Philipp Kampa

Halle (Saale)

Kunst als (botanisches) Studium der Natur?
Bemerkungen zu Goethes Schrift
«Einfache Nachahmung der Natur, Manier, Stil»

[Art as (botanical) study of nature? Notes on Goethe’s essay «Simple imitation of nature, manner, style»]

abstract. Goethe’s essay Einfache Nachahmung der Natur, Manier, Stil is steeped in an analogy: The life science of botany serves as an aesthetic foil, botany and art are set in parallel – to show how Goethe develops this, and what it implies, is the aim of this paper.

In seiner 1789 im Teutschen Merkur erschienenen Abhandlung Einfache Nachahmung der Natur, Manier, Stil bringt Goethe in Sachen Kunstproduktion die Figur des «unterrichtete[n] Botaniker[s]» (Goethe 1789: 228) aufs Tableau[1]. Der Naturwissenschaftler wird herangezogen als es Goethe darum geht, den Weg zur höchsten, auf der einfachen Nachahmung der Natur gleichsam aufliegenden Stufe von Kunst, und zwar zum Stil, fasslich zu machen. Als Paradigma für die beste Form von Kunstproduktion hält also eine Naturwissenschaft her. Wie gelangt Goethe zu diesem Gedanken, und, vor allem, welche Implikationen bringt dieser Ansatz (für Goethes Kunstverständnis) mit sich?

In den Dunstkreis des Naturwissenschaftlichen stößt Goethe bereits im Auftakt seiner kurzen Schrift vor, einem vom Rest des Textes abgesetzten Vorspann. Dieses Vorstoßen bezieht sich dabei zunächst auf methodische Überlegungen; Goethe will streng wissenschaftlich vorgehen, indem er aufs Allgemeine drängt. Begriffe werden, so Goethe, von «jede[m] […] meistens in einem eignen Sinne» (Goethe 1789: 225) verwendet; dieser Lässlichkeit sucht er etwas entgegenzustellen; implizit wird das Gebot definitorischer Schärfe, vor allem das Gebot der Generalisierbarkeit aufgefahren. Die eruierten Prinzipien rücken damit in die Nähe von Naturgesetzen. Das im Eingang Markierte nun begegnet später als Prinzip der Kunst selbst wieder, als ein Drängen auf das Allgemeine und auf Tiefe, das sich mit der Kunst sozusagen wesenhaft verbindet (vgl. Berghahn 1997: 536).

Auf die methodischen Überlegungen folgt eine Auffächerung des künstlerischen Tuns in drei Sphären. Unter einfacher Nachahmung der Natur versteht Goethe eine etwas betuliche, «ängstlich[e]» (Goethe 1789: 226), ja, mehr oder weniger knechtische Annäherung an die Natur, die (noch dazu) in der Regel «von ruhigen, treuen, eingeschränkten Menschen» (Goethe 1789: 226) ausgeführt wird. Mit mehr Kontur als im mit Einfache Nachahmung der Natur überschriebenen Abschnitt kommt die erste Phase des Kunstschaffens ex negativo, gleichsam als Widerpart, in dem Manier gewidmeten Teil des Textes zum Tragen: Sie tritt dort als Tun zu Tage, das darauf hinausläuft, «der Natur ihre Buchstaben im Zeichnen nur gleichsam nachzubuchstabieren» (Goethe 1789: 226); eine solche Anähnelung des Werkes an das Vorbild indes, so Goethe weiter, «schließt ihrer Natur nach eine hohe Vollkommenheit nicht aus». (Goethe 1789: 226). Hierin deutet sich Goethes Eintreten für das Naturstudium als Schlüssel zur gelingenden Verfertigung von Kunst an. Selbst derjenige nämlich, der recht unfrei nachahmt, der, mit anderen Worten, die «Nachbildung der Natur in ihrer äußeren Erscheinung» (Grätz 2010: 143) betreibt, erlangt einen Einblick in das Wesen der Natur. Das Unfassbare wird fasslich-unfassbar. Die im weiteren Verlauf des Aufsatzes immer stärker herausgeschälte Idee, es «müsse jede künstlerische Praxis auf einer profunden Kenntnis der Natur aufruhen» (Ehrmann/Wolf 2016: 29), hat hier ihren Ausgangspunkt. Die einfache Nachahmung der Natur erscheint – stellt man das späterhin Folgende, und zwar die Assoziation des Stils mit Tiefe, in Rechnung – nicht nur als die erste Phase der Kunstproduktion, sondern auch als das erste Stadium wissenschaftlichen Anschauens; die Engführung von Naturwissenschaft und Kunst wird sozusagen überevident; die Grenzen zwischen beiden Formen von Weltaneignung verschwimmen miteinander.

