Eriberto Russo

(Messina)

Jenseits von Textbeziehungen
Paul Celan bei Yoko Tawada

[Beyond textual relationships
Paul Celan in Yoko Tawada
]

abstract. This article aims at highlighting the metatextual relationships between the works of Yoko Tawada and Paul Celan. The analysis concentrates on Das Tor des Übersetzers oder Celan liest Japanisch and Paul Celan und der chinesische Engel and is carried out in the light of transtextual practices, starting from theoretical premises related to the act of reading (symptomatic reading – surface reading) and including the dimension of transculturality. The encounter between Tawada and Celan generates a multi-faceted textual space, in which texts from different cultures, having the German language as a common denominator, enter into dialogue with each other.

1. Einleitung

Das deutschsprachige literarische Schaffen der in Japan geborenen Autorin Yoko Tawada eignet sich für intertextuelle und metaliterarische Untersuchungen. Die vielgestaltigen Verweise auf Werke, AutorInnen und literarische Formen deutschsprachigen Raums bewirken einerseits eine Aufwertung des Textraums und zeigen andererseits, dass Textualität offen und flexibel ist[1]. Die Art und Weise, wie sich Tawadas Texte als flexibel und formbar erweisen, gestaltet sich hauptsächlich durch das Phänomen der Metatextualität. In diesem Sinne können die mehrmaligen Bezüge auf deutschsprachige Autoren wie Jandl, Kafka, Kleist und Celan zum Gegenstand wissenschaftlicher Erforschungen aus transtextueller und transkultureller Perspektive werden.

Nach einer kurzen Einführung, die sich auf die Figur von Yoko Tawada und ihre Position in der deutschsprachigen Literatur konzentriert, wird man die Aufmerksamkeit auf die Bezeichnungen von Metatextualität und Metaliteratur richten: Obwohl sie innovative Verflechtungen für die Erforschung von Interferenzen zwischen unterschiedlichen Werken und AutorInnen repräsentieren, stellen sie zwei Themen dar, die in den Theorien zur Transtextualität nicht ausreichend erforscht worden sind. In dieser Hinsicht zielt dieser Beitrag darauf ab, vor allem zwei Fragestellungen hervorzuheben: zum einen die im Zusammenhang mit Metaliteratur und Metatextualität aus einer transkulturellen Perspektive bestehenden Probleme und zum anderen die Formen der metaliterarischen Schnittpunkte zwischen dem Werk von Yoko Tawada und dem von dem rumänisch-deutschen Dichter Paul Celan. Der Beitrag enthält einen theoretischen Teil, der sich auf die methodologischen Voraussetzungen konzentriert und anhand der Konzepte des symptomatischen Lesens, des oberflächlichen Lesens und der Verbindung zwischen Leseerfahrung und Interpretation mit dem metaliterarischen Ansatz erläutert wird, sowie einen analytischen Teil. Im analytischen Teil beachtet der Beitrag Tawadas metaliterarische Verfahrensweisen mit besonderem Bezug auf implizite und explizite Verweise auf das Werk Paul Celans. Der Dichter tritt im Essay Das Tor des Übersetzers oder Celan liest Japanisch in Talisman (1996) und im Roman Paul Celan und der chinesische Engel (2020), in dem sogar die Referenz im Titel unverkennbar formuliert wird, in Erscheinung. Wenn sich aber Tawada in dem ersten Werk auf eine Reflexion über Celans Schreiben beschränkt, während sie sein Werk kommentiert und es mit der Dimension der Übersetzung und der Übersetzbarkeit in Dialog stellt[2], konzentriert sich Paul Celan und der chinesische Engel auf die Figur Celans als transkultureller Katalysator. In dem Roman, der den Pandemiezustand als erzählerischen Hintergrund darstellt, dreht sich alles um Celan. Die Hauptfigur Patrik, die auch der Patient genannt wird, ist ein Nachwuchswissenschaftler, der sich mit Celans Poetologie literaturwissenschaftlich beschäftigt. Durch Patrik spricht Tawada aus einer metatextuellen Perspektive von ihrer literarischen und sprachlichen Leidenschaft für Celans poetische Konstruktionen, indem der Dichter zu einem Erinnerungsort ihres Schreibens wird. Das methodologische Inventar, auf das Tawada zurückgreift, indem sie damit einen nicht-fiktionalen und nahezu essayistischen Diskurs konstruiert[3], stellt auch zweifelsohne sicher, dass die metaliterarische Erforschung auch für textologische und semantische Anregungen als offen betrachtet werden kann[4]. Auf diesen Fragenkomplex beabsichtigt man mit dem ersten Teil des Beitrags zu antworten. Vielmehr wird die Frage nach dem Akt des Lesens und der Überwindung der Textoberfläche gestellt und mit den Texttypologien verknüpft, zu denen die behandelten Tawada-Texte gehören. Tatsächlich weisen sie als Hommage und literarischer Kommentar keine richtigen metatextuellen Merkmale auf, sondern werden eher zu einem Mittel im Dienste der Meta­textualität.

2. Vorbemerkungen: Textoberflächen und symptomatische Lektüren

Der Akt der Überwindung der Textoberfläche und die Möglichkeit, sich von AutorInnen und zeitlich vorgängigen literarischen Formen inspirieren zu lassen, provozieren auch eine hermeneutische Überschreitung, insofern die Überwindung der Textoberfläche[5] und die Untersuchung ihrer tiefen narrativen und stilistischen Struktur zum Überdenken von Textformen führen[6]. Texte werden folgendermaßen ins Zentrum eines Neuformulierungsprozesses gestellt, da sie zu privilegierten Szenarien der Bedeutungsproduktion werden: Sie können daher ausgehend vom ununterbrochenen Fluss anderer Stimmen und anderer Texte in ihm beobachtet werden. Aus dieser Perspektive reicht es nicht mehr aus, die Texte nur in Ansehung der Lese- oder Interpretationserfahrung zu betrachten, sondern auch im Kontext der sogenannten symptomatischen Lektüre. Dieses Konzept, das der französische Philosoph Louis Althusser ursprünglich in Bezug auf das Werk Das Kapital von Karl Marx vorgeschlagen hatte[7], wurde damals als eine Herangehensweise erklärt. Auf diese Weise war es möglich, das Gesagte zu überwinden und dabei sowohl die Lücken als auch die verborgenen diskursiven Kontinuitäten und Diskontinuitäten des Textes zu untersuchen. Der Prozess, dem ein literarischer Text unterzogen werden kann, wird im Lichte von Althussers Prämissen potenziell unendlich, da Untersuchungen und Interpretationen nicht mehr nur das berücksichtigen, was das Auge der lesenden oder interpretierenden Akteure sieht, sondern alles, was schweigt und als solches entschlüsselt werden muss. Im Rahmen der Untersuchungen nach Althusser wurde die symptomatische Lektüre in Anbetracht der strukturellen Semantik von Greimas gelesen, bei der die Bedeutungsproduktion als Ergebnis einer Überschneidung bedeutungsvoller Strukturen betrachtet wird[8]. Aber gerade bei den posthermeneutischen und poststrukturalistischen Theorien hat sie in den letzten Jahren eine besondere Bedeutung erlangt und wird zunehmend mit oberflächlicher Lektüre in Verbindung gebracht. Wenn sich das Lesen der Textoberfläche tatsächlich darauf beschränkt, das ästhetisch bereits Vorhandene zu beschildern, setzt ein symptomatisches Lesen eine Reihe tiefer und kognitiv komplexerer Mechanismen in Gang, die von der Annahme ausgehen, dass die Bedeutungsproduktion nur dann aktiviert wird, wenn das Lesen auch in entlegene Bereiche des Textes graben kann[9]:

