ohnmacht des Einzelnen geprägt ist, zeigt die Protagonistin in Fuchs Widerstand, als ein Mann der Securitate sie zur inoffiziellen Mitarbeit zwingen will. Müller formuliert dies so:

Er hat gefragt, warum, ich habe gesagt, ich kann damit nicht leben. […] Als er weg war, habe ich an dieser Wand meinen Vater gesehen, mit ausgehöhlten Wangen und großen Ohren.[55]

Die Protagonistin verweigert sich hier dem Druck, für die Securitate zu arbeiten, und halluziniert im Folgenden das Bild ihres Vaters. Weshalb wird die Absage an die Mitarbeit als Spitzel mit der Erinnerung an den Vater verknüpft? Im Blick auf eine ähnliche Szene in Müllers Essayband Immer derselbe Schnee und immer derselbe Onkel heißt es bezüglich der Weigerung, mit der Geheimpolizei mitzuarbeiten:

Aber ausgegangen ist diese Verweigerung vom Mitmachen meines Vaters. Zuallererst wollte ich nicht so werden, wie er damals mit siebzehn war, weil man alle Jahre danach sah, an ihm sah, wie das nie mehr aufhört, wenn man sich verstrickt.[56]

Die Lebensgeschichte der Icherzählerin wird hier mit der Figur des Vaters verwoben, und sich zugleich reflektierend davon abgesetzt. Im Gedenken an den Vater[57] wird nach dessen Tod der Nationalsozialismus angesprochen, wenn sich Müller wie der Icherzähler in Grass’ Zwiebel ebenfalls auf einen Jugendlichen im Alter von 17 Jahren bezieht:

[I]ch [habe] von Anfang an und dann immer wieder über meinen Vater geschrieben. […, er] ging 1943 mit seinen siebzehn Jahren freiwillig in die Waffen-SS. Wahrscheinlich war er ein “tüchtiger” Soldat, er wurde Oberscharführer. Das war schon alles, was er erzählte. Der Krieg selbst ging in keinen Satz hinein.[58]

Diese Schreibszene verweist auf den Einfluss ihres Vaters und das Paradox von gleichzeitiger Liebe und Hass, die das Schreiben initiierten. Mit der Strategie der Auslassung wird von Müller das Schreckliche des Krieges in eine Leerstelle des Nichtsagbaren transformiert. Während in Zwiebel durch Grass’ Formulierungen Fiktion und historische Geschichte zu höchst unsicheren Begebenheiten verschränkt werden, um das Ungewisse von Erinnerungen aufzuzeigen, liest sich Müllers Narration vom Krieg und der Waffen-SS als reine Leerstelle des Unsagbaren («ging in keinen Satz hinein», s.o.), die einen Bruch (in) der Erzählung generiert. Diese Tabuisierung bewirkt etwas, das Abraham/Totok in ihrer Wiederaufnahme Freuds als «transgenerational haunting»[59] bezeichnen. Dieses beschreibt eine Art über Generationen hinweg weitergetragenes Trauma, welches durch die Lücken lesbar bleibt: «the gaps left within us by secrets of others»[60]. In Müllers Texten liest sich so die Figur des Vaters als ein Phantom, mit dem sich die Icherzählerin imaginär identifiziert. Wofür es keine Sprache gibt und was aus der Ordnung der Sprache herausfällt, muss nachträglich anders formuliert werden.

VII. Ausblick

Der Begriff “Gedenken” kann als Anstoß formuliert werden, der ein Erinnern als nachträgliche Wiederholung produziert. Im Unterschied zur Erinnerung betont der Begriff des Gedenkens – als Ergebnis des ereignishaften Vorgangs “Erinnern” – das Hervorbringen einer Bewegung. Barthes” “aufleuchtende Splitter” von etwas schon Gelesenem erweisen sich so in Herta Müllers Texten als signifikant. In einer exemplarischen Analyse von Müllers Der Fuchs war damals schon der Jäger in Konstellation mit einer Passage aus Günter Grass’ Beim Häuten der Zwiebel wurde angeschnitten, dass beide Romane bemerkenswerte Strategien mit direkten und indirekten Bezügen zu fremden und eigenen Texten verfolgen, und die Auseinandersetzung mit Vergangenheit auf höchst unterschiedliche Weise inszenieren. Beide verschränken narrativ Fiktion und historische Geschichte zu einer poetischen Polyphonie von intertextuellen Verknüpfungen, die eine Form von Gedenken tabuisierter Themen der Vergangenheit produzieren. Bei Grass wurde eine Instabilität von Erinnerung entfaltet, die zur Bedrohung von Identität führt. Müllers Passagen zeigten thematisch Varianten von Alterität und eine gespaltene Position, welche in das Subjekt selbst projiziert und generalisiert wird, wobei autobiografische Züge deutlich herausgestellt und zugleich verfremdet wurden. Müller und Grass verdeutlichten, dass es keine eindeutige Grenze zwischen autobiografischen und fiktionalen Texten gibt, sondern dass die Texte als poetisch Erdachte zu bedenken sind.