Die Systematik, die Goethe auffährt, ist von der Zeichenkunst, von der Malerei her gedacht; die Beispiele, die er in seinen Aufsatz integriert, rühren aus diesem Feld her[2]. Es ist hier wohl der Umstand, dass Malerei allein vom Augenschein leichtfertiger mit Nachahmung assoziiert werden kann als etwa die Poesie oder gar die Musik (vgl. z.B. Eckel 2015: 9). Auch der Botanikvergleich, den Goethe bringt, fügt sich in diesen Rahmen, insofern sich Botanik als systematisierende, über bildliche Nachweise, über Verzeichnisse arbeitende Wissenschaft definitorisch rasch eingrenzen lässt. Durch die mit ihr verbundene besondere Treue gegenüber der Natur kommt die einfache Nachahmung der Natur dem sehr nahe, was Goethe im weiteren Verlauf seines Aufsatzes mit dem Stichwort “Botanik” zu sagen versucht – dem geflissentlichen Studium der Natur. Goethe kommt immer wieder auf die basal-naturkundliche einfache Nachahmung der Natur zurück; sie und damit auch das mit ihr verquickte Moment des “Auftaktstudiums, der wissenschaftlichen Herangehensweise, mutet wie die Grundoperation künstlerischen Schaffens an. Hierin entbirgt sich also das Primat der Natur. Sie ist derjenige Phänomenbereich, aus dem die Künste schöpfen (müssen)[3].

Manier bildet die nächsthöhere Stufe in dem Raster, das Goethe aufbietet. Wenn der, der über Manier verfügt, eben nicht bloß getreulich nachahmt, dann schreibt ihm Goethe ein gewisses Maß an Freiheit und, nicht zuletzt, Mut zu; er ist eben nicht «zu ängstlich» (Goethe 1789: 226), um schlechterdings “abzukopieren”; «die subjektive Produktivität und Kreativität des Künstlers» (Grätz 2010: 145) kommen also in einem gänzlich anderen Maß zum Tragen, beziehungsweise kommen sie überhaupt erst zur Entfaltung. Dadurch, dass Goethe in Sachen Manier auf das Moment des Mutes abstellt, erscheint die einfache Nachahmung der Natur als ein Modus, der der Authentizität gebricht; aus Mangel an Eigenem sucht der schlichte Nachahmer das Andere, die empirische Wirklichkeit einfach in ihrem Sosein auf. Nun entbindet ein mit Manier verquicktes, freimütiges Vorgehen den Künstler gleichwohl nicht davon, die Natur genau zu studieren; es ergibt sich lediglich eine neue Qualität der Durchdringung des Vorgefundenen, und zwar durch die selbstbestimmte Formung dessen, was dem Künstler begegnet (vgl. Grätz 2010: 146f.). Ein geflissentliches “Abarbeiten”, ein Studium der Natur erweist sich mithin auch in Bezug auf die Manier als gewichtigstes Moment: Es verwundert denn auch kaum, dass Goethe Manier letztlich als eine «Art von Nachahmung» (Goethe 1789: 226) begreift. Er versteht sie als eine Form der Nachahmung, die über ein einfaches Abzeichnen insofern hinausgeht, als ihr etwas Je-Eigenes inhärent ist[4]. Allein, das Moment des Schöpferischen sprach Goethe bereits der einfachen Nachahmung der Natur nicht ab. Dennoch erhält das Individuelle in der zweiten Riege der Nachahmung eine neue, weil nicht mehr nur angedeutete, randständige Rolle. Ohne das Naturstudium will für Goethe Manier indes nicht gelingen[5]. Nachahmung wie auch Manier – letztere wohl noch stärker als erstere häufig negativ konnotiert und despektierlich ins Wort gebracht[6] – sind bei Goethe mit nichts Problematischem behaftet[7]. Als auffällig erweist sich zuletzt, dass Goethe Manier mit «de[m] Begriff des Ganzen» (Goethe 1789: 227) als Widerpart des «Einzelnen» (Goethe 1789: 227) assoziiert; ihr kommt damit etwas Synthetisierendes, den partikular-studierenden Blick Übersteigendes zu. Es gerät im Modus der Manier auf Produktionsebene so etwas wie Allgemeinheit als Telos in den Blick (vgl. Goethe 1789: 226). Manier ist, da des Künstlers Eigenheit und das Allgemeine in ihr zum Tragen kommen, für Goethe partikular-allgemein: Das individuelle Streben des Künstlers tritt in ihr im Zeichen des Synthetisierens zum Vorschein.