When symptomatic readers focus on elements present in the text, they construe them as symbolic of something latent or concealed; for example, a queer symptomatic reading might interpret the closet, or ghosts, as surface signs of the deep truth of a homosexuality that cannot be overtly depicted. Symptomatic readings [...] often locate outright absences, gaps, and ellipses in texts, and then ask what those absences mean, what forces create them, and how they signify the questions that motivate the text, but that the text itself cannot articulate.[10]

In ihrer Erklärung des symptomatischen Lesens erklären Best und Marcus, wie symptomatische Lektüren, die sich auf bereits im Text vorhandene Elemente konzentrieren – es geht hier um ein Leseerlebnis, das keine großen Interpretationsanstrengungen oder Suchen nach notwendigerweise allzu versteckten oder latenten Verweisen erfordert – gleichermaßen eine symbolische Bedeutungskonstruktion erfordern. Für symptomatische LeserInnen reicht es daher nicht aus, den Text und dessen Teile zu kommentieren oder zu beschreiben, da sie nach Formen der textuellen Repräsentation suchen, die den metasymbolischen Charakter des Leseerlebnisses ausdrücken können. Diese Annahme stellt einen wichtigen Ausgangspunkt für die in diesem Beitrag enthaltene Reflexion dar, da man beabsichtigt, den Begriff des symptomatischen Lesens mit dem Phänomen der Metatextualität zusammenzuführen. Diese sind offensichtlich zwei Phänomene, die den Raum der Textualität in ihrer Einheit überschreiten. Um die transtextuellen Bezüge innerhalb eines Textes zu untersuchen, muss dieser mit Rücksicht auf das Vorgefundene gewissermaßen dekonstruiert und rekonstruiert werden. Eine metatextuelle Herangehensweise an den literarischen Text, wie später noch näher erläutert wird, kann sowohl von bereits im Text vorhandenen Elementen ausgehen (wie teilweise im Fall dieses Beitrags, der ausgehend von zwei Texten, die sie zitieren, die Figur Celans direkt zwar betrachten, sie aber im Nachhinein als Erinnerungsort und damit als grundsätzlich abwesende Figur beachtet) als auch zu Überlegungen führen, die aus tieferen und weniger sichtbaren literarischen oder sprachlichen Konsonanzen entstehen.

Von dem Hintergrund der oben genannten Vorbemerkungen verfolgt dieser Beitrag auch ein theoretisches Ziel, nämlich aufzuzeigen, wie symptomatisches Lesen auf Metatextualität angewendet werden kann, wobei zwei literarische Texte (eine literarische Hommage und ein literarischer Kommentar) mit zwei unterschiedlichen Funktionen untersucht werden: Demgegenüber nehmen sie jedoch eine neue Form an, indem sie eine zelebratorische (Hommage) und eine informativ-deskriptive (Kommentar) Funktion in Bezug auf einen bekannten Autor der deutschsprachigen literarischen Tradition erfüllen.

3. Yoko Tawadas Werk zwischen Metatextualität und Transkulturalität

Es wurde bisher festgestellt, dass der literarische Raum sich als offen und vielgestaltig herausstellt und seine Durchlässigkeit und Flexibilität in Bezug auf die symbolischen Formen der Realität kontinuierlich offenbart. Er ist in diesem Sinne semiotisch neu definierbar, denn er führt einen Dialog mit der Außenwelt und konfiguriert sich entsprechend den Ergebnissen dieser Kontakte neu. In dem, was man in der Literatur als einen echten fluiden Pfad definieren kann, baut Yoko Tawada ebenso magmatische narrative Universen auf, deren Grundlage jedoch auf einem ausgereiften und soliden Wissen deutschsprachiger Literatur basiert[11].

Unter den zahlreichen Romanen, Sammlungen von Kurzgeschichten, Hörbüchern und Theaterstücken spielen auch ihre literarischen Essays, unter denen Talisman und Sprachpolizei und Spielpolyglotte sicherlich erwähnt werden müssen, eine grundlegende Rolle bei der Profilerstellung ihres Werkes. In diesen Essays zeigt Tawada nicht nur, dass sie über ein breites und dokumentiertes Wissen kanonischer AutorInnen der deutschsprachigen Literatur verfügt, sondern sie übernimmt auch die Rolle der Literaturkritikerin und erzeugt dabei metatextuelle und metaliterarische Reflexionen.

In diesem Zusammenhang ist es notwendig, auf jene Konzepte einzugehen, die möglicherweise schwer zu definieren sind und den methodischen analytischen Ansatz dieses Aufsatzes darstellen: Metaliteratur, Metatextualität und die Beziehung zwischen diesen beiden Konzepten und der transnationalen Dimension des Schreibens. Im Bereich der Theorien zur Intertextualität[12] und zum Textgedächtnis[13] nimmt eine marginale, aber nicht weniger wichtige Rolle das ein, was Genette als Metatextualität identifiziert[14]. Die Tatsache, dass Texte Dialoge führen und damit direkte oder indirekte Beziehungen miteinander haben können, ist nun ein gut untersuchter konzeptioneller Knotenpunkt, wie eine Richtung spezifischer und transversaler Studien zeigt, die Textbeziehungen in den Mittelpunkt ihrer wissenschaftlichen Erforschungen gestellt haben. Der literarische Text wird in diesem Kontext als ein offenes und vielschichtiges Phänomen beobachtet, das mit der Außenwelt interagiert[15], was ihn dazu bringt, seine innere Struktur neu zu formulieren[16]. Als Grundlage der Textbeziehungen gilt das Bild eines Textes, der mit einem anderen Text in Dialog steht und sich auf ihn durch Anspielungen, Verweise und direkte Zitate, Überarbeitungen von Materialien, die bereits von anderen AutorInnen behandelt wurden, bezieht. Doch diese Tendenz, bereits beschrittene literarische, thematische und ästhetische Wege nachzuzeichnen, führt nie wirklich zu einer einfachen Überarbeitung, sondern sie geht über die Grenzen des Textes oder der ursprünglichen AutorInnen hinaus und integriert sie, wodurch ein echter metatextueller und metaliterarischer Raum entsteht, in dem das Dargestellte einem fortdauernden Resemantisierungsprozess unterzogen wird[17].