In Fuchs steht Müller verdeckt im Dialog mit den vor dem Jahr 2006 publizierten Texten von Grass, um durch Rekontextualisierung und Transposition von bekannter Motivik und Struktur eine gleichfalls provokant-aufrüttelnde Wirkung zu erzielen. Wie schon Grass die Zwergenfigur als “ewiges Kind” einsetzte, so erweist sich auch bei Müller – parallel zum Topos des fremden Kindes[61] – auf neuartige Weise die Zwergenfigur als Chiffre der Alterität. Müller verdichtet das Motiv des Jagdspiels aus Grass’ Katz und Maus auf besondere Weise durch die Rhetorik der repetitio, zum einen bezüglich des Motivs selbst, zum anderen bezüglich einer chiastischen Verschränkung der Handlungsebene. Sie knüpft auf diese Weise an die Rezeption der Lesenden an, welche sich an Grass’sche kanonisierte Texte als schon Gelesene erinnern. In der Dialogizität mit Grass’ Texten wird so das Gedenken an die Problematik des Nationalsozialismus und das Leben in Diktaturen wie in einem Palimpsest in einer Bewegung der Neueinschreibung wieder aufgelegt. Intertext wird dabei als besonders instabile Stelle des Textes genutzt[62]. Bei Müller wird so das Konzept des Autors erneut[63] als singuläre Einheit in Frage gestellt. Zu bedenken ist hierbei auch, dass Müllers Roman Der Fuchs war damals schon der Jäger im Jahr 1992 publiziert wurde und das intertextuelle Spiel von ihr demnach vor der Bekanntgabe von Grass’ «Waffen-SS»-Mitgliedschaft betrieben wurde. Nach 2006, d.h. nach der Veröffentlichung von Beim Häuten der Zwiebel, hätte sich Müller mit Sicherheit von Grass (wie schon von ihrem biografischen Vater) deutlich distanziert. Somit liest sich das intertextuelle Gedenken in Fuchs heute als eine komplexe, sehr ambige Beziehung zu Grass’ Texten, wenn sie als von einem berühmten literarischen Vorläufer inspiriert erscheinen. Mit anderen Worten, nach Bekanntwerden der SS-Vergangenheit von Grass wird keiner ihrer späteren Texte ein solches intertextuelles Spiel zu lesen geben, was aber als Leerstelle nicht nachweisbar ist[64]. Der zur Generation ihres Vaters gehörende und im literarischen Kanon vorausgegangene Nobelpreisträger Grass schreibt: «Was ich mit dem dummen Stolz meiner jungen Jahre hingenommen hatte, wollte ich mir nach dem Krieg aus nachwachsender Scham verschweigen»[65]. Nach der genannten Option, sich narzisstisch selbst zu belügen, hat diese «Scham» einen provokanten Dichter hervorgebracht, der neun Jahre vor seinem Tod schließlich «den Doppelbuchstaben»[66] öffentlich eingestand.

Michael Braun betont eine spezielle Ästhetik der Texte Müllers im Unterschied zu Grass, die er als «ästhetische Wende in der Erinnerungsliteratur»[67] bezeichnet. Müllers Texte im Modus der «erfundenen Wahrnehmung»[68] erweisen sich wie Grass’ karnevalisierende Texte als literarische Verknüpfung von Fiktion und Erinnerungen, welche weder Historiografie noch Autobiografie sind. Grass schreibt «Wer sich ungenau erinnert, kommt manchmal dennoch der Wahrheit um Streichholzlänge näher, und sei es auf krummen Wegen»[69]. Müller hingegen spricht sich konsequent gegen das «Mitmachen» aus[70] und würde, so darf man annehmen, eine Figur wie die des fahnenflüchtigen Helden, dem Modell für «Mahlke»[71], nicht in gleicher Weise der Lächerlichkeit preisgeben. Vielmehr bietet Müller für die Zukunft eine Erzählung von Widerstand, die insbesondere gegen die Angst vor Vernichtung zum psychischen Überleben gebraucht wird. Ihre Texte, die gegen eine Vereinheitlichung und Ritualisierung des Gedenkens arbeiten, geben auch für die Zukunft in ihrer Dialogizität intertextueller Verflechtungen mit Grass’ Texten erneut zu denken und gedenken.