Unter der Überschrift Styl verhandelt Goethe schließlich die höchste Stufe von Kunst. Dem Stil widmet Goethe, obgleich er alle anderen Formen künstlerischer Weltaneignung überragt, kaum mehr Aufmerksamkeit und Raum als den anderen von ihm aufgefahrenen Bereichen: Nachdem er in aller Kürze Stil definiert hat, bietet er, wie er selbst schreibt, «einige Betrachtungen» (Goethe 1789: 227) auf, die insbesondere der Verschaltung der drei Bereiche einfache Nachahmung der Natur, Manier und Stil dienen. Doch von vorn: Um den Terminus Stil zu definieren, rekurriert Goethe bezeichnenderweise zunächst auf die «Nachahmung der Natur» (Goethe 1789: 227), wobei das Attribut «einfach» in diesem Zusammenhang nicht fällt; er spricht hier mithin in einem allgemeinen Sinn von Nachahmung. Nachahmen erklärt Goethe zur Vorbedingung für Stil. Als es Goethe gilt, den Gang fasslich zu machen, den man zu nehmen hat, um zum Stil zu gelangen, evoziert er die von den anderen Stadien her bekannte Figur des Naturstudiums. Es kommt, so Goethe auf ein «genaues und tiefes Studium der Gegenstände selbst» (Goethe 1789: 227, Hervorhebung im Original) an. Nur so lässt sich Kunst mit Stil, stilvolle Kunst, Stilkunst produzieren. Als Goethe dann den Stil selbst terminologisch festsetzt, erhält dieses Moment ungleich mehr Gewicht, ist doch von «den tiefsten Grundfesten der Erkenntnis» (Goethe 1789: 227), sodann von «dem Wesen der Dinge» (Goethe 1789: 227) die Rede. Die damit inaugurierte «Wesenserkenntnis» (Forssman 2005: 51) mutet nicht zuletzt wie die platonische Ideenschau an[8], ein hinter die Wirklichkeit, als etwas Empirisches, Gehendes, eine hervorholende Bewegung, die etwas bringt, was allgemein und von jeder Kontingenz befreit ist; das Wesen der Dinge tritt (als etwas aus dem Seienden, dem Sosein Herausgeschältes) in der Kunst (und nur in der Kunst?) hervor. Wer über Stil verfügt, dem gelingt es, das «in sichtbaren und greiflichen Gestalten» (Goethe 1789: 227) gleichsam als Akzidenz, als Schimmer, Liegende zur Darstellung zu bringen.