In diesem Sinne unterscheidet sich die metatextuelle und metaliterarische Dimension des Textes vom rein intertextuellen Aspekt: Wenn intertextuelle Prozesse tatsächlich als solche konfiguriert werden, weil sie innerhalb desselben Textes Anspielungen, Sätze, Konzepte und Texte anderer AutorInnen (daher einzige Portionen “anderer” Texte) interagieren lassen, stellt Metaliteratur die Möglichkeit dar, andere AutorInnen und Texte auf eine abstraktere Weise zu integrieren: Aus dieser Perspektive nehmen sich die literarischen Figuren und Themen selbst als Untersuchungsgegenstände.

Vor diesem Hintergrund ist es notwendig, ein weiteres wichtiges Problem zu erkunden: Was bedeutet es, wenn Literatur über sich selbst nachdenkt? Um diese Fragestellung zu beantworten, muss man vor allen Dingen die Existenz verschiedener Formen von Metareflexion berücksichtigen. Auf der einen Seite zieht man Vergleiche mit einer Literaturauffassung, die sich selbst im textuellen Sinne reflektiert (man spricht in diesem Fall von Metafiktion bzw. einer Literatur, die sich daran erinnert, dass die eigene Daseinsberechtigung auf den eigenen fiktiven Wesen beruht)[18] und auf der anderen Seite berücksichtigt man eine Literatur, die aus ihrem eigenen “Gedächtnis”[19] schöpft und es benutzt, um über sich selbst zu sprechen (dies ist der Fall von literarischen Kommentaren, Rezensionen, literarischen Interpretationen und Tributen/Hommagen). Tawadas metaliterarischer Ansatz fällt, wie später zu sehen sein wird, in diese zweite Typologie[20].

In diesem Zusammenhang öffnet sich daher auch Tawadas metatextueller Ansatz für eine transkulturelle Raumauffassung[21]. Der dialogische Austausch zwischen Tawadas Werk und Celans[22] – es ist eindeutig ein einzigartiger Dialog mit einem Autor, den Tawada nicht persönlich kennenlernen durfte – passt daher in einen konzeptionell dualen Raum: Einerseits integriert Tawada den Autor in ihre Erzählungen, widmet ihm Buchkapitel oder sogar einen ganzen Roman, und nutzt andererseits diesen repräsentativen Modus, um eine kulturelle Reichweite zu schaffen, in der eine japanische deutschsprachige Autorin mit einem deutschsprachigen rumänischen Autor indirekt in Dialog tritt. In diesem Rahmen kreist Tawadas Schreiben um nichtfiktionale Textformen und strebt gleichzeitig danach, einen Textraum zu schaffen, der sich über die Grenzen des Textes und innerhalb einer transnationalen, transtextuellen und translinguistischen Grenzidee abzeichnet[23].

4. Die Übersetzbarkeit Celans in Das Tor des Übersetzers oder Paul Celan liest Japanisch (1996)

Die literarische Leidenschaft Tawadas für Paul Celan zeigte sich bereits 1996 in der erfolgreichen Sammlung von Essays Talisman, die den ersten von einer Reihe von Texten darstellt, in denen Tawada kritisch über ihren Status als Ausländerin in einem fremden Land nachdenkt und sich dieser allgemeinen und notwendigen Reflexion über den Raum öffnet, in dem MigrantInnen an einem ihnen fremden Ort positioniert werden. Neben erfundenen Geschichten, die im literarischen Korpus der Autorin berühmt geworden sind – man denke an Erzähler ohne Seele, Von der Muttersprache zur Sprachmutter, Das Fremde aus der Dose – nimmt einen letzten Raum ein, als ob er den Band symbolisch abschließen würde, einen Celan gewidmeten Essay mit dem Titel Das Tor des Übersetzers oder Paul Celan liest Japanisch. Der Text entwickelt sich zu einem literarischen Kommentar, in dem die Autorin ihr Wissen über Celan einbringt und ihre stilistischen und thematischen Eigenschaften rekonstruiert: In diesem Sinne zeigt Tawada, dass sie sich zwischen Fiktion und Essayistik im Gleichgewicht hält[24], indem sie einerseits eine Lektüre von Celans Schreiben vorschlägt und andererseits die essayistische Gelegenheit nutzt, um ihre Schreibauffassung durch Celan zu inszenieren[25]. Damit wird Celans poetisches Werk zu einem Kommunikationsmittel, das den Dialog zwischen literarischer Tradition und interkulturellem Schreiben ermöglicht: In diesem Rahmen kommentiert Tawada Celan und streckt metaphorisch ihre Arme in Richtung Tradition aus. Auf diese Weise wird das verwirklicht, was als metatextuelles Gedächtnis von Tawadas Essayproduktion identifiziert werden könnte. Das literarische Gedächtnis in Tawadas Texten wird in der Tat nicht nur durch intertextuelle Prozesse ausgedrückt, sondern auch durch eine Herausarbeitung aus höheren Textdimensionen, die mit metatextuellen Hinweisen übereinstimmen.

Wie bereits der Titel bekannt gibt, konzentriert sich die Autorin auf die Dimension der Übersetzung[26] und ausdrücklich auf den Transit zwischen Sprachen, vor allem zwischen Deutsch und Japanisch, aber auch auf einer allgemeinen Ebene zwischen sprachlichen und kulturellen Systemen[27]. Der Essay bringt Motive und Themen ins Spiel, die typisch für Tawadas Schreiben sind[28], indem sie sie in einen dialogischen Kreis mit Celans Schriften und mit der Tatsache setzt, dass Celans Gedichte, hauptsächlich jene aus der Sammlung Von Schwelle zu Schwelle, bereits in der Originalsprache auf das Japanische hindeuteten.