Literatur

“gedenken”, Wikitionary, das freie Wörterbuch, https://de.wiktionary.org/wiki/gedenken (aufgerufen 17. Juli 2018).

“Günter Grass enthüllt: «Ich war Mitglied der Waffen-SS»”, FAZ, 11.08.2006, http://www.faz.net/aktuell/gesellschaft/menschen/guenter-grass-enthuellt-ich-war-mitglied-der-waffen-ss-1354882.html (aufgerufen 23. Juli 2018).

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Braun, Michael: Die Erfindung der Erinnerung: Herta Müllers “Atemschaukel”. In: Gegenwartsliteratur. Ein germanistisches Jahrbuch. Hg. von Paul Michael Lützeler und Erin McGlothlin. Schwerpunkt: Herta Müller. (Stauffenburg) 10/2011, S. 33-53.

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[1] So z.B. zu Paul Celan (vgl. u.a. Herta Haupt-Cucuiu: Eine Poesie der Sinne. Herta Müllers “Diskurs des Alleinseins” und seine Wurzeln. Hamburg (Igel) 1996, S. 132-44; Iulia-Karin Patrut: Schwarze Schwester – Teufelsjunge. Ethnizität und Geschlecht bei Paul Celan und Herta Müller. Köln (Böhlau) 2006), zu Ingeborg Bachmann (vgl. Grazziella Predoiu: Faszination und Provokation bei Herta Müller. Frankfurt a. M. (Peter Lang) 2001, S. 93-105; Monika Leipelt-Tsai: Spalten – Herta Müllers Textologie zwischen Psychoanalyse und Kulturtheorie. Frankfurt a. M. (Peter Lang) 2015, S. 145-7), zu Thomas Bernhard (vgl. Paola Bozzi: Der fremde Blick. Zum Werk Herta Müllers. Würzburg (Königshausen & Neumann) 2005, S. 52-7; Haupt-Cucuiu, S. 145-53), zu Peter Handke (vgl. Bozzi, S. 62-5) und zu Italo Calvino (vgl. Margaret Littler: Beyond Alienation. The City in the Novels of Herta Müller and Libuše Moníková. In: Brigid Haines (Hg.): Herta Müller. Contemporary German writers. Cardiff (University of Wales Press) 1998, S. 36-56 (S. 51); Morwenna Symons: Room for Manoeuvre. The role of Intertext in Elfriede Jelinek’s “Die Klavierspielerin”, Günter Grass’s “Ein weites Feld”, and Herta Müller’s “Niederungen” and “Reisende auf einem Bein”. London (Maney Publishing) 2005, S. 134-51.

[2] Vgl. 1999 und 2009 in Nobelprize.org. The official Website of the Nobel Prize, LINK (aufgerufen 13. Mai 2018).

[3] Vgl. ebd.

[4] Robert Jauß: Literaturgeschichte als Provokation. 3. Aufl., Frankfurt a. M. (Fink) 1973, S. 178.

[5] Roland Barthes: S/Z. 2. Aufl., Frankfurt a. M. (Suhrkamp) 1994, S. 25.

[6] Vgl. u.a. Manfred Pfister/Ulrich Broich (Hg.): Intertextualität. Formen, Funktionen, anglistische Fallstudien. Tübingen (Niemeyer) 1985, S. 14.

[7] Vgl. Michail Bachtin: Literatur und Karneval. Zur Romantheorie und Lachkultur. München (Hanser) 1969, S. 101-2, 124-5.

[8] Julia Kristeva: Die Revolution der poetischen Sprache. Frankfurt a. M. (Suhrkamp) 1978, S. 69.

[9] “gedenken”, Wikitionary, das freie Wörterbuch, LINK (aufgerufen 17. Juli 2018).

[10] Ebd.

[11] Etymologisches Wörterbuch des Deutschen. 2. Aufl., durchgesehen und ergänzt von Wolfgang Pfeifer, Berlin (Akademie Verlag) 1993, S. 294.

[12] Ebd.