War das Naturstudium im ersten Schritt – der einfachen Nachahmung der Natur – eher abzeichnend, war es im zweiten Schritt – Manier – aufs Synthetisierende ausgerichtet, so dringt es nun zum Wesen der Dinge hervor, als täten sich hier gleichsam Naturgesetze auf, in die die Kunst einen Blick gewährt. Evoziert wird das Wechselverhältnis von Oberfläche und Tiefe sowie von Partikularität und Allgemeinheit, wobei Stil als etwas Inferentielles daherkommt: Dadurch, dass bereits die einfache Nachahmung der Natur jeweils beide Pole – Oberfläche und Tiefe – von der Anlage her in sich trägt, findet sich bei Goethe kein schlichter Stufengang vor[9].

Über allem dräut das Konzept der Nachahmung – und das, obgleich es doch eigentlich etwas in kunsttheoretischer Hinsicht Anachronistisches darstellt[10]: Auch hierin lässt sich Platonisches, wenngleich invertiert, wiedererkennen: Platon hatte es in seiner Politeia in Abrede gestellt, dass Kunst an das Wesen der Dinge heranzureichen vermöchte (vgl. Politeia X, 598b, siehe dazu Rosen 2005: 355). Das Wesen der Dinge ist, es lässt sich nicht darstellen (vgl. Welsch 2012: 358). Goethe indes hält es für darstellbar. Er muss daher mit dem Begriff der Nachahmung arbeiten, denn «[d]aß die Darstellung eines Begriffs oder einer Idee keine Nachahmung im eigentlichen Sinn sein kann» (Petersen 2000: 202), gebietet die Logik. In “stilechter” Kunst kommt das Wesen der Dinge zur Geltung und Darstellung. Goethe bietet hier «Kunstphilosophie» (Forssman 2005: 56) im engeren Sinn auf – dies verwundert kaum, denn «die Terminologie des Essays Einfache Nachahmung der Natur, Manier, Stil [ist] […] generell ahistorisch» (Wolf 2011: 309), die evozierten Begriffe bezeichnen dementsprechend keine Stadien der Kunst in diachroner Hinsicht[11], ihre zeitliche Dimension bleibt ausgeklammert, das gilt selbst, da man in Rechnung zu stellen hat, dass das eine die Vorstufe des anderen bildet: Hinzukommt, dass die Beziehung, in der die Stufen zueinanderstehen, keineswegs eindeutig hierarchisch ausfällt, haben die Stufen doch jeweils zu viel Anteil aneinander. Der kategoriale Unterschied erweist sich bei genauem Hinsehen kaum als gewichtig. «Goethe stresses the overlaps between his three categories». (Halliwell 2002: 4, Fn. 9). Nicht für umsonst meint Goethe in Bezug auf die drei von ihm angeführten «Arten, Kunstwerke hervorzubringen» (Goethe 1789: 227) dies: «Es läßt sich leicht einsehen, […] daß eine in die andere sich zart verlaufen kann». (Goethe 1789: 227). Nachahmung und mit ihr das Naturstudium gewinnen als Nukleus des Konstrukts an Kontur, beziehungsweise schälen sie sich als Nukleus heraus, denn in ihnen bündeln sich alle drei Stufen.