Die erste Seite des Essays baut die methodischen Grundlagen auf, die Tawada nutzt, um ihre Auseinandersetzung mit Celan durchzuführen:

Es gibt Menschen, die behaupten, dass gute Literatur eigentlich unübersetzbar sei. Als ich noch nicht Deutsch lesen konnte, habe ich diesen Gedanken tröstlich empfunden, weil ich mit der deutschsprachigen Literatur – besonders mit der, die nach dem zweiten Weltkrieg entstanden ist – nichts anfangen konnte. Ich dachte mir, ich müsste Deutsch lernen und sie im Original lesen, dann würde sich mein Problem mit der deutschen Literatur von allein auflösen. Es gab aber Ausnahmen, wie z.B. die Gedichte von Paul Celan, die mich schon in der japanischen Übersetzung faszinierten. Mir fiel eigentlich die Frage ein, ob seine Gedichte vielleicht keine Qualität besäßen, weil sie übersetzbar waren. Mit der Frage nach der Übersetzbarkeit meine ich nicht, ob ein Gedicht sein perfektes Abbild in einer fremden Sprache findet, sondern ob seine Übersetzung auch Literatur sein kann. Außerdem wäre es nicht ausreichend, wenn ich sagen würde, Celans Gedichte seien übersetzbar. Vielmehr hatte ich das Gefühl, dass sie ins Japanische hineinblicken.[29]

Die Autorin distanziert sich hier von der Rolle einer Schriftstellerin, die auf ihren Gefühlen und Welteindrücken beruhende erfundene Geschichten schreibt und wird zu einer Essayistin. Ihre Rede beginnt mit einer Beobachtung über die Übersetzbarkeit guter Literatur: Mit einem einzigen Satz bringt Tawada zwei äußerst komplexe Konzepte ins Spiel, wie das der Übersetzung und das der guten Literatur. Sie sind in der Tat zwei Hauptknoten sowohl unter dem Gesichtspunkt der literarischen Rezeption als auch unter dem Standpunkt der Zugänglichkeit von Texten auch außerhalb des Landes, in dem die Schriftsprache gesprochen wird. Die einzige Möglichkeit, über die man verfügt, um die Texte der großen AutorInnen oder Nebentexte von gleichem Wert zu lesen, ist in der Tat die Übersetzung[30]. Tawada geht jedoch von einer sehr realistischen und konkreten theoretischen Prämisse aus: Was passiert, wenn ein Text guter Literatur unübersetzbar ist? Während sie die Frage der Unübersetzbarkeit ironisch erkundigt, provoziert sie die LeserInnen durch eine rhetorische Frage: Gibt es wirklich unübersetzbare Texte?[31].

Wenn in den berühmtesten Theorien über den Begriff der Unübersetzbarkeit fast der Fall ist, dass der Versuch, den Ausgangstext zu übersetzen, ein titanisches Unterfangen oder sogar eine Handlung ist, der man besser keine Aufmerksamkeit widmet (man denke an die textliche Heiligkeit, von der Walter Benjamin[32] spricht), findet Tawada beim Erlernen von Deutsch, der Ausgangssprache des unübersetzbaren Textes, eine effektive Lösung[33].

Die Idee, Zugang zum Lesen von Texten zu haben, die nach dem Zweiten Weltkrieg veröffentlicht wurden und die wahrscheinlich noch nicht übersetzt oder schwer ins Japanische zu übersetzen waren, hatte bei der Autorin (Leserin) zum Erlernen der deutschen Sprache geführt. Die Vorsätze werden jedoch durch die Möglichkeit eingeschränkt, Paul Celans Gedichte auf Japanisch zu lesen. Wenn die Erfahrung, die Texte des rumänisch-deutschen Dichters zu lesen, auch eine Faszination mit sich bringt, fragt sich die Autorin, was sich dahinter verbirgt, dass die Gedichte fast entstanden zu sein scheinen, um ins Japanische übersetzt zu werden. Auf diese Weise kehrt die Autorin zum Ausgangspunkt zurück, d. h. zum Konflikt zwischen Übersetzbarkeit und Unübersetzbarkeit[34], und ergänzt diesmal ihre Untersuchung durch die Einführung eines ebenso langjährigen Konzepts, d.h. die literarische Qualität der Übersetzungen bzw. ob Übersetzungen ebenso prestigeträchtig wie die Texte in der Herkunftssprache sind. Es ist sicher, dass der Akt der Übersetzung in gewissem Sinne den Ausgangstext manipuliert und ihn an die Strukturen und das kulturelle System des Ankunftslandes anpasst, aber eine einzigartige Antwort auf die von Tawada gestellte Frage existiert offenbar noch nicht.

Durch diese einleitende Reflexion legt Tawada die methodische Grundlage ihrer Untersuchung der Beziehung zwischen Celans Gedichten und Übersetzbarkeit fest:

Nachdem ich gelernt hatte, deutsche Literatur im Original zu lesen, stellte ich fest, dass meine Eindrücke keine Täuschung waren. Es muss zwischen Sprachen eine Kluft geben, in die alle Wörter hineinstürzen. Umso stärker beschäftigte mich die Frage, warum Celans Gedichte eine fremde Welt, die außerhalb der deutschen Sprache liegt, erreichen können. Eine mögliche Antwort auf meine Frage begegnete mir später auf überraschende Weise. Eines Tages rief mich Klaus-Rüdiger Wöhrmann an, um sich bei mir für die Fotokopie zu bedanken, die ich ihm auf seinen Wunsch gemacht hatte. Es war die Kopie der japanischen Übersetzung von Celans Gedichte Von Schwelle zu Schwelle. […] […] Als Wöhrmann mir sagte, dass das Radikal (Tor) für diese Übersetzung eine entscheidende Rolle spielte, blitzte eine Idee durch meinen Kopf: Genau dieses Radikal verkörperte die Übersetzbarkeit der Literatur Celans.[35]

Trotz der Zugänglichkeit von Celans Texten auf Japanisch lässt die Neugier der Autorin erst nach der Lektüre der Texte in ihrer Originalsprache und daher erst nach dem Erlernen der deutschen Sprache nach. Tawada kommt zu dem Schluss, dass in den Transiten zwischen Sprachen ein tiefer Raum geschaffen wird, in dem sich alle Wörter offensichtlich sammeln, bevor sie in der neuen Sprache rekonstruiert werden. Tatsächlich verdichtet dieses metaphorische Bild eine der Grundideen von Tawadas Schreiben, das systematisch präzise durch interne und kontinuierliche Prozesse der Übersetzung und Texttransformation konstruiert wird. Es ist keine einfache Hybridisierung von sprachlicher oder kultureller Identität: Ihr Schreiben (insbesondere in Kurzgeschichten, Romanen und auf andere Weise in den Essays) entsteht aus dem Zusammenprall von Wörtern und entwickelt sich genau ausgehend von jenem Konflikt, wobei narrative Szenarien sowie neue und kontinuierlich definierbare semantische Universen auftauchen[36].

Tawada reist zwischen Wörtern hin und her und beobachtet sie aus der Ferne, isoliert sie, zerlegt sie, de-semantisiert und resemantisiert sie: Selbst in diesem Aufsatz über Celan, der sich als eine Auseinandersetzung mit den japanischen Übersetzungen von Celans Gedichten erweist, spricht Tawada von ihrer Auffassung des Schreibens und Übersetzens und legt dabei den Grundstein für alles, was sie, beginnend mit Talisman, schreiben und veröffentlichen wird. Man kann demgemäß sagen, dass Talisman das erste programmatische Manifest der Autorin darstellt[37].