[13] Ebd.

[14] Ebd., S. 292.

[15] Verben beschreiben keine Zustände, sondern Ereignisse, vgl. Dieter Mersch: Ereignis und Aura. Untersuchungen zu einer Ästhetik des Performativen. Frankfurt a. M. (Suhrkamp) 2002, S. 249.

[16] Zur Verdrängung als Archivierung siehe Jacques Derrida: Dem Archiv verschrieben. Berlin (Brinkmann und Bose) 1997, S. 116.

[17] Vgl. Carsten Gansel: Zwischen Störung und Affirmation – Zur Rhetorik der Erinnerung im Werk von Günter Grass. In: Carsten Gansel, Markus Joch und Monika Wolting (Hg.): Zwischen Erinnerung und Fremdheit. Entwicklungen in der deutschen und polnischen Literatur nach 1989. Göttingen (V&R Unipress) 2015, S. 147-175, hier S. 155.

[18] Günter Grass enthüllt: «Ich war Mitglied der Waffen-SS». In: FAZ, 11.08.2006, LINK (aufgerufen 23. Juli 2018).

[19] Vgl. Günter Grass: Beim Häuten der Zwiebel. 2. Aufl., München (dtv) 2015 (nachfolgend mit der Sigle Zwiebel zitiert), S. 133-4.

[20] Julia Kanchana Schlichting: Die “Nach-Vergangenheit” als neues Zeitfenster und die Bedeutung des Siebzehnjährigen – Zur Poetologie des Zweifels. In: Mirosław Ossowski (Hg.): Günter Grass. Werk und Rezeption. Gdańsk (Wydawnictwo Uniwersytetu) 2013, S. 65-74, hier S. 72.

[21] Richard E. Schade: Layers of Meaning, War, Art: Grass’s “Beim Häuten der Zwiebel”. In: The German Quarterly, July 2007, 80 (3), S. 279-301, hier S. 281.

[22] Zwiebel, S. 145.

[23] Zwiebel, S. 139.

[24] Grimmelshausens Roman wurde selbst als hochgradig intertextuell befunden (vgl. Achim Aurnhammer: Simplicius zwischen Herzbruder und Olivier. In: Simpliciana: Schriften der Grimmelshausen-Gesellschaft, 25 (2003), S. 47-62, hier S. 49.

[25] Zwiebel, S. 146-147.

[26] Vgl. Nikita Gladilin: Postmoderne deutschsprachige Literatur. Genese und Haupttendenzen der Entwicklung. Würzburg (Königshausen und Neumann) 2015, S. 93.

[27] Schlichting, S. 66.

[28] Hiroshi Yamamoto: «Im Geschau anderer Sprachen». Einige Randbemerkungen zur Problematik der Übersetzbarkeit von Herta Müllers Romanen. In: Jens Christian Deeg/Martina Wernli: Herta Müller und das Glitzern im Satz. Eine Annäherung an Gegenwartsliteratur. Würzburg (Königshausen und Neumann) 2016, S. 319-333, hier S. 325.

[29] Herta Müller: Der Fuchs war damals schon der Jäger. Roman. München (Hanser Verlag) 2009 (nachfolgend mit der Sigle Fuchs zitiert), S. 227.

[30] Fuchs, S. 228.

[31] Warzen indizieren neben unhygienischen Verhältnissen eine Ansteckungsgefahr durch die “krank machende” Doktrin der diktatorisch-staatlichen Macht. Zum Warzenmotiv siehe Martina Hoffmann/Kerstin Schulz: “Im Hauch der Angst”. Naturmotivik in Herta Müllers “Der Fuchs war damals schon der Jäger”. In: Ralph Köhnen (Hg.): Der Druck der Erfahrung treibt die Sprache in die Dichtung. Bildlichkeit in Texten Herta Müllers. Frankfurt a.M. (Peter Lang) 1997, S. 79-94, hier S. 91.

[32] Ebd., S. 84.

[33] Ebd., S. 81.

[34] Predoiu, S. 119-120.

[35] Norbert Otto Eke: “Zeit ist geblieben/Zeit ohne Zeit”. Chronotopische Konstruktionen im Werk Herta Müllers. In: Jens Christian Deeg/Martina Wernli (Hg.): Herta Müller und das Glitzern im Satz. Eine Annäherung an Gegenwartsliteratur. Würzburg (Königshausen und Neumann) 2016, S. 53-71, hier S. 55.