Worin nun das Naturstudium besteht, erklärt sich über den Vergleich, den Goethe auffährt: Er bringt die naturwissenschaftliche Disziplin der Botanik ins Spiel. Botanik kommt im letzten Teil des kurzen Aufsatzes zum Tragen. In ihm fächert Goethe abermals die drei von ihm genannten Kunststadien auf, nun indes konkret anhand botanischer, pflanzenkundlicher Gesichtspunkte. Die Botanik hält als Paradigma und Beispiel des zuvor immer wieder evozierten Naturstudiums her. Die einfache Nachahmung der Natur assoziiert Goethe ausdrücklich mit der «Oberfläche» (Goethe 1789: 228) der Dinge. Goethe hebt auf die «faßlichen Formen» (Goethe 1789: 228), also auf das Akzidentielle ab[12], hinter dem sich etwas Allgemeines verbirgt. Worin dieses Allgemeine besteht, deutet sich in jenem Kontext in der Rede von «eine[m] allgemeinen bestimmten Begriff von der Schönheit» (Goethe 1789: 228) an; aus der Einzelheit wird also bereits auf der ersten Stufe künstlerischer Weltaneignung die Vorstufe[13] zu einem kategorialen Verständnis des Empirischen geleistet – Goethe erachtet die einfache Nachahmung der Natur, wenngleich er sie als simpel bezeichnet, keineswegs für ein lässliches Gebaren. Die einfache Nachahmung der Natur enthält zudem ein Moment von Individualität: Es «tritt schon die Wahl ein» (Goethe 1789: 228, Hervorhebung im Original), das heißt Entscheidungen wurden getroffen, es kam bereits auf dieser Ebene zu mehr als einer bloßen Abbildung des Empirischen.[14] Goethe bringt nun die Botanik explizit aufs Tableau, und zwar, indem er von einem «unterrichtete[n] Botaniker» (Goethe 1789: 228) spricht, der aus einem talentierten Nachahmer einen Stilisten macht (vgl. ebd.). Was nun zeichnet ihn aus? Beobachtungsgabe und geschickte Wahl reichen nicht mehr hin, vielmehr geht es um tiefere Kenntnis (vgl. ebd.). Die Botanik, als moderne Naturwissenschaft, erlaubt es der Kunst also, sich zu den höchsten Höhen aufzuschwingen. Naturwissenschaft und Kunst werden bis zur Ununterscheidbarkeit parallelgeführt, evoziert wird jeweils gleichermaßen so etwas wie eine «reflektierte Objektivität» (Wolf 2001: 376). Das Systematisieren, Unterscheiden kann hier als Folie mitgedacht werden. Die Botanik wird dadurch, aufgrund des in ihr angelegten beobachtend-klassifikatorischen Moments zu weit mehr, und zwar zum Garanten, zu einem sinnvollen Mittel, um das Allgemeine der Gegenstände, denen sich der Künstler widmet, herauszuarbeiten. Die Kunst ruht auf der Beobachtung des Äußeren auf; letzteres verliert somit nicht an grundsätzlicher Bedeutung. Goethes Insistieren auf der Schlüsselrolle der Nachahmungskategorie kommt dementsprechend nicht von ungefähr: So liest man, gleichsam als Rekurs auf das Abzeichnen und auf das sammelnde Moment: Wenn man «nachzuahmen weiß: dann wird der Styl der höchste Grad» (Goethe 1789: 227) sein. Einige Zeilen darauf formuliert Goethe gar: «Die einfache Nachahmung arbeitet […] gleichsam im Vorhofe des Styls». (Goethe 1789: 229). Das Wesenhafte, an das der Stil heranreicht, ist also ohne die Oberfläche und deren Darstellung, ohne Nachahmung, ohne Studium der Natur (ohne Botanisieren der Welt, des Soseins), niemals denkbar.

Literatur

Berghahn, Klaus L. (1997): German literary theory from Gottsched to Goethe. In: The Cambridge History of Literary Criticism. Bd. 4. The Eighteenth Century. Hg. v. H. B. Nisbet u. Claude Rawson. Cambridge, Cambridge University Press, S. 522-545.

Dorner, Leo (2017): Nachahmung. In: Leisch-Kiesel, Monika/Gottschlich, Max/Winder, Susanne (Hg.): Ästhetische Kategorien. Perspektiven der Kunstwissenschaft und der Philosophie. Bielefeld, transcript Verlag, S. 193-213.

Eckel, Winfried (2015): Ut musica poesis. Die Literatur der Moderne aus dem Geist der Musik. Ein Beitrag zur Poetik der Figuration, Paderborn, Fink Verlag.

Ehrmann, Daniel/Wolf, Norbert Christian (2016): Einleitung. In: Dies. (Hg.): Klassizismus in Aktion. Goethes Propyläen und das Weimarer Kunstprogramm. Wien et al.: Böhlau Verlag, S. 11-44.