Die wahre Erkenntnis der Qualität von Celans Schreiben und der Übersetzbarkeit seiner Gedichte ergibt sich aus dem Vergleich mit einem Forscher, Klaus Rüdiger-Wöhrmann, der darauf aufmerksam macht, dass in den Übersetzungen der Gedichte, die im Band Von Schwelle zu Schwelle (1955) enthalten sind, die Verwendung des radikalen Tors (), das auf Deutsch die Bedeutung von “Durchgangspunkt” hat, wiederkehrt. Die Schwelle und der Durchgang werden nun, zusammen mit den Konzepten der Übersetzbarkeit und Unübersetzbarkeit, auch als Untersuchungsgegenstände berücksichtigt.

In erster Linie eröffnet der Begriff der Schwelle[38] sehr breite und zusammengesetzte Forschungsszenarien im Rahmen interkultureller und transkultureller Literatur. Es ist sicherlich kein Zufall, dass Tawadas Aufmerksamkeit unter all den von Celan geschriebenen Sammlungen genau auf eine Sammlung gerichtet war, in der der Begriff Schwelle zweimal zusammen mit der Präposition zu vorkommt, die immer eine Öffnung oder ein Ziel darstellt: In der Sammlung zieht sich das lyrische Ego von Schwelle zu Schwelle, während sich dieses Durchgehen sowohl als Ausgangspunkt als auch als Ankunftspunkt herausstellt. Ausgehend von dieser Voraussetzung spielt Tawada sprachlich mit der Polysemie und semantischen Vielfältigkeit von Wörtern: Die Begriffe Tor und Schwelle werden als Metaphern verwendet, die den Übersetzungsraum definieren sollen. In diesem Sinne positioniert das Übersetzen das übersetzende Individuum in einer Dimension des Transits zwischen Sprachen, Wörtern, Kulturen und sogar Schriftsystemen. Und wenn in den Übersetzungen immer etwas weggelassen oder ersetzt wird, scheint in Celans Gedichten fast alles intakt zu sein, da die Ausgangssprache nicht verloren gegangen ist, weil sie im Dialog mit dem Tor bzw. mit der Schwelle bleibt.

Das Radikal Tor ist das sichtbare Element in dieser Übersetzung, das zeigt, warum sie als Literatur wirksam ist. Die Übersetzung ist nicht Abbild des Originals, sondern in ihr bekommt eine Bedeutung des Originals einen neuen Körper (in diesem Fall nicht einen Klangkörper, sondern einen Schriftkörper). Walter Benjamin schreibt: Übersetzbarkeit eignet gewissen Werken wesentlich – das heißt nicht, ihre Übersetzung ist wesentlich für sie selbst, sondern will besagen, dass eine bestimmte Bedeutung, die dem Original innewohnt, sich in ihrer Übersetzbarkeit äußere.[39]

5. Paul Celan als Erinnerungsort in Paul Celan und der chinesische Engel (2020)

Yoko Tawadas letzte literarische Bemühung in deutscher Sprache, Paul Celan und der chinesische Engel, die im Oktober 2020 veröffentlicht wurde, stellt eine Bestätigung von Tawadas intellektueller Bezauberung gegenüber dem rumänisch-deutschen Dichter dar.

Wenn Das Tor des Übersetzers oder Paul Celan liest Japanisch Celan eine transversale stilistische und übersetzungstheoretische Analyse widmet, wird der Dichter in Paul Celan und der chinesische Engel zu einem personifizierten Erinnerungsort. In diesem Sinne wird seine poetische Inszenierung durch die Geschichte der Hauptfigur des Romans, Patrik, einem Celan-Forscher, wiederbelebt. Patrik windet sich zwischen der Unübersichtlichkeit der historischen Situation (im Hintergrund gibt es die Pandemie und die Erfahrung vom Lockdown) und seinen persönlichen Wechselfällen, die sich um eine existenzielle Krise drehen. Celans Anwesenheit ist so wahrnehmbar, dass sie sogar die Möglichkeit erlaubt, die These voranzubringen, dass es zwei Protagonisten gibt: Patrik, in der Gegenwart, und Celan, in Abwesenheit.

Tawada nutzt hier das literarische Mittel der Metatextualität, um einem Dichter zu huldigen, und lässt ihn dabei aufblühen, was ihn, wie bereits erwähnt, zu einem echten Erinnerungsort macht. Der Begriff Erinnerungsort, der vom französischen Historiker Pierre Nora[40] ausgeprägt wurde und der zu einem grundsätzlichen Merkmal im Bereich der Erinnerungskultur geworden ist, definiert all jene Orte, Objekte, Institutionen und Menschen, die die Erinnerungsidentität einer bestimmten Sozialgruppe definiert. In diesem Sinne bildet Celan den Kern des Erzählgefüges, um den sich alle Handlungsstränge im Roman anordnen und entwickeln: Tawada lässt den Dichter so in einen transkulturellen Katalysator verwandeln bzw. in eine Figur, die die Reihen des Erzählraums, der sich dadurch sofort als plural und vielfältig abzeichnet, in absentia zu halten.

Der Roman wird größtenteils in der dritten Person erzählt, obwohl die Hauptfigur, die zuerst als der Patient und dann als Patrik identifiziert wird, direkt spricht. Es geht hier um eine diegetische Strategie, die es Tawada ermöglicht, das Gleichgewicht zwischen Allwissenheit und der Notwendigkeit zu halten, dem Protagonisten das Wort zu geben, der mehr als jeder andere sein Gefühl des Unbehagens gegenüber der Welt und insbesondere gegenüber der Idee, an einer Celan-Tagung in Paris teilnehmen zu müssen, kennt. In diesem Sinne nimmt die Erzählung die Form einer Psychotherapie an, bei der sich die Sprache des Patienten mit der äußeren Beschreibung seiner inneren Situation abwechselt und so einen Prozess der inneren Analyse aktiviert, der durch die erste Person ausgedrückt wird[41]. Die narrative Kluft, die im Wechsel zwischen der dritten und der ersten Person Gestalt annimmt, wird durch die Einführung der Figur von Celan vermieden.

Die Stoffe, die sich auf Celan und sein Schreiben beziehen, erscheinen in Form von Verweisen auf sein Lexikon bzw. auf jene Wörter, die als Celan-Wörter identifiziert werden können (einzelne Wörter, Ausdrücke, Titel von Sammlungen, Gedichttitel), die sich insbesondere um die Rede Der Meridian, die der Dichter am 22. Oktober 1960 anlässlich der Verleihung des nach Georg Büchner benannten Preises hielt, drehen[42].