[36] Claudia Becker: “Serapiontisches Prinzip” in politischer Manier. Wirklichkeits- und Sprachbilder in Niederungen. In: Norbert Otto Eke (Hg.): Die erfundene Wahrnehmung: Annäherung an Herta Müller. 2. Aufl., Hamburg (Igel) 2009, S. 29-36, hier S. 33.

[37] Hoffmann/Schulz, S. 82.

[38] Sigmund Freud: «Das Unheimliche». Studienausgabe, Band IV, Psychologische Schriften, Frankfurt a. M. (Fischer) 1982.

[39] Dieser ist von «Mottenfalter[n]» (Fuchs, S. 115) umgeben und hinterlässt mit den Zähnen auf dem Schenkel seiner Sekretärin schmerzhafte Spuren, eine intertextuelle Referenz auf Bram Stokers «Dracula».

[40] Fuchs, S. 117.

[41] Vgl. Fuchs, S. 119.

[42] Günter Grass: Die Blechtrommel. Roman. 16. Aufl., München (dtv) 2006.

[43] Ebd., S. 275.

[44] Unter «Anspielung» versteht Genette die fragmentarische, nicht deklarierte Entlehnung, die verfremdet ist und die die Lesenden nur erkennen, wenn ihnen der Bezugstext bekannt ist (vgl. Gérard Genette: Palimpseste. Die Literatur auf zweiter Stufe. Frankfurt a. M. (Suhrkamp) 1993, S. 10.

[45] Vgl. Fuchs, S. 123.

[46] Yamamoto, S. 323.

[47] Becker, S. 35.

[48] Fuchs, S. 116.

[49] Fuchs, S. 62.

[50] Ebd., S. 63.

[51] Günter Grass: Katz und Maus. Eine Novelle. München (dtv) 2004, S. 7.

[52] Fuchs, S. 168.

[53] Ebd., S. 223.

[54] Herta Müller hat laut Aussage von Prof. Dr. Roxana Nubert an der West-Universität Timişoara u.a. Germanistik studiert (vgl. ein Gespräch mit ihr am 27.08.2015 auf dem IVG Weltkongress in Shanghai).

[55] Fuchs, S. 214f.

[56] Herta Müller: Immer derselbe Schnee und immer derselbe Onkel. München (Hanser) 2011 (nachfolgend mit der Sigle Schnee zitiert), S. 93.

[57] Der biografische Vater der Autorin gehörte wie Grass der SS-Division Frundsberg an, vgl. Katrin Hillgruber: Herta Müller. Der Himmel über dem Banat, Der Tagesspiegel, 29.04.2010, LINK (aufgerufen 13. Dezember 2018). Die Frage der Autofiktionalität, die in der Forschung bereits oft behandelt wurde und auch bezüglich der Figur des Vaters gestellt werden kann, wird an dieser Stelle nicht weiter diskutiert und bleibt einer zukünftigen Abhandlung vorbehalten.

[58] Schnee, S. 85-86.

[59] Nicolas Abraham/Maria Totok: The Shell and the Kernel. Renewals of Psychoanalysis. Chicago Illinois (University of Chicago Press) 1994, S. 171.

[60] Ebd.

[61] Vgl. u.a. Patrut, S. 160.

[62] Vgl. Symons, S. 156.

[63] Vgl. Leipelt-Tsai, S. 88, S. 248.

[64] Dabei steht dies ganz im Unterschied zu Harold Blooms «Einflussangst» (vgl. Harold Bloom: The anxiety of influence. A theory of poetry. Oxford (Oxford University Press), 2. Aufl., 1997), denn es findet sich keine Bedrohung der Kreativität, vielmehr eine ethisch-politische Differenz.

[65] Zwiebel, S. 127.

[66] Ebd.

[67] Michael Braun: Die Erfindung der Erinnerung: Herta Müllers “Atemschaukel”. In: Gegenwartsliteratur. Ein germanistisches Jahrbuch. Hg. von Paul Michael Lützeler und Erin McGlothlin. Schwerpunkt: Herta Müller. (Stauffenburg) 10/2011, S. 33-53, hier S. 49.

[68] So laut Herta Müller selbst, vgl. u.a. Herta Müller: Wie Wahrnehmung sich erfindet. Paderborner Universitätsreden. Paderborn (Rektorat der Univ.) 1990.

[69] Zwiebel, S. 10.

[70] Vgl. Schnee, S. 93.

[71] Zwiebel, S. 103.