Forssman, Erik (2005): Einfache Nachahmung der Natur, Manier, Stil. Goethes kunstgeschichtliche Grundbegriffe. Freiburg/Breisgau: Rombach Verlag.

Goethe, Johann Wolfgang (1807): Die Absicht eingeleitet. In: Ders.: Sämtliche Werke, Briefe, Tagebücher und Gespräche. 40 Bde. Hg. v. Friemar Apel et al. Frankfurt/Main: Deutscher Klassiker Verlag Bd. I. 24. Schriften zur Morphologie. Hg. v. Dorothea Kuhn. Frankfurt/Main: Deutscher Klassiker Verlag 1987, S. 391-395.

Goethe, Johann Wolfgang (1798): Einleitung (in die “Propyläen”). In: Ders.: Sämtliche Werke, Briefe, Tagebücher und Gespräche. 40 Bde. Hg. v. Friemar Apel et al. Frankfurt/Main: Deutscher Klassiker Verlag Bd. I. 18. Ästhetische Schriften 1771-1805. Hg. v. Friedemar Apel. Frankfurt/Main: Deutscher Klassiker Verlag 1998, S. 457-475.

Goethe, Johann Wolfgang (1789): Einfache Nachahmung der Natur, Manier, Styl. In: Ders.: Sämtliche Werke, Briefe, Tagebücher und Gespräche. 40 Bde. Hg. v. Friemar Apel et al. Frankfurt/Main: Deutscher Klassiker Verlag Bd. I. 18. Ästhetische Schriften 1771-1805. Hg. v. Friedemar Apel. Frankfurt/Main: Deutscher Klassiker Verlag 1998, S. 225-229.

Gombrich, Ernst H. (1988): A Primitive Simplicity. «Einfache Nachahmung der Natur, Manier, Styl» in englischer Sicht. In: Beutler, Christian/Schuster, Peter-Klaus u. Warnke, Martin (Hg.): Kunst um 1800 und die Folgen. Werner Hoffmann zu Ehren. München, Prestel Verlag, S. 95-97.

Grätz, Katharina (2010): Zwischen Empirie und Ideenschau. Goethes System der Kunst in Einfache Nachahmung der Natur, Manier, Styl. In: Kim, Hee-Ju (Hg.): Wechselleben der Weltgegenstände. Beiträge zu Goethes kunsttheoretischem und literarischem Werk. Heidelberg: Winter Verlag, S. 135-151.

Halliwell, Stephen (2002): The Aesthetics of Mimesis. Ancient Texts and Modern Problems. Princeton & Oxford, Princeton University Press.

Mägdefrau, Karl (2013): Geschichte der Botanik. Leben und Leistung großer Forscher. 2. Aufl. 1992, hier: unveränderter Nachdruck.

Namowicz, Tadeusz (2000): Goethe und die europäische Malerei. In: Stellmacher, Wolfgang/Tarnói, László (Hg.): Goethe. Vorgaben. Zugänge. Wirkungen. Frankfurt am Main et al. Peter Lang Verlag, S. 67-83.

Petersen, Jürgen H. (2000): Mimesis – Imitatio – Nachahmung. Eine Geschichte der europäischen Poetik. München, Wilhelm Fink Verlag.

Platon (1991): Politeia. Griechisch und Deutsch. Sämtliche Werke. Bd. 5. Nach der Übersetzung Friedrich Schleiermachers, ergänzt durch die Übersetzungen v. Franz Susemihl u.a. Hg. v. Karlheinz Hülser. Frankfurt am Main u. Leipzig, Insel Verlag. Zitiert als Politeia

Rosen, Stanley (2005): Plato’s Republic. A Study. New Haven & London, Yale University Press.

Schneckenburger, Stefan (1998): In tausend Formen magst du dich verstecken – Goethe und die Pflanzenwelt. Begleitheft zur Ausstellung anlässlich des Goethe-Jahres 1999 im Palmengarten der Stadt Frankfurt am Main. Frankfurt am Main, Palmengarten der Stadt Frankfurt am Main.