Es ist nicht nur der Celan-Wortschatz, der Spuren vom Dichter im Roman liefert, sondern auch eine Entsprechung zwischen Patrik (dem Patienten) und seinem Bedürfnis, sein Ich zu gestalten, während er sich zwischen der Leidenschaft für Celan und der Angst, in der Welt vorzugehen, bewegt. Insbesondere konzentriert sich die Erzählerin genau auf das Handeln des Gehens, das auf das emblematische und kryptische Gedicht Engführung (1958) zurückzuführen ist, in dem das Verb gehen immer wieder in Form eines Imperativs gezeigt wird, abwechselnd mit einer nostalgischen Spannung zu einem Weltschmerz:

[…] Der Patient will nicht denken, sondern gehen. Gehen ist ein rhythmisches Denken ohne Kommata. Er vergisst vollkommen, dass er Patrik heißt, und geht fleißig mit seinen Beinen, die keinen Eigennamen nötig haben. Beine sind Beine. Die heutige Aufgabe ist, das Haus zu verlassen und zehntausend Schritte zu gehen. Es ist leicht, das eigene Haus zu verlassen. Das Elternhaus muss man verlassen haben, um mit dem Leben anzufangen. Das Leben befindet sich zuerst auf einer nackten Straße […][43]

Der dialektische Übergang der Hauptfigur von einem denkenden zu einem gehenden Wesen entspricht einer Form der Entbindung von dem solipsistischen Ich-Sein, das das Denken mit sich bringt. Wenn das Denken in der Tat individuell ist, ist das Gehen dynamisch und fließend und ermöglicht es der Hauptfigur, aus dem Zustand der Gefangenschaft herauszukommen, auf den die Erzählerin vorhin Bezug genommen hatte:

[…] Patrik fühlt sich oft in einem Gefängnis der ersten Person eingesperrt. In der Hand liegt der Schlüssel, der ihn zu jeder Zeit aus dem Käfig befreien könnte. Er kann die Tür nicht so leicht aufschließen. Es tut weh, das Eisending ins Schlüsselloch zu stecken und zu drehen. Ein moderner Mensch muss die Öffnung wollen. Öffnen tut weh. Schließen beruhigt. Das Schlüsselloch ist sein Ohrloch. Er blutet ölig aus dem Ohr. Obwohl es wehtut, ist es manchmal besser, ein Patient zu sein als ein Ich. Sonst bekommt er durchs Atmen keinen Sauerstoff mehr […].[44]

Tawada bringt Themen auf, die bereits an anderer Stelle angesprochen wurden, wie die Tür, die Schwelle, die Passage und die Art und Weise, wie der Einzelne diesen grundlegenden Aspekten seines täglichen Lebens begegnen kann. Und dabei bewirkt sie einen neuen Identitätswandel des Protagonisten: Das Denken und das Gehen werden durch den Akt der Öffnung ergänzt. Patrik findet sich (wie das lyrische Ich vom bekannten Gedicht Einem, der vor der Tür stand) am Rande seiner eigenen Identität und versucht, seinen inneren Konflikt zu lösen, indem er zur Poesie und zwar zur Dichtung Celans als Heilmittel greift.

Celans einzige Dichtung kann jedoch nicht allein die Heilung des Patienten übernehmen. Aus diesem Grund greift eine andere Figur in die Erzählung ein: Leo-Eric Fu, ein Mann asiatischer Abstammung, der als transtibetanisch (ein Celan-Wort) identifiziert wird und mit dem sich die Hauptfigur über celanbezogene Themen unterhält. Gerade aus der Begegnung mit dem Asiaten nimmt der Roman die Konturen einer wahren metaliterarischen Hommage an Celan an. Es ist tatsächlich Leo-Eric Fu, der den Boden für das Betreten der Hauptfigur in die Landschaften des celanischen poetischen Schreibens bereitet, wenn er erklärt, dass ihre Begegnung kein Zufall ist:

[…] Ich bin gekommen, um mit Ihnen über die Leitbahnen zu sprechen. Die Leitbahnen ziehen sich durch den menschlichen Körper. Es gibt zwölf Hauptleitbahnen. Sie werden Meridiane genannt. Deutsche Mediziner verwendeten zuerst den Begriff Leitbahnen. Später setzte sich der Begriff Meridiane durch. Das kommt aus der französischen Übersetzung vom chinesischen Begriff Jing Mai […].[45]

Mit der Einführung des Begriffs Meridian, der Celans poetologischem Ansatz am Herzen liegt, und dem spezifischeren Verweis auf die Leitbahnen Meridianen, die Kanäle anzeigen, durch die die Energie des Individuums fließt, wird das Geheimnis des chinesischen Engels, auf den im Titel Bezug genommen wird, allmählich gelöst und schließt damit den Kreis der Identitäten, um die es im Roman geht.

6. Schlussbemerkungen

Der vorliegende Beitrag hat sich zum Ziel gesetzt, die metatextuellen Beziehungen im Werk der japanisch-deutschen Autorin Yoko Tawada mit besonderem Bezug auf den rumänisch-deutschen Autor Paul Celan in zwei Texten, Das Tor des Übersetzers oder Paul Celan liest Japanisch und Paul Celan und der chinesische Engel. Es muss präzisiert werden, dass die hier durchgeführte Untersuchung auch versucht hat, eine analytische Lektüre im Lichte des theoretischen Rahmens des oberflächlichen Lesens und der symptomatischen Dimension des Lesens vorzuschlagen. In diesem Zusammenhang sind Tawadas Texte (eine literarische Hommage und ein literarischer Kommentar) selbst zu methodologischen Werkzeugen geworden, durch die die Systematisierung der metatextuellen und metaliterarischen Beziehung zwischen Tawada und Celan erfolgt. Die Textbeziehungen werden auch durch weitere raumzeitliche Beziehungen transkultureller Natur hervorgehoben. Durch die Analyse beider Texte (Das Tor des Übersetzers oder Paul Celan liest Japanisch und Paul Celan und der chinesische Engel) spricht Tawada sowohl über ihre Schreibauffassungen als auch über Celans poetischen und poetologischen Weg. Mit Das Tor des Übersetzers oder Paul Celan liest Japanisch bringt Tawada die Frage der Übersetzung ins Spiel, die für sie einen entscheidenden Punkt des Schreibens darstellt: Die Übersetzungserfahrung ähnelt der Dimension des Schreibens. Darüber hinaus werden die Berührungspunkte zwischen Übersetzbarkeit und Unübersetzbarkeit hervorgehoben, die auch die offene Natur der Textualität widerspiegeln. Mit Paul Celan und der chinesischen Engel zeigt Tawada, wie die von Celan verkörperte literarische Tradition die Grenzen des Raumes der Tradition überdenken kann, indem sie einen Dialog mit der Gegenwart und der Idee einer dynamischen Literatur in Gang setzt. Das Ergebnis ist eine mehrfache Darstellbarkeit der Textbeziehungen zwischen den beiden Autoren, die zudem die Vielfältigkeit interkultureller Literatur und die Darstellungsformen von Anderssein widerspiegelt.

Literaturverzeichnis

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[1] Vgl. Kirsten Adamzik, «Was ist ein Text?». Karin Birkner/Nina Janich (hrsg. v.). Handbuch Text und Gespräch. Berlin Boston: De Gruyter 2018, S. 26-51, hier S. 27ff.