Welsch, Wolfgang (2016): Fluchtpunkt Natur – Zur ästhetischen Situation der Gegenwart. In: Ders.: Ästhetische Welterfahrung. Zeitgenössische Kunst zwischen Natur und Kultur. München, Fink Verlag, S. 35-48.

Welsch, Wolfgang (2012): Der Philosoph. Die Gedankenwelt des Aristoteles. München, Wilhelm Fink Verlag.

Willems, Gottfried (2012): Geschichte der deutschen Literatur. Bd. 2. Aufklärung. Wien et al., Böhlau Verlag.

Wolf, Norbert Christian (2011): Einfache Nachahmung der Natur, Manier, Stil. In: Beyer, Andreas/Osterkamp, Ernst: Goethe Handbuch. Supplemente. Band 3. Kunst. Stuttgart & Weimar, Verlag J. B. Metzler, S. 303-317.

anmerkung. Dieser Text basiert auf einem Vortrag, den ich im Jahr 2017 im Rahmen des Symposiums «Botanik und Ästhetik» hielt. Ich danke dem Organisationsteam sowie allen, die sich das Referat in Halle (Saale) anhörten. Für Hinweise zu einer frühen Fassung des Aufsatzes danke ich vielmals (in alphabetischer Reihenfolge): Jana Kittelmann, Mike Rottmann und Helmut Zedelmaier. 



[1] Vgl. zu Goethes Schrift (Goethe 1789, auf den Essay wird in Form des “Einheitstitels” rekurriert, statt Styl steht mithin, außer in Zitaten, im Folgenden stets Stil) allgemein und im Überblick u.a. Forssman 2005 sowie Wolf 2011. Siehe zu Goethes Verhältnis zur Botanik, einer Disziplin, die ihn «ein halbes Jahrhundert lang beschäftigt [hat]» (Mägdefrau 2013: 156), z.B. Schneckenburger 1998 sowie Mägdefrau 2013: 150-156.

[2] Goethe verweist auf die «Wunderwerke eines Huysums, einer Rachel Ruysch» Goethe 1789: 228, Hervorhebungen im Original. Zu Rachel Ruysch existiert eine Monografie mit sprechendem Titel: Marianne Berardi (1998): Science into Art. Rachel Ruysch’s early development as a still-life-painter. Pittsburg 1998. Der einfachen Nachahmung der Natur ordnet Goethe das Stillleben, der Manier das Landschaftsbild zu, hieraus wird – es deutete sich bereits in der von ihm in puncto einfacher Nachahmung der Natur evozierten Figur des ruhigen «Gemüt[s]» (Goethe 1789: 226) an – nicht zuletzt ersichtlich, dass der Unterschied zwischen den Stufen auch eine Gradation der darin entfalteten Dynamik darstellt. An seine Grenzen gerät dieses Modell jedoch im Hinblick auf den Stil, der ja Wesensschau ist: Es lässt sich nämlich kaum etwas “Statischeres” vorstellen als eine Idee, als eben, wie Goethe schreibt, «das Charakteristische der Gegenstände» Goethe 1789: 229.

[3] Vgl. allgemein zu Ubiquität des Konzepts “Natur” in der betreffenden Zeit: Willems 2012: 19. Die Schlüsselrolle der Natur weist im Übrigen darauf vor, dass eine «Prämisse der Moderne» (Welsch 2016: 40), und zwar «das anthropische Prinzip» (ebd.), also die Idee, «der Mensch [ist] ob seiner Geistesnatur grundlegend ein Weltfremdling» (ebd.) zu kurz greift, da eben qua Natur die «Weltzugehörigkeit» (ebd.: 41) mitgedacht ist.

[4] Siehe hierzu auch Forssman 2005: 48.

[5] Verwiesen sei in diesem Kontext auf die Vorrede zu den Propyläen. Das Naturstudium stellt das «Hülfsmittel» (Goethe 1798: 461) dar, das die zwischen Kunst und Natur vorherrschende «Kluft» (ebd.) zu lindern, wenn nicht zu überwinden vermag.

[6] Vgl. Berghahn 1997: 535 sowie ausführlich zu Goethes Manierverständnis: Forssman 2005: 44-51; Forssman merkt an, dass historisch betrachtet mit dem Manierbegriff auch die Idee verbunden sein konnte, «damit die besondere Eigenart [ ]einer Kunst lobend» (ebd.: 44) hervorzuheben; eben dieses Moment des individuellen Anstrichs scheint Goethe hier vornehmlich in den Blick zu nehmen.

[7] Siehe auch folgenden Passus aus dem Propyläen-Vorspann: «Die vornehmste Forderung, die an den Künstler gemacht wird, bleibt immer die: daß er sich an die Natur halten, sie studieren, sie nachbilden, etwas, das ihren Erscheinungen ähnlich ist, hervorbringen solle». (Goethe 1798: 461).

[8] Nachahmung hatte Platon (vgl. Politeia, X, 597a-d) als künstlerische Praxis insofern verbrämt, als sie für ihn eine «Abkehr vom Primären und Wahren» (Welsch 2012: 358), eben nicht Wesentlichen, bedeutet; sie ermöglichte mithin keine Schau der Ideen.

[9] Hierin gleicht Goethes Aufsatz der Einleitung in die Propyläen (vgl. Halliwell 2002: 3f.). Siehe diesbezüglich die einschlägige Passage der Einleitung: «Alles, was wir um uns her gewahr werden, ist nur roher Stoff, und wenn sich das schon selten genug ereignet, daß ein Künstler durch Instinkt und Geschmack, durch Übung und Versuche, dahin gelangt, daß er den Dingen ihre äußere schöne Seite abzugewinnen, aus dem vorhandenen Guten das Beste auszuwählen, und wenigstens einen gefälligen Schein hervorzubringen lernt; so ist es, besonders in der neuern Zeit, noch viel seltner, daß ein Künstler sowohl in die Tiefe der Gegenstände, als in die Tiefe seines eignen Gemüts zu dringen vermag, um in seinen Werken nicht bloß etwas leicht- und oberflächlich wirkendes, sondern, wetteifernd mit der Natur, etwas geistisch-organisches hervorzubringen, und seinem Kunstwerk einen solchen Gehalt, eine solche Form zu geben, wodurch es natürlich zugleich und übernatürlich erscheint». (Goethe 1798: 461 f.).

[10] Vgl. hierzu exemplarisch die folgende Aussage: «Nach modernen Begriffen sind Kunst und Künste nicht (mehr) Nachahmer vorgegebener Natur und Naturen, sondern “Schöpfer” von Kunst und deren “Natur”, dieses Wort nun nicht mehr in seiner vormodernen Bedeutung von vorgegebenen Inhalten und Formen oder gar von Praxen und Herstellungsweisen verstanden, die Künstler einer vorbildenden Natur, welcher auch immer, entnehmen könnten». Dorner 2017: 201.

[11] Vgl. Namowicz 2000: 82; siehe hierzu auch die Aussagen zu Goethes Stilbegriff bei Gombrich 1988: 95.

[12] Es geht, mit Stephen Halliwell gesprochen, letztlich um Folgendes: «[C]lose fidelity to appearences» Halliwell 2002: 4, Fn. 9.

[13] Der Terminus wurde vom Nachahmer, wie Goethe schreibt, noch nicht «gemacht» Goethe 1789: 228.

[14] Siehe auch die einschlägige Passage aus der Einleitung zu den Propyläen: «Indem der Künstler irgend einen Gegenstand der Natur ergreift, so gehört dieser schon nicht mehr der Natur an, ja man kann sagen: daß der Künstler ihn in diesem Augenblick erschaffe, indem er ihm das Bedeutende, Charakteristische, Interessante abgewinnt, oder vielmehr erst den höhern Wert hineinlegt». Goethe 1798: 465. Vgl. zum Propyläen-Vorspann: Halliwell 2002: 1-6.