[2] Vgl. Leslie A. Adelson (2016). «Rusty Rails and Parallel Tracks: Trans-Latio in Yoko Tawada’s Das nackte Auge (2004)». Catriona MacLeod / Bethany Wiggin (hrsg. v.). Un/
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, 281-98. Evanston, IL: Northwestern University Press, S. 285ff.

[3] Vgl. Brett De Bary (2012). «World Literature in the Shadow of Translation: Reconsidering Tawada Yôko». Special Issue of POETICA: An International Journal of Linguistic-Literary Studies, 78, S. 1-16, hier 8ff.

[4] Obwohl Celan auch in der Sammlung Sprachpolizei und Spielpolyglotte auftaucht, ist hier anzumerken, dass sich die Analyse im vorliegenden Beitrag insbesondere auf Talisman und Paul Celan und der chinesische Engel konzentriert, da sie mit Bezug auf die Behandlung der Figur von Celan die Verwendung von Metaphern, die Bewegung, Durchgänge und Passagen zwischen den Identitätsschwellen ausdrücken, gemeinsam haben.

[5] Vgl. Stephen Best/ Sharon Marcus (2009). «Surface Reading: An Introduction», Representations 108 (1), S. 1-21, hier 3ff.

[6] Vgl. Hans Ulrich Gumbrecht (2004). Production of Presence: What Meaning Cannot Convey. Stanford, Calif.: Stanford University Press.

[7] Vgl. Louis Althusser (1965), Lire le capital, Tome 1, François Maspéro, Paris, S. 183.

[8] Vgl. Benedikt Descourvières (1998). Utopie des Lesens. Eine Theorie kritischen Lesens auf der Grundlage der Ideologietheorie Louis Althussers. Dargestellt an Texten Georg Büchners, Theodor Fontanes, Ödön von Horváths und Heiner Müllers. (Germanistik im Gardez 6) St. Augustin: Gardez-Verlag.

[9] Vgl. Timothy Bewes (2010). «Reading with the Grain: A New World in Literary Criticism», Differences 21 (3), S. 1-33, hier 5-7.

[10] Stephen Best/ Sharon Marcus (2009). «Surface Reading: An Introduction», Representations, S. 3.

[11] Tawada promovierte in Germanistik an der Universität Zürich bei Sigrid Weigel. Ihre Doktorarbeit Spielzeug und Sprachmagie in der europäischen Literatur: Eine ethnologische Poetologie wurde 2000 beim Konkursbuch Verlag veröffentlicht. Es wundert also nicht, dass ihre Essays von ihren literaturwissenschaftlichen Vorkenntnissen stark beeinflusst werden. Tawada nähert sich der deutschsprachigen Literatur nicht nur mit dem Bewusstsein einer (belesenen) Leserin, sondern auch mit den Kompetenzen einer erfahrenen Literaturkritikerin.

[12] Vgl. Julia Kristeva, (1969), Σημειωτική. Recherches pour une sémanalyse. Paris: Éditions du Seuil.

[13] Literarische Texte haben ein internes Gedächtnis (Intertextualität, Transtextualität) und ein externes Gedächtnis (Tradition, Literaturgeschichtsschreibung). (vgl. Aleida Assmann (2006), Erinnerungsräume. Formen und Wandlungen des kulturellen Gedächtnisses. 3. Auflage. München: Beck).

[14] Vgl. Gérard Genette (1982). Palimpsestes. La littérature au second degré. Paris: Éditions du Seuil, S. 13.

[15] Der Begriff des offenen Textes, der sich hier auf die Theorien von Eco und Iser zur Textrezeption bezieht, beruht auf der Fähigkeit der LeserInnen, den interpretativen Eingriff wahrzunehmen, der beim Lesen eines metatextuellen Werks erforderlich ist. LeserInnen müssen in diesem Rahmen auf ihre eigenen Vorkenntnisse (in Bezug auf literarische, und historische Kenntnisse usw.) zurückgreifen und dabei die tiefen Strukturen des Textes untersuchen.

[16] Vgl. Umberto Eco (2000). Opera aperta. Forma e indeterminazione nelle poetiche contemporanee. Milano: Bompiani; Vgl. noch Iser, Wolfgang (19944 [19761]). Der Akt des Lesens. Theorie ästhetischer Wirkung. München: Fink.

[17] In Bezug auf die Beziehung zwischen den Texten unter dem Gesichtspunkt des Einflusses zwischen ihnen scheint der Beitrag von Bloom von grundlegender Bedeutung zu sein (vgl. Harold Bloom (1997). The Anxiety of Influence: A Theory of Poetry. Oxford: Oxford University Press). Der Literaturkritiker argumentiert, dass alle AutorInnen, die sich mit narrativen Materialien befassen müssen, über die andere AutorInnen vor ihnen geschrieben haben, danach streben, das zu überwinden, was als Einflussangst definiert wird. Diese führt zur Möglichkeit, den Vorläuferfiguren haushoch zu überlegen. Zur Unterstützung seiner Theorie definiert Bloom sechs Referenzparameter, die er als “Revisions” identifiziert: 1) Clinamen: Die AutorInnen schreiben über ein schon behandeltes Thema und füllen die bestehenden thematischen Lücken; 2) Tessera: Die AutorInnen integrieren das schon behandelte Thema. Die neue Bearbeitung steht oft im Widerspruch zum Originaltext; 3) Kenosis: Die AutorInnen versuchen, sich von der Herangehensweise der vorherigen AutorInnen an das Thema zu distanzieren; 4) Dämonisierung: Die AutorInnen manipulieren das von den Vorläuferfiguren behandelte Material, und versuchen, ein potenzielles neues Referenzmodell für die NachfolgerInnen zu schaffen; 5) Askese: Die AutorInnen verringern den eigenen Beitrag und die Beiträge der Vorläuferfigur, um jedoch einen Zustand der Autonomie und des Erfolgs zu erreichen; 6) Apophrades: Das Werk der neuen AutorInnen kann auch im Lichte des Werkes der Vorläuferfigur gelesen werden.

[18] Vgl. Patricia Waugh (1984). Metafiction – The Theory and Practice of Self-Conscious Fiction. London: Routledge.

[19] Wenn man hier von Erinnerung spricht, nimmt man Bezug natürlich sowohl auf das Textgedächtnis als auch auf das kollektive Gedächtnis (Maurice Halbwachs (1950 [1939]). La mémoire collective. Paris: Presses Universitaires de France) und damit auf das kulturelle Gedächtnis (vgl. Jan Assmann (20138). Das kulturelle Gedächtnis: Schrift, Erinnerung und politische Identität in frühen Hochkulturen. München: Beck). Bei Tawada wäre es überdies angebracht, von einem metatextuellen Gedächtnis zu sprechen. Auf diese Weise wird der Handlungsspielraum der Erinnerungskultur erweitert: Ein metatextuelles Gedächtnis ermöglicht es uns, innerhalb von Texten sowohl kulturelle als auch rein stilistische und ästhetische Aspekte zu verfolgen.

[20] Aus Gründen der Zweckklarheit wird wieder einmal präzisiert, dass der metatextuelle Ansatz bei Tawada einerseits als literaturwissenschaftlicher Kommentar (wie in Talisman) und andererseits als literarische Hommage (wie sich stattdessen in Paul Celan und der chinesischen Engel herausstellt) untersucht wird. Zur Rolle des Kommentars in der Literaturkritik vgl. Christian von Zimmermann (2014). «Vom Kommentieren». Yen-Chun Chen / Michael Stolz (Hrsg. v.), Internationalität und Interdisziplinarität der Editionswissenschaft. Berlin: de Gruyter, S. 219-237, hier 220ff.

[21] Vgl. Wolfgang Welsch (2009). «Was ist eigentlich Transkulturalität?». Lucyna Darow­ska/ Claudia Machold (Hrsg. v.), Hochschule als transkultureller Raum? Beiträge zu Kultur, Bildung und Differenz. Bielefeld: Transcript.

[22] Vgl. Julia Boog (2013). «Hinüberdunkeln – Spuren-Poetik von Celan zu Tawada». Grazyna Kwiecinska (Hrsg. v.): Die Dialektik des Geheimnisses, Frankfurt a. M.: Peter Lang, S. 95-112.

[23] Vgl. Victoria Young (2021). «Beyond «Transborder»: Tawada Yōko’s Vision of Another World Literature», Japanese Language and Literature, 55 (1), S. 1-33, hier S. 5ff. URL: LINK. (20.05.2022).

[24] Vgl. Aglaia Blioumi (2014). «Semiotik der Kultur als Übersetzung von Schriftzeichen bei Yoko Tawada» [online], IASS (8). URL: LINK (15-02-2021).

[25] Vgl. Michael Braun (2016). ««Wechselt dein Schlüssel, wechselt das Wort». Yoko Tawadas Celan». Michael Braun/Amelia Valtolina (Hrsg. v.), Am Scheideweg der Sprachen, Tübingen: Stauffenburg Verlag, 69-78, hier S. 70.

[26] Die Behandlung des Themas Übersetzung in Bezug auf Celan führt zur Bedeutung der Übersetzungsdimension bei Celan zurück. Der Dichter war auch ein produktiver Übersetzer von Autoren der Weltliteratur und aus einer ziemlich beeindruckenden Anzahl von Sprachen (aus dem Englischen, Italienischen, Französischen, Russischen, Rumänischen und Portugiesischen) (vgl. Alex Schmitt (2003). «Auf der Suche nach komplementären Stimmen. Neue Arbeiten zu Paul Celans übersetzerischem Werk». Literaturkritik.de (6) – online)).

[27] Vgl. Hiroko Masumoto (2020), «The Concept of Translation in Yoko Tawada’s Early Work» [online], Interface 12, 5-28. URL: LINK (10.05.2022).

[28] Vgl. Miho Matsunaga (2002). ««Schreiben als Übersetzung». Die Dimension der Übersetzung in den Werken von Yoko Tawada», Zeitschrift für Germanistik Neue Folge, 12 (3), 532-546, hier 538ff.

[29] Yoko Tawada (1996). Talisman. Tübingen: Konkursbuch Verlag, S. 125.

[30] Vgl. Susan C. Anderson (2010). «Surface Translations: Meaning and Difference in Yoko Tawada’s German Prose» [online], Seminar: A Journal of Germanic Studies, 46 (1), 50-70, hier 55ff.

[31] Vgl. Kurt Beals (2014). «Alternatives to impossibility: Translation as dialogue in the works of Paul Celan», Translation Studies, Volume 7 (3), 284-299.

[32] Walter Benjamin (1963 [1923]). «Die Aufgabe des Übersetzers». Störig, Hans Joachim (Hrsg. v.), Das Problem des Übersetzens. Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft, S. 184ff.

[33] Kim John Namjun (2010). «Writing the Cleft: Tawada translates Celan». Christine Ivanovic (Hrsg. v.), Yoko Tawada. Poetik der Transformation. Beiträge zum Gesamtwerk, Tübingen: Stauffenburg Verlag, 233-239, hier S. 233f.

[34] Emil D. Lesner (2010). «Das Problem der Übersetzbarkeit und Unübersetzbarkeit im wissenschaftlichen Diskurs». Ryszard Lipczuk et al. (Hrsg. v.), Diskurslinguistik – Systemlinguistik: Theorien – Texte – Fallstudien, Band 3, Hamburg: Kovac, Dr. Verlag, 323-333, hier S. 324ff.

[35] Yoko Tawada (1996). Talisman. Tübingen: Konkursbuch Verlag, S. 126.

[36] Vgl. Gizem Arslan (2019). «Making senses: Translation and the materiality of written signs in Yoko Tawada», Translation Studies, 12, S. 338-356, hier S. 340ff.; vgl. auch Paul McQuade (2022). «Translation With the Eye: Yōko Tawada Reads Paul Celan». Comparative Literature Studies, vol. 59 no. 2, 2022.

[37] Vgl. Angela Krauß, (2002). «“Talisman” – “Tawadische Sprachtheorie”». Aglaia Blioumi (Hrsg. v.), Migration und Interkulturalität in neueren literarischen Texten. München: Iudicium, S. 55-77.

[38] Vgl. Uwe Wirth (2012). Zwischenräumliche Bewegungspraktiken. Ders. (hrsg. v.) unter Mitarbeit von Julia Paganini, Bewegen im Zwischenraum. Berlin: Kulturverlag Kadmos, S. 7-35, hier 9ff.

[39] Yoko Tawada (1996). Talisman. Tübingen: Konkursbuch Verlag, S. 138.

[40] Pierre Nora (Eds.) (1984-1992). Les lieux de Mémoire. Paris: Gallimard.

[41] Brigitte Boothe (2010). Das Narrativ: Biografisches Erzählen im psychotherapeutischen Prozess. Stuttgart: Schattauer Verlag.

[42] Zur Bedeutung des poetologischen Konzepts von Meridian bei Celan vgl. Jacques Derrida (1986). Schibboleth pour Paul Celan. Paris: Editions Galilée und Camilla Miglio (2009). Paul Celan, Il meridiano (der Meridian). Massimo Bonifazio et. al. (a cura di), Il saggio tedesco del Novecento. Firenze: Le Lettere, 279-282.

[43] Yoko Tawada (2020). Paul Celan und der chinesische Engel. Tübingen: Konkursbuch Verlag, S. 22.

[44] Ebd., S. 30.

[45] Ebd., S. 42.